Michael Kölmel

Michael Kölmel (* 31. Januar 1954 in Karlsruhe) ist ein deutscher Unternehmer. Er wurde unter anderem als Gründer des Filmverleihs Kinowelt und Besitzer der Verlags- und Buchhandelsfirma Zweitausendeins bekannt. Kölmel war zudem bis 2016 Eigentümer des Leipziger Zentralstadions. Bei seinen unternehmerischen Aktivitäten kooperiert er häufig mit seinem Bruder Rainer Kölmel. Seit 2020 ist er mit 1,58 Prozent an der Profifußballabteilung des Karlsruher SC beteiligt.

Leben

Michael Kölmel studierte ab Mitte der 1970er Jahre Mathematik und Volkswirtschaftslehre in Karlsruhe und Göttingen.[1] 1984 promovierte er im Fach Volkswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen.[1] Dort wurde auch seine Leidenschaft zum Film erkennbar. Er gründete 1978 einen Filmclub an der Universität und war zusammen mit Anne Ahrends, mit der er auch die Leitung des Göttinger Filmfests übernahm, für die Programmgestaltung dreier Kinos in Göttingen und Umgebung verantwortlich.[2] Kölmel ist verheiratet mit der promovierten Kunsthistorikerin Doris Apell-Kölmel, mit der er schon zu Unizeiten beim Göttinger Filmfest engagiert war, und hat zwei Söhne.[3] Seit 1999 gehört dem Ehepaar Kölmel ein Kino in Dießen am Ammersee.[4]

Wissenschaftliche Aktivitäten

Seit dem 1. April 2010 ist Michael Kölmel Honorarprofessor für Medienökonomie und AV-Wirtschaft am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, Abteilung Medienwissenschaft und Medienkultur. Er lehrt dort am Lehrstuhl Medienwissenschaft und Medienkultur.[5]

Unternehmerische Aktivitäten

Ab 1981 pachtete Kölmel das Kino Centrallichtspiele in Herzberg am Harz bei Göttingen.[6] 1984 gründete er zusammen mit Thomas Häberle den Filmverleih KinoweltKinowelt in Göttingen.[2] und spezialisierte sich dabei auf relativ unbekannte Filme für Programmkinos.[7] Das erste Verleihrecht für einen Film, das Kinowelt kaufte, war für Gregory's Girl (1980) von Bill Forsyth. Häberle war bis zum Jahr 1996 gemeinsam mit Kölmel Bruder Rainer Geschäftsführer des Filmverleihs und der Produktion. Der Durchbruch gelang Kinowelt mit dem Spielfilm Der englische Patient im Jahre 1996.[7] Es folgten ein rascher Expansionskurs und im Mai 1998 der Börsengang an den Neuen Markt als Kinowelt AG.[8][9] Ab 2001 geriet das Unternehmen, zu dem zuletzt an die 60 Gesellschaften gehörten, zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Ein von Warner Bros. Entertainment 1999 für 560 Millionen DM erworbenes Filmpaket wurde von den damals unterlegenen Mitbietern RTL Group/Bertelsmann und Kirch-Gruppe[10] boykottiert und war damit quasi wertlos.[11] Ende 2001 musste die Kinowelt AG mit einer halben Milliarde Euro Schulden Insolvenz anmelden.[7][12]

Ab 1998 versuchte sich Kölmel über seine Sportwelt Beteiligungs GmbH in der Vermarktung von Rundfunkübertragungsrechten im Fußballbereich. 90 % der Sportwelt-Anteile gehörte der Familie Kölmel, die übrigen 10 % hielt die Kinowelt AG. Die Sportwelt GmbH engagierte sich mit großem finanziellen Aufwand bei tief gesunkenen Traditionsvereinen, um gemeinschaftlich von einer etwaigen Rückkehr des Erfolges profitieren zu können.[13] Kölmel und seine Firma investierten 133 Millionen DM, die für die Fernsehrechte als Darlehen an die Fußballclubs weitergegeben wurden.[14] Die Strategie ging bis auf wenige Ausnahmen nicht auf. Die Sportwelt Beteiligungs GmbH ging 2002 in die Insolvenz[15] und die betroffenen Traditionsvereine gerieten in eine noch prekärere finanzielle Situation.[13] Gegen Vereine, die ihre Darlehen nicht zurückzahlten, prozessierte Kölmel in der Folge vor Gericht.[16][17]

