Molybdän

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, OrdnungszahlMolybdän, Mo, 42
ElementkategorieÜbergangsmetalle
Gruppe, Periode, Block6, 5, d
Aussehengrau metallisch
CAS-Nummer

7439-98-7

EG-Nummer231-107-2
ECHA-InfoCard100.028.279
Massenanteil an der Erdhülle14 ppm (39. Rang)[1]
Atomar[2]
Atommasse95,95(1)[3] u
Atomradius (berechnet)145 (190) pm
Kovalenter Radius154 pm
Elektronenkonfiguration[Kr] 4d5 5s1
1. Ionisierungsenergie7.09243(4) eV[4]684.32 kJ/mol[5]
2. Ionisierungsenergie16.16(12) eV[4]1559 kJ/mol[5]
3. Ionisierungsenergie27.13(12) eV[4]2618 kJ/mol[5]
4. Ionisierungsenergie40.33(6) eV[4]3891 kJ/mol[5]
5. Ionisierungsenergie54.417(19) eV[4]5250 kJ/mol[5]
Physikalisch[2]
Aggregatzustandfest
Kristallstrukturkubisch raumzentriert
Dichte10,28 g/cm3 (20 °C)[6]
Mohshärte5,5
Magnetismusparamagnetisch (χm = 1,2 · 10−4)[7]
Schmelzpunkt2896 K (2623 °C)
Siedepunkt4885 K[8] (4612 °C)
Molares Volumen9,38 · 10−6 m3·mol−1
Verdampfungsenthalpie617 kJ·mol−1[8]
Schmelzenthalpie36 kJ·mol−1
Schallgeschwindigkeit6190 m·s−1
Elektrische Leitfähigkeit18,2 · 106 S·m−1
Wärmeleitfähigkeit139 W·m−1·K−1
Chemisch[2]
Oxidationszustände+2, +3, +4, +5, +6
Normalpotential−0,152 V
(MoO2 + 4 e + 4 H+ → Mo + 2 H2O)
Elektronegativität2,16 (Pauling-Skala)
Isotope
IsotopNHt1/2ZAZE (MeV)ZP
92Mo14,84 %Stabil
93Mo{syn.}4000 aε0,40593Nb
94Mo9,25 %Stabil
95Mo15,92 %Stabil
96Mo16,68 %Stabil
97Mo9,55 %Stabil
98Mo24,13 %Stabil
99Mo{syn.}65,94 hβ1,35799Tc
100Mo9,63 %7,3 · 1018 aββ3,034100Ru
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope
NMR-Eigenschaften
Kernspinγ in
rad·T−1·s−1
Er (1H)fL bei
B = 4,7 T
in MHz
95Mo5/2−1,751 · 1070,00056,52
97Mo5/2−1,788 · 1070,00036,65
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[9]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-SätzeH: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[9]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Molybdän [molʏpˈdɛːn] (von altgriechisch μόλυβδοςmólybdosBlei“) ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Mo und der Ordnungszahl 42. Es zählt zu den Übergangsmetallen, im Periodensystem steht es in der 5. Periode sowie der 6. Nebengruppe (Gruppe 6) oder Chromgruppe.

Molybdän ist ein hartes, stahlgraues, korrosionsbeständiges sowie ungiftiges Metall mit einem hohen Schmelzpunkt. In der Natur findet man Molybdän hauptsächlich im Mineral Molybdänit, gediegen Molybdän ist extrem selten. Molybdän wird hauptsächlich in Legierungen verwendet; unter anderem wird es oft in kleinen Mengen Stahl beigemengt, um ihn zu härten. Darüber hinaus ist Molybdän für fast alle lebenden Organismen ein essenzielles Spurenelement.

