Minergie

Minergie ist der Schweizer Baustandard für Komfort, Effizienz und Klimaschutz. Minergie setzt Anreize für eine Erhöhung der Energieeffizienz und den Klimaschutz in Planung, Bau und Betrieb von neuen und bestehenden Gebäuden. Eine besondere Rolle spielen dabei die hochwertige Gebäudehülle und ein kontrollierter Luftwechsel. Minergie-Bauten zeichnen sich zudem durch den konsequenten Einsatz von erneuerbaren Energien aus und nutzen das Potenzial der Solarenergie. Sie sind CO2-frei im Betrieb und minimieren die Treibhausgasemissionen in der Erstellung. Die geschützte Schweizer Marke für klimafreundliches Bauen gehört dem gemeinnützigen Verein Minergie mit Sitz in Basel.
Die Anforderungen sind für zwölf Gebäudekategorien (MFH, EFH, Verwaltung, Schulen, Verkauf, Restaurants, Versammlungslokale, Spitäler, Industrie, Lager, Sportbauten, Hallenbäder) verschieden definiert. Ebenso verschieden sind die Anforderungen bei der Sanierung von Bestandesbauten und für Neubauten. Minergie hat massgeblich dazu beigetragen, dass die Schweizer Energiegesetzgebung im Gebäudebereich auch international als fortschrittlich gilt.
Geschichte

Die Idee wurde von Heinz Uebersax und Ruedi Kriesi 1994 kreiert und im selben Jahr konnten die ersten zwei Minergie-Häuser in Kölliken, Schweiz realisiert werden. Basis dazu bildeten die Bau- und Betriebserfahrungen mit der von 1988 bis 1990 vom Energieingenieur Ruedi Kriesi und Architekten Ruedi Fraefel realisierten Null-Heizenergiesiedlung in Wädenswil. Die Marke war danach im Privatbesitz von Heinz Uebersax, bis sie 1997 von den Kantonen Zürich und Bern übernommen wurde. Während dieser Jahre verdichteten sich Kriesis Vision und technische Konzepte und Uebersax’s Marketingkonzept und Geschäftsmodell zum heutigen Betriebskonzept von Minergie – mit Kriesi als Leiter der Zürcher Energiefachstelle als ersten Implementator bis zur Gründung des schweizerischen Vereins 1998.[2] Franz Beyeler agierte als erster Geschäftsführer. Der Kanton Bern, vertreten durch Ruedi Meier, spielte als Co-Initiant, Kommunikator sowie Organisator der Bau- und Minergie-Messe eine Pionierrolle. Der Verein steht aber auch natürlichen und juristischen Personen offen. Das erste Produkt war Minergie als Niedrigenergiestandard. Ende 2001 wurde Minergie-P entwickelt. 2011 wurde der Nullenergie-Standard Minergie-A eingeführt. Seit 2006 sind alle Gebäudestandards dank einer Kooperation mit dem Verein ecobau mit dem Zusatz ECO für ökologisches und gesundes Bauen kombinierbar. Die Anzahl an Gebäuden, die in der Schweiz nach einem der Minergie-Standards zertifiziert sind, stellt im internationalen Vergleich einen sehr hohen Marktanteil dar.
Ab 2016 übernahm Andreas Meyer Primavesi die Geschäftsleitung[3]. 2016 hat der Verein Minergie die markantesten Veränderungen seit seiner Gründung ausgelöst. Im Rahmen einer Reorganisation wurde eine Geschäftsstelle mit eigenen Angestellten aufgebaut. Ausserdem wurden die drei Minergie-Standards komplett überarbeitet, ein vereinfachtes Nachweisverfahren für Sanierungen eingeführt (Minergie Systemerneuerungen) und erstmals Produkte für die Bau- und Betriebsphase (MQS Bau und MQS Betrieb) entwickelt.
Seit 2017 wurden die Anforderungen ans Monitoring kontinuierlich weiterentwickelt, inzwischen können die Bedarfs- und Verbrauchsdaten bei neuen Minergie-Gebäuden nahezu vollständig automatisiert abgeglichen werden. 2020 wurde mit dem Produkt PERFORMANCE eine einfache Betriebsoptimierung ins Produkteportfolio aufgenommen.
2020 wurden die operativen Geschäfte der beiden Vereine GEAK (Gebäudeenergieausweis der Kantone) und Minergie zusammengelegt. Seit 2021 ist der Verein Minergie zudem im Rahmen der Zusammenarbeit in der «Schweizer Labelfamilie» für die Zertifizierung, Vermarktung und Weiterbildung des SNBS (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) zuständig.
Seit 2022 wird der Verein von Regierungsrat Fabian Peter geführt. Der Verein zählt aktuell rund 350 Mitglieder und 1'500 Fachpartner. In den zwei Geschäftsstellen in Basel und Sion arbeiten über 30 Mitarbeitende, unterstützt durch die Agentur in Bellinzona (TicinoEnergia). Die Minergie-Standards haben ihre grosse Bedeutung im Schweizer Markt in den letzten Jahren behaupten und weiter steigern können.
