Marcus Staiger

Marcus Staiger (2013)

Marcus Staiger (* 26. September 1971 in Leonberg) ist ein deutscher Journalist, Buchautor und ehemaliger Labelbetreiber. Er gilt als einer der Wegbereiter des Berliner Rap.[1]

Ausbildung und erste journalistische Schritte und sonstige Beschäftigung

Staiger wurde als Sohn eines Gipsers und einer Sekretärin geboren. Er legte 1991 das Abitur in Kornwestheim am städtischen Ernst-Sigle-Gymnasium ab. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Fabrikarbeiter bei Sika Chemie und der Daimler-Benz AG siedelte er im November 1992 nach Berlin über und arbeitete dort unter anderem als Koch. 1993 begann er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und der Philosophie, das er im Jahr 2000 ohne Abschluss abbrach. Während der ersten Studienjahre begann er seine journalistische Tätigkeit bei den Hip-Hop-Magazinen Mik’s News und MK Zwo. Es folgten Artikel für die Magazine Juice, Style und andere Publikationen. Gleichzeitig arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Sender Radio Eins und Radio Fritz. Staiger arbeitete neben seiner Tätigkeit als Koch auch als Kellner und bei der Post sowie als Leiharbeiter und als Berliner Stadtführer. Seit einigen Jahren ist Staiger als Industriekletterer beschäftigt und trainiert Brazilian Jiu-Jitsu.[2][3]

Royal Bunker

1997 begann Staiger, in dem Musik Café Royal Bunker Berlin regelmäßig sonntags Freestyle- und Battlerap-Veranstaltungen zu organisieren. Die Treffen gelten heute als Keimzelle des modernen Berliner Raps.[4] Regelmäßig traten dort Sido, Kool Savas, die Atzen, B-Tight und andere heutige Größen der deutschen Rap-Szene auf. Noch im selben Jahr gründeten Staiger, Kool Savas, Mk1 und andere das Label Mikrokosmos. Nach inhaltlichen Differenzen trennten sich Staiger und die meisten Künstler 1999 von Mikrokosmos und Mk1. Daraufhin gründete Marcus Staiger ein neues Label und benannte es nach dem inzwischen geschlossenen Café Royal Bunker. Künstler wie Kool Savas, Sido, Eko Fresh, Kay One und Prinz Pi verhalfen dem Label in der Anfangszeit zu einem hohen Bekanntheitsgrad. Obwohl es noch 2007 gelang, mit der Formation K.I.Z in die Top Ten der Album-Charts einzusteigen, verkündete Marcus Staiger Ende desselben Jahres das baldige Aus von Royal Bunker als Label.[5] 2008 schloss es offiziell seine Pforten. Als letztes Album veröffentlichte Royal Bunker Sexismus gegen Rechts. Nach seiner eigenen Aussage hatte zu diesem Zeitpunkt niemand mehr Top-Ten-Acts im Hip-Hop-Bereich entdeckt als er.[6]

rap.de

Seit April 2008 war Marcus Staiger Chefredakteur der Internetseite rap.de.[7] Wegen seines provokanten Interviewstils und der teils ironisch gehaltenen Kritiken wird er häufig von den betroffenen Rappern kritisiert. Er sah sich deshalb immer wieder sowohl verbalen[8] als auch körperlichen[9] Attacken ausgesetzt. In einem Interview mit Falk Schacht bei Mixery Raw Deluxe verteidigte er seinen Schreibstil mit der journalistischen Sorgfaltspflicht. Durch das Internet falle der Filter zwischen Plattenfirmen und Konsumenten weg und müsse durch den Journalismus ersetzt werden. Daher müssten auch klarere Aussagen getroffen werden.[10]

In der Mixery-Raw-Deluxe-Sendung vom 18. Juli 2011 gab Marcus Staiger bekannt, zum 1. August 2011 von Oliver Marquart als Chefredakteur bei rap.de abgelöst zu werden.[11]

Freier Journalist

Seit 2011 ist Marcus Staiger als freier Journalist u. a. für die Berliner Zeitung, Juice, junge Welt[12], Melodie und Rhythmus[13], Spex, Vice[14] und Zeit Online tätig.[15]

Politisches Engagement

Staiger engagierte sich auf antifaschistischen Demonstrationen und beim Protest von Flüchtlingen in Berlin.[2] Er war Mitglied der Organisation Radikale Linke Berlin.[16] Marcus Staigers Publikationen und Positionen zum Themenkomplex Israel, Palästina und Antisemitismus, der insbesondere rund um den Rapper Kollegah für die Deutschrapszene relevant wurde, sind umstritten.[17][18][19][20] Er engagierte sich für den erfolgreichen Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co. enteignen in der gleichnamigen Initiative.[21]

Sonstiges

Der Rapper Kool Savas warf Staiger im September 2014 vor, ihn in einem Interview mit der WOZ einen „Pantoffelhelden“ genannt zu haben. Die Zeitung äußerte sich auf ein Anwaltsschreiben hin, dass diese Bezeichnung in ihrem Artikel nicht vorkomme, schwärzte allerdings zwei Sätze im Interview.[2]

Marcus Staiger ist Protagonist der 2015 veröffentlichten Mockumentary Blacktape von Sékou Neblett.

