Postbahnhof Luckenwalder Straße

Ehemaliger Postbahnhof
Postbahnhof Luckenwalder Straße, 1986

Postbahnhof Luckenwalder Straße, 1986

Daten
OrtBerlin, Luckenwalder Straße 4–6
ArchitektPostbaurat Wilhelm Walter
Regierungsbaumeister Martini
BauherrOberpostdirektion
BaustilBacksteingotik
Baujahr1908–1913
Koordinaten52° 29′ 56,2″ N, 13° 22′ 28,3″ O
Besonderheiten
Postamt SW 77 – Berliner Landesdenkmalliste

Der Postbahnhof Luckenwalder Straße war ein Bahnhof der Post für den Paketverkehr an der Luckenwalder Straße 4/5 im Berliner Ortsteil Kreuzberg. Er war zunächst für die von der Stadt nach Süden und Südwesten abgehenden Bahnstrecken zuständig, das zugehörige Postamt SW 77 galt vor dem Zweiten Weltkrieg als das größte deutsche Paketumschlagspostamt. Die von der Firma Mix & Genest zwischen 1931 und 1940 erbaute Paketförder- und verteilanlage konnte zwischen 200.000 und 400.000 Sendungen pro Tag bewältigen. Mehr als 50 Prozent des gesamten Berliner Paketaufkommens und ein noch weit höherer Durchgangsverkehr wurden über das Postamt SW 77 beziehungsweise den Postbahnhof abgewickelt.[1]

In Teilen des 1997 stillgelegten Postbahnhofs befindet sich heute das Messe- und Veranstaltungszentrum STATION Berlin.

Lage

Der Postbahnhof grenzte unmittelbar südöstlich an das Gelände des Gleisdreiecks der Berliner U-Bahn, dessen Struktur den Grundriss der Anlage beeinflusste. Nach Westen hin wurde er von den Gleisanlagen des Potsdamer Bahnhofs, nach Osten von denen des Anhalter Bahnhofs begrenzt. Zwischen der Luckenwalder Straße und der Yorckstraße gelegen gehört das Gelände heute zum Park am Gleisdreieck.

Geschichte

U-Bahn am Gleisdreieck, links eine Packkammer des Postbahnhofs, 1988

Auf dem Gelände des 1882 als Personenbahnhof stillgelegten Dresdener Bahnhofs wurden zwischen 1907 und 1915 der Berliner Postbahnhof und das Paketpostamt SW 77 errichtet. Die im historistischen Stil gestaltete Anlage entstand nach Entwürfen von Wilhelm Walter und nach Plänen von Postbaurats Hermann Struve (1857–1916).[2]

Lok 2 des Deutschen Technikmuseums auf dem Parkgelände, 2012

Der 1913 eröffnete Bahnhof war notwendig geworden, da die Personenbahnhöfe den angewachsenen Paketumschlag nicht mehr bewältigen konnten. Er stellte eine eigene Einheit unter der Leitung der Post dar, die mit Elektrolokomotiven den Betrieb abwickelte. In Spitzenzeiten wurden bis zu 400 Rangierfahrten pro Tag durchgeführt.[3] Der Bahnhof erhielt eine Ankunfts- und eine Abgangs-Packkammer, denen jeweils ein Kopfbau vorgesetzt wurde. An die Packkammern wurden fünf überdachte Ladesteige und die Gleise angeschlossen.[4]

Der Rangierdienst erfolgte bis 1967 elektrisch, die Lokomotiven wurden mit einer Gleichspannung von 550 V aus Oberleitungen versorgt. Zunächst standen mit den Loks 17 und 18 zwei zweiachsige Maschinen mit einer Leistung von je 2 × 50 PS zur Verfügung (Achsfolge Bo, LüP 6850 mm, Baujahr 1912), die durch die stärkere Lok 19 (Achsfolge BoBo, 4 × 50 PS, LüP 9930 mm, Baujahr 1913) bald ergänzt wurden. Alle drei wurden bei der AEG gebaut. Mit Baujahr 1928 kam eine bei den Siemens-Schuckertwerken entstandene vierte Lok 20 hinzu (Achsfolge BoBo, 4 × 120 PS, LüP 10940 mm) hinzu. Nach der Einstellung des elektrischen Betriebs ging die Lok 19 an die Deutsche Gesellschaft für Eisenbahngeschichte.[5]

Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde der Postbahnhof stark vereinfacht wiederhergestellt. 1962 wurde die Abgangs- und 1968 bis 1971 die Eingangshalle umgebaut. Besondere Bedeutung erlangte er während der deutschen Teilung, da er als einziger Postbahnhof West-Berlin mit dem Bundesgebiet verband.

