Lída Baarová

Lída Baarová (1940)

Lída Baarová (* 7. September 1914 als Ludmila Babková in Prag, Österreich-Ungarn; † 27. Oktober 2000 in Salzburg) war eine tschechische Schauspielerin und Sängerin. Durch ihre Nähe zur nationalsozialistischen Elite, insbesondere jedoch ihre Affäre mit Joseph Goebbels, war sie zeitlebens umstritten.

Leben

Nach ihrer Ausbildung am Schauspielkonservatorium in Prag drehte Lída Baarová mit 17 Jahren ihren ersten Film. Sie nahm auch einige Schallplatten auf.

Erste Jahre in Deutschland und Beziehung mit Gustav Fröhlich

1934 wurde sie von der UFA engagiert, lernte Deutsch und drehte 1935 Barcarole. Die männliche Hauptrolle in dieser Produktion spielte der verheiratete deutsche Schauspieler Gustav Fröhlich – bekannt aus Fritz Langs Metropolis –, mit dem Baarová fortan liiert war; sie bewohnten zusammen ein Haus auf der Insel Schwanenwerder in Berlin. Nach einer Fehlgeburt konnte sie keine Kinder mehr bekommen.

Es folgten weitere Filme wie Einer zuviel an Bord (1935), Verräter (1936), Patrioten (1937) und Die Fledermaus (1937) sowie Engagements am Deutschen Theater und an der Volksbühne Berlin. Baarová wurde von der deutschen Filmindustrie in der Rolle als exotischer Vamp eingesetzt und verkörperte bis 1938 fast ausschließlich solche Charaktere. Ein lukratives Angebot, einen 7-jährigen hoch dotierten Vertrag aus Hollywood, lehnte sie ab. Reichspropagandaleiter Goebbels hatte angekündigt, dass sie im Fall ihrer Rückkehr aus den USA in Deutschland keine Engagements bekommen würde.

Beziehung zu Goebbels

Nachdem Joseph Goebbels sie bei Gustav Fröhlich aufgesucht hatte, wurde sie zur Geliebten des Reichspropagandaleiters. Das Verhältnis wurde auch öffentlich diskutiert. Goebbels war bereit, sich wegen Baarová scheiden zu lassen. Erst auf Betreiben von Magda Goebbels beendete ein Machtwort Hitlers das Verhältnis.[1]

Eine Dokumentation des tschechischen Fernsehens Česká televize aus dem Jahr 2013 erzählt eine andere Version. Lída Baarová sagt im Interview, sie habe Goebbels nicht gemocht, aber für sich keinen anderen Ausweg gefunden. Sie gibt an, ab dem Tag, an dem Goebbels sie bei ihrem damaligen Lebenspartner Fröhlich aufsuchte und mit diesem eine Aussprache hielt, Angst vor Goebbels gehabt zu haben. Es gibt Liebesbriefe, in denen Goebbels an Baarová schreibt, eine Insel im Stillen Ozean entdeckt zu haben, auf der sie und er wie Adam und Eva leben würden. Später habe sie deshalb Hitler aufgesucht und um Intervention gebeten. Hitler wies Goebbels daraufhin zurecht. Als Begründung diente ihm, dass es zum Zeitpunkt des Anschlusses des Sudetenlandes an das Deutsche Reich höchst unpassend war, dass sein Propagandaminister eine Liebelei mit einer Tschechin unterhielt; schließlich wurde Goebbels’ Familie in den Medien als nationalsozialistische Musterfamilie dargestellt.

Baarova am Titelblatt des tschechischen Magazins Kinorevue (1940)

Baarová sprach bis zu ihrem Tod stets davon, dass ihre Beziehung mit Goebbels rein platonisch gewesen sei, und bezeichnete die ihr nachgesagte Liebesaffäre als eine Lüge. In einem Interview für eine Sendung von ZDF-History[2] sprach sie über ihre Beziehung zu Goebbels und die damit verbundenen Folgen für sie.[3]

„Ich habe ihn geliebt auf meine Weise. Ich war sehr jung. Sie dürfen nicht vergessen, ich war 22 Jahre alt. Und da ist man ja sehr anfällig für diese Sachen. Ich hab eigentlich seine Liebe geliebt. Er hat mich so sehr geliebt, dass ich der Liebe verfallen bin. Er wollte immer, dass ich herausfahre und er war furchtbar eifersüchtig. Ich hab so viel zu tun gehabt. Ich bin manchmal mit Zorn in den Augen, mit Tränen bin ich rausgefahren, aber ich konnte nicht anders.“

Lída Baarová, 1996[4]

Flucht in die Tschechoslowakei und Exkurs nach Italien

Infolge von Hitlers Eingriff in diese Beziehung erhielt Baarová 1938 von Graf Helldorff, dem Berliner Polizeipräsidenten, Spielverbot und durfte das Deutsche Reich nicht verlassen. Die Folge davon war, dass Baarová keine Engagements mehr in Deutschland erhielt. Ihr 1938 gedrehter Film Preußische Liebesgeschichte (mit Willy Fritsch) erhielt Aufführungsverbot und wurde erst 1950 unter dem Titel Liebeslegende in Westdeutschland gezeigt.

