Peter Reusse

Peter Reusse (* 15. Februar 1941 in Teltow; † 11. Juni 2022[1]) war ein deutscher Schauspieler und Schriftsteller. Seine Schauspielkarriere in Theater, Film und Fernsehen erstreckte sich von den 1960er-Jahren bis 1993 und umfasste mehr als 70 Film- und Fernsehproduktionen. Als Synchronsprecher lieh er unter anderem Pavel Trávníček in den Märchenfilmen Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) und Schneeweißchen und Rosenrot (1979) seine Stimme. Er galt als „James Dean des Ostens“.[2]

Leben

Ausbildung und Theater

Reusse nahm nach dem Abitur in Kleinmachnow 1959 ein Studium an der Filmhochschule Babelsberg auf, das er 1963 abschloss. Im Anschluss daran arbeitete er bis 1970 als freier Schauspieler. 1970 erhielt er eine Festanstellung am Deutschen Theater in Berlin.

Film, Fernsehen und Synchron

Reusse wurde sowohl auf der Bühne als auch beim Film häufig in jugendlichen Rollen besetzt: In dem Jugendfilm Die aus der 12b (1962) und dem Antikriegsfilm Die Abenteuer des Werner Holt (1964) gab er Schüler, in dem kurzfristig verbotenen Fernsehfilm Monolog für einen Taxifahrer (1962) einen werdenden Vater. Auch in seiner ersten wichtigen Hauptrolle als Filmschauspieler, der des Peter Naumann in dem Filmdrama Denk bloß nicht, ich heule (1965), spielte er einen Schüler. Dieser Film wurde aufgrund seiner kritischen Haltung verboten und kam erst 1990 zur breiten Aufführung. Erst zwölf Jahre später, 1977, bekam er seine zweite Filmhauptrolle in Ein irrer Duft von frischem Heu. Die Komödie wurde zu einem der erfolgreichsten Filme des DDR-Kinojahres 1977.

Im Fernsehen war er unter anderem in Polizeiruf 110, Fiete Stein (1970) und Heimkehr in ein fremdes Land (1976) zu sehen. Seit den 1980er Jahren war er fast nur noch in Fernsehproduktionen zu sehen. Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählte hier die Mini-Familien-Serie Kiezgeschichten (1987). In Fernsehfilmen verkörperte er häufig und sehr authentisch zwielichtige Charaktere.

Neben seinen Arbeiten auf der Bühne und in Film und Fernsehen betätigte er sich als Synchronsprecher, wo er Pavel Trávníček in den Märchenfilmen Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973) und Schneeweißchen und Rosenrot (1979) seine Stimme jeweils in der Rolle des Prinzen lieh. Daneben arbeitete er auch als Hörspielsprecher. Ab 1968 wirkte er kontinuierlich in zahlreichen Hörspielproduktionen für den Rundfunk der DDR mit.

1987 wurde Reusse der Goethe-Preis der Stadt Berlin verliehen.

In der Wendezeit der DDR engagierte er sich politisch. Dabei unterstützte er das Bürgerkomitee zur Aufklärung von Stasi-Verbrechen. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gehörten Iris Berben, Nadja Tiller und Charles Aznavour zu seinen Schauspielpartnern.[3]

Rückzug aus dem Schauspiel und Privates

Im Jahr 1993 beendete Reusse die Schauspielerei aus gesundheitlichen Gründen und widmete sich stattdessen der Malerei, Bildhauerei und Literatur. 1996 wurde er für seine Erzählung Gaskopp außer Konkurrenz mit einem Sonderpreis des undotierten Schreibwettbewerbs Zeitzeugenpreis Berlin-Brandenburg ausgezeichnet.

Peter Reusse lebte mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Sigrid Göhler, von 2007 bis zu seinem Tod in Kolberg in der Gemeinde Heidesee in Brandenburg.[4] Aus der Ehe mit Göhler gingen eine Tochter und der Sohn Sebastian Reusse hervor. Dieser sowie Enkelin Linn Reusse, Tochter der Tochter, sind ebenfalls Schauspieler.

Der Schauspieler starb am 11. Juni 2022 im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit.

