Morell (Patrizierfamilie)

Wappen Morell, aus einem Exlibris von Johann Emanuel Wyss (um 1820)

Die Familie Morell ist ein seit der Reformation in Konstanz nachweisbares Savoyardengeschlecht. Die Morell saßen im 16. Jahrhundert im Rat der Städte Konstanz und Freiburg im Breisgau,[1] im 17. im Großen Rat von Ravensburg,[2] im 18. auch im Inneren Rat zu Augsburg.[3] Seit 1662 besass die Familie auch das Burgerrecht der Stadt Bern. Die Familie gehörte dort der Gesellschaft zu Kaufleuten an und erlosch 1883 im Mannesstamm. In der Reichsstadt Lindau zählten die Morell am Ende des 17. Jahrhunderts zum Adel.[4]

Geschichte

David Mieser und Johann Morell, Karte der Reichsstadt Ravensburg (1630)

Der Familienname Morell ist u. a. im Chablais, dem savoyischen Ufersaum des Genfersees, nachweisbar.[5] Peter Morell wurde 1555 als Schwiegersohn des Savoyarden Andreas Kürsner in Konstanz als Bürger angenommen. König Ferdinand I. hatte am 8. März 1555 dem Konstanzer Hans Morell († 1576)[5] einen erbländisch österreichischen Wappenbrief ohne Lehenartikel verliehen.[6] Dieses Wappen ist dargestellt in Siebmachers Wappenbuch, 2. Band von 1703, in der Abteilung Lindauische Adeliche Geschlecht.[4] Ein weiterer Hans Morell war 1582 bis 1603 Mitglied des Kleinen Rats in Konstanz.[5] Der Kartograph und Kupferstecher Johann Morell (1604–1672)[7] war Ratsherr der Reichsstadt Ravensburg und wurde 1654 sowie auch 1669 als evangelischer Abgeordneter zum Reichstag in Regensburg gesandt, wo er zuletzt bis 1671 blieb.[8] Das Morell’sche Wappen ziert auch das Porträt seines Urenkels,[8] des Juristen Johann Georg Morell (* 3. September 1690 in Ravensburg; † 6. August 1763 in Augsburg).[9] Er wurde 1730 Ratsherr des Inneren Rats und Bürgermeister der Reichsstadt Augsburg.[3][2] Dieses Amt hatte er 24 Jahre bekleidet, als er 1754 zum Baumeister erwählt wurde, mit dem damit verbundenen Scholarchat.[10] Sein Sohn Johann Gottfried Morell (1720–1789)[11] war ebenfalls des Inneren Rats, sowie Kaiserlicher Hofpfalzgraf, Baumeister und Scholarch zu Augsburg.[10] Auch sein Porträt ist mit dem Morell’schen Wappen geschmückt.

Der Salzbuchhalter Hans Jakob Morell (II.) (1616–1663) wurde 1643 in Bern als ewiger Einwohner angenommen, das volle Burgerrecht erhielt er 1662.[12] Aus seinem Besitz dürfte die Morell-Schale stammen, welche die Brüder Niklaus Bernhard und Karl Friedrich Morell 1794 der Bogenschützengesellschaft schenkten.[13] Abraham Morell und dessen Sohn Karl Friedrich Morell besassen von 1764 bis 1836 die Apotheke an der Berner Kreuzgasse, die heutige Rathaus-Apotheke im Haus der Gesellschaft zu Zimmerleuten.

Personen

  • Johannes Morell, des Rats zu Konstanz 1582 bis 1603
  • Hans Jakob Morell (I.), des Grossen Rats zu Konstanz 1583 bis 1590
  • Jakob Morell († 1634), in Strassburg
  • Johannes Morell (1759–1835), 1798–1800 Obersekretär und 1800–1803 Präsident der thurgauischen Verwaltungskammer, ab 1807 Ehrenbürger von Frauenfeld, 1803 war er Mitglied der thurgauischen Regierungskommission, 1803–1835 des Kleinen Rats sowie 1803–1831 des Grossen Rats, seit 1814 Mitglied der Verfassungskommission, amtierte 1815–1831 abwechselnd mit Joseph Anderwert als Landammann; auf seine Initiative wurde 1805 die Kantonsbibliothek und 1807 die Casinogesellschaft Frauenfeld gegründet

Zweig Augsburg

  • Johann Georg Morell (1690–1763), des Inneren Rats und Bürgermeister der Reichsstadt Augsburg
  • Johann Gottfried Morell (1720–1789), des Inneren Rats der Reichsstadt Augsburg und Kaiserlicher Hofpfalzgraf

Zweig Bern

  • Hans Jakob Morell (II.) (1616–1663), Buchhalter des Salzamtes im Thurgau
  • Andreas Morell (1646–1703), Numismatiker[14]
  • Hans Jakob Morell (III.) (1675–1747), Pfarrer zu Veltheim und am Berner Münster, ab 1744 Dekan, Badkonzessionär zu Schinznach
  • Niklaus Bernhard Morell (1754–1835), Salzbuchhalter, Mitglied des Grossen Rats 1795, Obmann der Reismusketen-Schützengesellschaft 1799, Salzhandlungsverwalter 1824
  • Karl Friedrich Morell (1759–1816), Botaniker, Chemiker und Apotheker
  • Bernhard Rudolf Morell (1785–1859), Architekt
  • Samuel Abraham Morell (1799–1883), ultimus, Pfarrer zu Lüsslingen und in Bern
  • Eduard Rudolf Morell (1805–1862), Oberst in neapolitanischen Diensten

Galerie

Trivia

In Augsburg wurde die Morellstraße nach dem Bürger- und Baumeister Johann Georg Morell (1690–1763) benannt.[15] Sie war wiederum Namensgeberin für den Bahnhof Augsburg Morellstraße.

