Kamieniec Ząbkowicki

Kamieniec Ząbkowicki
Wappen von Kamieniec Ząbkowicki
Kamieniec Ząbkowicki (Polen)
Kamieniec Ząbkowicki
Basisdaten
Staat:Polen
Woiwodschaft:Niederschlesien
Powiat:Ząbkowice Śląskie
Gmina:Kamieniec Ząbkowicki
Geographische Lage:50° 32′ N, 16° 53′ O
Einwohner:4200
Postleitzahl:57-230
Telefonvorwahl:(+48) 74
Kfz-Kennzeichen:DZA
Wirtschaft und Verkehr
Straße:NysaKłodzko
Eisenbahn:Breslau–Kłodzko
Nysa–Legnica
Nächster int. Flughafen:Breslau



Kloster Kamenz Mitte des 18. Jahrhunderts
Schloss Kamenz
(c) Stary1995, CC BY-SA 3.0
Gesamtansicht
(c) Stary1995, CC BY-SA 3.0
Bahnhof

Kamieniec Ząbkowicki (deutsch Kamenz; auch Camenz) ist eine Stadt sowie zugleich Sitz der Stadt-Land-Gemeinde Kamieniec Ząbkowicki im Powiat Ząbkowicki der Woiwodschaft Niederschlesien in Polen. Der Ort liegt am Pausebach (Budzówka), einem linken Nebenfluss der Glatzer Neiße.

Geographie

Die Stadt liegt im Südosten der historischen Region Niederschlesien, etwa 65 Kilometer südsüdwestlich von der Woiwodschaftshauptstadt Breslau und etwa sieben Kilometer südöstlich der Kreisstadt Ząbkowice Śląskie (Frankenstein).

Kamieniec Ząbkowicki liegt im Sudetenvorgebirge polnisch Przedgórze Sudeckie in den Nimptsch-Strehlener-Höhen (Wzgórza Niemczańsko-Strzelińskie). Westlich verläuft das Warthagebirge, südwestlich das Reichensteiner Gebirge und im Süden das Patschkauer Vorland (Przedgórze Paczkowskie). Östlich vom Ortskern liegt der Schlossberg (Góra Zamkowa).

Umgebende Orte sind Strąkowa (Kunzendorf) im Norden, Goleniów (Gallenau) im Nordosten, Byczeń und Doboszowice im Osten, Topola, Śrem (Schrom) und Sławecin (Schlottendorf) im Südosten, Wolmsdorf (Sosnowa), Płonica (Dörndorf) und Mąkolno im Süden, Ożary (Hemmersdorf), Laskówka (Gierichswalde) und Dzbanów (Banau) im Südwesten, Piasek (Sand) und Przyłęk (Frankenberg) im Westen und Pawłowice (Paulwitz) im Nordwesten.

Geschichte

Wegen der seit dem 10. Jahrhundert andauernden Streitigkeiten zwischen Böhmen und Polen um die Vorherrschaft in Schlesien zerstörte der böhmische Herzog Břetislav II. 1096 die Burg Wartha, die er nachfolgend einnahm. Zur weiteren Sicherung der böhmischen Landesgrenze errichtete er nordöstlich von Wartha im Grenzwald die Burg Kamenz.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gelangte das Gebiet an das Herzogtum Schlesien. Anfang des 13. Jahrhunderts war die Burg Kamenz im Besitz der schlesischen Adelsfamilie Pogarell, die 1210 unterhalb der Burg eine Augustiner-Chorherren-Propstei gegründet hatte. An deren Stelle entstand 1247 das Zisterzienserkloster Kamenz. Nach der Teilung des Herzogtums Schlesiens 1248 gelangte Kamenz an das Herzogtum Breslau, ab 1278 an das Herzogtum Schweidnitz.

