Maria Forescu

Maria Forescu auf einer Fotografie von Wilhelm Willinger

Maria Forescu (* 15. Jänner 1875 als Maria Füllenbaum in Czernowitz, Österreich-Ungarn; † 28. Oktober 1947 in Berlin) war eine deutschsprachige Operettensängerin und Filmschauspielerin.

Leben und Wirken

Schallplatte von Maria Forescu (Berlin 1912)

Herkunft und Ausbildung

Maria Füllenbaum stammte aus einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Czernowitz. Nachdem ihr Vater, der Arzt Abraham Arthur Füllenbaum, verstorben war, übersiedelte sie noch als Kind mit ihrer Mutter Freude Serel „Fanny“ Füllenbaum, geb. Sobel, nach Prag, wo sie das deutsche Mädchenlyzeum besuchte. Anschließend studierte sie am Prager Konservatorium Gesang, Musik und Schauspiel, u. a. bei Mathilde Mallinger.

Operettenkarriere

Nach ihrer Ausbildung debütierte Maria Forescu als Operettensängerin und trat bald am renommierten Wiener Carltheater auf. Danach gastierte sie an Bühnen in ganz Europa, wie in St. Petersburg, Amsterdam, Hamburg und München. Um 1905 zog sie nach Berlin, wo sie am Theater des Westens, am Operettentheater und am Metropoltheater auftrat. Sie hinterließ einige wenige Aufnahmen aus Operetten für Beka und Parlophon.

Filmkarriere

Nachdem sie 1911 erstmals auch in einem Film mitgewirkt hatte, gab sie während des Ersten Weltkriegs den Gesang zugunsten ihrer Filmkarriere ganz auf. Zu den bekanntesten Filmen, in denen Maria Forescu – meist als Nebendarstellerin – mitgewirkt hat, zählen Veritas vincit (Joe May, 1918), Peer Gynt (Richard Oswald, 1919), Das indische Grabmal 2. Teil: Der Tiger von Eschnapur (Joe May, 1921), Marizza, genannt die Schmugglermadonna (Friedrich Wilhelm Murnau, 1922), Hanneles Himmelfahrt (Urban Gad, 1922), Nju (Paul Czinner, 1924), Die freudlose Gasse (Georg Wilhelm Pabst, 1925) und Der Zigeunerbaron (Friedrich Zelnik, 1927).

Ihr Typus war vorzugsweise der der leichtgeschürzten Zigeunerin. An der Wende zum Tonfilm trat sie mehrfach in Filmen ihres Freundes Harry Piel auf (z. B. Sein bester Freund, Bobby geht los, Schatten der Unterwelt). Die letzten bekannteren Filme, in denen Maria Forescu auftrat, waren Gerhard Lamprechts Zwischen Nacht und Morgen und Hans Behrendts Danton (beide 1931).

Letzte Jahre

Nach dem Regierungsantritt der NSDAP erhielt Maria Forescu aufgrund ihrer jüdischen Herkunft trotz Fürsprache von Carl Auen Berufsverbot. Eine Zeit lang konnte die nunmehr geächtete Künstlerin noch bei Theateraufführungen des Jüdischen Kulturbunds mitwirken. Ihre geplante Emigration nach England, für die sie bereits ein Visum erhalten hatte, wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vereitelt. Zur Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik verpflichtet, sollte sie am 15. August 1942 mit dem 18. Osttransport (laufende Nummer 469) in das Ghetto von Riga deportiert werden, allerdings wurde sie nach Intervention ihres Arbeitgebers von der Deportationsliste wieder gestrichen. Als ihr Anfang 1943 im Rahmen der sogenannten „Fabrikaktion“ erneut die Deportation drohte, wurde sie von ihrem Werkmeister rechtzeitig vorgewarnt, um untertauchen zu können. Sie fand Unterschlupf bei Lotte Ellon und Lieselotte Borris, die sie zunächst in der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain und dann in Berlin-Müggelheim versteckt hielten. Nach Kriegsende arbeitete Maria Forescu noch eine Zeit lang als Wirtschafterin, ehe sie an Krebs erkrankte und 1947 im Alter von 72 Jahren im St.-Antonius-Krankenhaus in Berlin-Friedrichshagen starb.[1]

Filmografie

Literatur

  • Victor Neuenberg (Hrsg.): Film-Magazin. Reinhold Kühn, Berlin 1920, DNB 019365020, S. 30.
  • Hans Richter (Hrsg.): Filmstern. Richters Handbuch der Schauspieler, Regisseure und Schriftsteller des Films (= Kinojahrbuch. Band 4). Hans Hermann Richter Verlag, Berlin-Wilmersdorf 1921/1922, ZDB-ID 1342234-0, S. 26.
  • Kurt Mühsam, Egon Jacobsohn: Wie ich zum Film kam. Lexikon des Films. Verlag der Lichtbildbühne, Berlin 1926, DNB 575568186, S. 56.
  • Hans Böhm (Hrsg.): Unsere Flimmerköpfe. Ein Bilderwerk vom deutschen Film. Band 1. Theater und Film Verlagsgesellschaft Böhm & Co., Berlin 1928, DNB 017010039, S. 278.
  • Hans Böhm (Hrsg.): Unsere Flimmerköpfe. Ein Bilderwerk vom deutschen Film. Band 2. Theater und Film Verlagsgesellschaft Böhm & Co., Berlin 1929, DNB 017010039, S. 355.
  • Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler. Wir über uns selbst. Sibyllen-Verlag, Berlin 1928, DNB 579810887 (online).
  • Leopold Freund (Hrsg.): FF-Tonfilm-Führer. Verlag FF-Filmführer, Berlin 1931, DNB 015218309, S. 321.
  • Martin Koerber: Maria Forescu, Telefon Neukölln 1329. Eine Spurensuche. In: Dorothea Stanić (Red.): Nahaufnahme Neukölln. Kinos, Kameras, Kopierwerk. Argon-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-87024-153-5, S. 79–82.
  • Rainer Lotz, Axel Weggen und Christian Zwarg: Discographie der deutschen Gesangsaufnahmen. Band 3, Lotz-Verlag, Bonn 2001, ISBN 3-9805808-6-5.
  • Ulrich Liebe: Verehrt, verfolgt, vergessen. Schauspieler als Naziopfer (= Beltz-Taschenbuch. Bd. 168). Mit Audio-CD. Beltz, Weinheim 2005, ISBN 3-407-22168-1, S. 228–229.
  • Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 120 ff.
  • Martin Koerber: Maria Forescu – Schauspielerin. In: Hans-Michael Bock (Hrsg.): CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Lieferung 63, Avinus-Verlag, Hamburg 2024, ISBN 978-3-86938-180-0.

Einzelnachweise

  1. Landesarchiv Berlin, Sterbebuch Standesamt Köpenick von Berlin, Nr. 2311/1947 (online bei Ancestry, kostenpflichtig).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Maria Forescu K.1401.jpg
Actress and operetta singer Maria Forescu (1875–1947)
Forescu, Maria.jpg
Autor/Urheber: Zylberglajs, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Schallplatte von Maria Forescu