Theater

Filmografie

Synchronisation

Hörspiele

  • 1968: Erich Schlossarek: Risiko – Regie: Fritz Göhler (Rundfunk der DDR)
  • 1968: Ion Druze: Wenn der Hahn kräht (Anton) – Regie: Helmut Molegg (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1969: Franz Freitag: Der Egoist (Jonas Kuschow) – Regie: Gert Andreae (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1971: Heinrich Mann: Die Jugend des Königs Henri Quatre – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1971: Heinrich Mann: Die Vollendung des Königs Henri Quatre – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1972: Rolf Schneider: Einzug ins Schloß (Günther) – Regie: Theodor Popp (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1972: Jerzy Gieraltowsky: Minen und Eier (Domanski) – Regie: Zbigniew Kopalko (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1972: William Shakespeare: Othello – Regie: Gert Andreae (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1973: Johann Wolfgang von Goethe: Geschichte des Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand (Franz) – Regie: Werner Grunow (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1973: Hans-Ulrich Lüdemann: Überlebe das Grab (Der Frager) – Regie: Werner Grunow (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1973: Bertolt Brecht: Leben des Galilei (Andrea Sarti) – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1974: James Ngugi: Der schwarze Eremit – Regie: Albrecht Surkau (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1974: Hans Siebe: Die roten Schuhe (Leiser) – Regie: Barbara Plensat (Kriminalhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1975: Lothar Kleine: Michael Gaismair oder Neun Sätze aus der Heiligen Schrift – Regie: Werner Grunow (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1979: Alberto Molina: Beerdigung unter Bewachung (Luis Alberto) – Regie: Fritz Göhler (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1979: Imma Lüning: Die nächtliche Reise (Kornelius Kullerkugel) – Regie: Christa Kowalski (Kinderhörspiel/Kurzhörspiel aus der Reihe: Geschichten aus dem Hut – Rundfunk der DDR)
  • 1980: Brigitte Hähnel: Freitagnacht (Chris) – Regie: Fritz-Ernst Fechner (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1981: Arne Leonhardt: Jazz am Grab (Mario) – Regie: Werner Grunow (Hörspielpreis der Kritiker für Autor und Regie 1982 – Rundfunk der DDR)
  • 1981: Richard von Volkmann: Pechvogel und Glückskind (Pechvogel) – Regie: Christa Kowalski (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1981: Peter Gauglitz: Chesterfield (Fridjof Terjung) – Regie: Joachim Gürtner (Hörspielreihe: Fälle des Kriminalanwärters Marzahn, Nr.:10 – Rundfunk der DDR)
  • 1982: E. T. A. Hoffmann: Wenn man einen Nußknacker liebt (Nußknacker) – Regie: Christa Kowalski (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1985: Eugen Eschner: Der Rattenfänger von Hameln – Regie: Norbert Speer (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1987: Georg Hirschfeld: Pauline (Walter Sperling) – Regie: Werner Grunow (Hörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1987: Bodo Schulenburg: Das Kälbchen und die Schwalbe (Sänger) – Regie: Manfred Täubert (Kinderhörspiel – Rundfunk der DDR)
  • 1991: Klaus G. Zabel: Hängepartie – Regie: Detlef Kurzweg (Kriminalhörspiel – Funkhaus Berlin)

Werke (Auswahl)

  • Der Eismann geht. Krise eines Schauspielers. Fischer, Frankfurt 1996, ISBN 978-3-596-12840-2
  • Hier und drüben und drunter. Ironische und satirische Kurzgeschichten. Das Neue Berlin, 1996, ISBN 978-3-929161-66-3
  • Da capo für die Leiche. Schauspielergeschichten. Das Neue Berlin, 1997, ISBN 978-3-929161-91-5
  • Landgang. Reisetagebücher aus Island und Israel. Edition Ost, 1999, ISBN 3-92 9161-78-8
  • Indian Summer. Eine Liebesgeschichte, Das Neue Berlin, 2000, ISBN 978-3-360-00916-6
  • FACE, Theaterstück, stückgut, 2002
  • Die blaue Stunde, Drehbuch: Peter Reusse/Egon Günther, 2008
  • Die Anatomie des Pastor Tulpe, Verlag am Park, 2007, ISBN 978-3-89793-146-6
  • Sprachen als Schweigende. Versuch eines Dialogs, epubli Verlag, 2012 ISBN 978-3-8442-1514-4
  • BÜRZEL oder Stehauf im Land Sibebe, epubli Verlag, 2014, ISBN 978-3-8442-8665-6
  • Kerbs Tag, epubli Verlag, 2016, ISBN 978-3-7375-9075-4
  • Blaue Stunde, epubli verlag, 2018 ISBN 978-3-7467-0710-5
  • Der Spielmann streicht die Fiedel, epubli verlag 2020 ISBN 978-3-7502-6865-4

Literatur

  • Der ungeteilte Himmel. Schauspieler aus der DDR erzählen. Verlag Neues Leben Berlin, 2009. ISBN 978-3-355-01764-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schauspieler Peter Reusse ist gestorben. In: Nordkurier, 13. Juni 2022, abgerufen am 13. Juni 2022.
  2. Langsam kommt der Eismann zu sich. In: Berliner Zeitung, 4. November 1995
  3. Schauspieler Peter Reusse gestorben: "James Dean des Ostens". In: Süddeutsche Zeitung, 13. Juni 2022, abgerufen am 13. Juni 2022.
  4. Auf dem Berg der Langsamkeit In: Märkische Allgemeine, 24. August 2016. Abgerufen am 30. September 2017.