Privatstiftung

Organigramm Stiftung

Eine Privatstiftung ist in Österreich eine juristische Person, die mit Hilfe eines Vermögens einen vom Stifter festgelegten Zweck verfolgt.[1]

Gesetzliche Regelung

Rechtsgrundlagen sind das Privatstiftungsgesetz (PSG)[2] aus 1993[3] und das Sparkassengesetz sowie die (meist alten) Fonds- und Stiftungsgesetze der Bundesländer und des Bundes.

Die Privatstiftung wird durch eine zu beurkundende Stiftungserklärung errichtet und entsteht mit der Eintragung in das Firmenbuch (§ 7 PSG). Der Stifter muss der Privatstiftung gemäß § 4 PSG ein Vermögen im Wert von mindestens 70.000 Euro widmen (Mindestanfangsvermögen[4]). Als eigenständiger Rechtsträger bildet sie ein vollständig vom Stifter getrenntes Rechtssubjekt.[5] Sie wird explizit als „juristische Person“ bezeichnet.[6]

Jede Stiftung muss einen Zweck verfolgen. Eine reine Selbstzweckstiftung wird als unzulässig erachtet.[7] Als wesentlicher Unterschied zu anderen Europäischen Stiftungsrechten kann eine österreichische Privatstiftung einen rein privatrechtlichen Zweck aufweisen, dies weist Ähnlichkeiten zur historischen Rechtsform des Familienfideikommisses auf.[8] Österreichische Stiftungen dienen im Wesentlichen der Verwaltung von Vermögen, dem gestifteten Stammvermögen. Sie dürfen – im Unterschied zur Stiftung bürgerlichen Rechts nach deutschem Recht – keine gewerbsmäßige Tätigkeit betreiben. Privatstiftungen können gemeinnützig sein, müssen es aber nicht. Überwiegend werden sie zu privatnützigen Zwecken errichtet. Zudem kann eine Privatstiftung einen dual purpose verwirklichen; solche Mischformen nennt man doppelnützig. Wer Zuwendungen von einer Privatstiftung erhält, ist Begünstigter.

Die Stiftungserklärung besteht üblicherweise aus einer Stiftungsurkunde und einer Stiftungszusatzurkunde (§ 10 Abs. 1 PSG). Nur die Stiftungsurkunde ist zum Firmenbuch einzureichen. Die Stiftungszusatzurkunde ist nicht öffentlich einsehbar; wenn eine solche besteht, muss lediglich in der Stiftungsurkunde darauf hingewiesen werden (§ 10 Abs. 2 PSG). Dass der Inhalt der Zusatzurkunde quasi geheim ist, führt in der Praxis dazu, dass dort heikle Fragen wie insbesondere die konkrete Begünstigtenregelung geregelt werden. Stiftungszusatzurkunden kommen in der Praxis sehr häufig vor. Nach einer empirischen Untersuchung aus 2013 gibt es sie in acht von zehn Privatstiftungen.[9] Bestimmte für den Rechtsverkehr bedeutsame Informationen müssen gemäß § 9 Abs. 1 PSG zwingend in der öffentlich einsehbaren Stiftungserklärung enthalten sein.

Das PSG sieht im Grundsatz nur zwei zwingende Organe vor: den Stiftungsvorstand und den Stiftungsprüfer. Der Vorstand besteht aus mindestens drei Personen. Begünstigte, deren Ehegatten und nahe Angehörige können nicht Mitglied des Stiftungsvorstands werden. Jedoch kann der Stifter, wenn er nicht Begünstigter der Privatstiftung ist, ein Mitglied des Stiftungsvorstands sein. Nur in besonderen Ausnahmekonstellationen muss eine Privatstiftung einen Aufsichtsrat haben (§ 22 PSG); die Bedeutung ist in der Praxis jedoch verschwindend gering. Wesentlich häufiger wird von der fakultativen Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Beirat als Organ vorzusehen. Ihm können auch Begünstigte angehören. Jedoch darf ein solcher Beirat den Vorstand nicht zum bloßen Vollzugsorgan degradieren.[10] Außerdem darf ein sog. „aufsichtsratsähnlicher Beirat“ nicht mehrheitlich mit Begünstigten besetzt sein.[11]

