Kemnader See

Kemnader See
Kemnader See mit Blick nach Osten
Kemnader See mit Blick nach Osten
Kemnader See mit Blick nach Osten
ZuflüsseRuhr, Oelbach
Größere Städte in der NäheBochum, Hattingen und Witten
Kemnader See (Nordrhein-Westfalen)
Kemnader See (Nordrhein-Westfalen)
Koordinaten51° 25′ 23″ N, 7° 15′ 59″ O
Daten zum Bauwerk
Bauzeit1976 – 1979
Daten zum Stausee
Höhenlage (bei Stauziel)72 m ü. NN
Wasseroberfläche1,25 km²dep1
Stauseelänge3 kmdep1
Stauseebreite420 m i. M.dep1
Speicherraum3 Mio. m³
Besonderheiten

Fischtreppe und Bootsgasse neben der Staustufe

Blick vom Stauwehr
Planung des Stausees aus dem Jahr 1933
Zeche Gibraltar
Bochum – Kemnader Straße – Kemnader See – Stauwehr – Bootsgasse (Stauwehrbrücke)

Der Kemnader See liegt zwischen Bochum, Hattingen und Witten. Er ist der jüngste von sechs Ruhrstauseen. Der Bau des Stausees war Teil der Planungen[1] der Ruhr-Universität. Er wurde vom Ruhrverband angelegt und 1979 fertiggestellt. Der Inhalt beträgt etwa drei Millionen Kubikmeter Wasser bei einer mittleren Höhe von 2,4 Metern. Den See umgeben Wander- und Radwege. Der Rundweg um den Stausee ist etwa acht Kilometer lang.

Der Kemnader See gehört zur Themenroute 12 – Geschichte und Gegenwart der Ruhr und zur Themenroute 29 – Bochum – Industriekultur im Herzen des Reviers der Route der Industriekultur.

Geschichte und Bau

In der Zeche Gibraltar am westlichen Ufer des Sees wurde in den Jahren 1786 bis 1925 Steinkohle gefördert. Eine Gedenktafel an einem Gebäude der Zeche, heute das Bootshaus der Ruhr-Universität Bochum, erinnert daran, dass sich hier während der Zeit des Nationalsozialismus eine der ersten KZ-Außenstellen Bochums und ein Folterraum der Wittener NSDAP befand.

Bereits 1929 wurde aus wasserwirtschaftlichen Gründen geplant, die Ruhr zwischen Haus Herbede und Haus Kemnade zu stauen. Schnell war auch eine Naherholung im Gespräch.[2] Jedoch scheiterten damals die Fürsprecher des Projektes. Eine Neuauflage zur NS-Zeit sah einen verkleinerten Stausee von der alten Fähre in Stiepel bis zur ehemaligen Zeche Gibraltar vor.[3] Auch dieser Plan wurde nicht umgesetzt.

Nachdem 1962 die Ruhr-Universität Bochum gegründet worden war, waren Pläne für ein Naherholungsgebiet gefragt. 1966 wurde die Entwicklung von Projekten zur Stauung vom Land Nordrhein-Westfalen aufgerufen; der erste Spatenstich erfolgte am 21. Mai 1976.[4] Als Erstes wurden die späteren Seeufer angelegt, indem man Spundwände ins Erdreich rammte. Innerhalb von drei Jahren wurden drei Millionen Kubikmeter Erde – die spätere Staumenge – abgebaut und ein Wehr am Südufer errichtet.

Am 1. September 1979 erfolgte die Einweihung des Sees mit einem großen Volksfest in Beisein des Regierungspräsidenten Grünschläger und Landesinnenminister Burkard Hirsch.[5] Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht alle Bauarbeiten abgeschlossen, so fehlte u. a. die Brücke über dem Wehr und Anlagen im südlichen Uferbereich waren noch im Bau. Am 18. September 1980 erfolgte mit einem Leinpfadfest und einem Fest für Wassersportler eine Übergabe des Freizeitzentrums Kemnade.[6]

Wasserkraftwerk

Im Oktober 2009 wurde bekannt, dass der Ruhrverband am Kemnader See ein Wasserkraftwerk errichtet. Baubeginn war im Frühjahr 2010. Das Kraftwerk, das mit einer Kaplanturbine arbeitet, erzeugt bis zu 3,5 Millionen Kilowattstunden Strom jährlich.[7] Während der 20-monatigen Arbeiten war der Rundweg über das Wehr gesperrt. Die Arbeiten wurden im Oktober 2011 beendet und das Kraftwerk in Betrieb genommen. Es liefert Energie für umgerechnet 1200 Haushalte.[8]

Wasserwirtschaft

In den See mündet der Oelbach, der, aus dem Bochumer Süden kommend, zuvor geklärte Abwässer aus den Stadtteilen Langendreer, Werne, Querenburg und Steinkuhl mit sich führt. Der See wurde zur Regulierung der Wassermengen der Ruhr und zur Verbesserung der Wasserqualität angelegt – die Schwebeteilchen sollen darin absinken.

