Provinziallandtag der Provinz Hessen-Nassau

Ständehaus in Kassel, 2003

Der Provinziallandtag der Provinz Hessen-Nassau war die höchste Volksvertretung in der preußischen Provinz Hessen-Nassau. Sie war unterhalb des Preußischen Landtags und oberhalb der Kommunallandtage von Wiesbaden und Kassel angesiedelt und bestand von 1886 bis 1933 in der Provinz Hessen-Nassau. Die Wahlperiode dauerte sechs Jahre und die Anzahl der Abgeordneten leitete sich von der Bevölkerungszahl ab.[1]

Der Versammlungsort war das Ständehaus in Kassel, das schon der Kurhessischen Ständeversammlung des Kurfürstentums Hessen als Versammlungsort gedient hatte.[2]

Zusammensetzung

Die Abgeordneten wurden bis 1921 indirekt gewählt: Bis 1919 wurden die Mitglieder des Provinziallandtags von den Kommunallandtagen Wiesbaden und Kassel bestimmt, und 1919 und 1920 wurden die Abgeordneten durch die Stadtparlamente und Kreistage bestimmt. Erst nach der Verabschiedung des Gesetzes betr. die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen vom 3. Dezember 1920 fanden allgemeine, gleiche, geheime und unmittelbare Wahlen der Abgeordneten statt.[1]

Nach der Eingliederung des Freistaates Waldeck in die Provinz Hessen-Nassau am 1. April 1929 fanden im Juni 1929 Ergänzungswahlen zum Provinziallandtag statt.

Die Versammlung des Provinziallandtags am 11. April 1933 war die letzte. Danach wurde der Provinziallandtag mit dem Gesetz über die Übertragung von Zuständigkeiten der Provinzial-(Kommunal-)landtage, der Verbandsversammlung des Ruhrkohlenbezirks und der Kreistage auf die Provinzial-(Landes-)ausschüsse, den Verbandsausschuß und die Kreisausschüsse vom 17. Juli 1933 aufgelöst.[3]

Wahlergebnisse

Für den Provinziallandtag fand die erste direkte Wahlen am 21. Februar 1921 statt. Die letzte Wahl war am 12. März 1933.

Mandatsverteilung im Provinziallandtag[4]
KPD[5]USPDSPDDDPZentrumDVP[6]DNVP[7]Bauern[8]Bürger[9]DR[10]NSDAPInsgesamt
05.10.19200840202613142013136
21.02.192144361119139017113
29.11.192570317193332295
17.11.19298029516735611797
12.03.19337019015070005098

Persönlichkeiten

Vorsitzende des Provinziallandtags

Während des Bestehens des Provinziallandtags der Provinz Hessen-Nassau hatten sieben Personen den Vorsitz inne.[11]

Preußischer Staatsrat

Der Provinziallandtag der Provinz Hessen-Nassau wählte in der Weimarer Republik fünf Abgeordnete in den Preußischen Staatsrat. Dies waren:

