Landtag des freien Volksstaates Württemberg

Landtag des freien Volksstaates Württemberg
LandesflaggeLandeswappen
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Basisdaten
Sitz:Stuttgart
Wahlsystem:Verhältniswahl mit geschlossenen Listen
Anzahl der Stimmen:1
Rechenverfahren:D’Hondt-Verfahren
Anzahl der Wahlkreise:24, seit 1924 56
Wahlberechtigte:1.449.216 (1919) bis 1.807.152 (1933)
Legislaturperiode:4 Jahre
Erste Sitzung:23. Januar 1919

Der Landtag des freien Volksstaates Württemberg war das Landesparlament und damit die Legislative des Volksstaates Württemberg in der Weimarer Republik. Sein Vorgänger waren die Landstände des Königreichs Württemberg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden anstelle des Landes Württemberg die Länder Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern errichtet. Deren Landtage in Stuttgart und Tübingen führten die Tradition des Württembergischen Landtags fort. Seit 1952 trat der Landtag von Baden-Württemberg an ihre Stelle.

Rechtsgrundlage und Aufbau

Der Landtag wurde gemäß § 11 Abs. 1 der Landesverfassung (LV) für vier Jahre gewählt.[1] Wahlberechtigt waren Frauen und Männer ab dem 20. Lebensjahr. Der Landtag konnte nach § 16 Abs. 1 nur durch Volksabstimmung aufgelöst werden. Der Landtag beschloss gemäß § 6 LV die Gesetze, wählte das Staatsministerium und überwachte die Exekutive. Gemäß § 19 Abs. 2 LV konnte der Landtag die Verfassung mit Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von zwei Dritteln der Abgeordneten ändern. Die Anzahl der Abgeordneten wurde für die einzelnen Legislaturperioden mehrmals geändert. Die Parteien hatten eine relativ starke Stellung. So regelte § 7 (1) Ziffer 6 Wahlgesetz, dass ein Parteiaustritt eines Abgeordneten zu einem Mandatsverlust führte.[2]

Sitz

Der Landtag hatte seinen Sitz in den zum Teil jahrhundertealten Landtagsgebäuden im Quartier der Stuttgarter Kronprinz- / Lindenstraße, Calwer / Kanzleistraße. Diese alte Ständevertretung der Renaissance (die so genannte „Landschaft“) residierte in einem Gebäude, das Jakob Salzmann 1580–1585 errichtet hatte und dessen Fassade 1745 dem Rokoko-Geschmack angepasst worden war. Der mehrfach umgebaute Komplex wurde zuletzt mit dem Kanzleigebäude im Stil der Neorenaissance (1876/77 von Spindler und Sauter) ergänzt. In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1944 wurden diese Gebäude durch schwere Bombentreffer und einen Flächenbrand zerstört, wobei auch landeshistorisch wertvolle Archivbestände vernichtet wurden.

Landtagspräsidenten

Präsident der Verfassunggebenden Landesversammlung

Präsidenten des Landtags von Württemberg

Landtagswahlen

Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung am 12. Januar 1919

Wahlberechtigt waren 1.449.216 Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 90,9 %, wobei 99,8 % gültige Stimmen abgegeben wurden. Die Verfassunggebende Landesversammlung umfasste 150 Sitze, von denen 137 an Männer und 13 an Frauen vergeben wurden.

Landtagswahl 1919
(in %)
 %
40
30
20
10
0
34,5
25,0
20,8
7,4
5,8
3,1
2,7
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Neues Ergebnis nicht 100%
Verfassungsgebende Landesversammlung
Insgesamt 150 Sitze
Landtagswahl 1919
ParteiStimmanteil in %Sitze
SPD34,5 %52 Sitze
DDP25,0 %38 Sitze
Zentrumspartei20,8 %31 Sitze
Bürgerpartei7,4 %11 Sitze
Württembergischer Bauernbund5,8 %10 Sitze
USPD3,1 %4 Sitze
Kleinbauern- und Weingärtnerbund2,7 %4 Sitze

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder der Verfassunggebenden Landesversammlung

Wahl zum 1. Landtag am 6. Juni 1920

Durch ein am 8. Mai 1920 beschlossenes neues Landeswahlgesetz wurde die Zahl der zu wählenden Landtagsabgeordneten auf 101 festgelegt. Wahlberechtigt waren 1.475.196 Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,1 %, wobei 96,4 % gültige Stimmen abgegeben wurden.

