Peter-und-Paul-Kirche (Dessau)

St. Peter und Paul

Die Propsteikirche St. Peter und Paul in Dessau ist eine neugotische katholische Kirche.

Kirchenbau

Der aus Duderstadt stammende Pfarrer Franz Küstner baute 1854 bis 1858 die neugotische, dreischiffige Kirche St. Peter und Paul nach den Plänen des Kölner Architekten Vinzenz Statz. Die Kirche wurde durch den Apostolischen Nuntius von München Flavio Chigi in seiner Eigenschaft als Apostolischer Vikar für Anhalt am 27. Oktober 1858 geweiht. Die Bauausführung leitete der Dessauer Baurat Vieth. Die Baukosten betrugen 29.522 Reichstaler, 20 Silbergroschen und 5 Pfennige. Herzog Leopold Friedrich (er regierte 1817 bis 1871) machte die katholische Gemeinde zur Pfarrei und schenkte ihr Grund und Boden zum Bau der Kirche und des Pfarrhauses. In diesen Jahren wurde schließlich auch das Pfarrhaus gebaut. Johannes Schulte gründete um die Jahrhundertwende die Station der Grauen Schwestern von der hl. Elisabeth.

Die Höhe des Turms beträgt 38 Meter (mit Kreuz 41 Meter).

Unter Heinrich Haehling von Lanzenauer (1904/1912) wurden das St.-Joseph-Krankenhaus, die katholische Schule und die Erweiterung der Pfarrkirche um drei Gewölbe nach Osten ausgeführt.

Nachdem schon 1930 der neugotische Hochaltar entfernt worden war, folgte in den Jahren 1967 bis 1968 eine völlige Umgestaltung im modernen Stil. Die Kreuzwegstationen (1938) wurden vom Münchner Künstler Georg Kemper entworfen. Die Gestaltung der Kirchenfenster im Hauptraum stammt von Christoph Grüger (Schönebeck/Elbe). Der Tabernakel mit Stele, Altarkreuz, Ambo, Altarleuchter und Osterleuchter wurden vom Künstlerpaar Dora und Hubert Kleemann 1967–1970 geschaffen. Die Fenster der ehemaligen Taufkapelle am Turm stammen von W. Gerhardt, Dessau (1952).

Von 2017 bis 2023 wurde die Kirche in mehreren Schritten saniert. Dabei wurden ein neuer Altar und ein neuer Taufstein aufgestellt, die aus der profanierten St.-Pius-Kirche in Bielefeld stammen.[1] Am 10. April 2023 (Ostermontag) weihte Bischof Gerhard Feige den neuen Altar.[2]

Propstei-Gemeinde

Blick durch den Kirchenraum
Blick durch den Kirchenraum auf die Westempore

Mit der Einführung der Reformation in Anhalt verschwanden die katholischen Gemeinden. Über ein katholisches Leben in der Zeit danach, bis ins beginnende 18. Jahrhundert, liegen keine Berichte vor. Die Propsteigemeinde Peter und Paul zu Dessau ist aus der um 1697 gegründeten Franziskanermission hervorgegangen und erhielt 1719 einen ständigen Seelsorger. Der Gottesdienst wurde im Schlafzimmer beim damaligen katholischen Schlosshauptmann Trinthammer an der Schlosswache 1 abgehalten.

P. Gilbertus Berningk OFM, der die erste katholische Kirche in Dessau nach den Plänen der Katholischen Hofkirche in Dresden bauen wollte, scheiterte Ende des 18. Jahrhunderts an der Finanzierung. Seit 1805 befand sich die Kapelle (St. Franziskus) und die Wohnung des Seelsorgers in der Amalienstiftung Poststraße 5. Unter Erasmus Tusch aus Böhmen wurde am 2. Juni 1830 die Missionsgemeinde Dessau durch das herzogliche Konsistorium zur Pfarrei erhoben.

Beim Bombenangriff auf Dessau am 7. März 1945 wurde die Kirche schwer beschädigt. Unter Franz Carré begann 1951 der Wiederaufbau, der 1958 abgeschlossen wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg belebten Heimatvertriebene – u. a. aus Schlesien, dem Sudetenland und dem Ermland – das katholische Gemeindeleben neu. Doch einige zog es rasch weiter nach Westen.

Unter Reinhold Heuel begann auch 1967 der große Umbau und eine wesentliche Neugestaltung des Innenraums der Kirche, der im Frühjahr 1968 abgeschlossen wurde. Das Mittelfenster im Chor und der Tabernakel erinnern an den brennenden Dornbusch.