Geschichte

Carl Wilhelm Scheele

Wann Molybdänerze erstmals verwendet wurden, ist unbekannt. Der Name des geht auf antike Wurzeln, insbesondere im Antiken Griechenland zurück und stammt von altgriechisch μόλυβδοςmólybdos ab. Schon im Mykenischen Griechisch ist es als mo-ri-wo-do [moliu̯dos] bekannt, möglicherweise stammt es als Lehnwort aus der Lydischen Sprache.[10] Das Wort bedeutet Blei und wurde für verschiedene dunkle Erze wie Molybdänit oder Galenit verwendet.[11] Ob eine etymologische Verwandtschaft zur lateinischen Bezeichnung plumbum für Blei besteht, ist unklar, der Linguist Robert Beekes verneinte diese.[10]

Wissenschaftlich wurde Molybdänit erstmals 1754 von Axel Frederic Cronstedt und Bengt Andersson Qvist untersucht. Sie vermuteten, dass es ein bislang unbekanntes Element enthalten müsse. Qvist röstete das Molybdänit und erhielt ein gelbes Produkt (wahrscheinlich Molybdän(VI)-oxid), scheiterte jedoch bei der Reduktion zum Metall.[12] In dieser Zeit begann auch die erste technische Verwendung von Molybdänit als Schmierstoff, diese wird 1764 erstmals erwähnt.[13] 1778 begann Carl Wilhelm Scheele mit der Untersuchung des Molybdänits. Er stellte unter anderem Molybdän(VI)-oxid, Molybdänsäure und künstliches Molybdän(IV)-sulfid her und bestätigte damit die Existenz des neuen Elementes. Zudem bewies er den chemischen Unterschied zwischen Molybdänit und Graphit, die auf Grund ähnlicher Eigenschaften und Aussehens zu dieser Zeit beide für Arten von Blei gehalten wurden. Auch Scheele scheiterte auf Grund der leichten Bildung von Carbiden an der Gewinnung des Metalls und wandte sich daher an den Metallurgen Peter Jacob Hjelm. Dieser konnte schließlich 1881 metallisches Molybdän herstellen, das aber stark kohlenstoffhaltig war.[12]

Auf Grund der Sprödigkeit von kohlenstoffhaltigem Molybdän spielte das Metall lange keine große Rolle, es konnte auch lange Zeit nicht geschmolzen werden. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Verwendung von Molybdän als Zusatz für Stähle untersucht. 1894 produzierte Schneider et Cie in Creusot (Frankreich) die erste Panzerplatte aus molybdänhaltigem Stahl.[14] 1895 konnte Henri Moissan im von ihm erfundenen elektrischen Ofen zunächst größere Mengen kohlenstoffhaltiges, sprödes Roh-Molybdän und danach auch 99,98 % reines, weiches Molybdän gewinnen.[15] Die erste Mine, in der ab 1880, möglicherweise in kleinen Mengen auch schon Anfang des 19. Jahrhunderts, Molybdänit abgebaut wurde, lag in Knaben in Norwegen. Während des 1. Weltkrieges stieg der Bedarf an Molybdän in der Rüstungsproduktion stark an, auch um das seltene Wolfram zu ersetzen. So beanspruchte in Großbritannien die Royal Navy die gesamte verfügbare Molybdänproduktion. In den Vereinigten Staaten und Kanada wurden Molybdänit-Minen erschlossen und die Produktion ausgebaut. Ab 1920 wurden molybdänhaltige Stähle in der Automobilindustrie verwendet. Die Situation des Ersten Weltkriegs mit einem hohen Molybdänbedarf für Rüstungsgüter wiederholte sich im 2. Weltkrieg. Durch die Besetzung Norwegens konnte sich Deutschland die Vorkommen in Knaben sichern, für die Alliierten deckten vor allem die Vereinigten Staaten den Bedarf an Molybdän, die 1943 ca. 90 % der Weltproduktion an Molybdän herstellten. Der Großteil stammte dabei aus der Climax-Mine in Colorado.[14]

1932 entdeckte Henri ter Meulen, dass Pflanzen Molybdän aus dem Boden aufnehmen und anreichern.[16] 1971 wurde erstmals erkannt, dass Molybdän in einem Enzym, der Sulfitoxidase vorkommt[17] und in der folgenden Zeit der Molybdän-Cofaktor erforscht.[18]

Vorkommen

Molybdän kommt meistens als Molybdänit (veraltet Molybdänglanz, MoS2) mit einem Mo-Gehalt von bis zu 59,94 Gew.-%[19] vor. Daneben gibt es noch Wulfenit (Gelbbleierz, PbMoO4) mit bis zu 26,13 Gew.-% Mo und Powellit CaMoO4 mit bis zu 47,97 Gew.-% Mo. Das Mineral mit dem höchsten Molybdängehalt von bis zu 74,99 Gew.-% ist der sehr seltene Tugarinovit. Insgesamt sind bisher rund 130 Molybdänminerale bekannt (Stand 2024).[20]

