Karl Rinner

Karl Rinner (* 4. Oktober 1912 in Gratkorn, Steiermark; † 27. August 1991 in Graz) war ein österreichischer Geodät, Hochschullehrer in Berlin und Graz sowie Zivilingenieur.

Wegen seiner umfassenden Leistungen in der Photogrammetrie, Ingenieur- und Höheren Geodäsie erhielt er in Fachkreisen den Ehrentitel „Universalgeodät“.

Lebenslauf

Kindheit zwischen Kartenspiel, Kepler und Kunst

Geboren wurde Karl Rinner im Oktober 1912 als fünftes Kind des Bürgermeisters von Gratkorn (Steiermark), Hans Rinner und seiner Frau Maria. Die Vorfahren des Vaters waren Bauern und Gastwirte, die Mutter kam aus Wildon südlich von Graz.

Nach der Volksschule in Gratkorn kam Rinner an die Grazer Keplerschule, wo seine weite Interessensstreuung offenkundig wurde. Der Realschüler optimierte Eisenbahn-Fahrpläne für den Gebrauch seiner Mitschüler und beschäftigte sich mit Lesen und Malerei.

1928 starb der Vater, Rinner beteiligte sich in der Folge am Familienbetrieb und schloss 1930 die Mittelschule ab.

Studium und frühe Berufstätigkeit

Im Herbst begann Rinner das Studium von Mathematik und Darstellende Geometrie an der Universität Graz und von Vermessungswesen an der TH. Diese Zeit prägte ihn später und trug zu seinem Interesse an Photogrammetrie bei. 1936 schloss er das TH-Studium ab, im selben Jahr folgte die Dissertation über die Wiener’sche Imaginärprojektion.

Wegen der in Österreich herrschenden Arbeitslosigkeit fand Rinner in Deutschland Arbeit. Im Landesvermessungsamt München wurde Rinner der Triangulierung zugeteilt, die ihn durch weite Teile Bayerns führte.

1938 heiratete er seine Verlobte Waltraud (Tochter von Graf Maldeghem bei Graz). Von Ansbach übersiedelten sie bald nach München, wo Rinner eine photogrammetrische Abteilung aufbaute.

Sondereinsatz im Krieg, Tätigkeit in der Marine und Habilitation in Berlin

Rinner wurde 1939 zur speziellen Verwendung abkommandiert. Der zunächst freigestellte Zivilist erhielt eine Anfrage, bei der Marine eine Abteilung „Photogrammetrie und Vermessung“ aufzubauen und trat nach einer militärischen Grundausbildung die Aufgabe im Rang eines Kapitänleutnants an. Im Verlauf des Krieges stieg er zum Oberregierungsrat (Rang eines Fregattenkapitäns) auf.

In dieser Zeit wurde er an der TH Berlin-Charlottenburg habilitiert, hielt dort als Dozent Vorlesungen und erarbeitete die Grundlagen einer neuen Disziplin, der Meeresgeodäsie.

Neubeginn in Graz

Zu Kriegsende konnte er nach Gratkorn zu seiner Familie zurückkehren (3 Söhne und 5 Töchter), erhielt aber in der britischen Besatzungszone aufgrund der Entnazifizierung erst 1948 volle Bewegungsfreiheit. Er arbeitete im Kataster und bei technischen Vermessungen. Seine zweite Habilitation erfolgte 1953 an der TH Graz, und schließlich wurde er durch Vorträge, Reisen und Gastvorlesungen auch anderswo bekannt. 1957 wurde er als Direktor des Deutschen Geodätischen Forschungsinstituts nach München berufen.

Professur in Graz und internationale Tätigkeit

Erst 1959 erfolgte Rinners Berufung zum o. Prof. – wohl wegen seiner belastenden Tätigkeiten im nationalsozialistischen Dritten Reich. Den Ruf an die TH Wien tauschte er jedoch mit jener Alois Barvirs an die TH Graz, sodass beide im eigenen Bundesland bleiben konnten.

Er begann spezielle Forschungen in der Photogrammetrie, der Messung von Erdgezeiten, der EDM-Distanzmessung und auch im neuesten Fach der Satellitengeodäsie. Neue Kontakte nach den USA und Kanada, nach Südamerika, Afrika, Japan sowie der DDR wurden aufgebaut – und internationale Anerkennung in Form von Leitungsfunktionen von Studiengruppen, in wissenschaftlichen Vereinigungen wie IAG und IUGG – und insgesamt 4 Ehrendoktorate.

Wissenschaftliche Publikationen

Karl Rinner schrieb mehrere geodätische Lehrbücher und zwei Bücher des zwölfbändigen Standardwerks Handbuch der Vermessungskunde („Jordan-Eggert-Kneissl“) – nämlich Band VI (elektronische Distanzmessung) und IIIa (Photogrammetrie). Ferner verfasste er (häufig als Mitautor) zwischen 1936 und 1982 etwa 160 wissenschaftliche Publikationen. Sie entfallen hauptsächlich auf folgende Themenkreise:

Landes- bis Ingenieurvermessung

Meeres- und Höhere Geodäsie

Ehrungen, akademische und internationale Funktionen

Im Jahre 1978 wurde Karl Rinner durch die Emeritierung von seinen Aufgaben an der TU Graz entbunden. Noch bis 1990/91 schrieb er Buchbesprechungen für Fachzeitschriften wie Österreichische Zeitschrift für Vermessungswesen (ÖZ, seit 1994 VGI – Österreichische Zeitschrift für Vermessung und Geoinformation)[1] und ZfV.

Würdigung

Als Würdigung seiner Verdienste verleiht die Österreichische Geodätische Kommission den Karl Rinner-Preis für internationalen Präsentationen und Publikationen junger österreichischer Wissenschaftler.

Seit Juni 1997 ist Rinner Namensgeber für den Rinner Trough, einen Tiefseegraben im antarktischen Weddell-Meer. Am 29. Oktober 2012 fand in der Aula der TU Graz im Gedenken an Professor Rinner zum 100. Geburtstag ein Gedächtniskolloquium der Österreichischen Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation mit Bernhard Hofmann-Wellenhof und den Professoren Holger Magel, Gottfried Konencny, Hans Sünkel und Fritz Brunner als Referenten statt.[2]

Literatur

  • In memoriam Karl Rinner. Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV), Jg. 116, S. 588–590, Stuttgart 1991.
  • Holger Magel: Karl Rinner zum Hundertsten. Der Steirer, der Bayern so liebte. In: Mitteilungen des DVW-Bayern, 1/2013. S. 9–20.
  • o.Univ.Prof. DDr. Karl Rinner zum 65. Geburtstag. Österr. Zeitschrift für Vermessungswesen & Phot., Jg. 65, S. 144–159, Wien 1977.
  • Geodaesia Universalis. Festschrift Karl Rinner zum 70.Geburtstag. Mitt. der geodätischen Institute der TU Graz Folge 40, S. 1–24, Graz 1982.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. VGI Online Archiv. Österreichische Gesellschaft für Vermessung und Geoinformation, abgerufen am 23. Januar 2020.
  2. Österreichische Zeitschrift für Vermessung & Geoinformation, Heft 4/2012, S. 391–409