Kurt W. Streubel

Eingang zur Wohn- und Arbeitsstätte (1963–2000) von Kurt W. Streubel

Kurt Joseph Maria Waldfried Streubel (* 14. Mai 1921 in Starkstadt, Tschechoslowakei; † 8. Dezember 2002 in Weimar) war ein deutscher Maler und Grafiker der Moderne.[1]

Leben

Streubel wuchs als Sohn deutscher Eltern in Starkstadt auf. Der Vater Joseph war Inhaber eines Fotoateliers, die Mutter Maria als Schneidermeisterin tätig. Streubel besuchte die Volksschule und das Stiftsgymnasium am Benediktinerkloster in Braunau. 1940 erwarb er einen Berufsabschluss als Entwerfer für Druck-Design und Kolorit.[1] Als Soldat der Deutschen Wehrmacht wurde er 1944 wegen Disziplinarvergehen zu einem Jahr Festungshaft in Cherbourg verurteilt.[1] Nach der Befreiung durch alliierte Truppen geriet er in britische Kriegsgefangenschaft und unterrichtete dort im Mal- und Zeichenzirkel. 1946 bis 1948 studierte er Malerei an der Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar bei Hoffmann-Lederer und Schäfer-Ast. Mit den Künstlern Karl Meusel, Otto Kayser und Harry Schmidt-Schaller[2] war er 1945 an der Gründung der ersten überregionalen Künstlerorganisation Thüringen in der SBZ beteiligt. 1946 wurde diese durch den „Schutzverband bildender Künstler“ abgelöst und als Sparte in der „Gewerkschaft 17 für Kunst und Schrifttum“[3][4] geführt. Es folgten Arbeits- und Studienaufenthalte bei Georg Muche in Krefeld und an der Kunstakademie Düsseldorf[1].

Danach ließ sich Streubel als freiberuflicher Maler und Grafiker in Gotha/Thüringen nieder. Seine surrealen und konstruktivistischen Arbeiten entsprachen nicht dem Erwartungsbild des Sozialistischen Realismus.[5] Seine Werke wurden als bürgerlich-dekadent diskreditiert und fielen der Formalismus-Debatte zum Opfer.[1] Als sich 1952 der VBKD unter Führung des Kulturbundes der DDR neuformierte, entledigte man sich durch Bereinigung des Mitgliederbestandes zahlreicher Formalisten.[6] Dies betraf auch Streubel, sodass er endgültig vom sozialistischen Kunstbetrieb abgekoppelt.[1]

Nach seinem Rückzug in die innere Emigration arbeitete er als Messedekorateur, Textilgestalter, entwarf Texte und Szenarien für eine „Anti-Oper“ mit dem Komponisten und Freund Siegfried Geißler.[7] 1965 erhielt er erste Aufträge zur Herstellung gebrauchsgrafischer Erzeugnisse für das Staatliche Sinfonieorchester Suhl.[7][8] Sein bildkünstlerisches Schaffen erfolgte jenseits der Öffentlichkeit, bekam kaum Beteiligung an Ausstellungen[7] und wenig Beachtung seiner surreal-dadaistisch anmutenden Gedichte und Texte.[5][9] 1976 geriet er im Zusammenhang mit der Ausbürgerung von Wolf Biermann in den Fokus des MfS, eine Operative Personenkontrolle (OPK) wegen des Verdachts auf Untergrundtätigkeit wurde eingeleitet.[10] Ab 1979 wurde er allmählich wieder als Künstler rehabilitiert und als Mitglied im VBK anerkannt.[1][11]

Werk (Auswahl)