Landtagswahl 1920
(in %)
 %
40
30
20
10
0
22,5
(+1,7)
17,6
(+9,1)
16,1
(−18,4)
14,7
(−10,3)
13,3
(+10,2)
9,3
(+1,9)
3,4
3,0
1919

1920

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Erster Landtag (1920–1924)
Insgesamt 101 Sitze
Landtagswahl 1920
ParteiStimmanteil in %Sitze
Zentrumspartei22,5 %23 Sitze
Bauern- und Weingärtnerbund17,6 %18 Sitze
SPD16,1 %17 Sitze
DDP14,7 %15 Sitze
USPD13,3 %14 Sitze
Bürgerpartei9,3 %10 Sitze
DVP3,4 %4 Sitze
KPD3,0 %0 Sitze

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder des Württembergischen Landtages 1920 bis 1924

Wahl zum 2. Landtag am 4. Mai 1924

Durch das Wahlgesetz vom 4. April 1924[3] wurden die zu vergebenden Landtagsmandate auf insgesamt 80 reduziert. Wahlberechtigt waren 1.533.236 Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 78,3 %, wobei 99,0 % gültige Stimmen abgegeben wurden.

Landtagswahl 1924
(in %)
 %
30
20
10
0
20,9
(−1,6)
20,2
(+2,6)
16,0
(−0,1)
11,7
(+8,7)
10,6
(−4,1)
10,4
(+1,1)
4,6
(+1,2)
4,0
1920

1924

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Neues Ergebnis nicht 100%
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Zweiter Landtag (1924–1928)
Insgesamt 80 Sitze
Landtagswahl 1924
ParteiStimmanteil in %Sitze
Zentrumspartei20,9 %17 Sitze
Bauern- und Weingärtnerbund20,2 %17 Sitze
SPD16,0 %13 Sitze
KPD11,7 %10 Sitze
DDP10,6 %9 Sitze
Bürgerpartei und Vereinigte Vaterländische Rechte10,4 %8 Sitze
DVP4,6 %3 Sitze
Völkisch-Sozialer Block4,0 %3 Sitze

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder des Württembergischen Landtages 1924 bis 1928

Wahl zum 3. Landtag am 20. Mai 1928

Wahlberechtigt für die 80 zu vergebenden Landtagsmandate waren 1.653.216 Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 68,9 %, wobei 98,5 % gültige Stimmen abgegeben wurden.

Landtagswahl 1928
(in %)
 %
30
20
10
0
23,8
(+7,8)
19,6
(−1,3)
18,1
(−2,1)
10,1
(−0,5)
7,4
(−4,3)
5,7
(−4,7)
5,2
(+0,6)
3,9
3,3
1,8
1924

1928

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Neues Ergebnis nicht 100%
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Dritter Landtag (1928–1929)
Insgesamt 80 Sitze
Dritter Landtag (1929–1932)
Insgesamt 80 Sitze
Landtagswahl 1928
ParteiStimmanteil in %SitzeVeränderung (Sitze)
SPD23,8 %22 Sitze+9 Sitze
Zentrumspartei19,6 %17 Sitze±0 Sitze
Bauern- und Weingärtnerbund18,1 %16 Sitze−1 Sitz
DDP10,1 %8 Sitze−1 Sitz
KPD7,4 %6 Sitze−4 Sitze
DNVP (Bürgerpartei)5,7 %4 Sitze−4 Sitze
DVP5,2 %4 Sitze+1 Sitz
CSVD3,9 %3 Sitze+3 Sitze
VRP3,3 %0 Sitze±0 Sitze
NSDAP1,8 %0 Sitze±0 Sitze

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder des Württembergischen Landtages 1928 bis 1932

Die Klage der VRP und der NSDAP gegen ihre Benachteiligung durch das in Württemberg geltende Wahlgesetz führten am 22. März 1929 zum Urteil des Deutschen Staatsgerichtshofes und am 6. Juni 1929 zum Urteil des Württembergischen Staatsgerichtshofes, demzufolge die VRP nachträglich zwei Mandate und die NSDAP nachträglich ein Mandat im württembergischen Landtag erhielt. Die SPD, das Zentrum und der WBWB mussten jeweils ein Mandat abgeben.[4]

Wahl zum 4. Landtag am 24. April 1932

Wahlberechtigt für die 80 zu vergebenden Landtagsmandate waren 1.775.154 Bürger. Die Wahlbeteiligung lag bei 70,4 %, wobei 99,6 % gültige Stimmen abgegeben wurden.

