Linkrusta

Lincrusta-Tapete in einer Jugendstil-Apotheke in Stuttgart (floraler Dekor, Original von 1901)

Linkrusta oder Lincrusta ist ein Kunstwort aus den beiden lateinischen Wortbestandteilen linumLeinen‘ und crusta ‚harte Schale‘. Es ist ein linoleumähnliches Material, aus dem vor allem Wandverkleidungen hergestellt werden. Dieser stabile, druck- und schlagfeste Wandbelag wurde im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts von dem englischen Chemiker und Erfinder des Linoleums, Frederick Walton entwickelt.

Herstellung

Linkrusta wird aus oxidiertem Leinöl (Linoxin), Kolophonium, Kopalharz, Holzmehl sowie Farb- und Füllstoffen hergestellt. Linkrusta ist widerstandsfähig und sehr wasserbeständig. Als Träger für die Linkrusta-Masse können festes Papier sowie Gewebe aus Jute, Baumwolle und (seltener) Hanf dienen; mittlerweile kommt nur noch festes Papier zur Anwendung. Die Oberfläche kann mit Lacken oder Wandfarben bearbeitet werden, auch Blattvergoldungen sind möglich.

Frederick Walton verband die Leinölschicht in Lackdosen, die als formbare Masse auf der Oberfläche der Farben eingetrocknet war, mit Holzmehl, Kreide und Farbe. Die Masse wurde noch heiß mit Musterwalzen auf eine Papierbahn aufgebracht. Nach Trocknung und durch Sauerstoffverbindung und Abkühlung waren die Bahnen fertig zum Aufrollen.

Geschichte und Anwendung

Werbeanzeige für die „Lincrusta-Walten, Patent-Relief-Tapete“ von Frederick Walton und seiner Fabrik in Hannover
Original-Linkrustawandverkleidung aus der Schwebebahn Dresden

Der neuartige Wandbelag erwies sich schon bald nach seiner Markteinführung 1877 bei einer Reihe von Anwendungsgebieten als durchschlagender Erfolg – angefangen von königlichen Residenzen bis hin zur Ausstattung von Eisen- oder Schwebebahnwaggons. 1884 entstand die Fabrik Lincrusta-Walton in Hannover, die erste in Deutschland.

Linkrusta-Tapeten waren vor allem Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts beliebt, man findet sie etwa im Cafe Royal in London, in der New Yorker Carnegie Hall oder im Raffles Hotel in Singapur. Auch in vielen Bürgerhäusern hielt diese Art der Wandverkleidung Einzug, vornehmlich in Treppenaufgängen, aber auch in Salons oder Bibliothekszimmern. Das Material wird noch heute hergestellt, ist jedoch sehr teuer. Es wird vor allem bei der Restaurierung historischer Gebäude verwendet.

Weblinks

Commons: Lincrusta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Auf dieser Seite verwendete Medien

1896 Anzeige Lincrusta-Walton, Patent-Relief-Tapeten, Fabrik in Hannover.jpg
1886 aufgegebene Werbeanzeige mit Abbildung der Fabrik-Marke der Firma

„Frederick Walton
LINCRUSTA-WALTON
Hannover

und der - grammatikalisch nicht immer korrekten - Anpreisung

„Das beste, feinste u. dauerhafteste als Wandbekleidung.
Lincrusta-Walton, Patent-Relief-Tapeten
13 Preismedaillen, die höchsten Auszeichnungen auf allen Ausstellungen.
Waschbar und gesund.
Billiger wie Ledertapete.
Sockel und Panele von Lincrusta
als täuschende Holzimitation.
Vorräthig in allen größeren
Tapetenhandlungen.
Fredk. Walton
Fabrik in Hannover
Hauptbureau:
Ständehausstrasse No. 3.
Durch verbesserte Fabrikeinrich-
tungen im Preise ermässigt.
Broschüre und neue Preisliste auf Verlangen gratis und franco.“

Laut dem Adreßbuch / Stadt- und Geschäfts-Handbuch der Königlichen Residenzstadt Hannover und der Stadt Linden für das Folgejahr 1887 hatte die Patent-Relief-Fabrik Fred. Walton Lincrusta-Walton mit dem Inhaber Frederick Walton in "Middelsex in England", Prokurist: Fabrikdirektor Oskar Dietrich, Nikolaistraße 19, parterre, Eingang Karolinenstraße
WLM13 DD Lincrusta.jpg
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Orginal Lincrusta-Tapete aus der Schwebebahn in Loschwitz
Lincrusta 3.jpg
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Lincrusta-Tapete in einer Jugendstil-Apotheke (Herstellung 1901, Detailansicht)