1948: „Besinnung“ Pinsel in Tusche, schwarz; 41 × 32 cm; Sammlung Geißler[12][13]
1949: „Kosmische Komposition“ (Wegweiser Rückseite) Aquarell; 37 × 33 cm[12]
1952: „Musen des Friedens“ Gouache auf Leinwand; 26 × 39 cm; Graphische Sammlungen Weimar[12]
1953: „Zyklus konstruktiv“ 5 Arbeiten, Öl, Gouache auf Leinwand 39 × 26 cm[12]
1967: „strangent“ Schwarz eingefärbte Druckstöcke, auf braun grundierter Faserplatte; 64,5 × 47 cm[12]
1969: „Vorfeld I“ Öl auf Faserplatte; 46 × 66 cm[12]
1969: „Opus M“ Öl auf Pappe; 47 × 63 cm; Sammlung Geißler[12][13]
1971: „Viereckweiß“ Öl auf Karton; 47 × 67 cm[12]
1975: „Landschaft – esoterisch“ Öl/Gouache auf Pappe; 48,5 × 65 cm; Mühlhäuser Museen[14][12]
1978: „Lichtende Bewegung“ Öl/Gouache auf Leinwand; 46,5 × 66 cm[12]
1979: „Bildnis der Auskunft“ Mehrfarbiger Schablonendruck; 42,4 × 30,1 cm; Sammlung Geißler[12]

Ausstellungen

1946: Gemeinschaftliche Werkausstellung im Schlossmuseum Gotha mit Karl Meusel, Siegfried Brückner, Otto Kayser, Harry Schmidt-Schaller[1]
1947: 1. Landesausstellung bildender Künstler Thüringens, veranstaltet von der Gewerkschaft 17[1]
1948: „Junge Maler suchen neue Wege“ in Eisenach[1]
1950: 1. Juryfreie Kunstausstellung der Gewerkschaft 17 in Gotha[1]
1976: Privatausstellung in der Wohnung von Siegfried Geißler[1][7][15]
1980: „Farbige Grafik der DDR (II)“ Staatliche Museen Schwerin[1]
1980: Ausstellung „Thüringen 79 – Stellungnahmen zu einer Landschaft“ im Schlossmuseum Gotha[1]
1981: Werkpräsentation 1946–1981 anlässlich seines 60. Geburtstages im Schlossmuseum Gotha[1]
1981: Ausstellung „Aspekte – Kunst zwischen 1945 und 1960, Thüringer Maler und Grafiker“ Erfurt[1]
1982: Ausstellung „100 ausgewählte Grafiken 1982“, in Dresden, Berlin, Cottbus, Karl-Marx-Stadt, Rostock, Suhl und Erfurt[1]
1982–1983: IX. Kunstausstellung der DDR in Dresden[1]
1984: Ausstellung „Die Stadt“ des Erfurter Kunstkabinetts im Kulturbund der DDR[1]
1984: 10. Bezirksausstellung Bezirk Erfurt; Ausstellung „Farbige Grafik der DDR (III)“, Staatliche Museen Schwerin[1]
1989: Ausstellung „Druckgrafik aus Thüringen – Eine Auswahl“ Museum Schloss Burgk/Neue Galerie[1]
1989: Teilnahme an der „11. Kunstausstellung Bezirk Erfurt“[1]
1990: Ausstellung der Gothaer Versicherung, Herausgabe einer Grafikmappe 10 Reproduktionen der Jahre 1946–1952[1]
1998: „Einblicke – Kunst aus der DDR“ Ausstellung des Europäischen Kultur- und Informationszentrums in Thüringen[1]
1999: „Innensichten – Kunst in Thüringen 1945 bis heute“ in Gera[1]
1999: „Querschnitt – Kunstraum Thüringen. Aspekte der Malerei und Grafik im 20. Jahrhundert“ in Mühlhausen[1]
2002: Ausstellung „Kunstraum Thüringen – Aspekte der Malerei und Grafik 1945 bis 1990“ in Mühlhausen[1]
2002: "Kurt-W.-Streubel-Retrospektiven" Städtische Galerie Sonneberg und Lindenau-Museum Altenburg[1]
2021: "Entdeckungsreise ins Unbekannte. Kurt W. Streubel zum 100." KunstForum Gotha[16]

Ehrungen

  • 2012: Gedenktafel an der Wohn- und Arbeitsstätte von Kurt W. Streubel in Gotha[17]

