Kreis Sorau

Das Kreisgebiet 1905

Der Kreis Sorau, zuletzt auch Kreis Sorau (Lausitz) genannt, war eine Verwaltungseinheit in der preußischen Provinz Brandenburg beiderseits der Lausitzer Neiße. Er bestand von 1816 bis 1946 und umfasste die Städte Christianstadt (Bober), Gassen, Pförten, Sorau und Triebel sowie in den 1930er Jahren 140 weitere Gemeinden und zwei Forst-Gutsbezirke.[1][2]

Das Gebiet liegt heute größtenteils im Powiat Żarski der polnischen Woiwodschaft Lebus sowie zu einem kleinen Teil im Landkreis Spree-Neiße im Land Brandenburg.

Verwaltungsgeschichte

Der Kreis Sorau wurde 1816 im Zuge einer umfassenden Verwaltungsreform in Preußen neu gebildet.[3][4][5] Er wurde aus dem bisherigen Gubener Kreis herausgelöst und umfasste die Herrschaften Sorau und Triebel sowie die Herrschaft Forst-Pförten. Dazu kamen einige Orte aus den Kreisen Spremberg, Cottbus, Krossen und Sagan. Der neue Kreis wurde dem Regierungsbezirk Frankfurt in der Provinz Brandenburg eingegliedert.

Am 1. April 1897 schied die Stadt Forst i./L. aus dem Kreis Sorau aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Sorau entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der fast alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Die Kreisbezeichnung schwankte in der Folgezeit zwischen Sorau und Sorau (Nd. Lausitz), bis am 10. Oktober 1940 der Kreisname auf Sorau (Lausitz) festgesetzt wurde.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt. Das Territorium des Kreises östlich der Oder-Neiße-Linie wurde von der Sowjetunion nach Kriegsende unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen gestellt. Daraufhin begann die allmähliche Zuwanderung polnischer Bevölkerung. Die deutschen Einwohner wurden in der Folgezeit von den örtlichen polnischen Verwaltungsbehörden vertrieben.

Der restliche Kreis, nun nur noch das Gebiet westlich der Neiße umfassend, bestand noch kurzzeitig fort, bis er mit Wirkung zum 1. April 1946 aufgelöst wurde. Sacro wurde Teil der kreisfreien Stadt Forst, während die übrigen Gemeinden auf die Landkreise Cottbus und Spremberg aufgeteilt wurden.[6][7]

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohnerQuelle
1816039.148[8]
1840057.328[9]
1871086.189[10]
1890108.542[1]
1900082.423[1]
1910087.866[1]
1925087.472[1]
1933089.231[1]
1939091.099[1]

Landräte

Landrat in Sorau – Siegelmarke

Kommunalverfassung

Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Verkehr

Im Kreis Sorau begann der Schienenverkehr im Jahr 1846 mit der Strecke Guben–Sommerfeld–Sorau–Kohlfurt der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft (NME), die Berlin mit Breslau verband ›121.0 + 123.0‹.

Rund 25 Jahre später kamen weitere wichtige Ost-West-Verbindungen dazu: Die Märkisch-Posener Eisenbahn-Gesellschaft streifte ab 1870 nur den Norden des Kreises Guben mit dem Teilstück Guben–Rothenburg ›122.b‹. Mitten durch den Kreis Sorau führte ab 1871/72 die Strecke Forst–Sagan der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn bzw. der Niederschlesischen Zweigbahn-Gesellschaft ›153.0‹. Sie kreuzte mit der NME in der Kreisstadt, wo ein wichtiger Knotenpunkt entstand, der durch die direkte Verbindung der Preußischen Staatsbahn (KPStE) von Gassen nach Sagan ab 1875 umfahren werden konnte ›121.0‹.

Die KPStE ergänzte das Netz noch durch folgende Nebenbahnen:

1895/96: Sorau–Benau–Christianstadt und weiter
1904: nach Grünberg ›122.e‹,
1914: Sommerfeld–Crossen ›122.d‹

Zwei weitere Strecken wurden von der Lokalbahn Aktien-Gesellschaft München bzw. der von ihr gegründeten Lausitzer Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und bis 1938 als Privatbahnen betrieben, nämlich

1895: Hansdorf–Priebus ›123.g‹ und
1897/98: Sommerfeld–Teuplitz–Muskau ›154.d‹

Die Zahlen in ›‹ beziehen sich auf das Deutsche Kursbuch 1929.

Städte und Gemeinden

Städte und Gemeinden östlich der Neiße

Die folgenden Städte und Gemeinden des Kreises Sorau lagen östlich der Neiße und kamen nach dem Zweiten Weltkrieg zu Polen, wo sie heute größtenteils zum Powiat Żarski in der Woiwodschaft Lebus gehören.[1]