Aufgrund eines Siedelprivilegs, das die Pogarell schon 1230 vom Herzog Heinrich I. erhalten hatten, entfalteten die Zisterzienser eine rege Wirtschafts- und Siedlungstätigkeit. Weiteren Besitz erlangten sie 1325, als der Ritter Hanß von Wustehube dem Kloster zahlreiche Dörfer seiner mährischen Herrschaft Goldenstein überließ. Ab 1331 gehörte Kamenz zum neu gegründeten Herzogtum Münsterberg. 1334 verlieh Herzog Bolko II. dem Kloster die oberen Herrschaftsrechte, zu denen u. a. die weltliche Gerichtsbarkeit über das Stiftsland gehörte.

Zusammen mit dem Herzogtum Münsterberg gelangte Kamenz 1336 unter böhmische Lehenshoheit, die Bolko II. im selben Jahr im Vertrag von Straubing und der polnische König durch die Ratifizierung des Vertrages von Trentschin 1339 anerkannten. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erbauten die Zisterzienser die Klosterkirche sowie die Klostergebäude neu.

Zwischen 1425 und 1428 wurden Ortschaft und Kloster mehrfach von den Hussiten verwüstet. In den nachfolgenden zwei Jahrhunderten wurde die Entwicklung des Klosters und damit auch des Stiftslandes gehemmt. Ursächlich hierfür waren nach den Hussitenkriegen die Bedrückungen durch den einheimischen Adel und den böhmischen Landesherrn, im 16. Jahrhundert die nachteiligen Auswirkungen durch die Reformation und 1618 bis 1648 durch den Dreißigjährigen Krieg. Nach Kriegsende lag das verwüstete Stiftsland wirtschaftlich darnieder. Nur ein Drittel der Bevölkerung von Kamenz überlebte die Kriegswirren und die 1633 wütende Pest.

Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der vor allem den Äbten Augustin Neudeck (1681–1702) und Gerhard Woywoda (1702–1732) zu verdanken war. Die Klostergebäude wurden 1682 bis 1685 neu errichtet und die gotische Abteikirche um 1700 barockisiert und reich ausgestattet. Zudem entstand ein Brauhaus, eine Backstube, das Pfortengebäude mit der steinernen Brücke über den Mühlgraben, ein weiteres Vorwerk und der Dorfkretscham. In den zum Stiftsland gehörenden Ortschaften Wartha, Maifritzdorf, Follmersdorf und Gierichswalde wurden neue Kirchen errichtet.

1741 kam es während des Ersten Schlesischen Krieges zum Gefecht bei Baumgarten, in dessen Folge der Preußenkönig Friedrich der Große in das Kloster Kamenz flüchtete und durch den Abt vor der Gefangennahme durch die Kaiserlichen geschützt war. Nach dem Krieg fiel Kamenz 1742 wie fast ganz Schlesien an Preußen. Im Bayerischen Erbfolgekrieg drang 1778 eine kaiserliche Patrouille nach Kamenz vor und entführte den amtierenden Abt.

Am 30. Oktober 1810 erließ König Friedrich Wilhelm III. das Säkularisationsedikt. Am 22. November d. J. erfolgte die Aufhebung des Stiftes, das zu dieser Zeit aus 31 Stiftsdörfern bestand. Kunstschätze, Archiv und Bibliothek wurden teilweise in die staatlichen Sammlungen in Breslau verbracht, von den in Kamenz verbliebenen Schätzen wurde ein Teil verschleudert. Die Abteikirche diente nachfolgend als katholische Pfarrkirche von Kamenz. Die Klostergebäude und die Stiftsherrschaft gelangten 1812 an Prinzessin Friederike Louise Wilhelmine, eine Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. und spätere Königin der Niederlande.

Nach der Neugliederung Preußens gehörte Kamenz seit 1815 zur Provinz Schlesien und war ab 1818 dem Landkreis Frankenstein eingegliedert, mit dem es bis 1945 verbunden blieb. 1817 brannten Kirche und Klostergebäude ab.

1830 fiel die Herrschaft Kamenz als Mitgift an Marianne Prinzessin der Niederlande, die mit Prinz Albrecht von Preußen verheiratet war. Da sich der Prälatenflügel des ehemaligen Klosters nicht als Residenz eignete, wurde unter ihrer Herrschaft oberhalb von Kamenz das neugotische Schloss Kamenz errichtet.