Zur Verhüttung gelangt überwiegend das durch den Kupferbergbau anfallende Koppelprodukt Molybdänit. Das MoS2-Konzentrat, wie es die Minen in Richtung „Röster“ verlässt, enthält rund 50–60 % Molybdän. Große Vorkommen finden sich in den Vereinigten Staaten, Chile, China, Kanada und Peru. Die weltweit bekannten Reserven beliefen sich 2020 auf ca. 16 Mio. t bzw. ca. 25 Mio. t an bekannten Ressourcen molybdänhaltiger Mineralien (tlw. nicht wirtschaftlich abbaubar). Die vorhandenen globalen Molybdänressourcen reichen für die absehbare Zukunft aus, um den globalen Bedarf zu decken.[21]

Molybdän in gediegener, das heißt elementarer Form konnte bisher nur in sechs Vorkommen nachgewiesen werden (Stand 2024): Auf der Erde in Gesteinsproben aus der Babrujsk-Ringstruktur in der belarussischen Mahiljouskaja Woblasz, vom Vulkan Korjakskaja Sopka auf der Halbinsel Kamtschatka und im Gebiet Schirokopadninskaja (russisch Широкопаднинская) in der Region Primorje in Russland sowie in drei Gesteinsproben des Mondes vom Apollonius-Hochland (Luna 20), dem Mare Crisium (Luna 24) und dem Mare Fecunditatis (Luna 16).[22] Da die Entdeckungen allerdings ohne Prüfung durch die IMA/CNMNC veröffentlicht wurden, gilt der Status von Molybdän als Mineral bisher nicht als gesichert, auch wenn es die Mineral-System-Nr. 1.AC.05 (nach der 9. Auflage der Strunzʼschen Mineralsystematik) trägt.[23]

Gewinnung, Darstellung und Preis

Die Hauptmenge des Molybdäns wird als Nebenprodukt bei der Kupferherstellung gewonnen und nur ca. 30 % direkt aus Molybdänerzen. Alle Erze werden in der Hauptsache zu Ammoniumheptamolybdat umgearbeitet. Dieses wird durch Calcinieren bei ca. 400 °C in Molybdäntrioxid MoO3 überführt. Letzteres wird in zwei Stufen durch Wasserstoff zum reinen Molybdänpulver reduziert. Erste Stufe führt bei 500–600 °C zum metastabilen braunviolettem Molybdändioxid MoO2, die zweite Stufe führt bei ca. 1100 °C zum reinen Metallpulver.[24] Zum kompakten Metall wird Molybdän im HIP-Verfahren, durch Umschmelzen im Lichtbogenofen unter Argon als Schutzgas oder im Elektronenstrahlofen verdichtet. Einkristalle werden nach dem Zonenschmelzverfahren hergestellt. Die Molybdänrückgewinnung aus Schrott beträgt annähernd 100 %, da keine Oxidationsverluste auftreten.

Die Weltproduktion lag 2020 bei fast 284.000 Tonnen (2006 179.000 t, 2013 258.000 t), größte Produzenten waren China, Chile und die USA.[25] Der USGS gibt als Preise für Molybdän 34,83 USD je kg im Jahre 2010 und 22,85 USD je kg für 2013 an.[26] Die London Metal Exchange listete Molybdän im Laufe des Jahres 2018 für ca. 25 USD/kg.[27]

Die globalen Abbaumengen verteilen sich dabei wie folgt:[25]

