Lebendgeburt

Unter Lebendgeburt versteht man beim Menschen die Geburt eines lebenden Neugeborenen. Stirbt das Kind kurz vor oder während der Geburt, spricht man von einer Totgeburt.

Definition in Deutschland

In Deutschland ist die Lebendgeburt in § 31 Abs. 1 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes wie folgt geregelt:

„Eine Lebendgeburt, für die die allgemeinen Bestimmungen über die Anzeige und die Eintragung von Geburten gelten, liegt vor, wenn bei einem Kinde nach der Scheidung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat.“

Im Gegensatz dazu spricht man von einer Totgeburt, wenn keines dieser Merkmale zutrifft, und von einer Fehlgeburt, wenn zusätzlich das Gewicht weniger als 500 Gramm beträgt.

Definition in anderen Ländern

In Österreich wird Lebendgeburt in § 8 des Bundesgesetzes über den Hebammenberuf definiert:[1]

„Lebendgeburt: als lebendgeboren gilt unabhängig von der Schwangerschaftsdauer eine Leibesfrucht dann, wenn nach dem vollständigen Austritt aus dem Mutterleib entweder die Atmung eingesetzt hat oder irgendein anderes Lebenszeichen erkennbar ist, wie Herzschlag, Pulsation der Nabelschnur oder deutliche Bewegung willkürlicher Muskeln, gleichgültig, ob die Nabelschnur durchgeschnitten ist oder nicht oder ob die Plazenta ausgestoßen ist oder nicht.“

Dies entspricht der Definition der WHO, die diese zur ICD-10 vorschlägt,[2] welche aber auch schon vor ICD-10 verwendet wurde.

In leicht abgewandelter Form wird diese auch in den USA in § 8 des Chapter 1 des United States Code (U.S.C.) verwendet.[3]

Auswirkungen unterschiedlicher Definitionen

Natürlich haben die unterschiedlichen Regelungen keine Auswirkung auf die Lebensfähigkeiten des Kindes.

Allerdings führt die unterschiedliche Klassifikation zu zum Teil gravierenden Unterschieden bei Aussagen zum Beispiel zur Säuglingssterblichkeit und Kindersterblichkeit. Durch die Eingrenzung des Begriffes Lebendgeburt, beispielsweise mit der Bedingung, dass mehrere der genannten Eigenschaften vorhanden sind, selektiert man insbesondere Neugeborene aus, welche ein hohes Sterblichkeitsrisiko haben. Diese tauchen dann nicht mehr in der Statistik auf und führen so zur niedrigeren Darstellung der Sterblichkeit. Aufgetreten ist dies unter anderem bei Vergleichen der Säuglingssterblichkeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, da in der DDR mindestens zwei der Merkmale erfüllt sein mussten.[4]

Lebendgeburten in der EU 2014

Das Statistische Amt der Europäischen Union bietet qualitativ hochwertige Statistiken über die Geburtenziffern in Europa an. Jedes Jahr wird die Zahl der Lebendgeborenen insgesamt und bei relativ jungen Müttern (siehe auch Mutterschaft Minderjähriger) nach ihrem Alter bekanntgegeben.[5]

Insgesamt10 bis 14 Jahre15 Jahre16 Jahre17 Jahre18 Jahre19 Jahre
Europäische Union (28 Länder)5.131.5001.0513.4169.12919.53532.79951.836
Belgien125.01452594257456746
Bulgarien67.5851684767161.0571.5161.703
Tschechische Republik109.8601251393315741.016
Dänemark56.87025125499249
Deutschland714.927662788111.9133.3665.641
Estland13.55104195893186
Irland67.2854850123223492
Griechenland92.14971139241370481600
Spanien426.076592306081.1961.8332.914
Frankreich819.3281303309642.0743.9397.232
Kroatien39.56621450144263474
Italien502.5964223019371.6522.870
Zypern9.258017201845
Lettland21.7462843103184329
Litauen30.36931949132247463
Luxemburg6.07011482031
Ungarn93.281331494949941.4371.903
Malta4.191019203840
Niederlande175.18101956155363683
Österreich81.72263280166337621
Polen375.160201104751.3382.9574.938
Portugal82.3671672168371534842
Rumänien193.1033851.0592.2333.6194.2574.994
Slowenien21.165055324483
Slowakei55.03320792805768881.045
Finnland57.232082065171481
Schweden114.9072133689244509
Vereinigtes Königreich775.908512841.1653.3336.56510.706

Einzelnachweise

  1. pflegerecht.at (Memento vom 8. April 2010 im Internet Archive)
  2. who.int (Memento vom 21. Dezember 2011 im Internet Archive)
  3. law.cornell.edu
  4. Eggert Beleites: Grenzen der Medizin: Weil die Medizin in Europa so gut ist. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 93, Nr. 6. Deutscher Ärzte-Verlag, 9. Februar 1996, S. A-305 / B-250 / C-226 (aerzteblatt.de).
  5. Lebendgeburten nach Geburtsjahr der Mutter. eurostat, 10. November 2016, abgerufen am 1. Dezember 2016.