Plattenkiemer

Plattenkiemer

Blauhai (Carcharodon glauca)

Systematik
Überstamm:Neumünder (Deuterostomia)
Stamm:Chordatiere (Chordata)
Unterstamm:Wirbeltiere (Vertebrata)
ohne Rang:Kiefermäuler (Gnathostomata)
Überklasse:Knorpelfische (Chondrichthyes)
Klasse:Plattenkiemer
Wissenschaftlicher Name
Elasmobranchii
Bonaparte, 1838

Die Plattenkiemer (Elasmobranchii, Synonym: Neoselachii[1]), genannt auch Hai- und Rochenartige, sind eine Klasse der Knorpelfische (Chondrichthyes). Zu ihnen gehören die modernen Haie (Selachii) und Rochen (Batomorphi) mit etwa 1150 rezenten Arten. Etwa 30 Arten leben vor allem im Süßwasser, der Rest im Meer.

Gewöhnlicher Sägerochen (Pristis pristis)
Gestreifter Adlerrochen (Aetomylaeus bovinus)

Merkmale

Die Plattenkiemer haben einen relativ einfachen Körperbau, was ihnen durch eine recht geringe Abwandlung von Skelett und Muskulatur eine große ökologische Anpassungsfähigkeit verschafft. Es gibt zwei Lebensformtypen, zu denen die meisten Arten gehören, spindelförmige Beutegreifer (die meisten Haie) und dorsoventral abgeflachte Bodenbewohner (Rochen, Sägehaie, Engelhaie u. a.). Aus beiden Lebensformtypen entwickelten sich Filtrierer wie der Walhai (Rhincodon typus), der Riesenhai (Cetorhinus maximus), der Riesenmaulhai (Megachasma pelagios) und die Teufelsrochen (Mobula).[2] Von den Seekatzen (Chimaeriformes), der einzigen rezenten Ordnung der Holocephali, ihrer Schwestergruppe, unterscheiden sich die Plattenkiemer durch die fünf bis sieben Kiemenspalten ohne Kiemendeckel und die Zahnleisten, in denen die Zähne permanent ersetzt werden.[3] Die Zähne der Plattenkiemer besitzen eine Kappe aus Zahnschmelz, darunter befindet sich eine von Kanälen durchzogene Dentinschicht, die wiederum einen trabekülären Dentinkern umgibt. Der Oberkiefer gelenkt am Schädel unter Vermittlung der Hyomandibulare (Amphistylie) oder ist völlig mit dem Schädel verschmolzen (Holostylie). Die Kiemenspalte zwischen Kiefer- und Zungenboden entwickelte sich zum Spritzloch (Spiraculum). Sekundär kann es auch wieder verschwunden sein. Maul- und Nasenöffnungen liegen bei den meisten Arten ventral (an der Kopfunterseite). Letztere sind mit der Mundöffnung verbunden und durch eine Hautfalte in eine Ein- und eine Ausströmöffnung unterteilt. Am Kopf befinden sich die Lorenzinische Ampullen (Elektrorezeptoren). Männliche Plattenkiemer besitzen zur inneren Befruchtung umgewandelte Bauchflossen (Klaspern).[2] Von verschiedenen nur fossil bekannten haiartigen Knorpelfischgruppen unterscheiden sich die Plattenkiemer u. a. auch durch die starke Einengung der Chorda dorsalis, durch die Verkalkung der Wirbel, die Verschmelzung von Teilen der Gürtelskelette und dem Typ der Hautzähne.[3]

In beiden Gruppen der Plattenkiemer kommt es zu Gigantismus, so kann der Walhai mehr als 13 Metern lang werden und ein Gewicht von 12 Tonnen erreichen, während der Riesenmanta (Mobula birostris) eine Spannweite von sieben Metern und ein Gewicht von zwei Tonnen erreichen kann. Die kleinsten Arten der beiden Taxa sind der Zwerg-Laternenhai (Etmopterus perryi), der etwa 20 Zentimeter lang wird und der Rochen Temera hardwickii, der wahrscheinlich nur 15 Zentimeter lang wird.

Fortpflanzung

Sowohl bei den Haien als auch bei den Rochen gibt es Taxa, die sich ovipar, ovovivipar oder vivipar vermehren.[4]

Innere Systematik

Die Plattenkiemer wurden traditionell nach der äußeren Erscheinung in Haie und Rochen gegliedert. 1996 wurden die Neoselachi von de Carvalho und Shirai unabhängig voneinander nach morphologischen Merkmalen in zwei Taxa gegliedert, die Galeomorphii (Galea bei Shirai), zu denen vor allem große, das Freiwasser bewohnende Haie gehören und die Squalea, zu denen viele bodenbewohnende Haie, Tiefseehaie und die Rochen gehören. Die Haie wären damit lediglich ein paraphyletisches Formtaxon.[3]

