Prüfung

Hans Baldung: Examen im Katechismus, 1516.
Albert Anker: Das Schulexamen (Öl auf Leinwand, 1862, Kunstmuseum Bern)

Eine Prüfung ist ein Verfahren, bei dem Kenntnisse oder Fertigkeiten, allgemein eine Leistung, durch bestimmte Aufgabenstellungen oder Fragen festgestellt werden. Im übertragenen Sinne bedeutet Prüfung auch „schweres Leid“.[1] Der Duden verzeichnet die übertragenen Bedeutungen „schicksalhafte Belastung“ und im Sport „Wettbewerb, der bestimmte hohe Anforderungen stellt“.[2]

Etymologie

Das Verb prüfen leitet sich ab von mittelhochdeutsch prüeven, brüeven „wahrnehmen, erwägen, beweisen, berechnen, bewirken“ (12. Jahrhundert). Aufgrund der Diphthongierung (mittelhochdeutsch prüeven, Prät. pruovte) ist trotz der späten Bezeugung eine frühe Entlehnung aus vulgärlateinisch *prōvāre anzunehmen; vgl. altfranzösisch prover „beweisen, erproben“, französisch prouver „beweisen“. Voraus liegt lateinisch probāre „prüfen, untersuchen, für geeignet erachten“ (zu lateinisch probus „gut, tüchtig“). Prüfung geht zurück auf mittelhochdeutsch prüevunge „Erprobung, Beweisführung, Bewährung, Ausrüstung“.[1] Verwandt sind englisch prove und proof.

Begriffe Prüfung und Examen

Prüfung

(c) Bundesarchiv, Bild 102-11344 / CC-BY-SA 3.0
Eignungsprüfung von schulentlassenen Mädchen für den Beruf einer Stenotypistin 1931
Hochschulprüfung an der Universität Wien (2005)

Prüfungen sind arrangierte Situationen, in denen bestimmte Leistungsvollzüge provoziert werden, um diesen zugrundeliegende Fähigkeiten, Wissen, Können und Dispositionen durch Messung oder, wo diese nicht möglich ist, durch Bewertung möglichst objektiv festzustellen und in einem Prüfungszeugnis zu bescheinigen. Vom Ergebnis dieser Leistungsfeststellung wird ein Aussagewert über spätere (mögliche) Leistungen erwartet. Häufig ist die Vergabe von Berechtigungen und Aufstiegsmöglichkeiten an sie geknüpft. Prüfungen sollen aber auch informierend und aufklärend auf Lehrende und Lernende zurückwirken.

Unterschieden werden Aufnahme-, Zugangs-, Eignungs- und Abschlussprüfungen (als Zwischenprüfung auch bei Erreichen von Zwischenzielen), z. B. Gehilfen-, Gesellen-, Meister-, Diplom-, Doktorprüfungen etc. Die Problematik der Prüfungen liegt in ihrem punktuellen Charakter (Augenblicksleistung), in der grundsätzlichen Fragwürdigkeit ihres Vorhersagewertes, in subjektiver und/oder nicht-standardisierter Bewertung der Prüfungsleistung und in den mit Prüfungen häufig verbundenen psychischen Stresssituationen. Um diese Probleme zu überwinden, werden für schriftliche Examensarbeiten motivierendes Betreuerverhalten und standardisierte analytische Bewertungsschemata[3] vorgeschlagen. Der Stressreduzierung dienen auch gleitende Prüfungen, die Leistungen mehr im Längsschnitt erfassen.

Examen

Examen, Mehrzahl Examina, ist ein lateinisches Fremdwort: examen „Prüfung“, zusammengezogen aus exagimen, eigentlich „das Hinausgeführte, Hinausgetriebene, das Zünglein an der Waage“.[4] Ableitungen sind Examinand (Prüfling) und Examinator (Prüfer).