Ab 1874 bildeten die Landgemeinden Kamenz, Grunau, Laubnitz und Wolmsdorf den Amtsbezirk Kamenz, zu dem auch der Gutsbezirk Kamenz gehörte. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Kamenz zu einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt. 1875 erhielt es Anschluss an die Bahnstrecke Breslau–Glatz–Mittelwalde und ein Jahr später an die Strecke Liegnitz–Neisse. 1900 wurde die Lokalbahn von Kamenz nach Reichenstein eröffnet.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden in einer Kinderanstalt, die im ehemaligen Klostergebäude untergebracht war, Euthanasie-Morde durch Giftspritzen an verstandesschwachen deutschen Kindern durchgeführt.

Letzter Eigentümer war Prinz Friedrich Heinrich von Preußen. Ihm gehörten außer der Herrschaft Kamenz auch die Herrschaften Schnallenstein und Seitenberg im Landkreis Glatz. 1939 lebten 2528 Menschen in Kamenz.

Als Folge des Zweiten Weltkriegs wurde Kamenz im Mai 1945 von der Roten Armee besetzt und fiel wie fast ganz Schlesien an Polen. Nachfolgend wurde es in Kamieniec Ząbkowicki umbenannt. Im Schloss und in der Prälatur waren zunächst rund 2000 russische Soldaten einquartiert. Die deutsche Bevölkerung wurde 1945/46 vertrieben. Die neu angesiedelten Bewohner waren zum Teil Vertriebene aus Ostpolen, das an die Sowjetunion gefallen war. 1958 wurde Kamieniec Ząbkowicki zur stadtartigen Siedlung erhoben. 1997 vernichtete ein Hochwasser weite Teile der Ortschaft. Zum 1. Januar 2021 wurde Kamieniec Ząbkowiec zur Stadt erhoben.[1]

Etymologie des Stadtnamens

Laut Heinrich Adamy kommt der Name vom polnischen Wort kamień,[2] was „Stein“ bedeutet, weil das Schloss an steinigem bzw. felsigem Grund gebaut wurde.[3]

Wappen

Beschreibung: In Silber zwei sich ansehende goldene Löwen mit roter Zunge und Bewehrung. Rechts ein senkrechtes silbernes Gitter (3x5) aufliegend und links zur goldenen Bekrönung mit goldenen Schindeln bestreut.

Sehenswürdigkeiten

Kloster Kamenz
Schloss Kamenz Innenhof
  • Kloster Kamenz mit Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt mit wertvoller Ausstattung
    • Das Abtsgebäude wurde 1683 bis 1685 nach einem Entwurf von Matthias Kirchberger errichtet und nach dem Brand von 1817 restauriert. Im Erdgeschoss befindet sich ein Saal mit gemalten Darstellungen von Zisterzienserklöstern und deren Wappen. Nach 1945 wurde es zunächst als Warenlager benutzt. Nach der politischen Wende von 1989 wurde das Gebäude renoviert und beherbergt nun eine Außenstelle des Staatlichen Archivs Breslau (Archiwum Państwowe we Wrocławiu).
    • Am Kloster-Wirtschaftshof westlich der Kirche befinden sich vor dem Einfahrtstor Figuren der böhmischen Landesheiligen Johannes Nepomuk und des hl. Florian. Sie wurden 1702 bis 1704 von dem Kamenzer Bildhauer Anton Jörg geschaffen. Die Westfassade des Wirtschaftshofs schmückt eine Statue des Gottvaters.
  • Das Schloss Kamenz wurde ab 1838 für Prinz Albrecht von Preußen und dessen Ehefrau Prinzessin Marianne von Preußen, die die Stiftsherrschaft Kamenz 1837 von ihrer Mutter geerbt hatte, nach einem Entwurf des Architekten Karl Friedrich Schinkel errichtet und erst 1872 vom Hofbaumeister Ferdinand Martius fertiggestellt. Die Anlage des Terrassengartens mit Springbrunnen wurde vom Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné entworfen. Nach Kriegsende 1945 wurde das Schloss geplündert und große Teile der Innenausstattung einschließlich der Marmortreppen abtransportiert. Am 21./22. Januar 1946 wurde das Schloss in Brand gesteckt und brannte aus. Die gesamte Anlage wurde nachfolgend dem Verfall preisgegeben. Nach der politischen Wende von 1989 begann ab etwa 1995 der Wiederaufbau. Heute dienen Teile des Gebäudes als Hotel.
  • Die ehemals evangelische Kirche der Hl. Dreifaltigkeit wurde als Stiftung der Prinzessin Marianne im Stil der Neugotik errichtet. Der Entwurf stammte von Ferdinand Martius. Nach 1945 wurde sie nicht genutzt und am 10. Mai 1983 in Brand gesteckt und verfiel nachfolgend. Seit der Renovierung 1992 dient sie als Konzertsaal.
  • Empfangsgebäude des Bahnhofs
  • Marianne-von-Oranien-Ferienstraße, Themenroute zu Ehren der Prinzessin Marianne, die hier im Ort ihren Anfang nimmt.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Friedrich Bernhard Werner (1690–1776), Zeichner und Kupferstecher
  • Anton Felkel (1740–um 1800), Pädagoge und Mathematiker
  • Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen (1880–1925), preußischer Politiker und Angehöriger des Hauses Hohenzollern
  • Georg Pohler (1913–1997), deutscher Ingenieur und Generaldirektor des VEB Kombinat Kabelwerk Oberspree

