Nachverdichtung (Städtebau)

Als Nachverdichtung (selten: bauliche Nachverdichtung) oder Innenverdichtung bezeichnet man das Nutzen freistehender Flächen und die Erhöhung der Kubatur innerhalb bereits bestehender Bebauung. Dadurch wird der Wohnraum je verbauter Fläche höher, was einer Zersiedelung entgegenwirkt.

Verfahrensweisen

Aus Sicht der Bauindustrie und Stadtplanung werden öffnende und limitierende Faktoren bei der Identifikation von nachverdichtungsfähigen Flächen unterschieden.[1] Als „öffnend“ gilt die gute Nahverkehrs­anbindung, bestehende Infrastruktur, insbesondere auch Nähe von Erholungsgebieten. Limitierend sind existierende Einschränkungen durch Denkmal-, Baum- und Naturschutz.

Die Nachverdichtung kann u. a. erfolgen durch:

  • Schließen von Baulücken
  • Vervollständigung offener Bebauung zu geschlossener Bebauung, etwa Blockrandbebauung
  • Aufstocken von vorhandenen Bauten, Dachgeschossausbau u. ä. (mehr umbauter Raum)
  • Abriss vorhandener Bauten und Bau größerer Bauten
  • Hinterlandbebauung (zum Beispiel im Garten langer Grundstücke)
  • Hofbebauung bzw. die Erweiterung von Bestandsbauten durch Hinterhäuser

Vorteile

  • Nachverdichtung dient der besseren Auslastung von vorhandener Infrastruktur (z. B. Kanalisation, ÖPNV) – ihre Fixkosten können auf eine größere Zahl von Bewohnern umgelegt werden. Die neuen Gebäude müssen nicht erst aufwändig erschlossen werden. Dies spart Kosten für die öffentliche Hand, aber auch für die bisherigen und neuen Bewohner.
  • Aus stadtplanerischer Sicht unterstützt Nachverdichtung die angestrebte Innenentwicklung.
  • Aus städtebaulicher Sicht dient Nachverdichtung der gestalterischen Verbesserung des Ortsbildes durch eine beruhigtere und einheitlichere Fassadenfront, und damit eine mögliche städtebauliche Aufwertung von Quartieren.
  • Aus Perspektive der Eigentümer wird insbesondere in vorhandenen Immobilien zusätzliche Nutzfläche wirtschaftlich erstellt durch Nutzung von bereits vorhandenen Erschließungen und Tragwerken.
  • Nutzer empfinden die Wohnqualität in gewachsenen Quartieren oft als besser als die eines Neubaugebietes.
  • Nachverdichtung kann zu einer Stadt der kurzen Wege führen, wenn die Nachverdichtung auch zu stärkerer Nutzungsmischung beiträgt.

Nachteile

Wenn auch der Zersiedelung durch Nachverdichtung ein gewisser Einhalt geboten wird, fördert sie doch den Landschaftsverbrauch durch Flächenversiegelung, falls die Nachverdichtung nicht auf einer bereits versiegelten Brachfläche stattfindet. Besonders in Städten gehen Vegetation und Freiräume verloren, werden letzte Wanderwege für Kleintiere versperrt, die Luftzirkulation (Luftschneisen) wird eingeschränkt und insgesamt die Stadtökologie und das Stadtklima womöglich ungünstig beeinflusst (Bildung von Wärmeinseln, erhöhte Feinstaubkonzentration).[2]

Neubauten und der damit verbundene Zuzug führen aus Sicht der alteingesessenen Anwohner je nach Art des Bauvorhabens zur Abwertung der Lebensqualität durch Gentrifizierung oder – im Fall von Sozialbauten – zu Ghettoisierung, wachsender Bevölkerungsdichte bzw. wachsender Verkehrsdichte.[3][4]

Daher entstehen ortsweise Bürgerinitiativen gegen geplante Nachverdichtungen, die sich v. a. auch gegen Grünflächen-Verluste zur Wehr setzen. Beispiele sind Hamburg,[5] Darmstadt,[6][7] Freiburg und Heidelberg.[8]

Siehe auch

Literatur

  • Michael Krautzberger, Wilhelm Söfker: Baugesetzbuch mit BauNVO: Leitfaden mit Synopse. 8. Auflage. Hüthig-Jehle-Rehm-Verlag, 2007, ISBN 978-3-8073-2383-1, S. 432 f.
  • Martina Desax, Barbara Lenherr, Reto Pfenninger (Hrsg.): verDICHTen. Internationale Lowrise-Wohnsiedlungen im Vergleich. Triest Verlag für Architektur, Design und Typografie, 2016, ISBN 978-3-03863-002-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Fink/Fischer: Neue Werkzeuge für die dichte Stadt. In: bauwelt. 36. Jahrgang, 2012 (lsa.ar.tum.de (Memento desOriginals vom 2. April 2015 im Internet Archive) [abgerufen am 3. März 2015]).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lsa.ar.tum.de
  2. http://www.klima.tu-berlin.de/dokuwiki-op14/doku.php?id=wiki:stadtklimaanalyse_mannheim
  3. Nachverdichtung in Leinfelden-Echterdingen: „Die Ablehnung hat mich nicht überrascht“ Stuttgarter Zeitung, 1. Juni 2012.
  4. Höher, enger, dichter. Der Spiegel, 28. März 2016
  5. Frank Drieschner: Aufgebäumt. In: Die Zeit. 18. Dezember 2014.
  6. Nachverdichtung im Martinsviertel. Archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 3. März 2015: „Nachverdichtung im Martinsviertel in Darmstadt“
  7. Edelsteinviertel Darmstadt: Sorge vor „Über-Nachverdichtung“. In: Darmstädter Echo. 3. Februar 2015, archiviert vom Original am 2. April 2015; abgerufen am 10. August 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.echo-online.de
  8. http://www.buergerinitiative-neuenheim.de/problempunkte/nachverdichtungsbeschluss/