Knotenmuster

Knotenmuster sind typisch für die darstellende Kunst des frühen und hohen Mittelalters, besonders in Italien und auf den Britischen Inseln. Sie werden oft als Keltischer Knoten oder keltisches Muster bezeichnet (englisch celtic design oder celtic patterns). Wichtige Beispiele sind das Book of Durrow, das Lindisfarne-Evangelium und das Book of Kells.

Spätantikes Flechtband aus Split, Dalmatien

Herleitung

John Romilly Allen (1847–1907)[1] leitete die Knotenmuster auf den Britischen Inseln von italienischen Vorbildern des 5. und 6. Jahrhunderts ab. Lethaby[2] sah den Ursprung der italienischen und angelsächsischen Knotenmuster in den Mustern koptischer Textilien, von denen er annahm, dass sie koptische Christen nach Großbritannien gebracht haben. Er verweist auf Knotenmuster auf frühen arabischen Seidentextilien, die er ebenfalls auf koptische Vorbilder zurückführt. Nach Jacques Guilmain dürften wichtige Anregungen für das Book of Durrow von heidnischer, keltischer und germanischer sowie koptischer Kunst ausgegangen sein[3]. Weiterreichende Schlüsse auf kulturelle Beziehungen, die auf derartigen ornamentalen Ähnlichkeiten beruhen, und in der Wissenschaftsgeschichte mehrfach vertreten wurden, werden inzwischen sehr kritisch bewertet.[4]

Geschichte

Mit Einsetzen des Christentums werden in Irland und Schottland vor allem Cross-Slabs (Aberlemno, St. Madoes Cross-Slab), Grabsteine, Hochkreuze, Schalen, Schmuckstücke, Sättel, Schwertgriffe und -scheiden sowie Teller mit Knotenmustern verziert. Die Muster werden auch in Handschriften verwendet, das bekannteste Werk ist das irische Book of Kells.

Thesen zur Entstehung

Nach Nylén sind die mit Borten aus Knotenmustern verzierten gotländischen Bildsteine ein fragmentarischer Teil einer frühmittelalterlichen Formenwelt, die vor allem auf Holz und Textil dargestellt war. HierogrammeAmulette und Talismane – hätten in der vorgeschichtlichen Vorstellungswelt eine wichtige Rolle gespielt. An den Borten der Bildsteine könne man erkennen, dass der größere Teil nach einem bestimmten System mit zielbewusster Absicht ausgeformt worden sei. Bei der Gestaltung der Borten habe wahrscheinlich die Textilkunst als Vorbild gedient. Färbe man die Musterstränge unterschiedlich ein, könne man dem Spiel der Linien und den phantasievollen Verflechtungen leichter folgen. Wandteppiche wie die von Oseberg und Härjedalen könnten ebenfalls als Vorbilder gedient haben. Viele Zeichen auf den Steinen hätten „Unendlichkeitscharakter“, bei denen eine Linie oder ein Band nie ende, sondern zu sich zurückkehre. Es seien Knoten und Räder, Sterne und Kreuze, demnach Symbole, die jedes für sich eine wohlbekannte Bedeutung gehabt hätten, als Zeichen für Mächte und Göttergestalten – gute und schlechte, je nach Absicht und Zusammenhang in der Bilderwelt der Steine.[5] Es gibt, insbesondere auf Gotland und Öland, auch Reliefrunensteine mit Knotenmustern (Reliefrunensteine in Löts kyrka).

Muster

Trotz einiger Änderungen über die Zeit sowie regionaler Ausprägungen gibt es Grundmuster, und alle Knotenmuster folgen strengen geometrischen Regeln. Die Grundmuster (basic patterns) sind:

Auf diesen vier Grundmustern basieren auch die ab Mitte des 5. Jahrhunderts auftauchenden verzierten Buchstaben, der Lebensbaum und Muster mit Fabelwesen. Die Muster werden mehr oder weniger beliebig miteinander kombiniert.

Keltischer Knoten

Unter keltischen Knoten versteht man Bandflechtmuster, die folgenden Voraussetzungen entsprechen:

  • Flecht-Charakter: Der Bandverlauf erfolgt optisch immer oben herüber und danach wieder unten hindurch.
  • Der Bandverlauf ist endlos: Das Band schließt sich. Manchmal finden sich an den Eckpunkten der Bänder figürliche Darstellungen. Bei der Dreieckigen Ausführung sind zwei geschlossene Bänder ineinander verschlungen.