Vierter Landtag (1932–1933)
Insgesamt 80 Sitze
Landtagswahl 1932
(in %)
 %
30
20
10
0
26,4
(+24,6)
20,5
(+0,9)
16,6
(−7,2)
10,7
(−7,4)
9,4
(+2,0)
4,8
(−5,3)
4,3
(−1,4)
4,2
(+0,3)
1928

1932

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Neues Ergebnis nicht 100%
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Landtagswahl 1932
ParteiStimmanteil in %SitzeVeränderung (Sitze)
NSDAP26,4 %23 Sitze+23 Sitze
Zentrumspartei20,5 %17 Sitze±0 Sitze
SPD16,6 %14 Sitze−8 Sitze
Bauern- und Weingärtnerbund10,7 %9 Sitze−7 Sitze
KPD9,4 %7 Sitze+1 Sitz
Deutsche Staatspartei4,8 %4 Sitze−4 Sitze
DNVP4,3 %3 Sitze−1 Sitz
CSVD4,2 %3 Sitze±0 Sitze

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder des Württembergischen Landtages 1932 bis 1933

Wahl zum 5. Landtag am 5. März 1933 (Wahl zum 8. Reichstag)

Die Neuzusammensetzung des nur noch 60 Sitze umfassenden Landtags erfolgte gemäß dem „Gleichschaltungsgesetz“ vom 31. März 1933 entsprechend dem Ergebnis der Reichstagswahl vom 5. März 1933. Bei der Reichstagswahl waren 1.807.152 Bürger in Württemberg wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 85,7 %, wobei 99,6 % gültige Stimmen abgegeben wurden.

Der 5. Landtag trat nur ein einziges Mal zusammen. Am 8. Juni 1933 wurde bei Stimmenthaltung der SPD ein „Ermächtigungsgesetz“ für Württemberg verabschiedet. Die Auflösung des Reichstags am 14. Oktober 1933[5] bewirkte nach § 11 des Gleichschaltungsgesetzes „ohne weiteres die Auflösung der Volksvertretungen der Länder“.[6] Durch § 1 des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934[7] wurden diese Volksvertretungen ersatzlos aufgehoben.[7]

Landtagswahl 1933
(in %)
 %
50
40
30
20
10
0
42,0
(+15,6)
16,9
(−3,6)
15,0
(−1,6)
9,3
(−0,1)
5,4
(−5,3)
5,2
(+0,9)
3,2
(−1,0)
2,2
(−2,6)
1932

1933

Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Neues Ergebnis nicht 100%
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Altes Ergebnis nicht 100%
Fünfter Landtag (1933–1934)
Insgesamt 60 Sitze
Landtagswahl 1933
ParteiStimmanteil in %Sitze
NSDAP42,0 %26 Sitze
Zentrumspartei16,9 %10 Sitze
SPD15,0 %9 Sitze
KPD9,3 %6 Sitze
Bauern- und Weingärtnerbund5,4 %3 Sitze
Kampffront Schwarz-Weiß-Rot5,2 %3 Sitze
CSVD3,2 %2 Sitze
DDP2,2 %1 Sitz

An 100 % fehlende Stimmen = nicht im Landtag vertretene Wahlvorschläge

Liste der Mitglieder des Württembergischen Landtages 1933

Literatur

  • Landschaft, Land und Leute. Politische Partizipation in Württemberg 1457 bis 2007. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart und des Landtags von Baden-Württemberg. Stuttgart 2007.
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2.
  • Gustav Wais: Alt-Stuttgarts Bauten im Bild. Stuttgart 1951, Nr. 179, 466–470.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Verfassung Württembergs vom 25. September 1919 (Memento vom 22. Mai 2018 im Internet Archive)
  2. Landtagswahlgesetz (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  3. Wahlgesetz vom 4. April 1924 (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive)
  4. Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2001, S. XLII, XLIII.
  5. RGBl. I. S. 729, reichstagsprotokolle.de
  6. verfassungen.de (Memento desOriginals vom 27. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verfassungen.de
  7. a b verfassungen.de (Memento desOriginals vom 7. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.verfassungen.de

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Wappen des Deutschen Reiches in der Frühzeit der Weimarer Republik. Eingeführt mit der

Bekanntmachung betreffend das Reichswappen und den Reichsadler vom 11. November 1919.

»Auf Grund eines Beschlusses der Reichsregierung gebe ich hiermit bekannt, daß das Reichswappen auf goldgelben Grunde den einköpfigen schwarzen Adler zeigt, den Kopf nach rechts gewendet, die Flügel offen, aber mit geschlossenem Gefieder, Schnabel, Zunge und Fänge von roter Farbe.

Wird der Reichsadler ohne Umrahmung dargestellt, so sind das gleiche Bild und die gleichen Farben, wie beim Adler im Reichswappen, zu verwenden, doch sind die Spitzen des Gefieders nach außen gerichtet.

Die im Reichsministerium des Innern verwahrten Muster sind für die heraldische Gestaltung des Reichswappens maßgebend. Die künstlerische Ausgestaltung bleibt für jeden besonderen Zweck vorbehalten.


Berlin, den 11. November 1919.

Der Reichspräsident
Ebert

Der Reichsminister des Innern
Koch«

Quelle: http://www.documentarchiv.de/wr/rwappen.html


1928 wurde dieses Wappen durch das neue Reichswappen von Tobias Schwab abgelöst, das Theodor Heuss im Februar 1950 auch als Bundeswappen verkündete: Reichs- bzw. Bundeswappen
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