Kaiser Friedrich Museumsverein

Eine der ersten Erwerbungen: Der Mann mit dem Goldhelm

Der Kaiser Friedrich Museumsverein (KFMV) ist der Förderverein der Gemäldegalerie sowie der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.

Tätigkeit

Der Verein verfolgt den Zweck, die Gemäldegalerie und die Skulpturensammlung in Berlin zu fördern. Dieses geschieht in erster Linie durch den Erwerb von Gemälden und plastischen Bildwerken vom frühen Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, durch Unterstützung von Ausstellungen, Organisation von Veranstaltungen, Durchführung von kunsthistorischen Exkursionen, Vorträgen und wissenschaftlichen Veranstaltungen.

Die vom Kaiser Friedrich Museumsverein erworbenen Kunstwerke werden den entsprechenden Sammlungen als Leihgaben oder Schenkungen überlassen. Zum Eigentum des Vereins gehören etwa 120 Gemälde (darunter Werke von Dürer, Gainsborough, Boucher, Baldung Grien, Masaccio, Memling, Giotto, Rubens, Rembrandt, Tiepolo, Schongauer) sowie rund 150 Skulpturen. Die Kunstwerke sind zu einem großen Teil in der Gemäldegalerie Berlin am Kulturforum und im Bode-Museum auf der Museumsinsel der Öffentlichkeit zugänglich.

Geschichte

Er wurde am 28. April 1896 auf Initiative Wilhelm von Bodes, des Direktors des damaligen Kaiser-Friedrich-Museums, das heute Bode-Museum heißt, und 20 weiteren vermögenden Berliner Persönlichkeiten unter dem Namen „Museums-Verein“ gegründet. Am 20. Januar 1897 nannte er sich bei unveränderten Zielsetzungen in Kaiser Friedrich Museumsverein um; im selben Jahr verlieh ihm ein Erlass des Kaisers Wilhelm II. die Rechte einer juristischen Person. Der KFMV ist somit einer der ältesten bürgerlichen Kunstfördervereine in Deutschland.

Friedrich Schmidt-Ott (Foto: Nicola Perscheid, etwa 1917)

Zeit des Nationalsozialismus

In der Öffentlichkeit wurde viel beachtet und positiv bewertet, dass der Verein als erster „Freundeskreis“ der Berliner Museen seine Geschichte während der NS-Diktatur aus eigenem Antrieb quellennah, systematisch und kritisch hat aufarbeiten lassen. Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik waren zeitweise gut 60 % seiner mäzenatisch wirkenden Mitglieder jüdischen Glaubens. Der von 1929 bis 1954 amtierende Vorsitzende Friedrich Schmidt-Ott demonstrierte sogleich nach der Übergabe der Regierungsverantwortung durch Hindenburg an die Hitler-Papen-Hugenberg-Koalition seinen „ostentativ zur Schau gestellten Schulterschluss von Wissenschaft und Regierung“. Die „rasche ideologische Selbstanpassung“[1] des Vorsitzenden beweisen die rüstungs- und rassepolitischen Vorschläge an Ministerien und den „Führer und Reichskanzler“.[2] Seine Denkschrift an den Minister Bernhard Rust (14. Juni 1934) offenbart die nationalistischen, antisemitischen und opportunistischen Züge seines Denkens deutlich (Bundesarchiv).

„In dieser kritischen Phase vermisst man auch sein deutliches Eintreten für die jüdischen Mitglieder der scientific community […]. Man wird davon ausgehen müssen, dass Schmidt-Otts Neigung zur staatlichen Macht, seine sicher im Laufe der Jahre entwickelte Antipathie gegen demokratische Spielregeln und seine konservative Grundhaltung ihm keine unüberwindbaren Hindernisse zur Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten in den Weg legten.“[3]

Der Verein setzte seine Tätigkeit fort (Verabschiedung des Jahresetats bis 1944/1945, Haupt- und Mitgliederversammlungen, Erwerbungs- und Spendenaktionen) und nahm bewusst Hitler nahestehende Persönlichkeiten wie Ernst Heinkel, Emil von Stauß und Wilhelm Kreis auf.[4] Konsequent bestätigte Schmidt-Ott dem NS-Minister Bernhard Rust auf Anforderung am 8. Juni 1938, dass dem KFMV nunmehr „keine Juden mehr angehören“.[5] Um diese Aussage treffen zu können, hatte Schmidt-Ott in den Wochen zuvor Mitglieder, die keine „Reichsbürger“ im Sinne der NS-Gesetze waren, satzungswidrig ausgeschlossen. Ob es ohne den Brief von Schmidt-Ott zur Zwangsauflösung des Vereins[6] gekommen wäre, ist bei dem Opportunismus und der Dienstbeflissenheit von Schmidt-Ott fraglich, da das NS-Regime gegen ihn bis 1945 grundsätzlich nichts einzuwenden hatte, wie seine Bestallung zum Vorsitzenden einer Historischen Kommission und des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft zeigten.[7]

