Paul Hubschmid
Paul Hubschmid (* 20. Juli 1917 in Aarau; † 1. Januar 2002 in Berlin), der teils unter dem Pseudonym Paul Christian arbeitete, war ein Schweizer Film- und Theaterschauspieler.
Leben
Kindheit, Jugend, Ausbildung
Paul Hubschmids Eltern waren Paul Hubschmid senior, Kosthausverwalter[1] (Kantinenleiter) der Schönenwerder Bally-Schuhfabriken, und Alice, geb. Noël, Tochter eines Küchenchefs und Journalistin; sie schrieb für das Aargauer Tagblatt und betreute später einen „Kummerkasten“ für die schweizerische Zeitschrift femina. Hubschmid hatte einen ein Jahr jüngeren Bruder, Fritz, und eine drei Jahre jüngere Schwester Alice. Nach der Matur an der Alten Kantonsschule in Aarau absolvierte Hubschmid 1936–1937 eine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Um ihm das Studium zu ermöglichen, hatte seine Mutter Iwan Bally[2], den Mitinhaber der Schuhfabrik, um ein Stipendium gebeten.
Erste Rollen
Nach Abschluss der Ausbildung gab er sein Bühnendebüt am Deutschen Volkstheater in Wien; Engagements am Theater in der Josefstadt sowie Gastspiele in Berlin, Düsseldorf und Frankfurt folgten. 1938 erhielt Hubschmid seine erste Filmrolle in der Schweizer Produktion Füsilier Wipf (nach dem Roman von Robert Faesi); 1940 folgte Die missbrauchten Liebesbriefe, nach einer Episode in Gottfried Kellers Die Leute von Seldwyla. Beide Male führte Leopold Lindtberg Regie.
Werdegang in Hollywood
1948 erhielt er einen Fünfjahresvertrag bei Universal Pictures in Hollywood, wo er unter dem Pseudonym Paul Christian arbeitete – das Studio befand, dass der Name Hubschmid für Amerikaner kaum auszusprechen sei. Die erste Hollywood-Hauptrolle bekam er neben Maureen O’Hara und Vincent Price in der Produktion Bagdad (dt. Die schwarzen Teufel von Bagdad). Der Dieb von Venedig (Originaltitel Il ladro di Venezia), eine US-italienische Koproduktion, wurde am Originalschauplatz gedreht, die Komödie Nicht die Zeit für Blumen unter Don Siegels Regie in Wien. Zurück in Hollywood, drehte er den Science-Fiction Film Panik in New York (Originaltitel The Beast from 20,000 Fathoms), die erste Verfilmung eines Romans von Ray Bradbury. Der große, dunkelhaarige Schauspieler war jahrelang auf Helden- und Liebhaberrollen abonniert.
Zurück in Europa
1953 kehrte Hubschmid nach Deutschland zurück und spielte tragende Rollen neben Marika Rökk (Maske in Blau) und Lilo Pulver (Die Zürcher Verlobung). Besonders populär wurde er in der Hauptrolle des Abenteuerfilms Der Tiger von Eschnapur unter der Regie von Fritz Lang sowie dessen Fortsetzung Das indische Grabmal, Remakes der Stummfilme von 1921, die damals unter der Regie von Joe May gedreht worden waren.
1961 bekam er die Rolle des Professor Higgins in der deutschen Erstaufführung des Musicals My Fair Lady am Berliner Theater des Westens. Die Familie zog nach Berlin. Die Rolle des Higgins wurde für Paul Hubschmid zur Rolle seines Lebens, die er insgesamt über tausend Mal spielte, auch in Wien, München und Hamburg.