Die Deutsche Bundespost verfügte am Standort über mehrere eigene Diesellokomotiven, darunter mit den Loks 4 und 5 zwei der für West-Berlin untypischen Bundesbahn-Baureihe V 60. Die zweiachsigen Kleinlokomotiven 1 und 2 hatte Orenstein & Koppel 1967 gebaut und geliefert, im Jahr darauf kam die baugleiche Lok 3 hinzu. Diese drei Maschinen waren über Puffer 7840 mm lang und leisteten 250 PS.[5] Lok 2 blieb im Besitz des Deutschen Technikmuseums erhalten und verkehrt gelegentlich auf dem Gelände des Parks.[6]

Im Jahr 1997 wurde der Postbahnhof stillgelegt. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

Nachnutzung

STATION Berlin, 2012
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Luftaufnahme Station Berlin, rechts der U-Bahnhof Gleisdreieck, 2024

Teile des ehemaligen Postbahnhofs wurden nach dessen Stilllegung unter dem Namen Dresdener Bahnhof für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt. Im Jahr 2005 wechselten die Eigentümer, unter dem Namen STATION Berlin entstand ein Veranstaltungsort für Messen, Tagungen und Events.[7]

Das südlich gelegene Stellwerk Plw (Postbahnhof Luckenwalder Straße) wurde in den Park am Gleisdreieck integriert und beherbergt heute einen Kiosk und ein Café.

Commons: Postbahnhof Luckenwalder Straße (Berlin) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Postbahnhof / Postamt SW 77 (Memento desOriginals vom 19. Juni 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/industriekultur.berlin (PDF) industriekultur.berlin; abgerufen am 3. April 2020
  2. Architekt Hermann Struve
  3. Industriekultur am Gleisdreieck. (Memento desOriginals vom 8. Mai 2014 im Internet Archive; PDF)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.industrie-kultur-berlin.de industrie-kultur-berlin.de, DTMB, 3/2013, S. 21; abgerufen am 8. Mai 2014
  4. Kathrin Chod: Postbahnhof und Paketpostamt SW 77 (Postamt 77). In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2002, ISBN 3-89542-122-7 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
  5. a b Günther Kleber: Rangierlokomotiven der Deutschen Bundespost in: Eisenbahn Magazin 4/1977, S. 16 f.
  6. Website des Deutschen Technikmuseums, abgerufen am 10. Juni 2014
  7. STATION Berlin, abgerufen am 18. Februar 2015.

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Berlin, Postbahnhof Luckenwalder Straße, 1986.jpg
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Postbahnhof Luckenwalder Straße Berlin
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Südliches Verbindungsgleis am U-Bahnhof Gleisdreieck Berlin, rechts die Bahnsteighalle der heutigen U2, Mitte abgestellter AIII-Zug, im Hintergrund die Wagenhalle der M-Bahn, links der Postbahnhof, 1988
STATION Berlin NK.JPG
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From the 1875, Dresden train station was performing passenger traffic between Berlin and Dresden for the following seven years. Also, Prague and Vienna can be reached by destination coach form this station. In 1882, all the operations was terminated due to tensions between the Prussian and the Saxon railway administration. The main building was demolition in 1887. Now this place is known as STATION-Berlin.
19861127m Pb Berlin.jpg
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Postbahnhof Berlin Luckenwalder Straße
Postbahnhof Luckenwalder Straße, Station, U-Bahnhof Gleisdreieck, Berlin, Luftaufnahme-0020.jpg
© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Postbahnhof Luckenwalder Straße, Station, U-Bahnhof Gleisdreieck, Berlin, Luftaufnahme
O&K DTMB Lok 2 @ Gleisdreieck Berlin 2012.jpg
Autor/Urheber: Denis Barthel, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
O&K-Lokomotive, Lok 2 des Deutschen Technikmuseums Berlin, passiert den Park Gleisdreick Berlin
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Plakette für denkmalgeschützte Anlagen und Bauten in einigen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland
19861127a Postbahnhof Berlin Gleisdreieck.jpg
Autor/Urheber: Roehrensee, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Postbahnhof Berlin Luckenwalder Straße und Stellwerk Plw