2025 wurde das Zertifikat Minergie-Betrieb eingeführt. Es stellt die Energieeffizienz im laufenden Gebäudebetrieb sicher und zeichnet Gebäude von Eigentümerschaften aus, die durch gute Bewirtschaftung unnötigen Energieverbrauch sowie Treibhausgasemissionen und überhöhte Betriebskosten vermeiden.
Marke
Die nationalen Markenrechte erstrecken sich auf die Schweiz, Liechtenstein, Mexiko, Chile, Deutschland und Japan und sind beim DPMA registriert.[4] Die internationale Registrierung als IR-Marke erstreckt sich ebenfalls auf obengenannte Länder und ist bei der WIPO registriert.[5]
Baustandards und Zusatzprodukte
Der Gesamtenergiebedarf eines Minergie-Gebäudes ist heute mindestens 20 % tiefer als jener eines konventionellen Neubaus. Mit Minergie-P und Minergie-A spart man sogar bis zu 50 %. Die Standards wurden im Herbst 2023 weiter verschärft, so dass der Energiebedarf noch weiter sinkt.
Heute gibt es für die Minergie-Zertifizierung verschiedene Baustandards sowie Zusatzprodukte:
- Der Minergie-Standard bildet die Basis für klimafreundliches Bauen. Er richtet sich an Bauherrschaften und Planende mit überdurchschnittlichen Ansprüchen an Komfort, Effizienz und Klimaschutz. Die Energie- und Treibhausgasbilanz ist rund 25 % besser als in einem konventionellen Neubau. Der Minergie-P-Standard hat die optimale Gebäudehülle. Wer maximale Energieeffizienz und Komfort sucht und fast nicht mehr heizen will, wählt Minergie-P. Höchste Effizienz ist natürlich auch gut fürs Klima: Nicht gebrauchte Energie ist die beste Energie. Minergie-P-Gebäude lassen sich im Neubau gut realisieren. Minergie-A-Bauten sind die Klimagebäude von heute. Sie stehen für maximale Unabhängigkeit und kompromisslosen Klimaschutz. Die Treibhausgasemissionen werden in Erstellung und Betrieb konsequent minimiert und übers Jahr gesehen produziert das Gebäude (meist mit PV-Modulen) mehr Energie als es verbraucht. Minergie-A zeigt auf, was im Neubau auf dem Weg zu Netto-Null 2050 heute bereits möglich wäre.
- Das Minergie-Areal setzt Regeln für eine Transformation zu klimafreundlichen Arealen. Minergie-Areale zeichnen sich durch höchste Anforderungen an den Energieverbrauch, die Treibhausgasemissionen und Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien aus. Die Gebäude weisen zudem einen überdurchschnittlichen Hitzeschutz auf. Vorgaben an die klimaangepasste Gestaltung des Aussenraums und Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität erhöhen die Lebensqualität im Minergie-Areal.
- Die Minergie Systemerneuerung bietet eine einfache Lösung für die energetisch hochwertige Modernisierung von Gebäuden. Sie basiert auf fünf Standardlösungen und ermöglicht einen Minergie-Nachweis ohne Rechnen.
- Der Zusatz ECO führt in Kombination mit einem der drei Minergie-Standards zu einer Bauweise, die ein gesundes Innenraumklima gewährleistet sowie kreislauffähig und ökologisch ist. Wichtig sind dabei insbesondere ein flexibles Gebäudekonzept, eine bewusste Materialwahl sowie die CO2-Minimierung und Hitzeminderung.
- MQS Bau kontrolliert und dokumentiert systematisch alle Minergie-relevanten Bauteile und vermeidet so auch Baumängel. Minergie-Betrieb stellt sicher, dass Minergie-Gebäude ihr Potenzial in Bezug auf Energieeffizienz im realen Gebäudebetrieb voll ausschöpfen. Dadurch werden unnötiger Energieverbrauch und überhöhte Nebenkosten vermieden sowie Treibhausgasemissionen (Scope 1 und 2) reduziert. Die Anforderungen beziehen sich auf effektive, klima- und nutzungsbereinigte Messwerte und verlangen eine dauerhafte Überwachung der Energieflüsse.
Die Standards sind von dynamischer Natur und weitere Produkte und Standards werden entwickelt und können erwartet werden.
Zertifizierung

Die Zertifizierung erfolgt durch unabhängige und vom Verein Minergie autorisierte Minergie-Zertifizierungsstellen. Die Mitarbeitenden der Zertifizierungsstellen sind ausgewiesene Fachpersonen in den jeweiligen Fachbereichen. Das Zertifizierungssystem stellt dadurch sicher, dass keine Interessenkonflikte entstehen und eine fachlich hochwertige und objektive Prüfung der eingereichten Projekte erfolgt.
Die Zertifizierungsprozess beinhaltet eine umfassende Prüfung der eingereichten technischen Dokumentation und ist in zwei Phasen gegliedert:
- Im Zuge der Baueingabe werden die Berechnungen und Pläne aus der Planungsphase geprüft und das provisorische Zertifikat ausgestellt.
