Paul Maria Baumgarten

Einband der Memoiren, 1927

Paul Maria Baumgarten (* 25. Juli 1860 in Elberfeld[1]; † 29. Dezember 1948 in Neuötting) war ein deutscher katholischer Priester, Historiker und Diplomatiker.

Leben und Wirken

Baumgarten war der Sohn eines protestantischen Vaters und einer katholischen Mutter. Protestantisch auf den Namen Moritz Julius Maximilian Paul Baumann getauft, konvertierte er als Schüler zur katholischen Kirche. In Montabaur besuchte er bis 1880 das Gymnasium, studierte dann bis 1884 Jura in Bonn, Marburg bzw. Breslau und promovierte in Göttingen zum Doktor der Rechte. Er war seit dem Studium Mitglied der katholischen Studentenverbindungen KDStV Bavaria Bonn, VKDSt Rhenania Marburg, KDStV Winfridia Breslau und KDStV Badenia Straßburg.

Auf Anraten des Priesterhistorikers Johannes Janssen begann Paul Maria Baumgarten 1885 in Berlin Geschichte zu studieren. 1887 forderte ihn das Römische Institut der Görres-Gesellschaft, angesiedelt beim Campo Santo Teutonico, zur Mitarbeit für ein historisches Projekt an. Er freundete sich dort mit Pater Heinrich Denifle an und half diesem sowie dem Leiter des Campo Santo Teutonico, Monsignore Anton de Waal, bei ihren historischen Forschungen.

1888 bestellte Papst Leo XIII. den deutschen Historiker zum Päpstlichen Kammerherrn. In jener Zeit, in der engeren Umgebung des Papstes, reifte in Baumgarten der Entschluss, selbst Geistlicher zu werden. 1890 trat er auf speziellen Wunsch Leos XIII. in die Akademie der adeligen Kleriker ein, da ihm dies als Kämmerer zustand. Seine Studien absolvierte er an der Gregoriana, am 17. Februar 1894 empfing er in der Lateranbasilika die Priesterweihe. An der Zeremonie und der Primizmesse des folgenden Tages nahm auch Sebastian Kneipp teil, der sich zusammen mit Baumgartens Bruder Alfred, seinem engsten medizinischen Mitarbeiter in Wörishofen, gerade zu einem Besuch in Rom aufhielt. Es kam am 21. Februar zu der berühmten Audienz, in der Kneipp den Papst untersuchen musste und die 1958 in dem Spielfilm Sebastian Kneipp - der Wasserdoktor nachgestellt wurde. Hierbei hatte Paul Maria Baumgarten, als Kammerherr, Pfarrer Kneipp zum Papst zu führen und fungierte bei der Privataudienz als Dolmetscher. Er hielt die Geschehnisse später in seinen Memoiren „Römische und andere Erinnerungen“ (Seiten 265–297) detailliert fest.

Paul Maria Baumgarten blieb fortan als Gelehrter bzw. Historiker in Rom. Hier forschte er besonders im Vatikanischen Geheimarchiv und in der Vatikanischen Bibliothek. Er verfasste viele kirchengeschichtliche Abhandlungen. Zusammen mit dem Priester Joseph Schlecht (1857–1925) veröffentlichte Baumgarten zwischen 1899 und 1902, im Auftrag der Österreichischen Leo-Gesellschaft, das dreibändige Monumentalwerk Die katholische Kirche unserer Zeit und ihre Diener in Wort und Bild. Die drei Bände enthalten eine Fülle an Informationen sowie eine enorme Anzahl historischer Fotos und sind heute gesuchte kirchengeschichtliche Quellenwerke.

Vor allem aber untersuchte Baumgarten Personen und Behörden der römischen Kurie. Er beabsichtigte auch, eine Studie über das päpstliche Behörden- und Urkundenwesen des Spätmittelalters zu schreiben und sammelte deshalb über mehrere Jahrzehnte hinweg in zahlreichen Archiven Notizen über die äußeren Merkmale von rund 10.000 Urkunden der Päpste von Innozenz III. bis Pius IX., vor allem über die Kanzleivermerke. Den „Zettelkasten“ mit seinen handschriftlichen Notizen auf 8643 losen Zetteln übergab er im Jahr 1923 dem Vatikanischen Archiv, als er Rom endgültig verließ. Als Schedario Baumgarten wurde seine Materialsammlung zwischen 1965 und 1986 von dem römischen Paläografen Giulio Battelli (Band 1 und 2) und dem vatikanischen Archivar Sergio Pagano (Band 3 und 4) in Form einer vierbändigen Faksimile-Ausgabe herausgegeben und ist seitdem ein wichtiges Referenzwerk für Geschichtswissenschaftler und Paläografen. Der österreichische Historiker Heinrich Appelt, Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica, würdigte in einer Rezension des ersten Bandes des Schedario Baumgarten die Arbeit Battellis (und Baumgartens) als einen „Forschungsbehelf, der in seiner Art einzig dasteht.“[2]

Mit Paul Fridolin Kehr hatte Baumgarten regelmäßigen Kontakt und wissenschaftlichen Austausch. Nicht überall wurde dieser enge Umgang zwischen einem römischen Monsignore und einem preußischen Professor positiv beurteilt.