Am südlichen Ufer neben dem Wehr befindet sich eine Bootsgasse, die Kanus und Ruderbooten die Passage der Staustufe ermöglicht. Mit dem Bau des Kraftwerks wurde eine Fischtreppe am nördlichen Ufer neben dem Wehr errichtet. Ein Bypassrohr ermöglicht kleineren Fischen den Weg flussabwärts durch die Turbine.

Naherholung

Sportboothafen in Heveney
Die Ruhr-Universität hoch über dem See gelegen

Der See erlangte bald nach seiner Eröffnung auch als Naherholungsgebiet eine hohe Beliebtheit. Die parallel verlaufende A 43 (freigegeben 1971) und Stromleitungen am südöstlichen Ufer beeinträchtigen allerdings teilweise den Reiz des Rundwegs. In den zurückliegenden Jahren waren die nahegelegenen Parkplätze an den Wochenenden oftmals überfüllt (der See ist noch nicht optimal an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden) und auf den Rundwegen kam es sogar zu Unfällen zwischen Fußgängern, Radfahrern und Inlineskatern.

Aufgrund der hohen Besucherzahlen wurde zwischenzeitlich überlegt, einen weiteren See flussabwärts bei Hattingen anzulegen. Andererseits stellt dort der Fluss mit seinen Buhnen und Wanderwegen auch jetzt eine reizvolle Landschaft dar.

Das Projekt einer Verlängerung der von Schloss Strünkede in Herne bis kurz hinter die Ruhr-Universität Bochum führenden Stadtbahn-Linie U35 der BOGESTRA wurde wegen Diskussionen um eine naturschonende Trassenführung und aufgrund der unterschiedlicher Spurweiten von U35 und der Straßenbahn bislang nicht verwirklicht. Planungen, die Linie 310 von Heven bis zum Freizeitzentrum Kemnade zu verlängern, sind im Rahmen der Integrierten Gesamtverkehrsplanungen abgelehnt[9] worden. Derzeit wird der Kemnader See von Bochum und Hattingen durch die Buslinie 350 erschlossen. Von der Wittener Seite verkehrt die Buslinie 320 und sichert direkte Anschlüsse nach Herbede, Durchholz, Sprockhövel sowie in die Wittener Innenstadt, zum Wittener Hauptbahnhof und zum Bahnhof Witten-Annen Nord. Werktags verbindet die 320 den See auch mit der Ruhr-Universität. Durchgängig verkehrt die Linie 375 von Witten aus durch das Lottental zur Universität. Außerdem wird diese Linie von Mai bis Anfang Oktober immer sonn- und feiertags durch die 376 verstärkt.

Freizeitmöglichkeiten

Die MS Schwalbe II ist eines der Fahrgastschiffe auf dem See

Der See wird zum kleinen Teil auch für Segelboote genutzt, die Regattarinne setzt sich jedoch regelmäßig mit Sedimenten zu. Beim Surfen ist darauf zu achten, das Ruhrwasser nicht zu schlucken, es drohen Durchfall und andere Erkrankungen. Aus diesem Grunde ist auch Schwimmen im Wasser nicht zu empfehlen. Das Sportinstitut der Ruhr-Universität bietet seinen Studenten hier eine Vielfalt an Ruderbooten an. Ein Tretbootverleih für die Naherholung suchenden Besucher rundet das Angebot ab.

In der unmittelbaren Umgebung des Sees befinden sich zahlreiche Freizeiteinrichtungen und Sehenswürdigkeiten. Das Freizeitbad Heveney, eine Kite- und Strandsegelschule, das StrandDeck Kemnade, eine Beachvolleyballhalle, ein Golfplatz und ein Segelhafen liegen am Beginn des Sees. In der Nähe des Stauwehrs befinden sich das Wasserschloss Haus Kemnade (mit Museen), das Vereinsheim eines Angelvereins und ein inoffizieller Treffpunkt von Flugdrachenliebhabern. Ein 12 km langer, vom Rad- und Wanderweg getrennter und abends beleuchteter Skaterrundkurs führt um den See. Zwei Vereine (SFV Witten und ASV Bochum Ruhr 1935 e. V.) nutzen den See zum Fischen; sie geben auch Gastkarten heraus. Der Fischbestand reicht von Aal über Brassen, Karpfen, Rotaugen bis zu Zander.

