Kesselbach (Rabenau)

Kesselbach
Gemeinde Rabenau
Koordinaten: 50° 40′ 8″ N, 8° 52′ 26″ O
Höhe: 237 m ü. NHN
Fläche:5,06 km²[1]
Einwohner:598 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte:118 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Oktober 1970
Postleitzahl:35466
Vorwahl:06407

Kesselbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Rabenau im mittelhessischen Landkreis Gießen.

Geographie

Kesselbach liegt im Tal der Lumda etwa bei 260 m.ü.NHN. Die Lumda durchfließt den Ort. Im Bereich des Ortes mündet der Kesselbach in die Lumda. Nördlich des Orts befindet sich der bewaldete Höhenrücken Kohlenberg (337 m.ü.NN bis 340 m.ü.NHN). Geologisch besteht der Untergrund hier aus Basalten. Südlich des Ortes steigt das Gelände vom Lumdatal langsam Richtung Allertshausen an. Hier liegen überwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Im Nordwesten geht die Bebauung von Kesselbach fließend in die von Londorf über. Die übrigen Nachbarorte von Kesselbach sind von Londorf im Uhrzeigersinn beginnend: Rüddingshausen (Gemeinde Rabenau), Weitershain (Stadt Grünberg), Odenhausen und Allertshausen (beide Gemeinde Rabenau). Alle Nachbarorte liegen im Landkreis Gießen.

Geschichte

Überblick

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Kesselbach erfolgte im Jahr 1291, als dortige Güter an das Kloster Arnsburg verkauft wurden.[1] Der Ortsname leitet sich nach volkstümlicher Überlieferung aus der römischen Zeit vom lateinischen Wort Kastell ab. Andere Quellen vermuten, das der Name vom „Kesselbach“ stammt, der durch den Ort fließt.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Kesselbach:

„Kesselbach (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt an der Churhessischen Grenze, 214 St. von Grünberg, und gehört der Freiherrlichen Familie von Nordeck zur Rabenau. Der Ort hat 65 Häuser und 400 Einwohner, die außer 24 Juden evangelisch sind, und unter welchen sich 39 Bauern, 11 Handwerker und 7 Taglöhner befinden. Sodann hat Kesselbach 1 Kirche, 1 Schulhaus, 1 Papier- und 1 Mahl- und Oelmühle. Im Jahr 1822 hat die Patrimonialgerichtsherrschaft die Polizei-Verwaltung an den Staat abgetreten.“[3]

Die bis dahin selbständigen Gemeinden Kesselbach und Londorf fusionierten zum 1. Oktober 1970 im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur neuen Gemeinde Rabenau.[4] Am 31. Dezember 1971 wurden die Gemeinden Allertshausen, Geilshausen, Odenhausen und Rüddingshausen eingegliedert.[5] Für die Orte Kesselbach und Londorf wurde ein gemeinsamer Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[6] Als Verwaltungssitz wurde das größere Londorf bestimmt.

Staats- und Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten, in denen Kesselbach lag, sowie deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]

Gerichtszugehörigkeit seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Kesselbach das „Patrimonialgericht der Freiherren Nordeck zur Rabenau“ in Kesselbach zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übertragen. 1822 traten die Freiherren Nordeck zur Rabenau ihre Rechte am Patrimonialgericht Londorf an das Großherzogtum Hessen ab.[14]Landgericht Grünberg“ war daher von 1822 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Kesselbach zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Kesselbach wurde dem Amtsgericht Gießen zugelegt.[16] Vom 1. Januar 1977 bis zum 1. August 1979 trug das Gericht den Namen „Amtsgericht Lahn-Gießen“, wurde dann jedoch mit der Auflösung der Stadt Lahn wieder in „Amtsgericht Gießen“ umbenannt.