Arbeit in Deutschland während des Nationalsozialismus
Dass Hubschmid als Schweizer während des Nazi-Regimes im damaligen Großdeutschland gearbeitet hat, was ihm nach Kriegsende einen zeitweiligen Boykott an Schweizer Bühnen einbrachte, hat er später selbstkritisch betrachtet; er bedauerte, dass er angesichts der „Scheußlichkeiten des NS-Regimes“ nicht klarere Konsequenzen gezogen habe. Er hielt dies bis zuletzt für unentschuldbar, „erklärbar höchstens durch meine Jugend und eben meinen Schweizer Pass“.[3]
Privates
1941 heiratete Hubschmid in Wien seine aus Köln stammende Kollegin Ursula von Teubern. Im Januar 1945 wurde in Bad Ischl, wo fern des Kriegsgeschehens eine romantische Komödie gedreht wurde, beider Sohn Peter Christian geboren. Nach dem Tod seiner Frau Ursula 1963 heiratete Hubschmid noch zweimal: 1967 seine deutsche Kollegin Eva Renzi, deren Tochter Anouschka er adoptierte, und, nach der Scheidung dieser Ehe, 1985 die Schweizer Schauspielerin Irène Schiesser (1950–2018), mit der er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Sein Sohn Peter Christian heiratete die Schriftstellerin und Journalistin Carmen Korn.
Tod und Bestattung
Paul Hubschmid starb am Neujahrstag 2002 an einer Lungenembolie, nachdem er bereits gesundheitliche Probleme hatte und an Parkinson erkrankt war.[4] Seine Asche soll in der Provence in Frankreich verstreut worden sein.[5]
Auszeichnung
- 1980 Filmband in Gold
Filmografie
- 1938: Füsilier Wipf
- 1939: Maria Ilona[6]
- 1939: Der letzte Appell (unvollendet)
- 1940: Mein Traum
- 1940: Die missbrauchten Liebesbriefe
- 1940: Mir lönd nüd lugg
- 1942: Meine Freundin Josefine
- 1942: Der Fall Rainer
- 1943: Wilder Urlaub
- 1943: Altes Herz wird wieder jung
- 1944: Der gebieterische Ruf
- 1944: Liebesbriefe
- 1945: Das seltsame Fräulein Sylvia
- 1948: Arlberg-Express
- 1948: Gottes Engel sind überall
- 1948: Der himmlische Walzer
- 1949: Geheimnisvolle Tiefe
- 1949: Die schwarzen Teufel von Bagdad (Bagdad)
- 1949: Das Gesetz der Liebe (Überläufer von 1944)
- 1950: Der Dieb von Venedig (Il ladro di Venezia)
- 1952: Palace Hotel
- 1952: Nicht die Zeit für Blumen (No Time for Flowers)
- 1953: Zwiespalt des Herzens (Die Venus vom Tivoli)
- 1953: Mit siebzehn beginnt das Leben
- 1953: Panik in New York (The Beast from 20,000 Fathoms)
- 1953: Musik bei Nacht
- 1953: Maske in Blau
- 1954: Schule für Eheglück
- 1954: Ungarische Rhapsodie
- 1954: Glückliche Reise
- 1955: Die Frau des Botschafters
- 1955: Ingrid – Die Geschichte eines Fotomodells
- 1955: Der Rommelschatz (Il tesoro di Rommel)
- 1956: Liebe, die den Kopf verliert
- 1956: Heute heiratet mein Mann
- 1956: Du bist Musik
- 1956: Die goldene Brücke
- 1956: Salzburger Geschichten
- 1957: Glücksritter
- 1957: Die Zürcher Verlobung
- 1957: Italienreise – Liebe inbegriffen
- 1958: Scampolo
- 1958: La morte viene dallo spazio
- 1958: Meine schöne Mama
- 1958: Ihr 106. Geburtstag
- 1958: Der Tiger von Eschnapur
- 1959: Das indische Grabmal
- 1959: Liebe, Luft und lauter Lügen
- 1959: Alle Tage ist kein Sonntag
- 1959: Auskunft im Cockpit
- 1959: Zwei Gitarren
- 1959: Marili
- 1960: Heldinnen
- 1960: Die Rote Hand
- 1960: Die junge Sünderin
- 1960: Schwarze Rose, Rosemarie (Festival)
- 1961: Die große Reise (TV)
- 1961: Kaiserliche Hoheit (Napoléon II L’Aiglon)
- 1961: Isola Bella
- 1962: Ich bin auch nur eine Frau