Fördermengen
LandFördermenge (in t)
20192020
Armenien Armenien7.13711.909
Kanada Kanada4.3852.671
Chile Chile54.75959.381
China Volksrepublik Volksrepublik China104.67095.970
Iran Iran4.1603.536
Kasachstan Kasachstan258384
Korea Nord Nordkorea530100
Korea Sud Südkorea266411
Mexiko Mexiko21.69420.577
Mongolei Mongolei2.4902.890
Norwegen Norwegen11
Peru Peru30.44132.185
Russland Russland1.9891.707
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten43.60051.100
Usbekistan Usbekistan800760
Summe277.180283.582
Die zur Anzeige dieser Grafik verwendete Erweiterung wurde dauerhaft deaktiviert. Wir arbeiten aktuell daran, diese und weitere betroffene Grafiken auf ein neues Format umzustellen. (Mehr dazu)
Entwicklung der globalen Molybdänproduktion[21]

Eigenschaften

Molybdän, kristallines Bruchstück

Molybdän ist ein Übergangsmetall der 5. Periode. Das hochfeste, zähe und harte Metall besitzt einen silbrigweißen Glanz. Von allen Elementen der 5. Periode besitzt es den höchsten Schmelzpunkt. Von nichtoxidierenden Säuren (auch Flusssäure) wird es ebenso wie das schwere Homologe Wolfram nicht angegriffen. Deshalb wird Molybdän in großen Mengen zur Herstellung von säurebeständigen Edelstählen und Nickelwerkstoffen eingesetzt. Oxidierende Säuren wie heiße konzentrierte Schwefelsäure, Salpetersäure oder Königswasser führen zu hohen Abtragsraten. Ebenso unbeständig ist Molybdän in oxidierenden Alkalischmelzen.

Verwendung

Die Polyederstrukturen des [Mo6O19]2− (a) und [Mo7O24]6− (b)

In kleinen Zusätzen dient es zur Härtung und zur Verhinderung der Anlassversprödung von Stahl. Mehr als zwei Drittel des hergestellten Molybdäns werden zur Erzeugung von Metalllegierungen wie Ferro-Molybdän verbraucht. Die USA gaben 2021 an, dass 88 % des im Inland konsumierten Molybdäns für metallurgische Anwendungen eingesetzt wurde. Ungefähr 30 % des Molybdäns kamen dabei aus dem Recycling von molybdänhaltigem Schrott.[21] Wolframverknappung im Ersten Weltkrieg führte zu vermehrtem Einsatz von Molybdän zur Herstellung von hochfesten Werkstoffen. Bis heute ist Molybdän ein Legierungselement zur Steigerung von Festigkeit, Korrosions- und Hitzebeständigkeit. Molybdänhaltige Hochleistungswerkstoffe wie Hastelloy®, Incoloy® oder Nicrofer® haben viele technische Verfahren erst möglich oder ökonomisch sinnvoll gemacht.

Molybdän wird wegen seiner hohen Temperaturbeständigkeit zur Herstellung von Teilen für extreme Anwendungsfälle wie in der Luft- und Raumfahrt oder Metallurgietechnik verwendet. In der Ölverarbeitung wird es als Katalysator zur Schwefelentfernung eingesetzt.

Molybdändisulfid ist aufgrund seiner Schichtstruktur ein ideales Schmiermittel, auch bei erhöhten Temperaturen. Es kann als Feststoff wie Graphit, aber auch suspendiert in herkömmlichen Schmierölen verwendet werden.

Auch in elektronischen Bauteilen ist Molybdän zu finden. In TFTs (Dünnschichttransistoren) dient es als leitende Metallschicht und auch bei Dünnschichtsolarzellen wird es als metallischer Rückleiter verwendet.

Molybdänfolien dienen als gasdichte Stromdurchleitung in Quarzglas, u. a. an Halogenglühlampen und Hochdruck-Gasentladungslampen.

In den gleichen Lampentypen können auch Molybdändrähte zum Einsatz kommen, wenn statt Quarzglas ein Glas (meist Aluminosilikatgläser) verwendet wird, das eine an Molybdän angepasste thermische Ausdehnung besitzt und somit für eine Glas-Metall-Verbindung in Frage kommt.

Molybdate werden zur Imprägnierung von Stoffen verwendet, um diese schwer entflammbar zu machen.

Molybdän findet auch in der Röntgendiagnostik als Targetmaterial in der Anode Verwendung. Röntgenröhren mit Molybdänanode werden wegen der niedrigeren Energie der Charakteristischen Röntgenstrahlung ( bei 17,4 keV und bei 19,6 keV im Vergleich zu 58/59,3 keV bzw. 67,0/67,2/69,1 keV von Wolfram) des Molybdäns v. a. bei der Untersuchung der weiblichen Brust (Mammographie) eingesetzt.