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

Gemeindegliederung

Literatur

  • Hugo Weczerka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Schlesien (= Kröners Taschenausgabe. Band 316). Kröner, Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 213–215.
  • Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen Schlesien. München/Berlin 2005, ISBN 3-422-03109-X.
  • Arne Franke: Die Baugeschichte des Schlosses Kamenz. In: 900 Jahre Kamenz – 900 Lat Kamieńca Ząbkowickiego. Spuren deutscher und polnischer Geschichte. Landesmuseum Schlesien e. V., Görlitz 1996, S. 75–85.

Weblinks

Commons: Kamieniec Ząbkowicki – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rozporządzenie Rady Ministrów z dnia 31 lipca 2020 r. w sprawie ustalenia granic niektórych gmin i miast, nadania niektórym miejscowościom statusu miasta, zmiany nazwy gminy oraz siedziby władz gminy. (PDF; 252 kB) In: isap.sejm.gov.pl. 31. Juli 2020, S. 3, abgerufen am 18. November 2021 (polnisch).
  2. genauso wahrscheinlich ist das tschechische Wort „kámen“ (Stein)
  3. Heinrich Adamy: Die Schlesischen Ortsnamen ihre Entstehung und Bedeutung. Ein Bild aus der Vorzeit. Priebatsch, Breslau 1888, S. 8.

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Positionskarte von Polen
Część pałacu w Kamieniu Ząbkowickim 01.jpg
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Zdjęcie przedstawia wnętrze pałacu w Kamieńcu Ząbkowickim
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Dieses Bild zeigt das Denkmal in Polen mit WLM ID:
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Zisterzienserabtei Kamenz mit Klosterkirche Mariä Himmelfahrt (Kamieniec Ząbkowicki in Niederschlesien)
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Coat of arms of gmina Kamieniec Ząbkowicki
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Ząbkowice Śląskie District Coat of Arms
Opactwo cystersow w Kamiencu Zabkowickim miedzy 1737 i 1752 (86760346) (cropped).jpg
Tytuł: Opactwo cystersów w Kamieńcu Ząbkowickim
Adres wydawniczy: [między 1737 i 1752]
Gatunek: miedzioryt
Forma i typ: grafiki i rysunki
Opis fizyczny: 1 grafika : miedzioryt ; kompozycja 14x15 cm
Rycina z: Friedrich Bernhard Wernher, Scenographia urbium Silesiae, 1737-1752.
Gmina Kamieniec Ząbkowicki, Poland - panoramio (10).jpg
(c) Stary1995, CC BY-SA 3.0
Gmina Kamieniec Ząbkowicki, Poland