- 1963: Elf Jahre und ein Tag
- 1963: Das große Liebesspiel
- 1964: Die Diamantenhölle am Mekong
- 1964: Die Lady
- 1964: Die Unmoralischen (Le grain de sable)
- 1964: Heirate mich, Chéri
- 1964: Die schwedische Jungfrau
- 1965: Caroline und die Männer über vierzig (Moi et les hommes de 40 ans)
- 1965: Dis-moi qui tuer
- 1965: Die Herren
- 1965: Blonde Fracht für Sansibar (Mozambique)
- 1965: Sie werden lästig, mein Herr (Le majordome)
- 1966: Playgirl
- 1966: Der Mann mit den 1000 Masken (Upperseven, l'uomo da uccidere)
- 1966: Ich suche einen Mann
- 1966: Ein Gewissen verlangen
- 1966: Karriere (A belles dents)
- 1966: Finale in Berlin (Funeral in Berlin)
- 1968: Hemmungslose Manon (Manon 70)
- 1968: In Enemy Country
- 1968: Negresco****
- 1969: Hotel Royal (TV)
- 1969: Die Zielscheibe (A Taste of Excitement)
- 1969: This is Your Captain Speaking (Kurzfilm)
- 1970: Professor Siebzig und seine Undine (TV)
- 1970: Biografie – Ein Spiel (TV)
- 1970: Abenteuer in Neuguinea (Skullduggery)
- 1970: Wie ein Blitz (TV-Dreiteiler)
- 1972: Das Jahrhundert der Chirurgen (TV-Serie)
- 1972: Versuchung im Sommerwind
- 1973: Eine Frau bleibt eine Frau (TV-Serie)
- 1974: Der Kommissar – Traumbilder (TV)
- 1975: Das ohnmächtige Pferd (TV)
- 1981: Zurück an den Absender (TV)
- 1985: Bolero
- 1986: Kir Royal – Königliche Hoheit
- 1988: Klassezämekunft
- 1989: Forsthaus Falkenau (12 Folgen)
- 1991: Linda
- 1991: Jolly Joker (2 Folgen)
Literatur
- Felix Aeppli: Paul Hubschmid. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 442.
- Paul Hubschmid: Schöner Mann, was nun? Erinnerungen. Albrecht Knaus, München 1998, ISBN 978-3-8135-2593-9.
- Mats Staub: Paul Hubschmid. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 885 f.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 96 f.
- Michael Wenk: Charmeur mit Selbstironie. [Zum 100. Geburtstag von Paul Hubschmid]. In: Neue Zürcher Zeitung vom 19. Juli 2017.
Weblinks
- Publikationen von und über Paul Hubschmid im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Paul Hubschmid im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Paul Hubschmid bei IMDb
- Paul Hubschmid In: Virtual History (englisch)
- Paul Hubschmid in: Swissair: This is your Captain speaking, Schweizerische Luftverkehrsschule, 1997
Hinweise, Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern, Nr. 88 vom 9. November 2018, S. 16.
- ↑ Peter Heim: Iwan Bally. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 7. Dezember 2001, abgerufen am 13. Oktober 2020.
- ↑ Paul Hubschmid. In: Steffi-Line.de. Stephanie D’heil, abgerufen am 13. Oktober 2020.
- ↑ Füsilier Wipf ist tot. Abgerufen am 6. Januar 2023.
- ↑ Schauspieler 8. Abgerufen am 6. Januar 2023.
- ↑ Der Film wurde von den Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg in die „Official list – Germany – Films made during the Third Reich banned by the Allies after WWII“ aufgenommen, vgl. auch die Liste der unter alliierter Militärzensur verbotenen deutschen Filme.
Personendaten | |
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NAME | Hubschmid, Paul |
ALTERNATIVNAMEN | Christian, Paul (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Schauspieler |
GEBURTSDATUM | 20. Juli 1917 |
GEBURTSORT | Aarau, Schweiz |
STERBEDATUM | 1. Januar 2002 |
STERBEORT | Berlin, Deutschland |
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