Literatur

  • Kurt W. Streubel: [anlässlich der Kurt-W.-Streubel-Retrospektiven im Comptoir-Kunstmagazin, Städtische Galerie Sonneberg, und im Lindenau-Museum Altenburg 2002] / Lindenau-Museum Altenburg; Comptoir-Kunstmagazin, Städtische Galerie Sonneberg. [Autoren der Texte: Reinhild Schneider ...] ISBN 3-00-010182-9
  • Andrea Karle, Verena Krieger: Kurt W. Streubel, Spielarten des Abstrakten in der DDR. Deutscher Kunstverlag, Berlin – München, 2021, ISBN 978-3-422-98723-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab Biografie aus "Kurt-W.-Streubel-Retrospektiven im Comptoir-Kunstmagazin", ISBN 3-00-010182-9, S. 143–156.
  2. „Bildatlas: Kunst in der DDR“. ein Verbundprojekt gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, abgerufen am 27. Dezember 2018.
  3. Gerd Dietrich: Kulturgeschichte der DDR: Tradition und Transformation 1948-1953. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, 2018, ISBN 978-3-525-30192-0, S. 366 (google.de).
  4. Gewerkschaft Kunst. Bundesarchiv der BRD, abgerufen am 27. Dezember 2018.
  5. a b Bernd Herold: "Kurt-W.-Streubel - ein deutscher und europäischer Künstler der Moderne". 2002, ISBN 3-00-010182-9, S. 27–29.
  6. Gerd Dietrich: Kulturgeschichte der DDR. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, 2018, ISBN 978-3-525-30192-0, S. 367 (google.de).
  7. a b c d Siegfried Geissler: Kurt W. Streubel - Versuch einer Beschreibung. 2002, ISBN 3-00-010182-9, S. 35–42.
  8. Staatliches Sinfonieorchester Suhl. Thüringer Staatsarchiv Meiningen, Bestandssignatur 4-82-6511, von 1952–1997, abgerufen am 28. Dezember 2018.
  9. Gedanken und Farbe, Buchmanuskript mit Text und Bildmontagen aus 1949 - 1960. (Nicht mehr online verfügbar.) Kurt W. Streubel, archiviert vom Original am 19. Dezember 2018; abgerufen am 18. Dezember 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.booklooker.de
  10. Einblick in die Stasi-Akten des Künstlers Kurt W. Streubel. Thüringische Landeszeitung, 28. März 2012, abgerufen am 18. Dezember 2018.
  11. Dürerbett-Schlothauer B. W.: Was ißt der Große Indigo? 2002, ISBN 3-00-010182-9, S. 52–53.
  12. a b c d e f g h i j k Bildteil. In: Kurt-W.-Streubel-Restrospektiven im Comptoir-Kunstmagazin. ISBN 3-00-010182-9, S. 60 - 141.
  13. a b Kurt W. Streubel, Auszug Sammlung von Siegfried Geißler. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
  14. Mühlhäuser Museen. Abgerufen am 18. Dezember 2018.
  15. Peter Wurschi: Rennsteigbeat: jugendliche Subkulturen im Thüringer Raum 1952-1989. Böhlau Verlag Köln Weimar, 2007, ISBN 978-3-412-20014-5, S. 166 (google.de).
  16. Kurt W. Streubel | KulTourStadt Gotha. Abgerufen am 10. Juni 2021.
  17. Gotha gedenkt Kurt W. Streubel. Pressemitteilung der Stadtverwaltung Gotha, 11. Mai 2012, abgerufen am 18. Dezember 2018.

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Autor/Urheber: DD-Andrusch, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Eingang zur ehemaligen Wohn- und Arbeitsstätte des Malers, Grafikers und Schriftstellers Kurt W. Streubel am Hauptmarkt 14 in 99867 Gotha. Hier lebte und arbeitete er von 1963 bis 2000. Rechts neben der Eingangstür befindet sich eine ihm gewidmete Erinnerungstafel.