Kristeller-Handgriff

Als Kristeller-Handgriff (Synonym: Kristeller-Manöver, kristellern) bezeichnet man eine Methode, mit der durch wehensynchronen Druck auf das Gebärmutterdach (Fundus uteri) in der Austreibungsphase die Geburt des Kindes beschleunigt werden soll bzw. kann. Der Handgriff darf erst bei den letzten Austreibungswehen bei sichtbarem kindlichen Kopf angewandt werden; unter Geburtshelfern und Hebammen wird er kritisch gesehen: Der Druck auf den Oberbauch wird von der Gebärenden oft als unangenehm empfunden und ist mit medizinischen Risiken versehen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt die Anwendung des Kristeller-Handgriffes nicht: WHO-Experten haben demnach ernsthafte Bedenken, dass Mutter und Baby bei dieser Prozedur zu Schaden kommen können.[1] Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2010 wurde wegen der signifikanten Risiken an mehreren Stellen vor dem Kristellern gewarnt: Da es noch wenig wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur Prozedur gebe, erscheine die Maßnahme bei einer sich komplizierenden Geburt eher wie eine hektische Verzweiflungstat.[2]

Die Methode ist nach dem Gynäkologen Samuel Kristeller (1820–1900) benannt, der sie 1867 beschrieb.

Ausüben eines suprapubischen Drucks (Kristeller-Handgriff; rechte Hand des Geburtshelfers) und Dammschutz; mit linker Hand

Indikationen

  • Auftreten einer Gefahrensituation für das ungeborene Kind (Hypoxie)
  • Erleichterung des Pressens bei Erschöpfung der Mutter i. S. einer Verkürzung der späten Austreibungsperiode
  • Kopfentwicklung im Rahmen des Bracht’schen Manövers bei Beckenendlage
  • Erleichterung der Entbindung per Vakuumextraktion bzw. Zange
  • Veränderter/verzögerter Geburtsverlauf unter Periduralanästhesie
  • (auch bei nicht vollständigem Muttermund) zur Unterstützung anderer Maßnahmen wie bei Amniotomie, Anlegen eines internen Cardiotokogramms (CTG), Mikroblutuntersuchung und Kaiserschnitt.

Absolute Kontraindikationen

  • Verkeilen der kindlichen Schulter hinter dem mütterlichen Schambein (Schulterdystokie, es besteht die Gefahr einer Läsion des Plexus brachialis)
  • Nicht vollständig geöffneter Muttermund und/oder Kopf nicht mindestens Beckenboden/Beckenausgang

Relative Kontraindikationen

Komplikationen/Risiken

  • Abriss des M. levator ani am Schambein (Levatoravulsion)
  • Leberriss (Leberruptur)
  • Brechen von mütterlichen Rippen (Rippenfrakturen)
  • Ablösen des Mutterkuchens (vorzeitige Plazentalösung)
  • Zerreißen der Gebärmutter (Uterusruptur)
  • Auftreten von Damm- und Scheidenrissen
  • Hirnschäden (beim Neugeborenen)
  • Armlähmungen (beim Neugeborenen)

Literatur

Einzelnachweise

  1. WHO | WHO recommendations: intrapartum care for a positive childbirth experience. Abgerufen am 2. August 2018.
  2. Martina Lenzen-Schulte: Geburtshilfe: Der Schein der schönen Geburt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 2. August 2018]).

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Identifier: textbookofpracti00granuoft (find matches)
Title: A text-book of practical obstetrics, comprising pregnancy, labor, and the puerpal state, and obstetric surgery
Year: 1897 (1890s)
Authors: Grandin, Egbert H
Subjects: Obstetrics
Publisher: Philadelphia, Davis
Contributing Library: Gerstein - University of Toronto
Digitizing Sponsor: MSN

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co- 10 0. CD MANAGEMENT OF NORMAL AND ABNORMAL LABOR. 159 uterine segment contracts and the membranes are nipped. Thisis particularly apt to occur where attempts have been made tohurry the third stage or where the uterus has been irritated byover-zealous massage. In the event of the membranes becomingcaught as described, the policy to pursue is to allow the uterusto relax a trifle, when, without difficulty, the membranes emerge.The teaching, that when the placenta has been delivered themembranes should be rolled into a cord in order to enable theirextraction intact, is a common cause of so-called retention andmorbid adhesions of the membranes. The fact is that, whenthe membranes are twisted, if the internal os should close downa portion of the membranes are inevitably torn off. Adherentplacenta and retention of the membranes become very rare asthe physician familiarizes himself with the proper conduct ofthe third stage of labor. Such occurrences are clue either topathological changes

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