Es handelt sich meistens um eine schriftliche und mündliche Prüfung zum Nachweis eines bestimmten Kenntnis- und Wissensstandes. Bei Hochschulexamina bestehen die schriftlichen Prüfungen in der Regel aus fachbezogenen Klausuren und einer Examensarbeit (z. B. Diplom-, Magister-, Bachelor oder Masterarbeit). Voraussetzung zum Ablegen eines Examens ist die Absolvierung eines vorgeschriebenen Studienganges. Schriftliche Abschlussarbeiten eines ordentlichen Studiums werden regelmäßig von einem Hochschullehrer vergeben, betreut und bewertet.

Wenn das Examen nicht durch eine Hochschule abgelegt wird, sondern von staatlicher Stelle aus vergeben wird, spricht man in Deutschland von einem Staatsexamen. Dieses kommt in den Fächern Rechtswissenschaft und Verwaltungswissenschaft, Lehramt, Medizin und Pharmazie zur Anwendung. Neben dem Staatsexamen gibt es unter anderem das theologische Examen als Abschlussprüfung des Theologiestudiums sowie das Konzertexamen als Abschlussprüfung eines Aufbaustudiengangs an einer Musikhochschule.

Prüfungsformen

Man kann Prüfungsformen nach Thomas Tinnefeld in drei funktionale Typen aufteilen:[5]

  • diagnostische Prüfungen
  • prognostische Prüfungen
  • Selektionsprüfungen

Die diagnostischen Prüfungen setzen sich zum Ziel, anhand einer Stichprobe aus dem Wissensinventar des Prüflings eine Aussage über dessen aktuelle Kompetenz auf dem geprüften Sachgebiet abzuleiten und diese zu zertifizieren. Typische diagnostische Prüfungen sind Zwischenprüfungen und Abschlussprüfungen.

Die prognostischen Prüfungen hingegen leiten aus der erhobenen Stichprobe eine Aussage über den noch zu erwartenden Erfolg bei der weiteren Ausbildung des Prüflings ab. Die Prüfungsaufgaben müssen deshalb geeigneterweise auch so formuliert sein, dass sie Aussagen über eine Entwicklungsprognose zulassen. Prognostische Prüfungen sind somit typische Aufnahme- und Übergangsbeurteilungen.

Selektionsprüfungen hingegen testen negativ das fehlende Wissen eines Prüflings und ignorieren dabei dessen möglicherweise bestehende spezifische Kompetenz. Sie geben keinerlei Kompetenzbeschreibung, sondern suchen gezielt nach Kandidaten zur Auslese. Sie sind eigentlich keine Prüfungen im Sinne des Begriffs, sondern bloße Auswahlinstrumente. Selektionsprüfungen sind somit ein Mittel zur Kandidatenauswahl bei Ressourcenknappheit. Auch ein Bildungsquiz ist ein typisches Beispiel für eine Selektionsprüfung.

Neben konventionellen papierbasierten Prüfungsformen gelangen im Schulunterricht, an Hochschulen (zum Beispiel in Massenstudiengängen) oder bei Zertifizierungsprüfungen in der beruflichen Weiterbildung zunehmend elektronische Prüfungen zum Einsatz. Elektronische Prüfungstools lassen verschiedene Nutzungsformen zwischen Zugangs- und Einstufungstests, dem Self-Assessment von Lernenden sowie regulären Lernerfolgskontrollen zu. Im Bereich mündlicher Prüfungsformen existiert als digitale Variante die weniger stark verbreitete Videoprüfung sowie an Hochschulen in modularisierten Studiengängen das Referat.[6]

Prüfungsmethoden

Computergestützte Semesterabschlussprüfung an der Freien Universität Berlin (2013)

Einsatzgebiete von Prüfungen als Leistungsnachweis etc.

Digitale Leistungsnachweise

Das von der Mozilla Foundation betriebene Projekt der Open Badges eröffnet Zertifikatsgebern die Möglichkeit der Herausgabe von digitalen Zertifikaten. Zertifikatsinhaber können solche Zertifikate über das Internet präsentieren.