Im Jahr 1939 ging Baarová zurück in ihre Heimatstadt Prag. Sie wohnte mit ihren Eltern und ihrer Schwester Zorka Janů, die ebenfalls eine talentierte Schauspielerin war, in einer Villa, die Baarová vom Architekten Ladislav Žák 1937 für sich und ihre Eltern im Villenviertel Hanspaulka hatte bauen lassen.[5] In Prag konnte Baarová wieder spielen, und bis Ende des Jahres 1941 hat sie wahrscheinlich die erfolgreichsten Filme ihrer Karriere gedreht. Jedoch holte Baarová das Spielverbot von 1938 in Prag Ende 1941 ein. 1942 ging sie nach Italien und drehte dort fünf Filme. 1943 musste Baarová nach Prag zurückkehren.

Nachkriegszeit: zwei Ehen und Umzug nach Österreich

Baarova im Film Pietà per chi cade (1954)
Grabstelle von Lída Baarová auf dem Friedhof in Strašnice

1945 wurde sie in der Tschechoslowakei wegen Kollaborationsverdachts inhaftiert und nach 18 Monaten wieder freigelassen und rehabilitiert. Ihre Beziehung zu Goebbels habe vor der Zeit der „Gefährdung der Tschechoslowakei durch das Deutsche Reich“ stattgefunden, und sie habe auch später nicht mit deutschen Behörden kollaboriert. Im Zuge des Verfahrens wurde festgestellt, dass sie weder Menschen denunziert noch angezeigt hatte. Ihre Mutter starb während eines Verhörs an einem Herzinfarkt. Ihre Schwester Zorka Janů beging im März 1946 Suizid, nachdem sie als Schwester einer mutmaßlichen Kollaborateurin Hitlerdeutschlands keine Engagements in der Tschechoslowakei bekommen hatte. Lída Baarová heiratete 1947 einen der wenigen Menschen, die sie während ihrer Haft besucht hatten: den Puppenspieler Jan Kopecký,[6] und emigrierte 1948 mit ihm über Österreich nach Argentinien, von wo sie aber wieder nach Österreich zurückkehrten.

1956 ließ sie sich von ihrem Mann scheiden und spielte Theater in Österreich und Deutschland. Sie trat unter anderem in Goethes Götz von Berlichingen bei den Burgfestspielen in Jagsthausen auf. In den 1950er Jahren drehte sie wieder einige Filme in Italien und Spanien, unter anderem trat sie in Die Müßiggänger von Federico Fellini auf.

1969 heiratete sie in Salzburg den österreichischen Mediziner Kurt Lundwall; die Ehe hielt bis zu seinem Tod 1972. Lída Baarová verbrachte den Rest ihres Lebens in Salzburg, wo sie im Oktober 2000 starb. Sie hat ihre tschechische Staatsbürgerschaft niemals aufgegeben.

Lída Baarová wurde auf dem Friedhof des Prager Krematoriums Strašnice im Familiengrab beigesetzt. Hier liegt sie zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater, Schwester Zorka sowie der zweiten Frau des Vaters, Marie.[7]

Filmografie (Auswahl)

  • 1931: Die Karriere des Paul Camrda (Kariéra Pavla Camrdy)
  • 1934: Ein Mann, der sich zerreißen muß (Pán na roztrhání)
  • 1934: Die Versuchung der Frau Antonie (Pokušení paní Antonie)
  • 1934: Grandhotel Nevada
  • 1935: Barcarole
  • 1935: Der Teufelskerl
  • 1935: Einer zuviel an Bord
  • 1936: Die Stunde der Versuchung
  • 1936: Verräter
  • 1936: Die Komödiantenprinzessin (Komediantská princezna)
  • 1936: Die kleine Schneiderin (Svadlenka)
  • 1937: Menschen auf der Eisscholle (Lidé na kře)
  • 1937: Jungfernschaft (Panenství)
  • 1937: Patrioten
  • 1937: Die Fledermaus
  • 1938: Der Spieler
  • 1938: Preußische Liebesgeschichte
  • 1939: Das Mädchen in Blau (Dívka v modrém)
  • 1939: Der feurige Sommer (Ohnivé léto)
  • 1940: Wenn die Nächte still sind (Za tichých nocí)
  • 1943: Grazia
  • 1943: Ti conosco, mascherina!
  • 1944: Turbína
  • 1944: La fornarina
  • 1944: Il cappello da prete
  • 1945: L’ippocampo
  • 1945: Vivere ancora
  • 1946: La sua strada
  • 1950: La bisarca
  • 1951: Gli amanti di Ravello
  • 1951: La vendetta di una pazza
  • 1953: Gli innocenti pagano
  • 1953: Die Müßiggänger (I vitelloni)
  • 1954: Pietà per chi cade
  • 1956: Miedo
  • 1956: Todos somos necesarios
  • 1956: La mestiza
  • 1956: Viaje de novios
  • 1957: Blutige Rhapsodie (Rapsodia de sangre)
  • 1957: Das nackte Leben (El batallón de las sombras)
  • 1958: Himmel in Flammen (Il cielo brucia)