In der Nuklearmedizin wird Molybdän-99 aus Kernspaltung (Kerne mit Massezahl 99 entstehen bei 6 % aller Kernspaltungen von 235U[28][29]) oder Neutroneneinfang (von 98Mo)[30] in Technetium-99m-Generatoren eingesetzt. Das relativ langlebige 99Mo (Halbwertszeit 66 h) zerfällt hierbei innerhalb des Radionuklidgenerators in das Technetium-Kernisomer 99mTc (Halbwertszeit des Gammazerfalls in den Grundzustand ~6 h). Auf diese Weise kann dieses wichtige Technetium-Isotop direkt vor Ort für Untersuchungszwecke gewonnen werden, ohne dass die teure Nukleartechnologie zur Erzeugung des Mutternuklids vor Ort nötig wäre. Technisch gesehen handelt es sich hierbei um Transmutation, jedoch wird das anfallende 99Tc (also nach erfolgtem Gammazerfall) üblicherweise keiner weiteren Nutzung zugeführt.[31] Neutroneneinfang in 100Mo könnte über zwei relativ kurzlebige Zwischenstufen das Ruthenium-Isotop 101Ru liefern, welches um Größenordnungen wertvoller ist als Molybdän. Allfällig nötige Isotopentrennung zur Erzeugung möglichst reiner 98Mo- bzw. 100Mo-Targets ist über Molybdänhexafluorid analog zum bei Urananreicherung verwendeten Uranhexafluorid möglich.

Physiologie

Bakterien-Molybdän-Cofaktor bis(Molybdopterin-Guanin-Dinukleotid)-Molybdän

Als Spurenelement ist Molybdän für nahezu alle lebenden Organismen essenziell, da es wesentlicher Bestandteil des aktiven Zentrums einer ganzen Anzahl von Enzymen wie der Nitrogenase, Nitratreduktase oder Sulfitoxidase ist. Lebewesen nutzen molybdänhaltige Enzyme u. a. zur Purinzersetzung und Harnsäurebildung. Die bioverfügbare, d. h. die von Organismen aufgenommene Form von Molybdän ist das Molybdat-Ion MoO42−. Dieses wird in mehreren Schritten als Molybdän-Cofaktoren in die entsprechenden Enzyme eingebaut. Dort kann das Mo-Atom zwischen den Oxidationszahlen +IV, +V und +VI wechseln, und so Ein-Elektronen-Redoxreaktionen katalysieren.[32]

Molybdän ist für Pflanzen essenziell. Durch Molybdänmangel kann ein Boden unfruchtbar sein, was erklärt, warum eine Düngung mit Ammoniumheptamolybdat den Ertrag auf solchen Böden steigert. In Pflanzen und Tieren beträgt die Molybdänkonzentration einige ppm. Molybdän ist ein sehr wichtiges Spurenelement, vor allem für Leguminosen. Die mit den Leguminosen in Symbiose lebenden Bakterien (Knöllchenbakterien) sind in der Lage, mit einem molybdänhaltigen Enzym (Nitrogenase) Luftstickstoff zu binden. Sie benötigen Molybdän für zwei Prozesse: Fixierung von molekularem Stickstoff und Nitratreduktion.

Molybdän im menschlichen Körper

Auch für die menschliche Ernährung ist Molybdän essenziell. Der Schätzwert der DGE für Jugendliche und Erwachsene geht von 50 bis 100 µg Molybdän als angemessene Tageszufuhr aus. Ein Molybdänmangel kommt bei normaler Ernährung nicht vor und ist deshalb extrem selten. Werden hohe Aufnahmen (10–15 mg/Tag) erreicht – zum Beispiel durch molybdänreiche Böden –, so treten gichtähnliche Symptome, Gelenkschmerzen und Lebervergrößerungen auf.[33]

Der Molybdän-Cofaktor-Mangel tritt jedoch nur als Erbkrankheit auf; dabei ist eines der Enzyme mutiert, die die Biosynthese der Molybdän-Cofaktoren katalysieren.[34]