Inzwischen gibt es allerdings mehrere molekularbiologische Untersuchungen, die eine basale Dichotomie von Haien und Rochen bestätigen. Die morphologischen Übereinstimmungen der squalomorphen Haie mit den Rochen sind danach konvergent entstanden. Da sich die Rochen, genauso wie die modernen Haie, schon seit dem frühen Jura in der fossilen Überlieferung nachweisen lassen, wird eine Abstammung der Rochen am Endpunkt einer langen Evolutionslinie der Squalea auch nicht von paläontologischen Daten gestützt.[5][6][7][8][9][10][11]

Innere Systematik der Plattenkiemer (Haie nach Naylor et al. 2012[10], Rochen nach Aschliman et al. 2012[12])
 Plattenkiemer 
 Haie 
 Galeomorphii 

Stierkopfhaiartige (Heterodontiformes)


   

Ammenhaiartige (Orectolobiformes)


   

Makrelenhaiartige (Lamniformes)


   

Grundhaie (Carcharhiniformes)





 Squalomorphi 

Hexanchiformes


   

Dornhaiartige (Squaliformes)


   

Echinorhiniformes


   

Engelhaie (Squatiniformes)


   

Sägehaiartige (Pristiophoriformes)







 Rochen 

Rajiformes


   

Zitterrochenartige (Torpediniformes)


   

Geigenrochen und Sägerochen (Rhinopristiformes)


   

Stechrochenartige (Myliobatiformes)






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Siehe auch

Einzelnachweise

  1. John G. Maisey: What is an 'elasmobranch'? The impact of palaeontology in understanding elasmobranch phylogeny and evolution. Journal of Fish Biology, 2012 Apr; 80(5):918-51. doi: 10.1111/j.1095-8649.2012.03245.x
  2. a b Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00339-6. S. 216
  3. a b c Alfred Goldschmid: Chondrichthyes. in: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3
  4. Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00339-6. S. 216
  5. Christophe J. Douady, Miné Dosay, Mahmood S. Shivji & Michael J. Stanhop: Molecular phylogenetic evidence refuting the hypothesis of Batoidea (rays and skates) as derived sharks. In: Molecular Phylogenetics and Evolution, 26. Jg., Nr. 2, Februar 2003, S. 215–221 doi:10.1016/S1055-7903(02)00333-0
  6. Christopher J. Winchell, Andrew P. Martin, Jon Mallatt: Phylogeny of elasmobranchs based on LSU and SSU ribosomal RNA genes. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 31, 2004, S. 214, doi:10.1016/j.ympev.2003.07.010.
  7. C. J. Underwood: Diversification of the Neoselachii (Chondrichthyes) during the Jurassic and Cretaceous. Paleobiology, 32 (2) (2006). pp. 215-235. PDF
  8. Joseph S. Nelson, Terry C. Grande, Mark V. H. Wilson: Fishes of the World. Wiley, Hoboken, New Jersey, 2016, ISBN 978-111834-233-6. S. 80–82.
  9. Patrick L. Jambura, Eduardo Villalobos-Segura, Julia Türtscher, Arnaud Begat, Manuel Andreas Staggl, Sebastian Stumpf, René Kindlimann, Stefanie Klug, Frederic Lacombat, Burkhard Pohl, John G. Maisey, Gavin J. P. Naylor und Jürgen Kriwet. 2023. Systematics and Phylogenetic Interrelationships of the Enigmatic Late Jurassic Shark Protospinax annectans Woodward, 1918 with Comments on the Shark–Ray Sister Group Relationship. In: MDPI: Diversity, Special Issue: Evolution and Diversity of Fishes in Deep Time, Band 15, Nr. 3, 311, 21. Februar 2023; doi:10.3390/d15030311
  10. a b Gavin J. P. Naylor, Janine N. Caira, Kirsten Jensen, Kerri A. M. Rosana, Nicolas Straube, Clemens Lakner: A Mitochondrial Estimate Based on 595 Species. In: Jeffrey C. Carrier, John A. Musick, Michael R. Heithaus: Biology of Sharks and Their Relatives (Marine Biology). Verlag: Crc Pr Inc, 2012, ISBN 1-4398-3924-7. PDF bei Researchgate
  11. Eduardo Villalobos-Segura, Giuseppe Marramà, Giorgio Carnevale, Kerin M. Claeson, Charlie J. Underwood, Gavin J. P. Naylor und Jürgen Kriwet: The Phylogeny of Rays and Skates (Chondrichthyes: Elasmobranchii) Based on Morphological Characters Revisited. Diversity (Basel). 2022, 14(6): 456. doi: 10.3390/d14060456
  12. Neil C. Aschliman, Mutsumi Nishida, Masaki Miya, Jun G. Inoue, Kerri M. Rosana, Gavin J.P. Naylord: Body plan convergence in the evolution of skates and rays (Chondrichthyes: Batoidea). In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Band 63, Nr. 1, April 2012, S. 28–42, doi:10.1016/j.ympev.2011.12.012.
  13. Joseph S. Nelson: Terry C. Grande, Mark V. H. Wilson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2016, ISBN 978-1118342336. S. 58–80.
  14. Peter R. Last, William T. White, Marcelo R. De Carvalho, Bernard Sret, Matthias F. W. Stehmann: Rays of the World. Cornell University Press, 2016, ISBN 978-1501705328, S. 12–13.
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