Werke

  • mit Josef Škvorecký: Útěky: život české herečky. Sixty-Eight Publ., 1983, ISBN 978-0-88781-133-3 (tschechisch).
  • Života sladké hořkosti. Sfinga, Ostrava 1991, ISBN 80-900578-5-3 und Ametyst, Prag 2005, ISBN 978-80-85837-72-8 (tschechisch).
    • deutsch: Die süße Bitterkeit meines Lebens. Memoiren des Ufa-Stars und Goebbels’ Geliebter. Hrsg. und überarbeitet von Richard Kettermann und Uwe Schmidt. Aus dem Tschechischen übersetzt von Peter Mráz. Kettermann und Schmidt, Koblenz 2000, ISBN 978-3-934639-00-3.

Werke über Lída Baarová

Literatur

  • Franz Goldscheider, Jörg Schöning: Lida Baarova – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 9, 1987.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 1: A – C. Erik Aaes – Jack Carson. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 204 f.
  • Kay Weniger: Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945. Mit einem Geleitwort von Paul Spiegel. Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-10-9, S. 424 f.
  • Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 622 ff.
  • Stanislav Motl: Lída Baarová, Joseph Goebbels. Die verfluchte Liebe einer tschechischen Schauspielerin und des Stellvertreters des Teufels. Prag 2009, ISBN 978-80-7281-387-2.
  • Baarova, Lida, in: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main : S. Fischer, 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 22
  • Evelyn Steinthaler: Schau nicht hin: Kunst als Stütze der Macht – die Geschichte der Diven des NS-Kinos. Kremayr & Scheriau, Wien 2024, ISBN 978-3-218-01338-3

Film

  • Ihre Lebensgeschichte wurde 2015 vom tschechischen Regisseur Filip Renč im Kinofilm Die Geliebte des Teufels verfilmt, mit Tatiana Pauhofová als Lída Baarová und Karl Markovics als Joseph Goebbels.[8]
  • Zkáza krásou – Doomed Beauty. Dokumentarfilm, Tschechische Republik, 2016, 90 Min., Buch und Regie: Helena Třeštíková, Jakub Hejna
Commons: Lída Baarová – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Julien Reitzenstein: Vergessene Orte. In: Der Spiegel. 6. Juli 2008, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. August 2024]).
  2. Hitlers Helfer – Joseph Goebbels – Der Brandstifter auf YouTube. In:Hitlers Helfer. Der Brandstifter – Joseph Goebbels. (Memento vom 26. Januar 2016 im Internet Archive) In: ZDF. 30. Oktober 2014
  3. 27. Oktober 2000 – Lida Baarova stirbt – Zeitgeschichtliches Archiv. In: www1.wdr.de. 27. Oktober 2000, abgerufen am 9. Januar 2016.
  4. Bogensee. Goebbels Villa & Hochschule der FDJ. Film von Dora Heinze. In: Reihe „Geheimnisvolle Orte“. RBB, 2018, abgerufen am 25. Juni 2022.
  5. Moritz Pirol: Halalí 1. BoD – Books on Demand, 2009, ISBN 978-3-938647-17-2, S. 258 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Wolf Oschlies: Baarová, Lida (1914–2000). NS-Filmstar und Goebbels’ tschechische Geliebte. In: Zukunft braucht Erinnerung. 10. Januar 2007
  7. Závěť Lídy Baarové: Proč nedědila její o pět let mladší matka? In: ct24.ceskatelevize.cz. ČT24, 14. April 2013, abgerufen am 11. Dezember 2023 (tschechisch).
  8. Drsný trailer k filmu Lída Baarová

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Lída Baarová (1914-2000), česká herečka.
Lída Baarová-hrob, Hřbitov Krematoria Strašnice 03.jpg
Autor/Urheber: Alena Pokorná, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Lída Baarová -vl.jm. Ludmila Babková, provdaná Kopecká a Lundwallová (1914 - 2000), česká herečka.
Kinorevue 1940 Baarová 042.jpg
Lída Baarová, Czech movie actress, in Kinorevue (Czech) 1940
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Lída Baarová in una scena del film italiano Pietà per chi cade (1954)