Verbindungen

Molybdän bildet in den Oxidationsstufen 2 bis 6 zahlreiche Verbindungen.[35] Am bekanntesten sind die vom Molybdän(VI)-oxid abgeleiteten Molybdate, wie beispielsweise unterschiedliche Ammoniummolybdate. Molybdän(IV)-oxid entsteht durch Reduktion von Molybdän(VI)-oxid. Peroxomolybdate lassen sich aus Molybdatlösungen und Wasserstoffperoxid herstellen und sind sehr reaktionsfähig. Molybdänblau ist eine Bezeichnung für unterschiedliche Molybdänoxidhydroxide.

Oxide des Molybdäns[36]
+6zwischen +6 und +5+4
MoO3Mo4O11, Mo5O14, Mo8O23, Mo9O26, Mo17O47MoO2

Molybdän bildet mit Chlor mehrere Chloride in den Oxidationsstufen 2 bis 5. So erhält man MoCl5 durch Erhitzen von Molybdänpulver im Chlorstrom, MoCl4 durch Reduktion von MoCl5. Mit Fluor wird bevorzugt das Molybdän(VI)-fluorid gebildet. Daneben sind eine Reihe von Oxidfluoriden, wie das MoOF4, und Oxofluoromolybdate, wie K2[MoOF5], bekannt.

Mit Schwefel werden mehrere Molybdänsulfide gebildet: Darunter das Molybdän(IV)-sulfid und das Molybdän(VI)-sulfid, von dem sich Thiomolybdate ableiten lassen, wie das Ammoniumtetrathiomolybdat(VI) (NH4)2[MoS4].

Komplexverbindungen mit Cyaniden sind beispielsweise Oktacyanomolybdat(IV), wie K4[Mo(CN)8]. Thiocyanate bilden Hexathiocyanomolybdat(III)-Komplexe wie (NH4)3[Mo(SCN)6]. Molybdän bildet außerdem unterschiedliche Carbonylkomplexe, wie z. B. [Mo(CO)5]2− mit der Oxidationsstufe −2, und Carbonyle mit nullwertigem Molybdän, wie das Molybdänhexacarbonyl.

Sicherheitshinweise

Molybdänstaub und ‑verbindungen wie Molybdän(VI)-oxid und wasserlösliche Molybdate weisen eine leichte Toxizität auf, wenn sie inhaliert oder oral eingenommen werden.

Tests lassen vermuten, dass Molybdän im Gegensatz zu vielen anderen Schwermetallen relativ wenig toxisch wirkt. Akute Vergiftungen sind wegen der dazu notwendigen Mengen unwahrscheinlich. Im Bereich von Molybdänbergbau und -herstellung könnten höhere Molybdänexpositionen vorkommen. Bisher sind aber keine Krankheitsfälle bekannt geworden.

Obwohl natürliches Molybdän zu 9,63 % das radioaktive Isotop 100Mo enthält, sind normalerweise keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen zum Strahlenschutz erforderlich. Auch in der praktischen Anwendung kann in der Regel auf eine Abschirmung verzichtet werden. Die Strahlung ist wegen der langen Halbwertszeit äußerst schwach und kann nur mit hohem Aufwand gemessen werden.

Nachweis

Ein qualitativer Nachweis sechswertigen Molybdäns ist über die Bildung von Heteropolysäuren mit Phosphat möglich. Gibt man zu einer schwefelsauren molybdathaltigen Lösung Phosphorsäure, fällt kristallines Molybdängelb aus. Bei Zusatz des milden Reduktionsmittels Ascorbinsäure färbt sich die Lösung stark blau (Bildung von Molybdänblau). Bei geringeren Konzentrationen von Molybdat kommt es zu keiner Fällung, sondern nur einer Farbänderung der Lösung.

Diese Reaktionen werden auch zur photometrischen Bestimmung von Molybdat oder Phosphat im Spurenbereich eingesetzt. Molybdän kann alternativ mittels Atomspektrometrie bestimmt werden. In der Polarografie ergibt sechswertiges Molybdän in Schwefelsäure einer Konzentration von 0,5 mol/l zwei Stufen bei −0,29 und −0,84 V (gegen SCE). Diese sind auf Reduktion zum Mo(V) bzw. Mo(III) zurückzuführen.