Im Oktober 2002 wurde Kölmel in München aufgrund des Verdachts der Insolvenzverschleppung sowie Untreue[18] mit einem Gesamtschaden von fast 23 Millionen Euro in Bezug auf die Insolvenzen der Kinowelt AG und der Sportwelt GmbH (letztere mit zwei Drittel der Schadenssumme) festgenommen, für zwei Tage inhaftiert[19] und anschließend auf Kaution freigelassen.[20] Das Landgericht München verurteilte ihn im Juni 2004 wegen Untreue und vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten und einer Geldstrafe von 326.000 Euro,[21] nachdem die Staatsanwaltschaft zunächst neun Jahre Haft gefordert hatte.[22][23] Eine erneute Anklage der Staatsanwaltschaft München Mitte 2006[24] wegen undurchsichtiger Vorgänge bei der Kinowelt und der Sportwelt in den frühen 2000er Jahren wurde im November 2006 eingestellt.[25][26]

Kölmel gelang es mit seinem Bruder Rainer im Januar 2003 unter anderem durch einen Kredit der Sparkasse Leipzig,[27][28] die Filmbibliothek aus der Konkursmasse der insolventen Kinowelt AG zu einem Preis von 32 Millionen Euro für ihre neu gegründete Kinowelt GmbH mit Sitz in Leipzig, wo Michael Kölmel seit 2003 lebt, zu erwerben.[7] Der damalige Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee hatte sich für Kölmel stark gemacht, nachdem letzterer seit dem Jahr 2000 als Investor des Leipziger Zentralstadions engagiert war.[29] Kölmel kaufte insgesamt 18 Tochtergesellschaften der ehemaligen Kinowelt AG auf, darunter Kinowelt Filmverleih, Kinowelt Home Entertainment, Arthaus Filmvertrieb, sowie die 1999 übernommenen[30] Filmverlag der Autoren und Jugendfilm GmbH. Mit der Kinowelt GmbH, die 2003 bereits 44 Millionen Euro erwirtschaftete und 2004 80 Mitarbeiter beschäftigte, konnte Kölmel wieder Gewinne erzielen.[7][11] Anfang 2008 wurde die Kinowelt für von der Presse geschätzte 70 Millionen Euro[31] an das französische Filmunternehmen Studiocanal, ein Tochterunternehmen von Canal+, der seinerseits zum französischen Medienkonzern Vivendi gehört, verkauft.[32]