In Bern ist der Morellweg nach der Familie benannt.

Der Johann-Morell-Weg in der Kernstadt von Ravensburg ist nach dem Kartographen Johann Morell (1604–1672) benannt.

Archivalien

Literatur

  • Jakob Amiet: Der Münzforscher Andreas Morellius von Bern. Ein Lebensbild aus der Zeit der Bastille, in: Berner Taschenbuch 1883, S. 1–52. doi:10.5169/seals-124826
  • Manuel Kehrli et al.: Die Reismusketen-Schützengesellschaft der Stadt Bern. Gegründet 1686. Bern 2009, S. 30.
  • Bernhard Emanuel von Rodt, Ludwig Lauterburg: Die Gesellschaft von Kaufleuten in Bern. Ein Beitrag zur Geschichte des stadtbernischen Gesellschafts- und Zunftwesens, in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1862, S. 1–171. doi:10.5169/seals-120727
  • Peter Sommer: Die Berner Rathausapotheke während vier Jahrhunderten 1571–1971, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, Band 33 (1971), S. 65–82. doi:10.5169/seals-245398
  • Theodor Engelmann: Apotheker-Etiquetten von Balthasar Anton Dunker, Basel 1917–1918.
  • Robert Ludwig Wyss: Handwerkskunst in Gold und Silber. Das Silbergeschirr der bernischen Zünfte, Gesellschaften und burgerlichen Vereinigungen, Bern 1996, S. 272.

Einzelnachweise

  1. Stammlinie Morell
  2. a b Georg Wilhelm Zapf, Augsburgische Bibliothek. Oder historisch-kritisch-literarisches Verzeichniß, Augsburg 1795, S. 544
  3. a b Die Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, bearbeitet von Peter Mortzfeld, Morell, Johann Georg
  4. a b Johann Siebmachers Wappenbuch, 2. Teil, Nürnberg 1703, Tafel 270
  5. a b c Martin Zürn, Einwanderung aus Savoyen nach Deutschland 1500–1800. Grundzüge und ausgewählte Familien, in: Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsverein Schau-ins-Land, 122. Jahresheft 2003, S. 85
  6. Burgerbibliothek Bern, Gr.D.231 Wappen; Wappenbrief; Adel -- Morell (Familie), 1813 (Akten/Dossier/Grafik/Bandteil/Korrespondenz)
  7. CERL Thesaurus, Morell, Johann (1604–1672)
  8. a b Zapf, S. 545
  9. Die Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, bearbeitet von Peter Mortzfeld, Kupferstich Porträt Johann Georg Morell
  10. a b Zapf, S. 548
  11. CERL Thesaurus, Morell, Johann Gottfried (1720–1789)
  12. von Rodt 1862, S. 168.
  13. Bernisches Historisches Museum, Inv. Nr. 332.7; Wyss 1996, S. 272.
  14. Daniel Schmutz: Morell, Andreas. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  15. Augsburger Stadtlexikon, Morellstraße (abgerufen am 24. November 2015)

Weblinks

Commons: Morell family – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Morell auf www.bernergeschlechter.ch
  • Wappen Morell. chgh.net (Alfred Dobler). Archiviert vom Original am 4. März 2016. Abgerufen am 15. Mai 2021.

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Wappen Morell.jpg
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Wappen Morell
Huber, Johann Jakob Morell.JPEG
Bildnis Johann Jakob Morell (1675-1747), Pfarrer zu Veltheim und am Berner Münster, ab 1744 Dekan, Badkonzessionär zu Schinznach.
Johann Gottfried Morell.png
Porträt des Herrn Johann Gottfried Morell (* 16. März 1720, † 1. November 1789), des Inneren Rates der Reichsstadt Augsburg und Kaiserlicher Hofpfalzgraf (vgl. Johann Georg Meusel, Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller, Band 9, Leipzig 1809, S. 255)
Mieser Morell Ravensburg 1630.jpg
David Mieser und J. Morell: Ravensburg aus der Vogelschau von Nordwesten, 1630 (Schefold 6205); Vorbild für den vereinfachten Merian-Stich
Johann Georg Morell (1690–1763).png
Porträt des Herrn Johann Georg Morell (* 3. September 1690 in Ravensburg; † 6. August 1763 in Augsburg), Jurist, seit 1730 u.a. des Inneren Rates und Bürgermeister der Reichsstadt Augsburg