Peter Spahn (Politiker)

Peter Spahn
Peter Spahn
Das Grab von Peter Spahn und seiner Ehefrau Emilie geborene Heimer auf dem Friedhof der St.-Matthias-Gemeinde (Berlin-Tempelhof)

Peter Joseph Spahn (* 22. Mai 1846 in Winkel, Rheingau; † 31. August 1925 in Bad Wildungen) war ein deutscher Jurist und Politiker des Zentrums.

Leben und Beruf

Peter Spahn war der Sohn eines Wagners. Nach dem Abitur 1866 in Hadamar studierte Spahn in Würzburg, Tübingen, Berlin und Marburg Rechtswissenschaften. 1874 wurde er Amtsrichter in Marienburg in der Provinz Westpreußen. 1887 wurde er Richter am Landgericht Bonn, 1892 Richter am Oberlandesgericht Posen und ab 1896 am Kammergericht Berlin. 1898 wurde er Reichsgerichtsrat in Leipzig, 1905 Präsident des Oberlandesgerichtes Kiel, 1910 wechselte er bis 1917 in gleicher Funktion nach Frankfurt am Main.[1] 1899 war er Präsident des Katholikentages in Neisse.

Partei

Spahn war Mitglied des Zentrums. Bereits während des Ersten Weltkriegs kritisierte Spahn ebenso wie sein Sohn Martin Spahn die angebliche „Linksorientierung“ des Zentrums, weil es zu stark unter dem Einfluss von Matthias Erzberger stand.

Abgeordneter

Spahn gehörte von 1882 bis 1888, 1891 bis 1898 und 1904 bis 1907 dem preußischen Abgeordnetenhaus an. 1918 war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Von 1884 bis 1917 war er Reichstagsabgeordneter. Er vertrat zunächst den Reichstagswahlkreis Regierungsbezirk Königsberg 6 (Braunsberg-Heilsberg)[2] und ab 1890 den Wahlkreis Regierungsbezirk Köln 4 (Bonn-Rheinbach)[3][4] im Parlament. Von 1895 bis 1898 und von 1909 bis 1911 war er Vizepräsident des Reichstages. Am 9. Februar 1912[5] gewann er die Stichwahl gegen August Bebel zum Präsidenten des Reichstags, gab aber bereits am 10. Februar 1912 den Rücktritt vom Amt bekannt[6]. Die Zentrumspartei erklärte, keiner ihrer Abgeordneten solle neben einem Sozialdemokraten im Präsidium sitzen.[7] In der liberalen Presse wurde vermutet, dieser Grund für den Rücktritt sei nur vorgeschoben. Tatsächlich wolle das Zentrum sein Verhältnis zu den Konservativen nicht belasten: „Das Verhältnis zwischen dem Zentrum und den Konservativen hätte einen sehr bösen Stoß erhalten, wenn das Zentrum auf dem errungenen Platz sitzen geblieben wäre [...] Das Zentrum hält die konservative Freundschaft doch zu hoch, als dass es sie um eines Sitzes willen, auf dem es sich doch nicht recht wohl fühlen konnte, verscherzen wollte.“[8] 1912 wurde Spahn Fraktionschef des Zentrums im Reichstag. Im Reichstag war er als Vorsitzender der Beratungskommission maßgeblich an der Ausarbeitung des BGB beteiligt. Maßgeblichen Einfluss hatte er auch bei der Abfassung des neuen HGB und der Verfassung von Elsaß-Lothringen.

1919/20 war Spahn Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, wo er stellvertretender Vorsitzender des „Ausschusses zur Vorberatung des Entwurfs einer Verfassung des Deutschen Reiches“ war. Obwohl er von seinen Überzeugungen her ein konservativer Monarchist war, setzte er sich für die Zusammenarbeit mit der SPD und für die Annahme des Versailler Vertrages ein. Anschließend gehörte er bis zu seinem Tode dem Reichstag der Weimarer Republik an.