„Ein wegen seiner Schlauheit berühmter Correspondent hat uns in Rom zusammen gesehn und daraus jenes schwarze Bündniß combinirt, welches sogar in der deutschen Tagespresse Beachtung und in gewissen Kreisen Gläubige gefunden hat. Es gibt in Berlin Leute, welche wirklich zu glauben scheinen, wir hätten uns verschworen, damit Monsignore Baumgarten Papst und ich Kaiser von Amerika würde.“

Paul Fridolin Kehr (1902)[3]

1907 vermittelte er dem jungen Künstler Ottmar Begas eine Gelegenheit, Papst Pius X. aus der Nähe zu malen. Das Porträt befindet sich heute im Begas Haus Heinsberg, dem Museum für Kunst und Regionalgeschichte in Heinsberg.[4]

1924 kehrte Baumgarten nach Deutschland zurück und ließ sich in Neuötting nieder, wo er 1948 verstarb.

Schriften (Auswahl)

  • Römische und andere Erinnerungen, Neue-Brücke-Verlag Düsseldorf 1927
  • Untersuchungen und Urkunden über die Camera Collegii Cardinalium für die Zeit von 1295 bis 1437, Giesecke & Devrient. Leipzig 1898
  • Der Papst, die Regierung und die Verwaltung der Heiligen Kirche in Rom mit einer ausführlichen Lebensbeschreibung Papst Pius X., Allg. Verl.-Ges. München 1904
  • Verfassung und Organisation der Kirche, Kösel, Kempten - München 1906
  • Von der apostolischen Kanzlei. Untersuchungen über die päpstlichen Tabellionen und die Vizekanzler der Heiligen Römischen Kirche im XIII., XIV. und XV. Jahrhundert Bachem, Köln 1908 (Veröffentlichungen / Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft im Katholischen Deutschland, Sektion für Rechts und Sozialwissenschaft; 4)
  • Die Vulgata Sixtina von 1590 und ihre Einführungsbulle. Aktenstücke und Untersuchungen Aschendorff, Münster i. W. 1911 (Alttestamentliche Abhandlungen; 3,2)
  • Neue Kunde von alten Bibeln mit zahlreichen Beiträgen zur Kultur- und Literaturgeschichte Roms am Ausgange des sechzehnten Jahrhunderts, Rom 1922

Literatur

  • Stefan Heid: Art. Paul Maria Baumgarten. In: Stefan Heid, Martin Dennert (Hrsg.): Personenlexikon zur Christlichen Archäologie. Forscher und Persönlichkeiten vom 16. bis zum 21. Jahrhundert. Schnell & Steiner, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7954-2620-0, Bd. 1, S. 135–137.
  • Bibliographie von Paul Maria Baumgarten : Bücher, Artikel, Rezensionen ; zum Gedächtnis d. 125. Geburtstages von Paul Maria Baumgarten am 25. Juli 1985 / zsgest. von Isa-Maria Betz. Hördt : Betz, 1985 Umfang: 85 Bl.
  • Christoph Weber, Der päpstliche Hausprälat Dr. iur. Dr. theol. h.c. Paul Maria Baumgarten und das deutsche Rom. Eine Skizze aus dem goldenen Zeitalter der Archivforschung in der Epoche Leos XIII., in: Römische Quartalschrift 101, 2006, S. 60–74
  • H. Boldt: Briefwechsel Hertling-Lerchenfeld 1912-1917, 1973, ISBN 3764615613, Seite 352; Ausschnitt aus der Quelle
  • Reinhard Elze: Das Deutsche Historische Institut in Rom, 1888-1988, Verlag Walter de Gruyter, 1990, ISBN 3484820705, Seite 6; Ausschnitt aus der Quelle

Weblinks

Einzelnachweise

  1. NWPAR: Standesregster Kreis Elberfeld, Bürgermeisterei Elberfeld, Geburten des Jahres 1860, lfd. Nr. 1157
  2. Heinrich Appelt: Schedario Baumgarten. Descrizione diplomatica di bolle e brevi originali da Innocenzo III a Pio IX. Riproduzione di Giulio Battelli. Vol. I (1198 bis 1254). Rezension. In: Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Mitteilungen; Innsbruck74 (Jan 1, 1966): 198.
  3. Paul Fridolin Kehr, Ältere Papsturkunden in den päpstlichen Registern, in Nachrichten der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften 1902, Heft 4, S. 401 Anmerkung 1 (Nachdruck Papsturkunden in Italien III, 1977, S. 375.)
  4. Webseite zu der Entstehung des Papstporträts (Memento vom 6. Februar 2013 im Webarchiv archive.today)

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