Auf dem See und der Ruhr verkehren auch Fahrgastschiffe. In Witten legt das Fahrgastschiff MS Schwalbe II an folgenden Stellen an: Bommern Uferstraße, Zeche Nachtigall, Burgruine Hardenstein, Schleuse Herbede, Herbede Lakebrücke und Freizeitbad Heveney. Am Freizeitbad Heveney gibt es die Möglichkeit zur Weiterfahrt mit dem Ausflugsboot Kemnade bis zum Wehr am unteren Ende des Sees.

Am Rundweg um den See befindet sich das Stollenmundloch des Gibraltar Erbstolln hinter dem Hauptgebäude der Zeche Gibraltar, dem heutigen Bootshaus am westlichen Ufer. In fußläufiger Entfernung zum See liegen die Stiepeler Dorfkirche, die Burg Blankenstein, das Naturschutzgebiet Katzenstein sowie der Ortsteil Herbede der Stadt Witten. Gastronomie, zwei Bootsverleihe, Spielplätze, der historische Teil der Ruhrtal-Bahn, ein wöchentlicher Kinderflohmarkt und regelmäßige Open-Air-Veranstaltungen ergänzen das Freizeitangebot.

Artenvielfalt und Probleme mit invasiven Arten

Bei einer Untersuchung der Artenvielfalt am Kemnader See 2014 wurden im Zeitraum von 24 Stunden 839 Pflanzen-, Tier- und Pilzarten festgestellt, von denen 35 in der Roten Liste der gefährdeten Arten Nordrhein-Westfalens geführt werden.[10]

An der Ruhr in der Umgebung des Sees sind fischfressende Vögel wie Kormoran, Eisvogel und Graureiher keine Seltenheit mehr. Am Flussufer kann man die Schalen von bis zu 10 cm großen Süßwassermuscheln finden.

Im Jahr 2001 erreichte die aus Nordamerika und Kanada stammende ruhrabwärts wandernde Wasserpest (Elodea canadensis und Elodea nuttallii) den See.[11] Sie benötigt Licht bis zum Seegrund und ist somit ein Anzeiger für gute Wasserqualität, gedeiht hier aber zu gut. Sie überwuchert Lebensraum von heimischen Pflanzen und Tieren und kann auch in den Turbinen des Wasserkraftwerkes zum Problem werden. Zu ihrer Bekämpfung wurde sogar eine vorübergehende Trockenlegung über den Winter erwogen, die nur einen kurzfristigen Erfolg, ansonsten aber zu viele ökologische Nebenwirkungen gehabt hätte. Auf dem See überwintern viele Wasservögel.

Zunehmende Probleme machen seit einigen Jahren Kanadagänse und Nilgänse.[12] Sie vermehren sich auch in Bochum massenhaft. Die von den Neozoen hinterlassenen großen Kotmengen machen eine Nutzung betroffener Liegewiesen oft unmöglich und stellen bei Nässe auch eine Rutschgefahr auf Wegen und Treppen dar.[13]

Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Schoppmeyer: Witten. Geschichte von Dorf, Stadt und Vororten. Band 2. VOHM, Witten 2012, ISBN 978-3-00-040266-1, S. 314–315.

Weblinks

Commons: Kemnader See – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Kemnader See – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Bochumer Jahresschau 1964: Film im Artikel Minute 4:53. 1964, abgerufen am 15. Juni 2018.
  2. Eine Oelbach - Stauseegemeinschaft. In: Bochumer Anzeiger. 1. Januar 1929 (zeitpunkt.nrw [abgerufen am 21. April 2023]).
  3. So sieht der Bochumer Stausee aus. In: Bochumer Anzeiger. 9. Dezember 1933 ([1] [abgerufen am 21. April 2023]).
  4. Ruhr-Nachrichten Gesamtausgabe, 22. Mai 1976
  5. Bericht in den Bochumer Themen 1979
  6. Bericht in den Bochumer Themen 1980
  7. Ruhr-Nachrichten. 13. Oktober 2009: Ruhrverband baut Wasserkraftwerk am Kemnader See
  8. Ruhr-Nachrichten. 13. Oktober 2011: Ruhrverband nimmt neues Wasserkraftwerk in Betrieb, abgerufen am 13. November 2011
  9. Dossier @1@2Vorlage:Toter Link/www.lvp.nrw.deonline (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven); (PDF; 503 kB)
  10. GEO-Tag der Artenvielfalt am 16. und 17. August 2014 am Kemnader See in Bochum. (PDF) Bochumer Botanischer Verein, 9. Januar 2015, abgerufen am 3. Juli 2015.
  11. Kapitel 17: Massenentwicklung von Wasserpflanzen in den Ruhrstauseen vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) (Memento vom 23. März 2007 im Internet Archive)
  12. Kanadagänse am Kemnader See werden zum Problem. 2022, abgerufen am 14. August 2023.
  13. Kemnader See: Wege werden durch Gänsekot immer dreckiger. 2020, abgerufen am 14. August 2023.

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