In den ersten Jahrzehnten nach 1945 setzte der Verein „die Schmidt-Ottsche Linie des Duckens und Stillhaltens fort“.[8] Die bewusst vorgenommene völlige Verdrängung der Anpassung an das NS-Regime verbreitete der Verein in den bisherigen unkritischen Darstellungen.[9]

Der Kaiser Friedrich Museumsverein hat heute mehr als 650 Mitglieder. Als Erster Vorsitzender fungiert Tessen von Heydebreck. Seit 2010 bilden die jungen Mitglieder die Gruppe „Junge Kaiser“, der mehr als 100 Mitglieder angehören.

Literatur

  • Kaiser Friedrich-Museums-Verein: Tradition, Leidenschaft, Kunstverstand. Berlin 2006.
  • Bernd Sösemann: Im Zwielicht bürokratischer „Arisierung“. Der Kaiser Friedrich-Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur. Edition Andreae. Lexxion Verlagsgesellschaft, Berlin 2016, ISBN 978-3-86965-303-7.
  • Bundesarchiv / Berlin; Bestand R. 49.01, Nr. 15189, fol. 37–40.
  • Sören Flachowsky: Von der Notgemeinschaft zum Reichsforschungsrat. Wissenschaftspolitik im Kontext von Autarkie, Aufrüstung und Krieg (Studien zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 3). Stuttgart 2008.
  • Lothar Mertens: „Nur politisch Würdige“. Die DFG-Forschungsförderung im Dritten Reich. Berlin 2004.
  • Anna von Schoenebeck, Peter Bloch: Zur Geschichte des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins. In: Kaiser Friedrich-Museums-Verein: Erwerbungen 1897–1972. Berlin 1972.
  • Winfried Schulze: Selbstbild und Fremdbild. Friedrich Schmidt-Ott, ein Gestalter des deutschen Wissenschaftssystems. In: Forschung 1 (2005), S. 1–8.
  • Andreas Kilb: Mäzene und Verräter. Ein Verein im Dritten Reich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juni 2016, S. N3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lothar Mertens: Nur politisch Würdige. Die DFG-Forschungsförderung im Dritten Reich. Berlin 2004.
  2. Sören Flachowsky: Von der Notgemeinschaft zum Reichsforschungsrat. Wissenschaftspolitik im Kontext von Autarkie, Aufrüstung und Krieg (Studien zur Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 3). Stuttgart 2008. S. 110–131.
  3. Winfried Schulze: Selbstbild und Fremdbild. Friedrich Schmidt-Ott, ein Gestalter des deutschen Wissenschaftssystems. In: Forschung 1 (2005), S. 7 f.
  4. Bernd Sösemann: Im Zwielicht bürokratischer „Arisierung“. Der Kaiser Friedrich-Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur. Edition Andreae. Lexxion Verlagsgesellschaft, Berlin 2016, ISBN 978-3-86965-303-7, S. 55.
  5. Bernd Sösemann: Im Zwielicht bürokratischer „Arisierung“. Der Kaiser Friedrich-Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur. Edition Andreae. Lexxion Verlagsgesellschaft, Berlin 2016, ISBN 978-3-86965-303-7, S. 49.
  6. „Weder Verrat des Vereins noch seiner Mitglieder“. Leserbrief in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Juni 2016, S. 14
  7. Bernd Sösemann: Im Zwielicht bürokratischer „Arisierung“. Der Kaiser Friedrich-Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur. Edition Andreae. Lexxion Verlagsgesellschaft, Berlin 2016, ISBN 978-3-86965-303-7, S. 39 u. S. 61–64.
  8. Andreas Kilb: Mäzene und Verräter. Ein Verein im Dritten Reich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juni 2016, S. N3.
  9. Anna von Schoenebeck, Peter Bloch: Zur Geschichte des Kaiser Friedrich-Museums-Vereins. In: Kaiser Friedrich-Museums-Verein: Erwerbungen 1897–1972. Berlin 1972, S. 8–10.

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