Von 2017 bis Juli 2020 moderierte Staiger bei Flux FM gemeinsam mit dem Rapper Mauli die wöchentliche Radiosendung Die wundersame Rapwoche. Ab August 2020 wurde sie in Eigenregie als Podcast betrieben. Im Mai 2022 wurde die letzte Sendung veröffentlicht (Episode 282).

Seit 2018 betreibt er als Teil eines Medien-Kollektives den Youtube-Channel Kommon, der sich vorrangig mit politischen Themen befasst.

Literatur

  • Bushido mit Marcus Staiger: Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. Riva, München 2013, ISBN 978-3-86883-243-3.
  • Mit Mohamed Ahmad Chahrour: Dakhil. Inside Arabische Clans. GHØST B.M. Verlag, Wien 2022, ISBN 978-3-950524406.
  • Die Hoffnung ist ein Hundesohn. MFM Entertainment, 2014, ISBN 978-3-9814515-7-3.[22][23]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nur wer gefickt wird ist schwul. (Memento desOriginals vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stern.de stern.de, 29. August 2008; Die waren alle zu weich. Die Zeit, 21. Oktober 2008.
  2. a b c «Guck mal, der aus dem neuen Bushido-Video» woz.ch vom 21. August 2014
  3. Gareth Joswig: Ein Original vom Kotti: „Ich kenne das auch vom Kampfsport“. In: Die Tageszeitung: taz. 15. November 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 7. Oktober 2022]).
  4. Schmeisst den Battle nicht hin!, Spiegel Online, 13. Mai 2005.
  5. zeit auf wiedersehen zu sagen. Royal Bunker Newsletter, Dezember 2007.
  6. Marcus Staiger: Niemand hat mehr Top Ten Acts entdeckt (Memento vom 23. Februar 2014 im Internet Archive) rap.de. 29. Januar 2008.
  7. Staiger wird rap.de Chefredakteur (Memento vom 12. März 2012 im Internet Archive) rap.de vom 28. März 2008
  8. Manuellsen will Staiger aufs Maul geben. MTV News, 13. März 2009.
  9. Der war richtig sauer. Süddeutsche Zeitung, 30. September 2010; Blokkmonsta haut rap.de Chef um. laut.de, 22. Oktober 2010.
  10. Interview mit Staiger. Mixery Raw Deluxe, Sendung vom 29. November 2010.
  11. Splash Trashwalk mit Staiger, Falk und Sido. Mixery Raw Deluxe, Sendung vom 18. Juli 2011.
  12. Dreh den Jutebeutel. 22. September 2014, abgerufen am 22. September 2021.
  13. Deutscher Rap: bewusstloser Klassenkampf ohne Kampf. In: melodieundrhythmus.com. Abgerufen am 22. September 2021.
  14. Profil Marcus Staiger. In: vice.com. Abgerufen am 22. September 2021.
  15. White Rabbit Club. Abgerufen am 22. September 2021 (deutsch).
  16. Von wegen Fremdkörper Junge Welt 23. Mai 2016 Text Copie
  17. Brief an Marcus Staiger: Du bist kein Vorbild mehr, von Martin Niewendick, Ruhrbarone 16. Juli 2014
  18. Zu Besuch beim Berliner Rap-Paten «Guck mal, der aus dem neuen Bushido-Video», WOZ Die Wochenzeitung 21. August 2014
  19. Kommentar Der Anpacker im Westjordanland—Staiger über Kollegahs Palästina-Reise von Marcus Staiger, Vice (Magazin) 30. November 2016
  20. Neuer Antisemitismus (5/6) Rap – ein Zerrbild der Gesellschaft? Von Marcus Staiger, Deutschlandfunk 14. Juli 2019
  21. Alexander Fröhlich/Pascal Bartosz: „Von Feinden umzingelt“: Warum ein prominenter Aktivist „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ verlässt. In: Tagesspiegel. 6. Oktober 2021, abgerufen am 8. Januar 2024.
  22. Markus Staiger über Rap und Politik. ruhrbarone.de, 12. März 2014.
  23. Stefan Mönke: Sarrazin, Gelaber und Sex. Der Freitag, 3. April 2014, abgerufen am 4. Oktober 2015.

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Screenshot aus einem Interview mit Marcus Staiger