KREEP

KREEP-Basalt aus der Nähe der Montes Apenninus.

KREEP ist eine geochemische Komponente verschiedener Gesteine des Erdmondes, die in entsprechenden, im Rahmen der Apollo-Missionen zur Erde gebrachten Proben sowie auf der Erde gefundenen Mondmeteoriten[1] direkt nachgewiesen wurde. KREEP steht für einen erhöhten Gehalt an sogenannten inkompatiblen Elementen, d. h. chemischen Elementen, deren Einbau in das Ionengitter der für Mondgestein allgemein typischen Minerale Olivin, Pyroxen und Plagioklas aufgrund eines dafür ungünstigen Ionenradius bei der Kristallisation aus dem flüssigen Mondinneren während der geologischen Frühgeschichte des Mondes stark gehemmt war.[2][3][4][5] Gestein irdischen Ursprunges mit KREEP-Signatur ist bislang nicht bekannt.

Etymologie

SEE-Profile für KREEP-reiche Mondgesteinsproben. Deutlich erkennbar ist die negative Europiumanomalie, die auch bei zahlreichen irdischen Gesteinen auftritt.

KREEP ist ein Akronym für Kalium, Rare Earth Elements (Seltenerd-Elemente, SEE) und Phosphor. Die Bezeichnung wurde 1971 vom NASA-Geologen Norman J. Hubbard und Kollegen geprägt, in einem wissenschaftlichen Aufsatz über die chemische Zusammensetzung von Regolith-Proben aus der Umgebung des Apollo-12-Landeplatzes.[6]

Charakteristik

Die vom Mineralbestand recht variablen, aber meist basaltischen KREEP-Gesteine enthalten etwa 0,5–3 Gew.-% Kaliumoxid (K2O) und Phosphoroxid (P2O5),[7] sowie Cer mit teilweise mehr als 1000, Neodym mit teilweise deutlich mehr als 100, Dysprosium, Erbium, Lanthan, Rubidium, Samarium und Ytterbium mit unter 100 ppm. Die Konzentration von Lanthan ist damit bis zu 600 mal höher als in Chondriten (d. h. in Meteoriten aus undifferenzierter „Urmaterie“ des Sonnensystems). Ferner typisch für KREEP sind eine negative Europium-Anomalie (d. h., das SE-Element Europium liegt in deutlich geringerer Konzentration vor als andere SE-Elemente) sowie ein im Vergleich zu nicht-KREEP-Mondgestein deutlich erhöhter Anteil des radioaktiven Elements Thorium (10–20 ppm).[8][9][10]

Klassische Hypothese zur Bildung von KREEP

Differenzierung der äußeren Schichten des Mondes und die daraus resultierende Anreicherung von KREEP unterhalb der Kruste.

Nach Entdeckung der KREEP-Signatur in den ersten Mondgesteinsproben wurde angenommen, dass die Magmen, aus denen die KREEP-Gesteine an der Mondoberfläche hervorgingen, einer wenige Kilometer mächtigen Zone an der Basis der Mondkruste entstammten, die sich während der Ausdifferenzierungsphase des Mondinneren bildete.

Nach den heute gängigen Theorien entstand der Mond durch den Einschlag eines etwa marsgroßen Objektes in die frühe Erde vor etwa 4,5 Milliarden Jahren (vgl. auch Entstehung des Mondes).[11] Durch diesen Einschlag wurde eine große Menge terrestrischen Materials in eine Umlaufbahn um die Erde geschleudert, das schließlich den Mond formte.[12]

Aufgrund der bei diesem Einschlag und der anschließenden Formierung des Mondes freigesetzten großen Energiemenge kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil des jungen Mondes flüssig war. Durch langsame Abkühlung in der frühen Prä-Nectarischen Periode (> 4,2 Milliarden Jahre vor heute) kristallisierten zunächst mafische Minerale wie Olivin und Pyroxen aus (Fraktionierte Kristallisation, bzw. Magmatische Differentiation). Diese hatten eine höhere Dichte als die Schmelze des Magmaozeans, sanken ab und begannen den Mondmantel zu bilden. Im nächsten Schritt kristallisierten zudem Feldspäte, vor allem Anorthit, die aufgrund ihrer geringeren Dichte nach oben stiegen und die Mondkruste aus Anorthosit bildeten. Bei diesen Vorgängen reicherte sich das Magma mit inkompatiblen Elementen an, die weder in die mafischen Minerale noch in die Feldspäte eingingen. Somit verblieb schließlich eine Schicht mit der für KREEP typischen chemischen Signatur zwischen der Anorthositkruste und dem mafischen lunaren Mantel (sogenanntes urKREEP).[13]