Wiktionary: Molybdän – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Molybdän – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3.
  2. Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Molybdän) entnommen.
  3. CIAAW, Standard Atomic Weights Revised 2013.
  4. a b c d e Eintrag zu molybdenum in Kramida, A., Ralchenko, Yu., Reader, J. und NIST ASD Team (2019): NIST Atomic Spectra Database (ver. 5.7.1). Hrsg.: NIST, Gaithersburg, MD. doi:10.18434/T4W30F (physics.nist.gov/asd). Abgerufen am 11. Juni 2020.
  5. a b c d e Eintrag zu molybdenum bei WebElements, www.webelements.com, abgerufen am 11. Juni 2020.
  6. N. N. Greenwood, A. Earnshaw: Chemie der Elemente. 1. Auflage. 1988, ISBN 3-527-26169-9, S. 1291.
  7. Robert C. Weast (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. CRC (Chemical Rubber Publishing Company), Boca Raton 1990, ISBN 0-8493-0470-9, S. E-129 bis E-145. Werte dort sind auf g/mol bezogen und in cgs-Einheiten angegeben. Der hier angegebene Wert ist der daraus berechnete maßeinheitslose SI-Wert.
  8. a b Yiming Zhang, Julian R. G. Evans, Shoufeng Yang: Corrected Values for Boiling Points and Enthalpies of Vaporization of Elements in Handbooks. In: Journal of Chemical & Engineering Data. 56, 2011, S. 328–337, doi:10.1021/je1011086.
  9. a b Eintrag zu Molybdän in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 26. April 2017. (JavaScript erforderlich)
  10. a b H. Craig Melchert: Greek mólbdos as a loanword from lydian. In: Billie Jean Collins, Mary R. Bachvarova, Ian C. Rutherford (Hrsg.): Anatolian Interfaces: Hittites, Greeks and their Neighbours. Oxbow Books, Oxford 2008, ISBN 978-1-84217-270-4, S. 153–158 (JSTOR:j.ctt1cd0nsg.21).
  11. Paweł Miśkowiec: Name game: the naming history of the chemical elements—part 1—from antiquity till the end of 18th century. In: Foundations of Chemistry. 2022, Band 25, Nummer 1, S. 29–51 doi:10.1007/s10698-022-09448-5.
  12. a b Anders Lennartson: Carl Wilhelm Scheele and Torbern Bergman. Springer, 2020, ISBN 978-3-030-49194-9, S. 219–222.
  13. Philip C. H. Mitchell, Tim Outteridge, Ken Kloska, S. J. McMahon, Yakov Epshteyn, Roger F. Sebenik, A. R. Burkin, Robert R. Dorfler, John M. Laferty, Gerhard Leichtfried, Hartmut Meyer‐Grünow, Mark S. Vukasovich: Molybdenum and Molybdenum Compounds. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. 2020, S. 1–63 doi:10.1002/14356007.a16_655.pub2.
  14. a b Wilmer McInnis: Molybdenum - A Materials Survey. U.S. Bureau of Mines, 1957, S. 2–5 (online bei der University of North Texas).
  15. Henri Moissan: Préparation et propriétés du molybdène pur fondu. In: Comptes Rendus. 120, 1895, S. 1320–1326 (Digitalisat auf Gallica).
  16. H. ter Meulen: Distribution of Molybdenum. In: Nature. 1932, Band 130, Nummer 3295, S. 966 doi:10.1038/130966b0.
  17. Harvey J. Cohen, Irwin Fridovich, K.V. Rajagopalan: Hepatic Sulfite Oxidase. In: Journal of Biological Chemistry. 1971, Band 246, Nummer 2, S. 374–382 doi:10.1016/S0021-9258(18)62501-3.
  18. Silke Leimkühler, Margot M. Wuebbens, K.V. Rajagopalan: The history of the discovery of the molybdenum cofactor and novel aspects of its biosynthesis in bacteria. In: Coordination Chemistry Reviews. 2010, Band 255, Nummer 9–10, S. 1129–1144 doi:10.1016/j.ccr.2010.12.003.
  19. David Barthelmy: Mineral Species containing Molybdenum (Mo). In: webmineral.com. Abgerufen am 11. Dezember 2024 (englisch).
  20. Search Minerals By Chemistry – Minerals that include Mo. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. Dezember 2024 (englisch).