- Im Zuge des Bauabschlusses und Inbetriebnahme des Gebäudes werden die Inbetriebnahmeprotokolle und allfällige Projektänderungen geprüft und das definitive Zertifikat ausgestellt.
Bei einem Anteil der Gebäude werden zudem im Zuge des Bauprozesses vor Ort Stichprobenkontrollen durchgeführt.
Alle Unterlagen (Reglemente, Anwendungshilfen, Nachweise etc.) sowie die Zertifizierungsgebühren sind öffentlich zugänglich online publiziert.[6]
Würdigung
Mit dem Label wurden für den Laien klare Standards im Bereich des Gebäudeheizenergieverbrauchs geschaffen. Nebst dem ökologischen Effekt führt die vorgeschriebene Isolation zu höheren Oberflächentemperaturen und zusammen mit der verbesserten Dichtheit und der Komfortlüftung zu angenehmerem Komfortempfinden und besserem Schutz gegen Aussenlärm und Feuchteschäden. Der zuverlässige Schutz gegen Schimmelpilz beinhaltet einen wichtigen Gesundheitsaspekt. Die Energieeinsparungen sind beträchtlich. Ein Minergie-Gebäude benötigt wesentlich weniger Energie, als ein durchschnittliches Gebäude. Der Standard war von Anfang an als rollendes, sich pragmatisch am Stand der Technik orientierendes Instrument mit Breitenwirkung konzipiert. Schon 1997 wurde von Kriesi und Uebersax ein Absenkpfad definiert, auf dem 2001 Minergie-P entsprechend dem Stand der Technik positioniert wurde. 2005 folgte dann die Adaption des Standards des Vereins ecobau auf die Bedürfnisse von Minergie zum Standard Minergie-ECO, womit dem im Grundstandard formulierten Anliegen nach Thematisierung gesundheitlicher und ökologischer Aspekte Rechnung getragen wurde. Seit 2023 sind auch ganze Areale zertifizierbar. Minergie-Areale zeichnen sich durch höchste Anforderungen an den Energieverbrauch, die Treibhausgasemissionen und Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien aus. Die Gebäude weisen zudem einen überdurchschnittlichen Hitzeschutz auf. Vorgaben an die klimaangepasste Gestaltung des Aussenraums und Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität erhöhen die Lebensqualität im Minergie-Areal.
Zertifizierte Gebäude
In der Schweiz wird heute rund jeder fünfte Neubau nach einem Minergie-Standard zertifiziert.
Bekannte sanierte Minergie-Gebäude sind:
- MGB-Bürohochhaus der Migros
- Ehemaliges UBS-Bürohochhaus und heute städtisches Verwaltungsgebäude Werd in Zürich
- Ehemaliges Swissair-Verwaltungsgebäude im Balsberg, Zürich-Kloten
- Klimafreundlicher PlusEnergieBau, Fahrwangen
Bekannte Minergie-Neubauten sind:
- SOL-ARCH² – erstes Plusenergie-Einfamilienhaus in Minergie-P-Eco, Matten bei Interlaken
- Swiss Life Arena
- The Circle
- Inselspital
- BCF Arena
- Fischermätteli Quartier als erstes definitives Minergie-Areal zertifiziert
- Hauptsitz der Raiffeisenbank, Savosa
- Messehalle 1, Basel
- The Circle, Flughafen Zürich
Weblinks
- Website des Vereins Minergie – Infobroschüren, Reglemente, Objektliste
- Minergie-Rating, Minergie-Rating der Berner Gemeinden
- Hier beginnt die Energiewende, Zürich 15. Dezember 2012.
- https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/der-bundesrat-und-die-ideale-raumtemperatur?partId=13612b46-80b8-45be-ade9-39c53317c431
- https://www.beobachter.ch/publireportage/cool-bleiben-mit-minergie-629206
- https://www.hochparterre.ch/nachrichten/werkplatz/das-minergie-areal
- https://www.insidenews.ch/schweizer-botschaft-in-singapur-bekommt-zertifikat-minergie-a/
- https://energeiaplus.com/2023/09/18/minergie-25-jahre-energieeffizienz/
- https://energeiaplus.com/2025/06/23/sommerliche-ueberhitzung-wie-innenraeume-kuehl-bleiben/
- https://www.handelszeitung.ch/publireportage/in-unseren-gebauden-schlummert-immenses-potenzial-739641
- https://www.zh.ch/de/planen-bauen/bauvorschriften/bauvorschriften-gebaeude-energie/minergie.html
- https://www.energie-umwelt.ch/gebaeude-heizung/gebaeudekonzeption/minergie-und-muken
Einzelnachweise
- ↑ MINERGIE®. In: sz.ch. Kanton Schwyz, abgerufen am 14. November 2022.
- ↑ Eintrag bei Moneyhouse. www.moneyhouse.ch, abgerufen am 31. März 2025
- ↑ Hochparterre - Neuer Geschäftsleiter, neue Strategie. Abgerufen am 16. September 2025.
- ↑ DPMA. Abgerufen am 16. September 2025.
- ↑ WIPO. Abgerufen am 16. September 2025.
- ↑ www.minergie.ch
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Wirz Group AG, Lizenz: CC BY-SA 4.0
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