Michel Bréal

Michel Bréal

Michel Jules Alfred Bréal (* 26. März 1832 in Landau in der Pfalz; † 25. November 1915 in Paris) war ein französischer Philologe und gilt als Begründer der Semantik in ihrer heutigen Bedeutung. Sein allgemeiner Bekanntheitsgrad ist jedoch damit verbunden, dass Bréal der Ideengeber für die Entstehung des neuzeitlichen Marathonlaufs war.

Leben

Bréal war jüdischer Abstammung. Weil Landau in der Pfalz 1816 bayerisch geworden war, ist in verschiedenen Publikationen fälschlicherweise der Ort Landau an der Isar als Bréals Geburtsort angegeben. Michael Breal lebte bis zu seinem neunten Lebensjahr in Landau in der Pfalz und besuchte dort die Grundschule. An seinem Geburtshaus erinnert heute eine Gedenktafel an den berühmten Sohn der Stadt. Die Mutter Karoline Bréal zog bald ins französische Metz und verschaffte ihrem Sohn eine Ausbildung an der renommierten École normale supérieure in Paris. Da wurde aus Michael Michel und aus Breal Bréal, der später auch in Berlin studieren sollte.[1]

Bréal absolvierte ein Studium (1852–1855) an der „L’École Normale Supérieure“ in Paris und entdeckte dort sein Interesse an der historisch vergleichenden Sprachwissenschaft. Nach ersten Lehrtätigkeiten als Studienrat in Straßburg und Paris reiste er 1857 nach Berlin, um zwei Jahre Sanskrit bei Albrecht Weber und vergleichende Sprachwissenschaft bei Franz Bopp zu studieren, dessen Werk „Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Send, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Litauischen, Altslavischen, Gothischen und Deutschen“ er in die französische Sprache übersetzte. Zurückgekehrt nach Paris, arbeitete er in der Abteilung für orientalische Schriften an der kaiserlichen Bibliothek (Bibliothèque Impériale). Seine inzwischen vielfach geschätzten philologischen Kenntnisse, die er in ersten literarischen Werken veröffentlicht hatte, ermöglichte ihm eine Lehrtätigkeit als Professor für vergleichende Sprachwissenschaft am Collège de France (1866–1905) und an der „École Pratique des Hautes Études“. 1866 war er an der Gründung der „Société de Linguistique de Paris“ beteiligt und einer der Herausgeber der „Revue critique d’histoire et de littérature“. Von 1879 bis 1888 wurde ihm die Aufgabe eines Generalinspektors für das staatliche Unterrichtswesen an den Hochschulen (Inspecteur général de l’Instruction publique pour l’Enseignement supérieur) übertragen. 1890 wurde Michel Bréal zum Kommandeur der Ehrenlegion (Légion d’honneur) ernannt. Seit 1875 war er Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres.

Bréal hatte entscheidenden Einfluss auf die Sprachdeutung. Er lehnte den Inhalt eines Wortes als alleinbestimmendes Merkmal für den Sinn einer Artikulation ab. Vielmehr sah er das Wesen des einzelnen Wortes eingebettet in einen Kontext, bestehend aus den verschiedenen grammatikalischen Bestandteilen einer Sprache, die sich in der Verwendung von Substantiven, Verben, Hilfsverben, Adverbien, Präpositionen, Konjunktionen, Pronomen etc. ausdrückt. Bréal veröffentlichte 1897 seine Ansichten in seinem Hauptwerk „Essai de Sémantique“ und führte damit eine neue Terminologie in die Sprachwissenschaft ein, die Semantik.

Gedenktafel am Geburtshaus

In der Geschichte ist Michel Bréal eher bekannt als der Ideengeber für die Entstehung des neuzeitlichen Marathonlaufs. Mit der griechischen Mythologie wohlvertraut, kannte er auch die Legende über Pheidippides, dem „Läufer von Marathon“. Als er 1894 dem Olympischen Kongress in Paris beiwohnte, wuchs in ihm die Idee, den legendären Lauf des Pheidippides im Rahmen der für 1896 geplanten Olympischen Spiele in Athen als Wettkampf aufleben zu lassen. Mit einem Brief teilte er seinem Freund, Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), seine Idee mit. Der Sieger sollte einen von Bréal gestifteten Pokal erhalten.[2] So wurde der olympische Marathon 1896 von Athen der erste organisierte Marathonlauf, wie er auch heute bei vielen Veranstaltungen ausgetragen wird.

Im Rahmen seiner Rede auf dem ersten Olympischen Kongress hat er das auf Henri Didon zurückgehende Motto »citius – altius – fortius« (schneller, höher, stärker) als olympische Devise vorgeschlagen.

Wichtige Werke

  • L’Étude des Origines de la Religion Zoroastrienne, 1862
  • Hercule et Cascus, 1863
  • Le Mythe d’Oedipe, 1864
  • Les Tables Eugubines, 1875
  • Mélanges de Mythologie et de Linguistique, 1882
  • Leçons de Mots, 1882, 1886
  • Dictionnaire Étymologique Latin, 1885
  • Grammaire Latine, 1890
  • Essai de Sémantique, 1897
  • Deux études sur Goethe: Un officier de l’ancienne France, Les personnages originaux de la « Fille naturelle ». Paris: Hachette 1898
  • Pour mieux connaître Homère. Paris: Hachette 1906

Literatur

  • Hans W. Giessen, Heinz-Helmut Lüger, Günther Volz (Hrsg.): Michel Bréal – Grenzüberschreitende Signaturen. Verlag Empirische Pädagogik, Landau 2007, ISBN 3-9373-3363-0
  • Hans W. Giessen & Heinz-Helmut Lüger: Ein Grenzgänger der ersten Stunde. Michel Bréal: Vom Marathon zum Pynx in: Dokumente. Zs. für den deutsch-französischen Dialog. Gesellschaft für übernationale Zusammenarbeit, Bonn. Heft 4 / 2008, S. 59–62 ISSN 0012-5172

Weblinks

Wikisource: Michel Bréal – Quellen und Volltexte (französisch)

Einzelnachweise

  1. Martin Krauß, Die 42,195 Kilometer von Sapporo, Jüdische Allgemeine, 6. August 2021.
  2. Silberpokal für den Sieger des Marathonlaufs der Olympischen Spiele 1896, abgerufen am 24. Dezember 2015

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