Im Jahr 2000 bekam Kölmel mit seiner EMKA Immobilien-Beteiligungs-GmbH den Zuschlag für Neubau und Betrieb des neuen Leipziger Zentralstadions.[33] Kölmel beteiligte sich mit 27 Millionen Euro an den Gesamtkosten in Höhe von 90 Millionen Euro. 2006 ermittelte die Staatsanwaltschaft Leipzig wegen des Verdachts der Veruntreuung von Subventionsgeldern bei dem Stadionumbau,[34] stellte die Ermittlungen allerdings 2007 ein. Trotz der Ausrichtung von fünf Spielen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gestaltete sich der Betrieb ohne Profifußball in Leipzig lange Zeit defizitär. Kölmel zog deshalb einen Verkauf in Betracht, der jedoch im April 2005 scheiterte.[35] Kölmel versuchte in der Folgezeit, finanzkräftige Investoren für ein Engagement bei einem der Leipziger Vereine zu gewinnen. Dieses Ziel konnte zunächst nicht erreicht werden, nachdem 2006 der Einstieg des österreichischen Getränkeherstellers Red Bull, den Michael Kölmel angeworben hatte, beim FC Sachsen Leipzig aufgrund von Fanprotesten und den Statuten des Deutschen Fußball-Bundes fehlschlug.[36] Im Sommer 2009 kam es dann schließlich zu einer Einigung zwischen dem SSV Markranstädt und Red Bull.[36] Die Fußballabteilung der Markranstädter wurde mit dem Ziel ausgegliedert, unter dem Namen RB Leipzig in den bezahlten Fußball aufzusteigen.[36] Der Umzug in das Zentralstadion erfolgte zum Beginn der Saison 2010/2011, wobei sich Red Bull gleichzeitig die Namensrechte sicherte und das Stadion in Red Bull Arena umbenannt wurde. Kölmel schied 2006 aus der ZSL-Betreibergesellschaft mbH, die u. a. die Arena Leipzig sowie die Red Bull Arena verwaltet, aus, wurde jedoch 2009 wieder als Geschäftsführer bestellt. Ende 2016 wurde in der Presse diskutiert, ob der RB Leipzig die Red-Bull-Arena, die der Verein von Kölmel mietet, verlässt und ein eigenes Stadion baut oder die Arena von Kölmel kauft und umbaut, weil der Platz nicht mehr ausreicht. Am 22. Dezember 2016 gab der RB Leipzig in einer Pressekonferenz bekannt, sich mit Kölmel über den Kauf des Stadions geeinigt zu haben und das Stadion ab 2018 um 14.000 Sitze erweitern zu wollen. In der Presse wurde ein Kaufpreis von 70 Millionen Euro genannt.[37]

2004 gründete Kölmel über seine MK Medien Beteiligungs GmbH zusammen mit seinem Schwager Achim Apell zu jeweils 50%igem Anteil den Bezahlfernsehsender Kinowelt TV. Dieser wurde 2014 von AMC Networks aufgekauft.

2006 wurde bekannt, dass die MK Medien Beteiligungs GmbH die Frankfurter Verlags-, Musik- und Buchhandelsfirma Zweitausendeins übernimmt. Die neuen Inhaber planten einen Ausbau sowie eine Umgestaltung des Unternehmens.[38][39] Zweitausendeins befindet sich bis heute im Besitz von Michael Kölmel.[40]

Kölmel ist mit seiner Ende 2012 mit einem Partner neu gegründeten Firma Weltkino nach fünfjähriger Pause seit 2013 wieder im Filmverleihgeschäft aktiv. 2018 umfasste das Weltkino-Angebot um die 120 Filme. Seit 2019 ist Kölmel Vorstandsmitglied der AG Verleih.[41]

Kölmel gehört überdies die 2007 in Leipzig gegründete Produktionsgesellschaft Filmaufbau Leipzig GmbH.

2019 erwarb er als Weißer Ritter eine Wohnimmobilie am Strausberger Platz.[42][43]