Am 1. Januar 1973 verließen die Grauen Schwestern von der hl. Elisabeth die Stadt Dessau. Das St.-Joseph-Krankenhaus wurde vom Caritasverband Magdeburg weitergeführt. Am 26. Februar 1974 wurde die Pfarrkirche zur Propsteikirche erhoben.

Der neue Altar wurde am 7. November 1976 durch den Bischof und Apostolischen Administrator in Magdeburg, Johannes Braun, konsekriert. Er birgt die Reliquien der Heiligen Justus, Constantius, Tranquilla und, als Geschenk des Erzbischofs von Paderborn, Reliquien des Heiligen Liborius. 1994 erfolgte die Übernahme des katholischen Krankenhauses durch die Kongregation der Alexianer unter Einbeziehung des ehemaligen Robert-Koch-Krankenhauses in Dessau-Alten.

Umfassende Sanierungs- und Renovierungsarbeiten an der Kirche wurden von 1995 bis 1999 unter Propst Max Pritze durchgeführt, der nach 25-jähriger Tätigkeit in Dessau 2001 in den Ruhestand ging. Im Jahr 2005 konnten die Arbeiten an Pfarrhaus, Vikarie und der alten Schule unter Propst Gerhard Nachtwei mit finanzieller Unterstützung des Bonifatiuswerks in Angriff genommen werden. Der Umbau zum Gemeindezentrum ging mit einer Neugestaltung des gesamten Hofgeländes einher.

Katholische Christen machen etwa 3,1 % der in Dessau lebenden Bevölkerung aus. 11,4 % der Dessauer sind Protestanten. Heute zählt die Gemeinde 2000 Mitglieder und ist die größte in der katholischen Pfarrei St. Peter und Paul Dessau, die am 28. November 2010, dem 1. Advent, errichtet wurde.[3]

Orgel

Die Orgel wurde in den Jahren 1958 bis 1961 in zwei Bauabschnitten von der Orgelbaufirma Alexander Schuke (Potsdam) erbaut. Das Schleifladen-Instrument hat 23 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch. Für das neue Instrument musste die Orgelbühne umgebaut werden.[4]

I Hauptwerk C–g3
1.Quintadena16′
2.Principal8′
3.Spillflöte8′
4.Octave4′
5.Dulzflöte4′
6.Nasat223
7.Waldflöte2′
8.Mixtur IV-VI
II Oberwerk C–g3
9.Gedackt8′
10.Rohrflöte4′
11.Principal2′
12.Sesquialter II
13.Quinte113
14.Octave1′
15.Scharff III
16.Schalmei8′
Tremulant
Pedal C–f1
17.Subbass16′
18.Octave8′
19.Bassflöte8′
20.Octave4′
21.Bassaliquote IV
22.Mixtur VI
23.Posaune16′

Glocken

Bei Errichtung der Kirche wurden drei Glocken geweiht und installiert. Während beider Weltkriege wurden jeweils die zwei größeren Glocken requiriert. Beim Luftangriff auf Dessau am 7. März 1945 brannte die Kirche aus; die letzte Glocke zerschmolz. Der Wiederaufbau erfolgte in den Jahren 1951 bis 1958. Im Juni 1956 wurden vier neue Glocken geweiht und 1967 vier elektrische Läutemaschinen installiert.

Nr.NameGussjahrDurchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
Inschrift
1Marienglocke195614701300fis1S. Maria – Magnificat anima mea
2Michaelsglocke19561220760a1S. Michael – Ignosce Domine Deus noster qui aperis librum
3Petrusglocke19561080500h1S. Petrus – Omnes unanimes sanctificate Dominum Christum
4Paulusglocke1956960360cis2S. Paulus – Vos estis Corpus Christi et membra de membro

Literatur

  • Rudolf Lückmann: Gebaute Seelsorge. Die Bauwerke von St. Peter und Paul in Dessau. Edition Hochschule Anhalt, ISBN 978-3-86011-018-8.
  • Max Pritze: Kleiner Bilderbogen zur Geschichte der katholischen Gemeinde St. Peter und Paul in Dessau. Dessau, 1996

Weblinks

Commons: Propsteikirche St. Peter und Paul (Dessau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Oliver Gierens: Kirche in neuem Glanz. In: Tag des Herrn, Ausgabe 6/2023 vom 12. Februar 2023, S. 10.
  2. Ein Ort der Gottesbegegnung. In: Tag des Herrn, Ausgabe 16/2023 vom 23. April 2023, S. 10.
  3. Nr. 179 Pfarreierrichtungen. Bistum Magdeburg, Amtsblatt 12/2010, Dokumente des Bischofs, abgerufen am 14. April 2023.
  4. Nähere Informationen zur Orgel

Koordinaten: 51° 50′ 20,4″ N, 12° 14′ 43,9″ O

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