Labyrinthmuster

Labyrinthmuster bilden im Gegensatz zu den Knoten- oder Flechtwerkmustern immer einen durchgehenden Weg ohne Kreuzungen.

Knoten- und Flechtwerkmuster

Die nordische Variante des Knotenstils ist der germanische Tierstil mit seinen verschiedenen Stilen. Er wird aber sparsamer und oft nur als Randdekor eingesetzt.

Siehe auch

Literatur

  • Erik Nylén, Jan Peder Lamm: Bildsteine auf Gotland. Wachholtz, Neumünster 1981, ISBN 3-529-01823-6 (2. erweiterte und komplettierte Ausgabe. ebenda 1991).
  • George Bain: Celtic Art. The Methods of Construction. Dover Publications, New York 1973, ISBN 0-486-22923-8.
  • Courtney Davis: Celtic Designs and Motifs. Constable u. a., London u. a. 1991, ISBN 0-486-26718-0.

Einzelnachweise

  1. J. Romilly Allen: Celtic art in pagan and Christian times (= The Antiquary's books). Methuen, London 1904 (Nachdruck. Bracken Books, London 1994, ISBN 1-85891-075-7).
  2. William R. Lethaby: The Origin of knotted ornamentation. In: The Burlington Magazine for Connoisseurs. Vol. 10 = No. 46, January 1907, ISSN 0951-0788, S. 256.
  3. Jacques Guilmain: The Geometry of the Cross-Carpet Pages in the Lindisfarne Gospels, in: Speculum 62,1 (1987) 21–52.
  4. Suzana Hodak: Ornamentale Purpurwirkereien. De variis purpureis segmentis, paragaudis, clavis et ceteris ornamentis cum ornamento. Band 1: Text (= Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients, Bd. 19), Wiesbaden 2011, S. 71–74.
  5. Erik Nylén, Jan Peder Lamm: Bildsteine auf Gotland. 2. erweiterte und komplettierte Ausgabe. Wachholtz, Neumünster 1991, S. 64.

Weblinks

Commons: Keltische Knoten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Spaetantikes Flechtband
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Inskriften lyder: Ingegärd lät (resa stenen efter?) Holmfrids man och Djärvs broder. Balle ristade.

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Kategori: Runristning/runsten
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Keltischer Knoten
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Folio 27r from the Lindisfarne Gospels, incipit to the Gospel of Matthew. The main text contains the first sentence of the Gospel According to Saint Matthew: "Liber generationis Iesu Christi filii David filii Abraham" ("The book of the generation of Jesus Christ, the son of David, the son of Abraham").

The first line contains the word "liber" ("the book") with illuminated letters in insular majuscule; the first three letters ("lib") are much more ornate than the last two ("er") in white. The next two lines are in runic capitals (i.e. Latin letters in a rune-inspired script, also seen in the Book of Nunnaminster for example): the first of these lines partially contains the word "generationis" ("generation" in the genitive case) as "-onis" appears in the next line, followed by the contracted form of "Iesu", namely "Ihu" with a tilde on the "h"; this type of contraction is called a nomen sacrum.

The last line is in insular majuscule and begins with another nomen sacrum, the contraction "χρi" with a tilde, meaning "Christi". This is followed by a more compressed series of words. The first is "filii" ("son", genitive) with an "fi" ligature and a letter "l" with two stacked "i" letters on its leg. Then "David" is seen and is formed with a letter "d" with an "a" stacked on a "v" in its counter followed by "id". After that, "filii" is present again, however this time the "fi" ligature is replaced with the Greek letter phi (φ) due to its phonetic similarity. The last word is "Abraham", which is split into two lines.
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Detail from Folio 124 recto of the Book of Kells
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Knotenmuster auf Grabstein (Glasgow Necropolis)
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Fornsalen Museum, Visby ( Gotland ). Bildstein mit Schleifenquadrat.
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Croatian wattle. Includes triquetra or trefoil knot (lower left) and Solomon's Knot (in loop at upper right).
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Knotenmuster auf Grabstein (Glasgow Necropolis)
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A simple Celtic knot with doubled threads. The design is taken from an ornament in the Lindisfarne Gospels, fol. 211r, where it appears at the base of the P of principium in the opening phrase of the Gospel of John, IN Principium erat uerbum.