Sein Sohn Martin war ab 1924 Reichstagsabgeordneter für die Deutschnationale Volkspartei.

Öffentliche Ämter

Vom 8. August 1917 bis zum 28. November 1918 war Spahn Justizminister von Preußen.[9] Er war der erste preußische Minister, der der Zentrumspartei angehörte.

Ehrungen

1898 wurde er von der Universität Tübingen wegen seiner Verdienste um das neue bürgerliche Recht und 1909 durch die Universität Löwen zum Ehrendoktor promoviert.

Er war Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindungen KStV Arminia Bonn, KStV Askania Berlin und KStV Teutonia Leipzig im KV.[10]

Veröffentlichungen

  • Verwandtschaft und Vormundschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich. 1901.

Einzelnachweise

  1. ISG FFM Bestand S2 Nr. 8984 - Spahn, Peter - Arcinsys Detailseite. Abgerufen am 22. November 2022.
  2. Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 4.
  3. Fritz Specht, Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten. 2. Auflage. Verlag Carl Heymann, Berlin 1904, S. 175.
  4. Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Die Reichstagswahlen von 1912. Heft 2.(= Statistik des Deutschen Reichs. Band 250). Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin 1913, S. 93
  5. [1] Scan aus dem Reichstagsprotokoll der 3. Sitzung des 13. Reichstages des Deutschen Kaiserreiches mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses zur Wahl des Präsidenten des Reichstages des Deutschen Kaiserreiches
  6. Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
  7. Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
  8. Die Präsidentschaftskrise im Reichstag. Spahns Rücktritt vom Reichstags-Präsidium, in: Kölnische Zeitung Nr. 154, 10. Februar 1912, S. 1.
  9. ISG FFM Bestand S2 Nr. 8984 - Spahn, Peter - Arcinsys Detailseite. Abgerufen am 22. November 2022.
  10. Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine: Jahrbuch des Kartellverbandes der katholischen Studentenvereine Deutschlands (K.V.) 1925, Berlin 1925, S. 47.

Literatur

  • Bernhard Mann: Biographisches Handbuch für das Preußische Abgeordnetenhaus 1867–1918 (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 3). Droste, Düsseldorf 1988, ISBN 3-7700-5146-7, Nr. 2213.
  • Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 1: Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Kassel University Press, Kassel 2010, ISBN 978-3-86219-038-6, S. 152 f. (Online, PDF; 2,2 MB).
  • Helmut Neubach: Peter Spahn (1846–1925). In: Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Band 1, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster 2022, ISBN 978-3-402-06112-1, S. 65–80. (Digitalisat)
  • Otto Renkhoff: Nassauische Biographie. Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten. 2. Auflage. Wiesbaden 1992. ISBN 3-922244-90-4, S. 766, Nr. 4193.
  • Siegfried Koß, Wolfgang Löhr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. 3. Teil (= Revocatio historiae. Band 4). SH-Verlag, Schernfeld 1994, ISBN 3-89498-014-1, S. 109 f.
  • Erhard Zimmer: Die Geschichte des Oberlandesgerichts Frankfurt. Kramer, Frankfurt 1976, ISBN 3-7829-0174-6, S. 141–143.

Weblinks

Commons: Peter Spahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Dr.Peter Spahn
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Autor/Urheber: Harvey Kneeslapper, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Das Grab des deutschen Juristen und Politikers (Zentrum) Peter Spahn und seiner Ehefrau Emilie geborene Heimer auf dem Friedhof der katholischen St. Matthias-Gemeinde in Berlin.
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Peter Spahn, preußischer Justizminister
Wappen Deutsches Reich - Königreich Preussen (Grosses).png
Das große Wappen des Königreichs Preußen im Deutschen Reich
Wappen Deutsches Reich - Reichsadler 1889.svg
Reichsadler des Preußisch-Deutschen Kaiserreiches ab 1889.