Medinger Osterorationale

Medinger Osterorationale, Doppelseite mit Illustrationen. Der Text besteht aus Passagen des Exsultet (mit blauen Initialen)[1] und eingeschobenen Gebeten in der Ich-Form (mit roten Initialen). Die Illustrationen zeigen den Auszug Israels aus Ägypten und den Durchzug durch das Rote Meer (Mose traditionsgemäß gehörnt).

Das Medinger Osterorationale ist ein spätmittelalterliches klösterliches Andachtsbuch für die Osterzeit. Die Handschrift entstand um 1470 im Zisterzienserinnenkloster Medingen im heutigen Niedersachsen und befindet sich in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.

Inhalt

Die kleinformatige Handschrift umfasst 335 doppelseitig beschriebene hochformatige Pergamentblätter mit einer Größe von 14,5 zu 9,5–9,9 cm. Gebunden ist sie in einen Holzdeckeleinband mit braunem Lederbezug. Die Schrift enthält Gebete und Meditationen, deren Texte meist 17-zeilig in einer regelmäßigen Bastarda geschrieben sind. Sie sind überwiegend in Latein mit längeren niederdeutschen Passagen gehalten. Die Lombarden weisen meist die Farben rot und blau auf. Die 38 farbigen Illustrationen sind kunstvoll und aufwendig gestaltet und zeigen allegorische biblische Szenen mit David, Salomo, musizierende Engel am Grabe Jesu, Moses, Ambrosius, Leo, Gregor, Maria mit Johannes der Täufer, Jacobus Minor, Petrus, Hieronymus und dem ungläubigen Thomas.[2] Teilweise mit Gold verziert, verbinden sie biblische Motive mit der Frömmigkeit der Nonnen. Zum Teil bildeten sich die Nonnen in den Bildern selbst ab und es sind auf den Abbildungen besondere Kleidungsstücke zu erkennen. Die Handschrift zeichnet sich durch ihre Gestaltung mit einzigartigen ikonografischen Merkmalen aus. Da die Texte die Osterfestlichkeiten behandeln, wird die Schrift als Osterorationale bezeichnet.[3]

Geschichte

Im 16. Jahrhundert bekam die Handschrift eine Neubindung in Lüneburg. Auch nach der Reformation war sie noch in Gebrauch, was spätere Überarbeitungen belegen. Seit etwa 1668 war das Medinger Osterorationale in Lüneburger Privatbesitz.[4] 2021 gelangte es in den Handel und wurde bei einer Auktion mit einem Mindestgebot von 4000 Euro zum Kauf angeboten.[2] 2024 erwarb es die Herzog August Bibliothek von einem Antiquar für 130.000 Euro. Der Ankauf wurde von der Kulturstiftung der Länder, der Klosterkammer Hannover und dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert.[5] Die Bibliothek machte das Werk der Forschung und Öffentlichkeit als Digitalisat im Internet zugänglich.

Die Schrift ist Teil der umfangreichen Reihe von persönlichen Gebetbüchern im Kloster Medingen vor der Reformation, die Nonnen eigenhändig geschrieben und ausgemalt haben. Heute sind etwa 50 weitere Handschriften bekannt.

Commons: Medinger Osterorationale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hier auf der zweiten Seite wiedergegeben. Die Befreiung aus Ägypten als Festgegenstand des Pascha und Typos von Ostern wird im vorhergehenden Abschnitt (im Manuskript auf der Seite davor) thematisiert.
  2. a b Wertvolle Bücher Manuskripte Autographen Graphik. Auktion 150, 2. November 2021, Hartung & Hartung, München, S. 11
  3. Mittelalterliches Wissen aus dem Kloster Medingen bei Klosterkammer Hannover vom 16. Dezember 2024
  4. Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel erwirbt wertvolle Handschrift aus dem Medinger Frauenkloster bei Kulturstiftung der Länder vom 11. Dezember 2024
  5. Für 130.000 Euro: Bibliothek kauft mittelalterliche Handschrift bei ndr.de vom 4. Dezember 2024

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Medinger Osterorationale - Exsultet.jpg
Medinger Osterorationale, Buchseiten mit Illustration. Der Text besteht aus Passagen des Exsultet (mit blauen Initialen) und eingeschobenen Gebeten in der Ich-Form (mit roten Initialen). Die Illustration zeigt den Auszug aus Ägypten und den Durchzug durch das Rote Meer (Mose traditionsgemäß gehörnt).