  • Groß Hennersdorf
  • Groß Särchen
  • Grünhölzel
  • Guhlen
  • Gurkau
  • Guschau
  • Haasel
  • Helmsdorf
  • Hermsdorf
  • Hohen Jeser
  • Jähnsdorf
  • Jeschkendorf
  • Jessen
  • Jeßmenau
  • Jocksdorf b. Triebel
  • Jüritz
  • Kalke
  • Kemnitz
  • Klein Hennersdorf
  • Klein Petersdorf
  • Klein Särchen
  • Kohlo
  • Königsdubrau
  • Kotsemke
  • Kriebau
  • Krohle
  • Kulm
  • Kunzendorf
  • Läsgen
  • Laubnitz
  • Legel
  • Leipe
  • Leuthen
  • Liebsgen
  • Liesegar
  • Linderode
  • Lohs
  • Mallwitz
  • Marienhain
  • Marsdorf
  • Matzdorf
  • Meiersdorf
  • Mildenau
  • Muckrow
  • Nablath
  • Nieder Jeser
  • Nieder Ullersdorf
  • Niewerle
  • Nißmenau
  • Ober Ullersdorf
  • Pförten, Stadt
  • Pitschkau
  • Pockuschel
  • Reinswalde
  • Rinkendorf
  • Rodstock

Im östlichen Teil des Kreises Sorau lagen außerdem die beiden gemeindefreien Forst-Gutsbezirke Christianstadt und Pförten Wald.

Gemeinden westlich der Neiße

Die folgenden Gemeinden des Kreises Sorau lagen westlich der Neiße und damit nach dem Zweiten Weltkrieg in der SBZ. Das betreffende Gebiet gehört heute zum Landkreis Spree-Neiße.[1]

Namensänderungen

Im Zuge der Germanisierung ursprünglich sorbischer Ortsnamen veränderte die Reichsregierung 1937 die Schreibweise einiger Namen oder vergab gänzlich neue:

  • Buckocka: Buchenberge
  • Koyne: Keune
  • Nablath: Nahberg
  • Sablath: Raudenberg/Niederlausitz
  • Tzschacksdorf: Schacksdorf
  • Tzschecheln: Eichenrode
  • Tzscheeren: Grünaue (Nieder Lausitz)
  • Zschorno: Hirschwinkel
  • Zukleba: Steinfelde (Nieder Lausitz)

Literatur

  • Saalborn: Die prähistorische Karte des Kreises Sorau. in: Zeitschrift für Ethnologie. Band 11, Berlin 1879, S. 403–435.
  • Michael Rademacher: Sorau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  • Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., Frankfurt a. O. 1867, S. 223–244.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staates. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 104–105, Ziffer 13.
  • Landrat von Schönfeldt, Erwin Stein (Hrsg.): Der Landkreis Sorau N.-L. Deutscher Kommunal-Verlag GmbH, Berlin-Friedenau 1925.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg, Berlin 1873, S. 224–235.
  • Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. Oder. Aus amtlichen Quellen zusammengestellt. Frankfurt a. d. O. 1844, S. 186–207.
  • Rudolf Lehmann: Historisches Ortslexikon für die Niederlausitz. Band 2: Die Kreise Cottbus, Spremberg, Guben und Sorau. Hessisches Landesamt für Geschichtliche Landeskunde, Marburg 1979. ISBN 3-921254-96-5.; Nachdruck: Klaus Becker Verlag, Potsdam 2011. ISBN 978-3-941919-90-7. doi:10.35998/9783830542988 (Open Access).
  • W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 572–593.
  • Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz, Band 3, Adolph Müller, Brandenburg 1856, S. 676–719.
  • Götz Frhr. v. Houwald: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer. Band II: Kr. Sorau. in: Bibliothek familiengeschichtlicher Quellen. Band 26, Degener & Co, Neustadt an der Aisch 1981. ISBN 3-7686-4094-9. Zusammenfassung

Weblinks

Commons: Landkreis Sorau (Lausitz) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Michael Rademacher: Landkreis Sorau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  • Kreis Sorau, Unterlagen im Geheimen Staatsarchiv Berlin

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Michael Rademacher: Landkreis Sorau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  2. Landkreis Sorau, Hrsg. Verein für Computergenealogie (CompGen) e. V. Köln, Stand 1. Januar 2024.
  3. Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Niederlausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts, Verlag Adolph Müller, Brandenburg 1854, Kap. 3 VI., S. 44.
  4. Carl Heinrich Ludwig Pölitz: Geschichte und Statistik des Königreiches Sachsen, Kap. Staatsverfassung, Verlag Hinrichs, Leipzig 1809, S. 257.
  5. Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Frankfurt a. d. Oder, Nr. 12, 1816, Frankfurt a. d. Oder 1816, S. 107.
  6. Der Kreis Sorau, Hrsg. Verein für Computergenealogie (CompGen) e. V. Köln, Stand 1. Januar 2024.
  7. Provinzialverwaltung Mark Brandenburg (Hrsg.): Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg Nr. 14 vom 23. September 1946. Beschluß des Präsidiums der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg über die Auflösung des Restkreises Sorau und Änderung der Grenzen der Landkreise Cottbus und Spremberg sowie des Stadtkreises Forst.
  8. Der Regierungsbezirk Frankfurt, in: Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats, Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, S. 210.
  9. Topographisch-statistische Übersicht des Regierungsbezirks Frankfurt a. d. O., Harnecker, Frankfurt a. d. O. 1844, S. 30.
  10. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Brandenburg und ihre Bevölkerung 1871, Berlin 1873.
  11. Walter von Hueck, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser, A (Uradel), Band XIV, Band 66 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke Verlag, Limburg an der Lahn 1977, S. 432 f. ISSN 0435-2408

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Titel: Der Königl. Landrath des Kreises Sorau Nieder-Lausitz
Beschreibung: grün, weiß, geprägt
Ort: Sorau

Größe: 4 cm