Siehe auch

Literatur

  • Angela Sommer, Julia Gerick, Germo Zimmermann (Hrsg.): Kompetent Prüfungen gestalten. Stuttgart/Münster: UTB-Verlag/Waxmann, 2018. ISBN 978-3825248406
  • Hans-Werner Prahl: Prüfungssysteme und Prüfungsreformen an den Hochschulen in der BRD. Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik, Hamburg 1980.
  • Sigrid Dany, Birgit Szczyrba, Johannes Wildt (Hrsg.): Prüfungen auf die Agenda! Hochschuldidaktische Perspektiven auf Reformen im Hochschulwesen. Bertelsmann, Bielefeld 2008 (Blickpunkt Hochschuldidaktik, Band 118).
  • Thomas Tinnefeld: Dimensionen der Prüfungsdidaktik. Analysen und Reflexionen zur Leistungsbewertung in den modernen Fremdsprachen. htw saar, Saarbrücken 2013 (Saarbrücker Schriften zu Linguistik und Fremdsprachendidaktik, A: Monographien; Bd. 1).
  • Klaus Wannemacher: Computergestützte Prüfungsverfahren. In: Michael H. Breitner, Beate Bruns, Franz Lehner (Hrsg.): Neue Trends im E-Learning. Aspekte der Betriebswirtschaftslehre und Informatik. Physica, Heidelberg 2007, S. 427–440.
  • Florian Keschmann: Prüfungen an Universitäten. Rechtscharakter − Rechtsschutz − Verfahren. Manzsche, Wien 2001.
  • Alexander Schulz, Nicolas Apostolopoulos: E-Examinations at a Glance – Die Computerisierung des Prüfungswesens an der Freien Universität Berlin In: T. Skerlak, H. Kaufmann, G. Bachmann (Hrsg.): Lernumgebungen an der Hochschule – Auf dem Weg zum Campus von morgen. Waxmann Verlag, Münster 2014, S. 283–298.
  • Ulrich Gonschorrek: Prüferhandbuch: Grundsätze, Regeln und Hintergrundinformationen. Prüfungspsychologie, Prüfungsdidaktik, Prüfungsmethodik, LTU, Bremen 1988.
  • Friedhelm Beiner: Prüfungsdidaktik und Prüfungspsychologie: Leistungsmessung und Leistungsbewertung in der öffentlichen Verwaltung sowie in der beruflichen und allgemeinen Bildung. Heymann, Köln u. a. 1982 (Verwaltung und Fortbildung, Sonderheft 7).
  • Thomas Tinnefeld: Prüfungsdidaktik. Zur Fundierung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin – am Beispiel der modernen Fremdsprachen. Shaker, Aachen 2002 (Sprache & Kultur).
  • Thomas Oakland, Ronald K. Hambleton (Hrsg.): International Perspectives on Academic Assessment. Springer Netherland, Berlin 1995 (Evaluation in Education and Human Services, 39).

Weblinks

Wiktionary: Prüfung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Prüfung in DWDS, abgerufen am 6. November 2012
  2. Prüfung in duden.de, abgerufen am 6. November 2012
  3. Vgl. Hans-Otto Schenk: Die Examensarbeit. Ein Leitfaden für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler. Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2657-3, S. 187 ff.
  4. Ursula Hermann: Knaurs Etymologisches Lexikon. München 1982. S. 146.
  5. Thomas Tinnefeld: Prüfungsdidaktik. Shaker, Aachen 2002.
  6. Lukas C. Gundling: Das Referat als mündliche Prüfung, in: Zeitschrift für Landesverfassungsrecht und Landesverwaltungsrecht (ZLVR), 4/2018, S. 131ff.

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Computergestützte summative Semesterabschlussprüfung an der Freien Universität im Jahre 2013
Bundesarchiv Bild 102-11344, Intelligenzprüfung schulentlassener Mädchen.jpg
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
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