Filmografie (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Michael Kölmel im Munzinger-Archiv, abgerufen am 2. Juli 2009 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. a b Kinowelt in der Provinz Hiero Itzo, Februar 1986
  3. Michael Kölmel: So schenkte ich Union ein zweites Leben bz-berlin.de, 20. Januar 2016
  4. Die zwei Super-Cineasten vom Ammersee ammerseekurier.de, 21. Juli 2015
  5. Universität Leipzig: Team
  6. Blickpunkt Film: Kinowelt Medien AG mediabiz.de, abgerufen: 1. November 2016
  7. a b c d e MDR: Dr. Michael Kölmel im Porträt (Memento vom 18. Januar 2007 im Internet Archive), 2. Mai 2006.
  8. DVD Center: Background: Die Welt der Kinowelt (Memento des Originals vom 10. August 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dvd-center.de, 16. März 2000, abgerufen am 2. Juli 2009.
  9. Der erste Filmhändler geht an die Börse Kinowelt tagesspiegel.de, 4. Mai 1998
  10. Wohin mit den Knüllern? spiegel.de, 22. November 2011
  11. a b Kölmels Welt des Kinos und des Fußballs vor Gericht faz.net, 14. April 2004
  12. Einmal Irrsinn und zurück spiegel.de, 30. Mai 2005
  13. a b new business: Sportwelt zieht sich bei Fortuna Düsseldorf zurück, 6. November 2001, abgerufen am 2. Juli 2009.
  14. Der Riese soll wachgeküsst werden
  15. Sportwelt-Insolvenz: Forderungen erschrecken 14 Vereine faz.net, 26. November 2002
  16. Kurz vor Jahresende: Alemannia einigt sich mit Michael Kölmel aachener-zeitung.de, 27. Dezember 2013
  17. Alemannia: Streit mit Kölmel ist beendet aachener-zeitung.de , 19. August 2014
  18. Staatsanwalt: Kölmel verschwieg Risiken stern.de, 15. April 2004
  19. Manager im Justizvollzug wiwo.de, 26. November 2014
  20. 400.000 Euro Kaution: Kinowelt-Gründer frei n-tv.de, 30. Oktober 2002
  21. Bewährungsstrafe für Kinowelt-Chef Kölmel stern.de, 22. Juli 2004
  22. manager magazin: Kölmel-Urteil: "Kinowelt-Gründer ist kein Schwerverbrecher", 22. Juli 2004, abgerufen am 2. Juli 2009.
  23. Kölmels Comeback manager-magazin.de, 12. Dezember 2006
  24. Kinowelt-Kölmel schon wieder unter Anklage. kress.de, 7. Juli 2006
  25. Schon wieder Anklage gegen Kölmel (Memento vom 27. Oktober 2016 im Internet Archive) welt.de, 7. Juli 2006
  26. Ermittlungen gegen Filmhändler Kölmel eingestellt handelsblatt.com, 19. Februar 2007
  27. Sparkasse gibt grünes Licht: Kinowelt-Übernahme gesichert n-tv.de, 15. Dezember 2002
  28. Kölmel-Brüder zahlen Kaufpreis für Kinowelt welt.de, 22. Januar 2003
  29. MDM Infomagazin Trailer mdm-online.de, Seite 12, April 2003
  30. Kinowelt übernimmt nun auch den ältesten deutschen Filmverleih tagesspiegel.de, 20. Oktober 1999
  31. Französischer Sender kauft Kinowelt tagesspiegel.de, 17. Januar 2008
  32. AREA DVD: Studio Canal übernimmt Kinowelt (Memento des Originals vom 27. Oktober 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.areadvd.de, 17. Januar 2008, abgerufen am 2. Juli 2009.
  33. LEIPZIG Online: Dr. Michael Kölmel (Memento des Originals vom 20. Juni 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.leipzig-online.de, abgerufen am 2. Juli 2009.
  34. Zentralstadion: Verfahren gegen Kölmel eingestellt mopo.de, 19. Juli 2007
  35. Der Spiegel: Kölmel bleibt auf Zentralstadion sitzen, 25. April 2005, abgerufen am 2. Juli 2009.
  36. a b c Die Welt: "Red Bull ist eine riesige Chance für Leipzig", 13. Juni 2009, abgerufen am 2. Juli 2009.
  37. RB Leipzig kauft sich für 70 Millionen Euro die Red-Bull-Arena lvz.de, 22. Dezember 2016
  38. Der Tagesspiegel: „Zweitausendeins. Neuer Besitzer plant zehn weitere Läden“, 7. Dezember 2006, abgerufen am 2. Juli 2009.
  39. Wirtschaftswoche: „Kinowelt will DVD-Geschäft über Buchläden ausbauen“ (Memento des Originals vom 29. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wiwo.de, 25. August 2007, abgerufen am 2. Juli 2009.
  40. FAZ: Versandhandel: Zweitausendeins sieht die „schwarze Null“ (Memento des Originals vom 19. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.faz.net, 12. Februar 2008, abgerufen am 12. Juli 2009.
  41. AG Verleih. Abgerufen am 9. November 2019 (englisch).
  42. https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/10/berlin-friedrichshain-strausberger-platz-mieter-finden-investor-mit-herz.html
  43. https://www.morgenpost.de/bezirke/friedrichshain-kreuzberg/article227332861/Mietergemeinschaft-am-Strausberger-Platz-gerettet.html