Michael Jackson and Bubbles

Michael Jackson and Bubbles ist eine Porzellanplastik (106,7 × 179,1 × 82,6 cm) des US-amerikanischen Künstlers Jeff Koons, die 1988 im Rahmen der Banality-Serie entstand.[1]

Beschreibung

Die lebensgroße Porzellanplastik stellt den US-amerikanischen Popstar Michael Jackson in zurückgelehnter Haltung auf einem Blumenbett sitzend dar. Auf seinem Schoß ruht, von Jackson mit dem rechten Arm umfasst, sein Schimpanse Bubbles, der ein weißes Tuch umklammert. Der Sänger und sein Haustier sind zu einer optischen Einheit verschmolzen. Dieser Eindruck ergibt sich aus der Ähnlichkeit ihrer Kleidung im Military-Look, der einheitlichen Fassung der Figuren in Gold, Schwarz und Rot, sowie aus der optischen Parallelisierung einzelner Körperteile, wie etwa von Jacksons rechter Hand mit Bubbles rechtem Fuß. Die Plastik ist in einer Dreieckskomposition gehalten und durch die Körperhaltung und Blickrichtung der Bildfiguren auf Mehransichtigkeit angelegt.

Hintergrund

Zum Entstehungszeitpunkt der Skulptur war Michael Jackson bereits ein Superstar von internationalem Ruhm und befand sich, kurz nach der Veröffentlichung des Albums Bad, auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Koons Werk kann als Kommentar auf das öffentliche und mediale Interesse gelesen werden, das sich nicht nur auf Jacksons Musikerdasein, sondern auch verstärkt auf seinem Privatleben richtete. Zur Entstehungszeit der Skulptur wurden in den Medien Mutmaßungen über Jacksons Schönheitsoperationen und Hautaufhellung angestellt, die ein Versuch gewesen sein könnten, sich eine größere nicht afro-amerikanische Fangemeinde zu erschließen. Koons ließ die Skulptur von italienischen Fachkräften aus weißem Porzellan anfertigen. Die Wahl des Ausführungsmaterials könnte ein ironischer Kommentar von Koons auf diese Spekulationen gewesen sein. Gleichzeitig wird die Künstlichkeit von Jacksons Äußerem durch die extreme Unnatürlichkeit der Farbgebung verstärkt.[2]

Bubbles war Jacksons tierischer Begleiter. Bob Dunn, ein Tiertrainer aus Hollywood, hat diesen für Jackson aus einem medizinischen Versuchslabor in Texas erworben.[3] In den Medien wurde er zu Jacksons treuestem und bestem Freund verklärt, der ihn auf Tournee begleitet und ihn bei der Hausarbeit unterstützt haben soll. Als Vorlage für die Skulptur diente Koons eine Pressefotografie, die beinahe identisch ist mit der plastischen Ausführung. Lediglich die Körperhaltung des King of Pop wurde leicht abgewandelt und den Anforderungen des dreidimensionalen Mediums angepasst – Koons änderte die Kopfstellung Jacksons so, dass die zwei Figuren unterschiedliche Blickachsen aufweisen. Dadurch wurde die Mehransichtigkeit der Skulptur verstärkt.

Michael Jackson and Bubbles wurde am 15. Mai 2001 bei einer Auktion von Sotheby’s New York für 5,6 Mio.$ versteigert und erzielte damit einen neuen Rekordpreis für eine Arbeit von Jeff Koons.[4] Sie ist heute im Besitz der Broad Art Foundation des Unternehmers und Kunstsammlers Eli Broad. Es existieren zwei weitere Ausführungen in Athen und im San Francisco Museum of Modern Art.[5]

Interpretation

Jeff Koons macht es sich zum dezidierten Ziel, mit seiner Kunst ein größtmögliches Publikum zu erreichen. Dazu lässt er sich von den Unterhaltungsmedien, der Popkultur und der christlichen Kunst inspirieren. Die Darstellung einer medienwirksamen Figur wie Michael Jackson hilft ihm bei der Verwirklichung dieses Zieles.[2] In den 1980ern, die von einer neuen Konsum- und Medienkultur geprägt waren, wurde Jackson durch seine Charterfolge zur Popikone. Diese massenwirksame Ikonenhaftigkeit wird von Koons überinszeniert, indem er Michael Jackson and Bubbles in Anlehnung an christliche Ikonen schuf. Koons selbst äußerte in Bezug auf die Skulptur: “I wanted to create him in a very god-like icon manner. But I always liked the radicality of Michael Jackson; that he would do absolutely anything that was necessary to be able to communicate with people. (Deutsch: "Ich wollte ihn in einer gottähnlichen Ikonenhaftigkeit erschaffen. Zugegeben mochte ich immer die Radikalität von Michael Jackson; dass er absolut alles unternahm, das nötig war, um mit den Menschen zu kommunizieren.")” (Jeff Koons)[2] Nach Angaben des Künstlers diente Michelangelos Pietà als Inspirationsquelle für die Dreieckskomposition.[6] Gleichzeitig erinnert das Werk durch seine Ausführung in Porzellan und Blattgold an massenproduzierte katholische Heiligenfiguren und erfährt dadurch die für Koons so typische Verkitschung, die seine Arbeiten für ein breites Publikum und den Kunstmarkt attraktiv macht. Laut Koons solle Jackson so zu einer neuen heilbringenden Figur werden, die dem Betrachter ermögliche, seine kulturelle Mythologie zu erfassen.[7]

