Kolossalordnung

Konservatorenpalast in Rom
Kolossalordnung am Palazzo Saporiti in Mailand
Superposition an der Jesuitenkirche (Wien); Pilaster von unten nach oben mit dorischen, ionischen und korinthischen Kapitellen (barock abgewandelt)

Die Kolossalordnung (auch Große Ordnung) ist ein Begriff aus der Architektur. Er besagt, dass an einem Gebäude eine Ordnung, nämlich eine Säulen-, Halbsäulen-, Pfeiler- oder Pilasterordnung zwei oder mehr Geschosse übergreift. Sie besteht somit immer aus vertikalen Baugliedern mit Basis und Kapitell.

Geschichte und Verwendung

In der klassischen, aus der klassischen Antike abgeleiteten Architektur regiert üblicherweise eine Ordnung nur ein Geschoss. Hat ein Bauwerk mehrere Geschosse, werden mehrere Ordnungen geschossweise übereinandergestellt, in der Reihenfolge dorisch, ionisch, korinthisch (wie zum Beispiel in Innenhof des Palazzo Farnese in Rom), so nennt man diese Ordnung Superposition. Doch sind bereits in der spätrömischen Baukunst Vorstufen der Kolossalordnung zu finden. In der Neuzeit wird die Kolossalordnung, hauptsächlich von Michelangelo und Palladio entwickelt, zu einem wichtigen Element der Fassadengestaltung, zunächst vor allem in der italienischen Renaissance: die einer Fassade vorgesetzten Säulen ziehen sich über mehrere Geschosse und tragen ein meist wuchtiges Kranzgesims. Ein frühes, bedeutendes Beispiel ist Michelangelos Konservatorenpalast auf dem Kapitol in Rom. In der durch Renaissance und Barock geprägten Palastarchitektur begegnet häufig die Kolossalordnung oberhalb einer podiumsartigen Erdgeschosszone (Ostfassade des Louvre in Paris, Ehrenhoffassade der Würzburger Residenz, Buckingham Palace, London).

Verwendet wurde die Kolossalordnung in allen Architekturepochen und Stilrichtungen, die sich auf die antike Baukunst beziehen: Renaissance, Palladianismus, Barock und Rokoko, Klassizismus um 1800, Bauten in klassischen Formen im Historismus des 19. Jahrhunderts, Neoklassizismus des 20. Jahrhunderts, in zitathafter Verwendung auch in der Postmoderne.

Literatur

  • Monika Melters: Kolossalordnung. Zum Palastbau in Italien und Frankreich zwischen 1420 und 1670. Berlin u. a. 2008.

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Wien - Universitätskirche (1).JPG
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Die Universitätskirche bzw. neue Jesuitenkirche am Dr.-Ignaz-Seipel-Platz neben der alten Universität im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt.
Die Kirche wurde an der Stelle einer Kapelle um 1625 errichtet und erhielt ihre heutige Gestalt Anfang des 18. Jahrhunderts, indem unter anderem die Türme errichtete und neu fassadiert wurde. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 ging die Kirche in den Besitz des Staates über. Nach der Wiederzulassung (1814) sind seit 1856 wieder Jesuiten in der Kirche tätig.