Nr.AbgeordneterParteiAmtszeitVertreterParteiAmtszeit
1Hermann RumpfAGMai 1921 bis Januar 1930Carl Felde
Fritz Travers
Franz Becker
AG
AG
AG
Mai 1921 bis 2. Oktober 1925 †
Oktober 1925 bis Februar 1926
Februar 1926 bis Januar 1930
1Eduard GräfSPDJanuar 1930 bis April 1933Hans PleweSPDJanuar 1930 bis April 1933
1Jakob SprengerNSDAPApril bis 28. Juni 1933Helmuth FriedrichsNSDAPApril bis 10. Juli 1933
2Reinhard von GehrenAGMai 1921 bis Januar 1930Wilm von Stein-LiebensteinAGMai 1921 bis Januar 1930
2Heinrich RothZentrumJanuar 1930 bis Mai 1932Wigbert Gustav SondergeldZentrumJanuar 1930 bis 31. Mai 1932
2Wigbert Gustav SondergeldZentrumbis 31. Mai 1932 bis April 1933Hans-Joachim von StoevesandtNSDAPApril 1933 bis 10. Juli 1933
2Hans BurckhardtNSDAPApril bis 28. Juni 1933
3Eduard GräfSPDMai 1921 bis Januar 1930Josef Zimmermann
Hans Plewe
SPD
SPD
Mai 1921 bis Februar 1926
Februar 1926 bis Januar 1930
3Georg HäringSPDJanuar 1930 bis April 1933Georg ThöneSPDJanuar 1930 bis April 1933
3Karl LinderNSDAPApril bis 28. Juni 1933Kurt WirthNSDAPApril bis 10. Juli 1933
4Christian WittrockSPDMai 1921 bis 9. Dezember 1924Michael SchnabrichSPDMai 1921 bis 9. Dezember 1924
4Michael SchnabrichSPD9. Dezember 1924 bis Februar 1926Georg SchefflerSPD9. Dezember 1924 bis Februar 1926
4Georg HäringSPDFebruar 1926 bis Januar 1930Josef Zimmermann
Georg Thöne
SPD
SPD
Februar 1926 bis 26. Januar 1929 †
20. Februar 1929 bis Januar 1930
4Reinhard von GehrenAGJanuar 1930 bis 8. Juni 1930 †Wilm von Stein-LiebensteinAGJanuar 1930 bis 23. Juni 1930
4Wilm von Stein-LiebensteinAG23. Juni 1930 bis April 1933Albert BeermannAG23. Juni 1930 bis April 1933
4Rudolf BraunNSDAPApril bis 28. Juni 1933Wilm von Stein-LiebensteinKampffrontApril bis 10. Juli 1933
5Wilhelm LinzZentrumMai 1921 bis 11. Dezember 1922Georg AntoniZentrumMai 1921 bis 16. Januar 1923
5Georg AntoniZentrum16. Januar 1923 bis Januar 1930Wilhelm HaenleinZentrum16. Januar 1923 bis Januar 1930
5Otto KneippAGJanuar 1930 bis April 1933Jakob SprengerNSDAPJanuar 1930 bis April 1933
5Wigbert Gustav SondergeldZentrumApril bis 10. Juli 1933Jakob HuschZentrumApril bis 10. Juli 1933

[12]

Reichsrat

Nicht der Provinziallandtag der Provinz Hessen-Nassau direkt, sondern der von ihm gewählte Provinzialausschuss wählte in der Weimarer Republik ein Mitglied in den Reichsrat. Dies waren 1921 bis 1928 August von Trott zu Solz (DNVP) und 1928 bis 1933 Wilhelm Lutsch (DDP).[13]

Literatur

  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Band 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6.

Anmerkungen/Einzelnachweise

  1. a b Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Band 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 35–36.
  2. Das Ständehaus in Kassel. (Nicht mehr online verfügbar.) LWV, archiviert vom Original am 21. Juni 2010; abgerufen am 1. März 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lwv-hessen.de
  3. Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Band 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 36.
  4. Valentin Schröder: Wahlen in Deutschland. Preußische Provinziallandtage 1919–1933. Berlin 2009 (HTML [abgerufen am 1. März 2011]).
  5. 1921 VKPD
  6. 1920 davon DVP: 7, D.V: 4, D.-Liberal: 2; die jeweiligen Abgeordneten gehörten ab 1921, sofern wiedergewählt, der DVP an.
  7. 1933 Kampffront Schwarz-Weiß-Rot
  8. 1920 davon Bauernschaft: 1, Bauernpartei: 1; 1929 CNBL
  9. 1925-1929 WP
  10. 1920: Freie Arbeitsgemeinschaft: 11, Parteilose Landräte des Oberwesterwald- und des Untertaunuskreises: 2; 1921: Hessische Arbeitsgemeinschaft (HAG) 16, Nassauer Land 1; 1925 Hessen-Nassauische Arbeitsgemeinschaft für Stadt und Land; 1929 Hessische Arbeitsgemeinschaft für Stadt und Land
  11. Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Band 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Band 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 438.
  12. Joachim Lilla: Der Preußische Staatsrat 1921–1933. Ein biographisches Handbuch. Mit einer Dokumentation der im „Dritten Reich“ berufenen Staatsräte (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 13). Droste, Düsseldorf 2005, ISBN 3-7700-5271-4, S. 279.
  13. Helmut Klaus: Der Dualismus Preussen versus Reich in der Weimarer Republik in Politik und Verwaltung (= Studien zur Kultur- und Rechtsgeschichte. Band 3). 2006, ISBN 978-3-936999-23-5, ISSN 1861-5929, S. 74 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

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Kassel, Ständehaus, from south east, 1834-36 by Johann Christian Ruhl.