Michael Jackson and Bubbles wurde als ein Sinnbild des menschlichen, uneinholbaren Begehrens nach Selbstfindung gelesen.[8] Jackson hing öffentlich seinen infantilen Wünschen nach und trug seine optische Neuerfindung in zahlreichen schönheitschirurgischen Eingriffen aus. Koons ist nach eigenen Angaben davon fasziniert, wie Jackson bei seiner Selbsttransformation Bilder, wie z. B. von sich und Bubbles, gegeneinander ausspielte; gleichzeitig fasst er Michael Jackson hierbei als eine tragische Figur auf.[9] Durch den assimilierten Affen in Jacksons Arm, welcher in der Bildenden Kunst traditionsgemäß als Spiegelbild des Menschen fungiert, wird dieser Aspekt der Selbstsuche und -findung verstärkt. Die materialästhetisch erwirkte Artifizialität und die heiligenähnliche Entrücktheit der Bildfiguren betonen zugleich die Unnatürlichkeit als das tragisch-missglückte Resultat dieser Suche.

Rezeption in der Kunst

Der US-amerikanische Künstler Paul McCarthy schuf mehrere Skulpturen in Anklang an Koons‘ Arbeit, wie etwa die Skulptur Michael Jackson and Bubbles (Gold), die von 1997 bis 1999 entstand und sich in der Friedrich Christian Flick Collection befindet,[10] oder Michael Jackson Fucked Up (Big Head)[11] von 2002.

Ausstellungen

Im Jahr 2012 erregte das Ausstellungskonzept im Frankfurter Liebieghaus Aufsehen, als Michael Jackson and Bubbles im ästhetisch-ironischen Dialog mit ägyptischen Mumien ausgestellt wurde.[12][13]

Literatur

  • Raphaël Bouvier: Jeff Koons – Der Künstler als Täufer. München 2012.
  • Vinzenz Brinkmann: Jeff Koons – The Sculptor. Ausst. Kat. zu „Jeff Koons, the Painter & the Sculptor“, Liebieghaus Skulpturensammlung, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 20. Juni – 23. September 2012, Ostfildern 2012.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Jackson and Bubbles auf der Webseite von Jeff Koons. Abgerufen am 16. Mai 2019.
  2. a b c Michael Jackson and Bubbles – Interaktives Feature vom Oktober 2000 (Memento vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive). Website des San Francisco Museum of Modern Art. Abgerufen am 18. Januar 2020.
  3. The Chimp of Pop. In: DRadio Wissen. (dradiowissen.de [abgerufen am 8. März 2017]).
  4. Jackson sculpture breaks record. BBC News, 16. Mai 2001; abgerufen am 30. März 2013.
  5. Sotheby’s New York to offer Jeff Koons’ "Michael Jackson and Bubbles" for the first time at auction. Mitteilung von Sotheby’s New York vom 3. April 2001. Abgerufen am 19. Januar 2020.
  6. Jeff Koons, Michel Houellebecq: Jeff Koons by Michel Houellebecq, Versaille, 18 June 2008. In: Jeff Koons Versaille, S. 15–21, hier S. 17.
  7. Jeff Koons, Michel Houellebecq: Jeff Koons by Michel Houellebecq, Versaille, 18 June 2008. In: Jeff Koons Versaille, S. 16; sowie Jeff Koons, Cheryl Kaplan: „Koons & McCartney“. In: Monopol. Magazin für Kunst und Leben, Nr. 3, Juni/Juli 2006, S. 80–87, hier S. 83.
  8. Raphaël Bouvier: Jeff Koons – Der Künstler als Täufer. München 2012, S. 146 f.
  9. Jeff Koons, Michel Houellebecq: Jeff Koons by Michel Houellebecq, Versaille, 18 June 2008. In: Jeff Koons Versaille, S. 15–21, hier S. 16.
  10. Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof. In: Staatliche Museen zu Berlin, 2004. Abgerufen am 18. Januar 2020.
  11. Website von Christie’s, abgerufen am 31. März 2013.
  12. Website der Ausstellung in Schirn und Liebieghaus vom 20. Juni – 23. September 2012 (Memento vom 29. März 2016 im Internet Archive), abgerufen am 18. Januar 2020
  13. Prall, priapisch, phallisch. In: Frankfurter Rundschau vom 20. Juni 2012;. Abgerufen am 18. Januar 2020.