Kontakt (Reaktivpanzerung)

T-72B mit Kontakt-1
Schema eines Kontakt-1 Moduls und Wirkungsweise

Kontakt (russisch Контакт) ist eine Reaktivpanzerung aus der Sowjetunion.

Kontakt-1

Die von NII Stali entwickelte Reaktivpanzerung 4S20 Kontakt-1 wurde 1983 bei den sowjetischen Streitkräften eingeführt, nachdem Israel die Blazer-Reaktivpanzerung im Libanonkrieg 1982 erfolgreich eingesetzt hat. Als erster wurde damit der T-64BW und T-80BW ausgerüstet. Es gab aber auch kritische Stimmen denn Kontakt-1 mit dem zusätzlichen Gewicht 1,5 t schützte nur gegen Hohlladungsgeschosse, aber nicht gegen APFSDS-Geschosse.[1] Im Dezember 1984 tauchten die ersten mit Kontakt-1 ausgerüsteten Kampfpanzer der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland auf. Daraufhin entwickelte man im Westen unter Hochdruck Geschosse und Panzerabwehrlenkwaffen mit Tandemhohlladungen.[2]

Ein Kontakt-1 Modul besteht aus 3 mm starken Wänden aus Stahl und hat eine Grundfläche von 314 × 148 mm. Die meisten Kontakt-1 Module enthalten zwei 4S20 reaktive Elemente, manche nur eins. Ein Kontakt-1 Modul wiegt mit zwei 4S20-Elementen ohne Befestigungsmaterial 5,7 kg. Etwa 150 Module werden pro Panzer gebraucht, die genaue Anzahl hängt vom Modell ab.

Die Maße einer 4S20-Elements sind 252 × 130 × 10 mm. Das Element besteht aus zwei 2 mm dicken Stahlplatten mit dazwischen einer etwa 6 mm dicken Sprengstoffschicht; genaue Angaben variieren in verschiedenen Quellen etwas. Das Gewicht beträgt 1,35 kg, davon entfallen 260 g auf den Sprengstoff PVV-5A mit einem TNT-Äquivalent von 280 g.

PVV-5A ist ein Plastiksprengstoff aus 90 % RDX sowie Polyisobutylen. Die Eigenschaft dieses Sprengstoffes ist, dass er empfindlich auf Hitze reagiert, aber unempfindlich gegen Schlag ist. Dieses stellt sicher, dass der Metallstrahl eines Hohlladungsgeschosses diesen für die erforderliche Gegenexplosion entzündet, aber dass Beschuss mit Kleinwaffen-Projektilen keine Explosion auslöst. Durch diese Eigenschaft lösen aber auch panzerbrechende Pfeilwuchtgeschosse keine Explosion des Sprengstoffs aus.

Kontakt-1 soll einen Panzerungsäquivalenz zu 400 mm RHA bieten, wenn es von einem gewöhnlichen Hohlladungsgeschoss getroffen wird. Durch die zwei schräg zueinander angeordneten reaktiven Elemente bietet Kontakt-1 den Schutz im größeren Winkelbereich als die Blazer-Panzerung. Im Vergleich zu der Blazer-Panzerung, bewährten sich die kleineren Abmessungen der Kontakt-1 Module.

Die Stahlwände des eines Kontakt-1 Block schirmen die 4S20 reaktiven Elemente gegen die Explosion eines benachbarten Blocks ab, so dass es zu keiner unerwünschten Kettenreaktion kommt. Zwar löst der Metallstrahl des Hohlladunggeschosses nur die Explosion eines Kontakt-1 Moduls aus, doch die starke Explosion der Hohlladung reißt in der Regel weitere Module von der Panzerung ab.

Die 4S20 reaktive Elemente können aus den Kontakt-1 Modulen herausgenommen werden; dieses wird als Vorbereitung für die Einlagerung des Fahrzeuges gemacht.[3][4][5]

Kontakt-5

Indischer T-90 mit Kontakt-5-Reaktivpanzerung

Wegen der Unzulänglichkeiten von Kontakt-1 entwickelte NII Stali die Reaktivpanzerung zu Kontakt-5 weiter, damit diese auch APFSDS-Geschosse abwehrt. Außerdem ist Kontakt-5 nicht nur Zusatzpanzerung, sondern deutlich integrierter in das Fahrzeug. Die Kontakt-5 Module haben eine deutlich dickere Stahloberseite. Je nach Modul stecken dort ein bis zwei 4S22 reaktive Elemente. Der Sprengstoff eines 4S22 Elements hat das TNT-Äquivalent von 330 g.[5] Er ist auch empfindlicher, damit auch panzerbrechende Geschosse ihn zur Explosion bringen.[6] Die Funktionsweise von Kontakt-5 besteht in stärkerer Gegenexplosion sowie einer dickeren Stahlschicht, welche dem Pfeilgeschoss entgegengeschleudert wird und dieses bricht oder verbiegt. Dieses führte dann wiederum zur verstärkten Pfeilgeschossen.[5]

Kontakt-5 wurde erstmals 1985 an einem T-80U beobachtet. Später wurden auch die Panzer T-72B, T-84 und T-90 mit Kontakt-5 ausgestattet. Zudem können auch die Panzermodelle T-55, T-62 und der BMP-3 mit Kontakt-5 ausgerüstet bzw. aufgerüstet werden. Laut Hersteller handelt es sich bei Kontakt-5 um den ersten Typ von Reaktivpanzerung, der Panzerfahrzeuge auch gegen Tandemhohlladungen wirksam schützt.

  • Gesamtmasse der Kontakt-5-Reaktivpanzerung: 2,8 – 3,0 t
  • Schutzwirkung (RHA-Äquivalent):
    • gegen APFSDS: 200 mm
    • gegen Hohlladung (HEAT): 600 mm[7]

Weiterentwicklungen

Eine Weiterentwicklung der Kontakt-5-Panzerung ist die Reaktivpanzerung vom Typ 4S23/4S24 Relikt. Diese soll gegenüber Kontakt-5 die doppelte Schutzwirkung besitzen. Des Weiteren existiert die integrale Reaktivpanzerung vom Typ Kaktus desselben Herstellers.

Einzelnachweise

  1. Soviet/Russian Armor and Artillery Design Practices: 1945-1995, Marine Corps Intelligence Activity, 1995, S. I-83 [1]
  2. Soviet/Russian Armor and Artillery Design Practices: 1945-1995, Marine Corps Intelligence Activity, 1995, S. I-101 [2]
  3. Kontakt-1, Tankograd
  4. Fei Hao et al: Influence of Modified Energetic Materials on the Protective Effect of Reactive Armor, Journal of Physics, Ser. 1855 012028 doi:10.1088/1742-6596/1855/1/012028, 2021, S. 2
  5. a b c Explosive Reactive Armor - some history, some types, "Below The Turret Ring", 28. April 2016
  6. 4S22U Explosive reactive armour elements, Ukrainian Advanced Microtechnologies named after V.O.Khytryk (UAM), 2018
  7. Soviet/Russian Armor and Artillery Design Practices: 1945-1995, Marine Corps Intelligence Activity, 1995, S. I-103; I-36 [3]

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Indian Army Armoured Corps T-90 main battle tank (Original caption: Pic from the Armoured Corps firepower demo I saw in Jan '06. T90S 'Bhishma' Main Battle Tank on an elevated platform being introduced to the audience.)