Reminiszenz

Reminiszenz (lateinisch reminisci „sich erinnern“) ist eine Bezeichnung für eine Erinnerung oder für einen Anklang an etwas Früheres.

Reminiszenz-Forschung war früher ein spezieller Zweig der Lernforschung, die untersuchte, unter welchen Bedingungen Leistungsverbesserungen unter Verwendung bestimmter Ruhepausen zu erzielen waren.[1]

Begriffsgeschichte

Der Begriff wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts vornehmlich in der Schriftsprache verwendet. So schrieb beispielsweise Bertha von Suttner Ende des 19. Jahrhunderts in ihrem Roman Die Waffen nieder!:

„Ich habe es zu früh erkannt, dass der Schlachteneifer nichts Übermenschliches, sondern – Untermenschliches ist; keine mystische Offenbarung aus dem Reiche Luzifers, sondern eine Reminiscenz aus dem Reiche der Tierheit – ein Wiedererwachen der Bestialität.“[2]

Heute wird der Terminus in dieser Bedeutung kaum verwendet. Im aktuellen Sprachgebrauch wird er im Sinne einer Hommage eingesetzt, wobei meist kleinere Verweise und Erinnerungen innerhalb eines Kunstwerkes gemeint sind. Während in dem Begriff Hommage eher eine gewisse Verehrung enthalten ist, will eine Reminiszenz mehr an etwas, was nicht vergessen werden sollte, erinnernd wirken. Beide Termini lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen.

Maler, Regisseure, Bildhauer und Komponisten erinnern in ihren Werken bisweilen durch Reminiszenzen an verstorbene Kollegen, indem sie diese auf künstlerische Art zitieren. Ebenfalls werden Konzerte und Sportveranstaltungen als Reminiszenz an berühmte Vorgänger abgehalten.

Literaturwissenschaft

In der Literaturwissenschaft spricht man von einer Reminiszenz, wenn an einer Stelle in einem Werk ein Anklang an eine Formulierung aus einem Werk eines anderen Autors erkennbar ist, so dass man merkt, dass der Verfasser das ältere Werk gekannt hat und darauf anspielt oder sich davon anregen ließ.

Operette

In der Operette des 20. Jahrhunderts ist die Reminiszenz ein kurzes Wiederauftreten eines Liedes bzw. dessen Refrains gegen Ende des Werkes. Damit werden den Figuren die entscheidenden Gefühle der Geschichte, dem Zuschauer jedoch die wichtigsten „Schlager“ des Stücks noch einmal in Erinnerung gebracht. Im frühen 20. Jahrhundert bestanden die Schlussakte der Werke musikalisch oft fast ausschließlich aus Reminiszenzen fast aller Hauptlieder aus den vorangehenden Akten.

Psychologie

In der Psychologie nennt man Reminiszenz das Erinnern an ein Item bei einem zweiten Erinnerungsversuch, welches beim ersten noch nicht erinnert wurde.

Kirchenjahr

Abgeleitet von Reminiszenz wird der 2. Fastensonntag der vor Ostern liegenden Fasten- bzw. Passionszeit (also fünf Wochen vor Ostern) Reminiszere oder Reminiscere genannt. Der Name des Sonntags Reminiszere leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon des Introitus ab: Reminiscere miserationum tuarum, Domine, et misericordiarum tuarum quae e saeculo sunt. (Dies ist der 6. Vers des 25. Psalmes, ins Deutsche übertragen laut der Einheitsübersetzung: „Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld; denn sie bestehen seit Ewigkeit.“; laut der Lutherbibel: „Gedenke, HERR, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind,“; laut der Neuen Genfer Übersetzung: „Denk an dein großes Erbarmen, HERR, und an deine reiche Gnade, die du seit jeher erwiesen hast!“)

Weblinks

Wiktionary: Reminiszenz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. P. B. Ballard: Obliviscence and reminiscence. In: Brit. Journal Psychologie-Prof., Monografie. Suppe., 1913, I Nr. 2. In: Wilhelm Arnold, Jürgen Eysenck, Richard Meili: Lexikon der Psychologie. Freiburg 1972, Band 3, unter: Reminiszenz
  2. Bertha von Suttner: Die Waffen nieder! Eine Lebensgeschichte. Bd. 1. 30. Aufl. Pierson, Dresden und Leipzig 1899, S. 229 f. (online bei Austria-Forum).