Pierre Aeby (Politiker, 1950)

Pierre Aeby

Pierre Aeby (* 14. Februar 1950 in Bern) ist ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.

Leben und Wirken

Der Katholik stammt aus Düdingen, seine Eltern sind der Diplomat Alphonse Aeby und Marie-Rose geb. Gassmann. Er ist mit der Tessinerin Monica Buetti verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

Gleich nach seiner Geburt begab sich seine Mutter mit ihm zu ihrem Mann Alphonse, der bereits einen Monat zuvor in offizieller Mission ins Schweizer Konsulat nach Algier abgereist war, wo die Familie Aeby bis zu den Ereignissen des Algerienkriegs 1956 lebte. Infolge des Algerienkriegs wurde sie ins Konsulat von Manchester versetzt, wo sie bis 1961 blieb. Anschliessend lebten sie in Jakarta, allerdings ohne Pierre, der in einem Internat in Broc lebte und das Kollegium St. Michael in Freiburg besuchte, wo er 1970 seine Matura ablegte.

Mit einem Rechtslizentiat der Universität Freiburg in der Tasche arbeitete der junge Jurist in der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern und wurde Mehrwertsteuer-Spezialist. Ende der 1970er Jahre reiste er durch die Schweiz als Botschafter der Projekte Chevallaz’ zur Einführung der Mehrwertsteuer (1977, 1979), die das Volk beide verwarf. Von 1978 bis 1981 sass er im Gemeinderat von Fétigny und leitete die Geschicke des örtlichen Fussballklubs, der in der ersten Liga spielte.

1981 gewann er mit 176 Stimmen Vorsprung vor Charles Pilloud (CVP) die Wahlen zum Oberamtmann des Broyebezirks und fünf Jahre später wurde er im Amt bestätigt. Er war der erste sozialdemokratische Oberamtmann in der Geschichte des Kantons Freiburg. Während seiner beiden Amtszeiten legte er erste informelle Fundamente für interkantonale Projekte im medizinisch-sozialen Bereich und für den Sekundarunterricht.

1991 wurde Pierre Aeby in den Staatsrat gewählt und übernahm die Bau-, Zivilschutz- und Umweltschutzdirektion. 1996 verzichtete er auf eine Wiederwahl, da er seit Ende 1995 im Ständerat sass und die beiden Ämter nicht länger kumuliert werden konnten. Während seines letzten Jahres im Staatsrat war er dessen Vizepräsident.

In der Baudirektion leitete Pierre Aeby eine wichtige Revision des Raumplanungs- und Baugesetzes, die insbesondere die Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren vorsah. Das Strassengesetz wurde revidiert, um die Kostenverteilung für den Bau und Unterhalt des in einem Richtplan festgelegten Strassennetzes zwischen Kanton und Gemeinden zu klären. 1994 trat der Kanton einem interkantonalen Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen bei. Auf Aebys Initiative wurde 1996 ein neues Gesetz über die Abfallbewirtschaftung verabschiedet, das zum ersten Mal in der Schweiz eine ausgewogene Finanzierung der Abfallentsorgung vorsah und auf drei fast gleichwertigen Pfeilern beruhte: allgemeine Steuerkasse, Haushaltsgebühr und Sackgebühr. Ein Plan für Luftreinhalte-Massnahmen wurde 1992 verabschiedet. Zahlreiche Strassenkredite wurden dem Grossen Rat vorgelegt, darunter jener für die Erneuerung der Pérollesbrücke (vom Volk 1992 angenommen). Mit Erfolg setzte sich Pierre Aeby dafür ein, dass der Staat das Dossier der Poyabrücke von der Stadt übernahm; er lancierte die ersten Realisierungsstudien für diesen Kunstbau. Parallel dazu wurden erste Vorstudien für eine Umfahrungsstrasse der Agglomeration Bulle durchgeführt. Diese Dossiers beschäftigten auch seine Nachfolger.

In dieser wirtschaftlichen Krisenzeit bewahrte er ein minimales Investitionsvolumen zur Arbeitsplatzsicherung und ermöglichte mit Hilfe von Strassenunterhaltskrediten die Anstellung ausgesteuerter Arbeitsloser, um ihre Wiedereingliederung zu fördern. Das Tiefbaudepartement des Kantons Freiburg erhielt als zweites Amt der Schweiz die ISO-9001-Zertifizierung. In seiner Amtszeit bemühte sich Pierre Aeby um die Einhaltung der Grundsätze einer harmonischen Raumplanung und des Umweltschutzes. Der Grosse Rat verwarf jedoch einen Entwurf, sämtliche Kiesgruben des Kantons derselben Ordnung wie das Wasser zu unterstellen (konzessioniertes öffentliches Gut) mit der Begründung, dies käme einer «Verstaatlichung» der Kiesgruben gleich. Aeby vertrat den Staatsrat energisch im Conseil du Léman (Genf, Waadt, Wallis, Ain, Haute-Savoie), um Freiburgs Wunsch zu unterstreichen, sich nach der Ablehnung des EWR durch das Volk Ende 1992 seinen französischen und lemanischen Nachbarn anzunähern.

Auf Bundesebene kandidierte Pierre Aeby 1987 für den Nationalrat und fand sich direkt hinter dem bisherigen Cyrill Brügger wieder. 1995 wurde er im zweiten Wahlgang gegen die Freisinnige Monique Pichonnaz in den Ständerat gewählt, musste jedoch 1999 dem neuen CVP-FDP-Bündnis mit Anton Cottier und Jean-Claude Cornu weichen.

Pierre Aeby ist Mitglied zahlreicher Kommissionen – Geschäftsführung, Verkehr und Fernmeldewesen, politische Institutionen und Rechtsfragen – sowie der Delegation bei der Assemblée parlementaire de la francophonie und jener zur Überwachung der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT). Von 2000 bis 2001 nahm er als Vertreter der Stadt Freiburg im Verfassungsrat an der Abfassung der neuen Freiburger Verfassung teil. Von 1994 bis 1999 war er Mitglied der Geschäftsleitung und dann Vizepräsident der SP Schweiz; nach dem Rücktritt von Ursula Koch als Parteipräsidentin und Nationalrätin übernahm er interimistisch das Parteipräsidium.

Von 1996 bis 2005 war er Westschweizer Sekretär von Pro Senectute Schweiz und wurde 2007 Mitglied des Schweizer Stiftungsrats in Zürich. Seit 2006 ist er Vizepräsident des Verwaltungsrats des Freiburger Spitalnetzes und Mitglied des Verwaltungsrats des interkantonalen Spitals der Broye. Zudem ist er Direktor des Pflegeheims «Les Fauvettes» in Montagny-la-Ville und Präsident des Stiftungsrats des Théâtre des Osses, Centre dramatique fribourgeois, in Givisiez.

Literatur

  • Georges Andrey, Hubertus von Gemmingen (Übersetzung): Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011; Geschichte, Organisation, Mitglieder. Hrsg.: John Clerc, Jean-Pierre Dorand, Nicholas Gex. Paulus, Freiburg 2012, ISBN 978-3-7228-0815-4.

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