Neue Leipziger Schule

Der umstrittene Begriff Neue Leipziger Schule bezeichnet eine Strömung der modernen Malerei.[1][2] Bedeutung hat er vor allem als Label und Marketinginstrument auf dem Kunstmarkt.[3] Die Künstler selbst lehnen eine Zugehörigkeit meist ab. Auch die Kunstwissenschaft meidet den Begriff aufgrund seiner Unschärfe weitgehend.[2]

Der Begriff

Die Bezeichnung bezieht sich auf die „alte“ Leipziger Schule, ein kunstjournalistischer Begriff, der sich ca. 1977 mit der Teilnahme von Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig an der documenta 6 gefestigt hat. Deren Schüler, darunter Sighard Gille und Arno Rink, können als zweite Generation der „Leipziger Schule“ angesehen werden. Auf deren Schüler als dritte Generation und ihre Situation nach der politischen Wende bezieht sich der Ausdruck Neue Leipziger Schule, der eng mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig verbunden ist.[3][4] Seltener werden auch Rolf Kuhrt oder noch Heisig und Tübke als ihre Vertreter gesehen. Die Arbeiten zeichnen sich häufig durch eine Kombination aus figürlichen und abstrakten Elementen aus. Klare Botschaften, die für die Leipziger Schule noch charakteristisch waren, finden sich nicht mehr. „Obwohl die Bilder großteils in Gegenständlichkeit ausformuliert sind, bleibt das Innerste, das sie zusammenhält, abstrakt. … Es sind Stimmungsbilder, die eine melancholische Gelassenheit im status quo zeigen“.[5]

Geschichte

Bedeutenden Anteil an dem Erfolg der „Neuen Leipziger Schule“ hat der Galerist Judy Lybke (Eigen + Art, Leipzig-Berlin), der seit den 1990er Jahren insbesondere die Werke von Neo Rauch auf dem US-amerikanischen Kunstmarkt bekannt machte.[3] Sukzessive gelangten dadurch auch andere Leipziger Künstler zu internationaler Geltung. Die Erfolge lassen Parallelen zu den Young British Artists erkennen. Wichtig für den Erfolg der Leipziger Maler war darüber hinaus die Talentsuche des Galeristen Matthias Kleindienst, der die Druckwerkstatt Holzschnitt an der Hochschule für Grafik und Buchkunst leitet und vielen Leipziger Künstlern den Weg ebnete. Davon profitierten u. a. Matthias Weischer und David Schnell. Erheblichen Anteil am Markterfolg der „Neuen Leipziger Schule“ hatte die Produzentengalerie „LIGA“, die von 2004 bis 2004 in Berlin-Mitte bestand und von Christian Ehrentraut, eines früheren Mitarbeiters von Judy Lybke, geführt wurde.[6]

Viele Maler und deren Galeristen haben ihre Ateliers und Sitz im Leipziger Musikviertel und seit 2005 vor allem auch in der Baumwollspinnerei in Leipzig-Lindenau.[3] Die größte Kunstsammlung der Leipziger und Neuen Leipziger Schule befindet sich im Galerie Hotel Leipziger Hof im Stadtteil Neustadt in Leipzig. Eine weitere bedeutende Sammlung mit Bildern von Künstlern der Neuen Leipziger Schule ist VNG ART des in Leipzig ansässigen Unternehmens VNG.

Vertreter

Zur „Neuen Leipziger Schule“ werden u. a. Neo Rauch,[3] Hans Aichinger,[1] Tilo Baumgärtel,[2] Isabelle Dutoit, Tim Eitel,[2] Tom Fabritius, Rayk Goetze,[7] Bruno Griesel,[8] Paule Hammer, Katrin Heichel, Aris Kalaizis, Axel Krause, Kathrin Landa,[4] Rosa Loy,[1] Christoph Ruckhäberle,[3] David Schnell,[3] Anke Theinert, Michael Triegel, Miriam Vlaming und Matthias Weischer[3] gezählt, wobei die Zugehörigkeit nicht einheitlich gesehen wird.

Weblinks

  • VNG ART – Sammlung von Bildern und Photographien seit den 1990er Jahren von Künstlern vorrangig aus Leipzig und Sachsen

Literatur und Quellen

  • Thomas Höpel: Kultur, Kunst und Bildung. In: Ulrich von Hehl (Hrsg.): Geschichte der Stadt Leipzig, Band 4, Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2019, ISBN 978-3-86583-804-9, S. 939 f.
  • Josef Filipp; Hans-Werner Schmidt: sieben mal malerei. Ausstellungskatalog Museum der Bildenden Künste. Kerber, Leipzig 2003, ISBN 978-3-936646-19-1.
  • Christiane Lange; Florian Matzner (Hrg.): Malerei der Gegenwart. Zurück zur Figur. Prestel, München 2006, ISBN 978-3-7913-3694-7.
  • Claus Baumann: Es war einmal…Vom Mythos der Leipziger Schule. Plöttner Verlag, Leipzig 2013, ISBN 978-3-95537-115-9.
  • Hans-Werner Schmidt: Malerei aus Leipzig, In: Katalog zur Ausstellung „made in Leipzig“ 5. April – 31. Oktober 2007, Schloss Hartenfels in Torgau, Klosterneuburg 2006.
  • Leipzig leuchtet. Leipzig spezial. In: Art – Das Kunstmagazin, Nr. 12, Dezember 2004, S. 18–89.
  • Leipzig – Das Tor zur Malerei? In: Kunstforum International, Band 176, Juni–August 2005, S. 147 ff.
  • Klaus Eberhard: Zu Gast bei Mattheuer und Rauch – Tagebuch eines Leipziger Kunstsammlers, E.A. Seemann Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-86502-292-9.

Einzelnachweise

  1. a b c Hanno Rauterberg: Geborgtes Leben. Die neue Leipziger Schule ist berühmt. Jetzt löst sich der Mythos auf. In: Die Zeit. 13. Juli 2006, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 4. März 2017]).
  2. a b c d Stephan Berg: Das Unbehagen mit der Neuen Leipziger Schule. In: Welt am Sonntag. www.welt.de, 2. März 2008, abgerufen am 4. März 2017.
  3. a b c d e f g h Christian Schüle: Neue Leipziger Schule. Die stille Revolte. In: Die Zeit. Nr. 30, 21. Juli 2005, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 4. März 2017]).
  4. a b Doris Kothe: Neue Leipziger Schule. Karrieremotor oder Kreativitätshindernis? In: Deutschlandfunk. 14. April 2007 (deutschlandfunk.de [abgerufen am 4. März 2017]).
  5. Hans-Werner Schmidt: Malerei aus Leipzig. In: Katalog zur Ausstellung „made in Leipzig“, 5. April – 31. Oktober 2007, Schloss Hartenfels in Torgau, Klosterneuburg 2006.
  6. Art in Berlin Galerie LIGA schließt ihren Ausstellungsraum, abgerufen am 12. November 2020
  7. Rayk Goetze, Heike Geissler: Zärtliche Zeiten. Hrsg.: Rayk Goetze. 1. Auflage. MMKoehn Verlag, Leipzig 2021, ISBN 978-3-944903-66-8, S. 2–5.
  8. Claus Baumann: Die Leipziger Schule – blick in die sammlung/6. Sächsische Kunstwerk, 2005, ISBN 3-9809160-4-9