Polly Tieck

Polly Tieck ist das Pseudonym von Ilse Amalie Ehrenfried (* 30. März 1893 in Berlin[1]; † 1975) und war eine deutsche Journalistin. Sie veröffentlichte auch als Katta Launisch und Lieschen Lassdas.

Leben und Leistungen

Ehrenfried war eng befreundet mit dem Dichter Arthur Eloesser. In erster Ehe heiratete sie 1916 den Journalisten Hellmuth Falkenfeld (1893–1954).[2] Aus dieser Ehe ging eine 1917 geborene Tochter hervor.[3] In der Weimarer Republik arbeitete sie als Leiterin der Schnittmusterwerkstatt beim Ullstein Verlag in Berlin[4]. Nachdem sie sich Mitte der 1920er Jahre zu etablieren begann und eine gefragte Feuilletonistin wurde, war sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, ähnlich wie Mascha Kaléko, Dinah Nelken und viele andere Zeitgenossinnen, gezwungen, sich aus dem Journalismus zurückzuziehen und konnte auch später nicht an die früheren Erfolge anknüpfen.

Stilistisch erinnern ihre Zeitungsbeiträge im Tage-Buch, der BZ am Mittag, dem Ulk und der Münchner Jugend an Irmgard Keun und Kurt Tucholsky. Sie traf in ihren Prosa-Skizzen präzise, witzig und sehr eloquent das Zeitgefühl der Durchschnittsfrau ihrer Zeit. Zu ihren besten Essays gehört eine freche und geistreiche Replik auf Tucholskys Artikel Was machen Menschen, wenn sie allein sind? mit dem Titel Was macht die Frau, wenn sie allein ist? (1926), in der sie behauptet, dass Tucholskys Beobachtungen nur auf Männer zutreffen. Sie versucht dabei, eine amüsante Kurz-Psychologie der mondänen Frau zu formulieren.

Am 27. Oktober 1931 heiratet sie in zweiter Ehe den Kaufmann Hans Georg Aufrichtig (1899–nach 1977; später Juan Aufrichtig).[5] Um 1938 emigrierten die beiden vermutlich zunächst nach New York und dann nach Chile. Dort lebten sie in Valparaíso, wo Ilse Aufrichtig eine Kleiderfirma gründete. Im Exil schrieb sie unter anderem für den Aufbau. In späteren Jahren lebte sie als Ilse Ehrenfried Bruck Aufrichtig in Brasilien.[6]

Leben und Werk von Polly Tieck sind bisher weitgehend unerforscht, auch eine Anthologie mit Texten gibt es nicht. Renate Wall und Anna Rheinsberg haben sich in Arbeiten über schreibende Frauen mit ihr auseinandergesetzt. Im JUNI – Magazin für Literatur und Kultur erschien 2013 ein Werkverzeichnis und eine Auswahl ihrer Texte.[7]

Schriften

  • Erich Singer (Hrsg.): Bänkelbuch: Neue deutsche Chansons, Wien: E. P. Tal & Co. 1929
    • darin S. 161–170: Ode an eine Telefonnummer; Kleine Klage; Fragen; Fremder Herr
  • Selberschneidern – der neue Weg zu billigen Kleidern. Eine Anleitg zum Selberschneidern nach Schnittmustern f. jedermann [auch den, der noch nicht schneidern kann]. Berlin Ullstein A.G. 1930, Ullstein-Sonderheft, Nr. 161/62.
  • Polly Tieck: Texte. Ausgewählt von Anne Martina Emonts, JUNI, Heft 47/48 (2013), S. 251–278.

Literatur

  • Renate Wall (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil. Kore, Freiburg 1995, S. 173f
  • Elke-Vera Kotowski (Hrsg.): Juden in Berlin. Biografien. Henschel, Berlin 2005, ISBN 3-89487-461-9.
  • Anne Martina Emonts: "'My dresses hang from the ceiling'. Polly Tieck, Katta Launisch und Polly Launisch (1893-1975?)", JUNI, Heft 47/48 (2013), S. 247–250.
  • Gregor Ackermann und Anne Martina Emonts: "Polly Tieck & Katta Launisch. Notizen zum Werk Ilse Ehrenfrieds", JUNI, Heft 47/48 (2013), S. 279–313.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Quelle: Geburtsurkunde Nr. 492, Standesamt Berlin III, Landesarchiv Berlin.
  2. Quelle: Heiratsurkunde Nr. 389 vom 20. Juni 1916, Standesamt Berlin-Charlottenburg III, Landesarchiv Berlin.
  3. Ilse Ehrenfeld in: Lemma Polly Tieck, in: Renate Wall (Hrsg.): Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen im Exil. Kore, Freiburg 1995, S. 173f
  4. "Polly Tieck / Katta Launisch / Lieschen Lassdas" in: Das Leben, Jhrg. 9 (1931/32), H. 5, S. 25
  5. Quelle: Heiratsurkunde Nr. 733, Standesamt Berlin-Charlottenburg, Landesarchiv Berlin.
  6. vgl. Einwanderungsdokumente auf Ancestry.com
  7. Aisthesis Verlag - JUNI - Erzählte Wirtschaftssachen. Abgerufen am 22. August 2017.