Lebensmittelindustrie

Industrielle Milchverarbeitung

Lebensmittelindustrie bzw. Ernährungsindustrie ist ein der Landwirtschaft nachgelagerter Teilbereich der Lebensmittelwirtschaft, in dem ein wesentlicher Teil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für die menschliche Ernährung verarbeitet wird. Kleinere Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten pro Betrieb gehören in Deutschland traditionell zum lebensmittelherstellenden Gewerbe und werden daher nicht der Industrie zugerechnet.[1]

Historische Einordnung

Die industrielle Fertigung von Lebensmitteln hat sich in vielen Ländern aus den entsprechenden Zweigen des Ernährungshandwerks entwickelt. Noch heute unterscheidet man seltener nach Herstellungsverfahren als nach Mitarbeiteranzahl zwischen handwerklichen und industriellen Unternehmen. In der Lebensmittelwirtschaft erfasst die amtliche deutsche Statistik Betriebe des produzierenden Gewerbes ab einer Größe von 30 Beschäftigten. Die sich daraus ergebende Zahl an Betrieben wird in der Regel mit der Zahl der Industriebetriebe gleichgesetzt. Im Handwerk richtet sich die Zugehörigkeit üblicherweise nach der Zugehörigkeit zu Innungen, Kammern usw. und nicht nach der Betriebsgröße. In der Systematik der Handwerksorganisationen kann es also auch größere Handwerksbetriebe geben.

Neben der verfahrenstechnischen Weiterentwicklung der Produktion spielten in den letzten Jahrzehnten auch biotechnische Innovationen eine wesentliche Rolle (so zum Beispiel bei der Produktion von synthetischem Lab oder bei der Fermentierung pflanzlicher Proteine). Für die technischen Verfahren der Lebensmittelproduktion hat sich mit der Lebensmitteltechnologie innerhalb der Verfahrenstechnik eine eigene interdisziplinäre Hochschulausbildung und ein Forschungsbereich mit spezifischen Berufsperspektiven innerhalb eines der vier größten Industriesektoren entwickelt.

Struktur und Entwicklung der Lebensmittelindustrie

Lebensmittelindustrie in Deutschland

In Deutschland haben sich einige Unternehmen und Verbände der Lebensmittelindustrie in der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) organisiert. Nach Angaben dieses Verbandes sind in Deutschland rund 5.900 Unternehmen mit über einer halben Mio. Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie tätig. Der Umsatz betrug im Jahr 2016 rund 171 Mrd. (2015: 168 Mrd.) Euro, davon 33 (2015: 32,5) Prozent im Export.[2] Daneben sind zahlreiche Unternehmen und Verbände der Lebensmittelindustrie im Lebensmittelverband Deutschland organisiert, der die gesamte Wertschöpfungskette (Food-Value-Chain) vertritt.

Zu den Teilbranchen der Ernährungsindustrie gehören in absteigender Reihenfolge ihrer Umsatzanteile am Gesamtumsatz (in Deutschland):

Die deutsche Ernährungsbranche ist trotz der Präsenz zum Teil sehr großer internationaler Branchenunternehmen durch einen sehr hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen geprägt. Ihr gegenüber steht ein hoch konzentrierter Lebensmitteleinzelhandel als beherrschendes Glied der Food-Value-Chain, der inzwischen international agiert und im Bereich der Frische-Grundsortimente mit eigenen industriell arbeitenden Produktionsgesellschaften seinen Bedarf an Handelsware abdeckt. Beispielsweise weist der Edeka-Verbund für seine Regionalgesellschaften die eigene Produktion von Fleisch- und Wurstprodukten in zwölf Fleischwerken, von Frucht- und Gemüsesäften in drei Werken in Deutschland und Polen, sowie von frischen Backwaren in 14 Backbetrieben in Deutschland aus.[3] Ziel der Eigenproduktion sei die Erfüllung der Edeka-Qualitätskriterien und die Produktfrische (ebenda).

Die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) produziert in eigenen Produktionsgesellschaften den Bedarf für ihre 25 europäischen Handelsgesellschaften in den Sortimenten Getränke, Schokoladen, Trockenfrüchte, Backwaren, Eisspezialtäten und Röstkaffee als Eigenmarken.[4] Dem Bereich der Getränke ist auch die PET-Verpackung[5] und das PET-Recycling[6] angegliedert.

Lebensmittelindustrie in Österreich

In Österreich sind Unternehmen der Branche im Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie der Wirtschaftskammer Österreich organisiert.[7] Diese gibt rund 240 Betriebe an, die der Lebensmittelindustrie zuzurechnen sind. Etwa 28.000 Beschäftigte erwirtschaften einen Umsatz von etwa 6,4 Milliarden Euro. Die Exportquote liegt bei 59 Prozent. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland.

Lebensmittelindustrie in der Schweiz

In der Schweiz haben sich die Unternehmen der Lebensmittelindustrie in der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) organisiert. Die Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz besteht aus etwa 200 Unternehmen, die in 250 Produktionsbetrieben etwa 33.000 Menschen beschäftigen. Der Gesamtumsatz von 13 Milliarden Schweizer Franken (ca. 13,7 Milliarden Euro[8]) teilt sich auf in 2 Milliarden Franken Exporte und 11 Milliarden Inlandverkäufe.

Europäische Lebensmittelindustrie

Auf europäischer Ebene wird die Lebensmittelindustrie u. a. durch den Europäischen Verband der Lebensmittelindustrie FoodDrinkEurope in Brüssel vertreten.[9]

Fachmedien

Speziell über die Lebensmittelindustrie berichten einige Fachmedien:

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Lebensmittelindustrie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. information.medien.agrar e. V.: Agrarlexikon (Ernährungswirtschaft), Bonn. o. J.
  2. BVE (4. August 2017): http://www.bve-online.de/presse/infothek/publikationen-jahresbericht/jahresbericht-2017
  3. Edeka Eigenmarken und Produktion (2022): https://verbund.edeka/unternehmen/eigenmarken-produktion/produktion/
  4. Schwarz-Produktion für Lidl- und Kaufland-Eigenmarken: https://schwarz-produktion.com/
  5. MEG Preforms: https://www.meg-gruppe.com/produkte/preforms/
  6. MEG Recyclat: https://www.meg-gruppe.com/produkte/recyclat/
  7. Wirtschaftskammer Österreich: Die Lebensmittelindustrie.
  8. Wechselkurs vom 14. Februar 2024
  9. Webseite der FoodDrinkEurope, aufgerufen am 18. September 2013.

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Emmi Mittelland Molkerei in Suhr, 2008 (01).jpg
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Produktionseinrichtungen, hier für die industrielle Milchverarbeitung in der Emmi Mittelland Molkerei AG in Suhr AG, Schweiz.