  21. a b c U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries 2022: MOLYBDENUM.
  22. Molybdenum. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 11. Dezember 2024 (englisch).
  23. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch, S. 191: Molybdenum, Status (N) = published without approval by the CNMNC).
  24. Lucien F. Trueb: Die chemischen Elemente. Ein Streifzug durch das Periodensystem. S. Hirzel Verlag, Stuttgart/Leipzig 1996, ISBN 3-7776-0674-X.
  25. a b Molybdän. Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Seite 114, abgerufen am 17. Juni 2022.
  26. MINERAL COMMODITY SUMMARIES 2015. (PDF; 2,3 MB) United States Geological Survey, S. 106–107, abgerufen am 14. Oktober 2015 (englisch).
  27. lme.com - Historical price graph for Molybdenum. Abgerufen am 7. Juli 2018.
  28. Fission Yield Graph. In: jaea.go.jp. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  29. Fission products (by element). In: chemeurope.com. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  30. National Research Council Committee on Medical Isotope Production Without Highly Enriched Uranium (Hrsg.): Alternative Molybdenum-99 Production Processes. National Academies Press, 2009 (nih.gov [abgerufen am 23. Januar 2023]).
  31. Disposal of Technetium-99. In: stanford.edu. Abgerufen am 23. Januar 2023.
  32. G. Schwarz, R. R. Mendel, M. W. Ribbe: Molybdenum cofactors, enzymes and pathways. In: Nature. Band 460, Nr. 7257, 2009, S. 839–847, PMID 19675644.
  33. D-A-CH: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 2000.
  34. Jochen Reiss, Rita Hahnewald: Molybdenum cofactor deficiency: Mutations in GPHN, MOCS1, and MOCS2. In: Human Mutation. Band 32, Nr. 1, Januar 2011, S. 10–18, doi:10.1002/humu.21390.
  35. Heinrich Remy: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. Band II, Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig, Leipzig 1961, S. 200–208.
  36. Erwin Riedel, Christoph Janiak: Anorganische Chemie. 8. Auflage. Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin 2011, ISBN 978-3-11-022566-2, S. 819.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Flag of Canada (Pantone).svg
Flag of Canada introduced in 1965, using Pantone colours. This design replaced the Canadian Red Ensign design.
Flag of Chile.svg
Das Bild dieser Flagge lässt sich leicht mit einem Rahmen versehen
Flag of Iran.svg
Flagge des Irans. Die dreifarbige Flagge wurde 1906 eingeführt, aber nach der Islamischen Revolution von 1979 wurden die Arabische Wörter 'Allahu akbar' ('Gott ist groß'), in der Kufischen Schrift vom Koran geschrieben und 22-mal wiederholt, in den roten und grünen Streifen eingefügt, so daß sie an den zentralen weißen Streifen grenzen.
CWScheele.jpg
Carl Wilhelm Scheele (1742-1786)
Molybdenum crystaline fragment and 1cm3 cube.jpg
Autor/Urheber: Alchemist-hp (talk) (www.pse-mendelejew.de), Lizenz: FAL
Molybdän, grobkristallines Bruchstück eines elektronenstrahlgeschmolzenen Stabes. Reinheit 99,99 % (= "4N"), sowie für den Größenvergleich ein hochreiner einkristalliner (99,999 % = 5N) 1 cm3 Molybdän-Würfel
MoCo-prokaryotes.svg
prokaryote molybdenum cofactor Mo(Dtpp-mGDP)2, bis(molybdopterin guanine dinucleotide)molybdenum. Ref.: Schwarz G, Mendel RR, Ribbe MW (August 2009). "Molybdenum cofactors, enzymes and pathways". Nature 460 (7257): 839–47. DOI:10.1038/nature08302. PMID 19675644.
Polyederstrukturen Molybdän.png
Autor/Urheber: Ichwarsnur, Lizenz: CC BY 4.0
Die Polyederstrukturen des [Mo6O19]2- (a) und [Mo7O24]6-