Wird Vermögen auf eine privatnützige Privatstiftung übertragen, kommt ein ermäßigter Steuersatz zur Anwendung (Stiftungseingangssteuer). Bei der Ausschüttung von Mitteln an die Begünstigten muss die Privatstiftung auf den ausgeschütteten Betrag Kapitalertragsteuer für Rechnung des Begünstigten an das Finanzamt abführen. Im Ergebnis wird also die Übertragung auf die Stiftung gering besteuert und es kommt zu einer nachgelagerten Besteuerung bei der Ausschüttung.

Früher wurde ein großer Vorteil der Privatstiftung in der Vermeidung der Erbschafts- und Schenkungssteuer gesehen. Jedoch wurde das österreichische Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz im Jahr 2008 vom österreichischen Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig beurteilt.[12] Seither ist dieses Motiv zur Stiftungsgründung weggefallen. Außerdem wird die sog. „Mausefalleneffekt“ beklagt. Gemeint ist damit, dass das zugewendete Anfangsvermögen, das bereits der Stiftungseingangssteuer unterlag, bei einer Ausschüttung dennoch auch der Kapitalertragssteuer unterliegt, was von viele einer Desinvestition abhalten dürfte.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Christian Gassauer-Fleissner, Christian Grave: Stiftungsrecht – Privatstiftungsgesetz, Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz sowie Landes-Stiftungs- und Fondsgesetze (Auszüge aus Sparkassengesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz und ORF-Gesetz) mit erläuternden Bemerkungen und Entscheidungen. 2. Auflage, Manz Verlag, Wien 2008.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Privatstiftung Wirtschaftskammer Österreich, 9. Juli 2019.
  2. Bundesgesetz über Privatstiftungen (Privatstiftungsgesetz–PSG) RIS, abgerufen am 12. Dezember 2019.
  3. Zur Entstehungsgeschichte Pendl, Die Rechtsformneuschöpfung "Privatstiftung", GesRZ 2022, 191.
  4. OGH 1 Ob 214/09s PSR 2010/49.
  5. Oberster Gerichtshof 6 Ob 85/01w SZ 74/92.
  6. Oberster Gerichtshof 3 Ob 1/10h SZ 2010/58: „Die Stiftung des PGR ist wie auch die österreichische Privatstiftung eine juristische Person (Verbandsperson).“
  7. Näher Wohlgenannt, Verbot von Selbstzweckstiftungen in Österreich und Liechtenstein unter besonderer Berücksichtigung der Unternehmensträgerstiftung, 2015.
  8. Elisabeth Scheuber: Die „Familien-Versorgungsstiftung“ – Eine Wiederbelebung der Familienfideikommisse? In: Constanze Fischer-Czermak, Andreas Kletecka, Martin Schauer, Wolfgang Zankl (Hrsg.): Festschrift Rudolf Welser - Zum 65. Geburtstag (= MANZ Verlag Wien [Hrsg.]: Verschiedenes. Nr. XVI). 1. Auflage. MANZ Verlag Wien, Wien 2004, ISBN 3-214-14932-6, S. 931 (1288 S.).
  9. Kalss/Bertleff/Lutz/Samonigg/Tucek in Kalss (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Stiftungsrechts, 2014, S. 13, 20.
  10. OGH 6 Ob 230/13m GesRZ 2015, 59.
  11. OGH 6 Ob 42/09h PSR 2009/15; 6 Ob 139/13d SZ 2013/82.
  12. VfSlg 18.093/2007; VfSlg 18147/2007.
  13. Die Besteuerung von Privatstiftungen. Österreichische Wirtschaftskammer, abgerufen am 15. Februar 2023.

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Autor/Urheber: Anja Bauer, Lizenz: CC BY-SA 4.0
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