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Kesselbach 606 Einwohner. Darunter waren 12 (2,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 102 Einwohner unter 18 Jahren, 240 zwischen 18 und 49, 141 zwischen 50 und 64 und 123 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 249 Haushalten. Davon waren 69 Singlehaushalte, 75 Paare ohne Kinder und 90 Paare mit Kindern, sowie 16 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 54 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 159 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]

Einwohnerentwicklung

• 1577:031 Hausgesesse[1]
• 1669:108 Seelen[1]
• 1742:041 Untertanen, 12 Junge Mannschaften, 9 Beisassen/Juden[1]
• 1806:339 Einwohner, 61 Häuser[12]
• 1829:400 Einwohner, 65 Häuser[3]
• 1867:254 Einwohner, 69 Häuser[18]
Kesselbach: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2015
Jahr  Einwohner
1800
  
320
1806
  
339
1829
  
400
1834
  
408
1840
  
432
1846
  
438
1852
  
473
1858
  
404
1864
  
411
1871
  
421
1875
  
406
1885
  
392
1895
  
429
1905
  
441
1910
  
445
1925
  
477
1939
  
474
1946
  
750
1950
  
785
1956
  
719
1961
  
691
1967
  
684
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2005
  
660
2010
  
628
2011
  
606
2015
  
630
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Rabenau[2]; Zensus 2011[17]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1830:376 evangelische (= 94,0 %), 24 jüdische (= 6,0 %) Einwohner[1]
• 1961:536 evangelische (= 77,5 %), 123 katholische (= 17,8 %) Einwohner[1]

Historische Erwerbstätigkeit

• 1961:Erwerbspersonen: 83 Land- und Forstwirtschaft, 156 Produzierendes Gewerbe, 51 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 32 Dienstleistungen und Sonstiges.[1]

Politik

Kesselbach und Londorf haben einen gemeinsamen Ortsvorsteher. Ortsvorsteher Dirk Waldschmidt (BfRab).[19]

Infrastruktur

Durch Kesselbach verlaufen keine Fernstraßen. Die nächste Anschlussmöglichkeit an die BAB 5, Abschnitt GießenAlsfeld, ist die 7 Kilometer entfernte Abfahrt Grünberg. Die nächste Anschlussmöglichkeit an die B 3, Abschnitt Gießen – Marburg, besteht im 13 Kilometer entfernten Staufenberg.

Der Ort hat keinen direkten Anschluss an das Eisenbahnnetz. Der nächste Bahnhof ist im 12 Kilometer entfernten Grünberg.

Als Kindergarten und Grundschule für Kesselbach dienen die Einrichtungen in Londorf. Der Ort verfügt über ein eigenes Dorfgemeinschaftshaus und einen Rasen-Fußballplatz.

Weblinks

Commons: Kesselbach (Rabenau) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Grünberg; 1822 ging die Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Nordeck zur Rabenau an das Landgericht über) und Verwaltung.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j Kesselbach, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 1. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Gemeinde Rabenau – Einwohnerstatistik. In: gemeinde-rabenau.de. Abgerufen am 7. September 2021.
  3. a b Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 140 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Zusammenschluss der Gemeinden Kesselbach und Londorf im Landkreis Gießen zur Gemeinde „Rabenau“ vom 5. Oktober 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 42, S. 2016, Punkt 1850 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,2 MB]).
  5. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 307.
  6. Hauptsatzung. (PDF; 21 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Rabenau, abgerufen im November 2021.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Die Zugehörigkeit des Amtes Allendorf an der Lumda anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  10. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 174 (Online in der HathiTrust digital library).
  11. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 223 (Online in der HathiTrust digital library).
  13. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 413 (online bei Google Books).
  14. Die Abtretung der Patrimonal-Gerichtsame der Freiheeren von Nordeck zur Rabenau in dem Lohndorfer Grund, zur Ausübung durch den Staat betr. vom 4. März 1822. In: Großherzogliches Ministeriums des Inneren und der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1822 Nr. 15, S. 179 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 36,0 MB]).
  15. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  16. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  17. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 8 und 48; ehemals im Original;.@1@2Vorlage:Toter Link/statistik.hessen.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  18. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 46 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Gemeinde Rabenau: Ortsbeiräte von Allertshausen, abgerufen im Januar 2017.

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Wappen von Londorf, Ortsteil von Rabenau