Ausgehend von dieser Hypothese zur Differenzierung der äußeren Schichten des Mondes wäre zu erwarten gewesen, dass die anorthositische Kruste und die sie unterlagernde, urKREEP-Schicht relativ gleichmäßig über den gesamten Mond verteilt auftreten. Für die Herausbildung der heutigen Geologie des Mondes wurden im Wesentlichen die schweren Asteroideneinschläge der Prä-Nectarischen, Nectarischen und frühen Imbrischen Periode (4,1–3,8 Milliarden Jahre vor heute) sowie der nachfolgende spätimbrische und post-imbrische Mare-Vulkanismus (3,8–1,2 Mrd. Jahre vor heute)[14] verantwortlich gemacht. Der Mare-Vulkanismus galt vor allem als das Resultat der Krustenausdünnung infolge der schweren Einschläge.[15]

Verteilung von KREEP auf dem Mond und Implikationen für die Krustengenese

Mondkarte mit Verteilung von Thorium in den Oberflächen­gesteinen (Violetttöne = niedrig, Rottöne = hoch), wobei hohe Thorium­konzen­trationen als Anzeiger für bedeutende Vorkommen von KREEP-Gesteinen interpretiert werden.

Spätestens die Kartierung der Thoriumkonzentration in den Oberflächengesteinen des Mondes mittels des Gammaspektroskops der Lunar-Prospector-Sonde[16] zeigte jedoch, dass KREEP sehr ungleichmäßig über die Mondoberfläche verteilt ist. Ein Bereich, der sich über Mare Frigoris, Oceanus Procellarum, Mare Imbrium, Mare Cognitum und Mare Nubium erstreckt, wird auch als Procellarum-KREEP-Terran (PKT) bezeichnet, weil dort mehr KREEP-Gesteine als irgendwo sonst auf dem Mond vorzukommen scheinen (30–40 % des krustalen Thoriums innerhalb von etwa 10 % der Mondkruste).[17] Dieser Bereich ist zwar stark von Mare-Vulkanismus geprägt, aber er enthält nur einen Teil der Maria und das Mare Crisium, das Mare Orientale oder das Südpol-Aitken-Becken weisen offenbar weit weniger KREEP auf. Dies lässt den Schluss zu, dass die homogene Differenziation des Magmaozeans mit nachfolgender Hochland-Mare-Zweiteilung der Mondoberfläche ein stark vereinfachendes Modell darstellen. Stattdessen scheint die geologische Entwicklung des PKT von der des umgebenden Feldspat-Hochland-Terrans (FHT) bereits während der Differenziationsphase divergiert zu sein und die Kruste des PKT war von Anfang an mafischer und KREEP-reicher als die des FHT. Als Grund hierfür wird eine global ungleichmäßige Verteilung der auf dem Magmaozean aufschwimmenden Feldspäte mit Bildung eines anorthositischen „Kratons“ oder „Superkontinents“ (entspricht dem heutigen Kernbereich des FHT) vermutet, durch den mafische, KREEP-reiche Restschmelzen auch seitlich (lateral) verdrängt wurden. Der vergleichsweise hohe Gehalt an radioaktiven Elementen in und direkt unterhalb der Kruste des PKT, insbesondere von Thorium und Uran, sorgte für thermische Effekte, die einen sowohl intensiven als auch sehr lang anhaltenden Magmatismus, einschließlich Mare-Vulkanismus, zur Folge hatten und ursächlich für das Auftreten von Mare-Basalten im PKT sein könnten, die zu den jüngsten auf dem Mond gehören (ca. 1,2 Ma).[14][17]

KREEP als Erz?

Auch wenn KREEP immer wieder als mögliche Rohstoffquelle genannt wird, so ist zu beachten, dass die Gehalte an Seltenerdenmetallen weit hinter den Erzen zurückliegen, die auf der Erde als wirtschaftlich abbaubar gelten. Da auf dem Mond weder eine Atmosphäre noch flüssiges Wasser noch Plattentektonik existierte, war eine lokal stärkere Anreicherung von Metallen in Gesteinen und damit die Entstehung reicher Erze nicht möglich.[18]

Im Hinblick auf die Energieversorgung einer Mondkolonie mittels Kernenergie könnte der Abbau von KREEP-Formationen allerdings sinnvoll sein, da sie einen (im Verhältnis zu anderem Mondgestein) erhöhten Thorium-Gehalt haben. So entfiele der Transport von Uran, Thorium oder beidem von der Erde.

Da Kalium und Phosphor zwei der drei essentiellen Makronährstoffe für Pflanzen sind (vergleiche NPK-Dünger), wären diese Bestandteile von KREEP ebenfalls interessant zur Versorgung lunarer Gewächshäuser. Allerdings ist auch hier der Anteil jeweils geringer als in irdischem Apatit (Phosphor) bzw. Kalisalz (Kalium).

Ähnlich wie historisch beim irdischen Bergbau vor Entwicklung von Technologien für den kostengünstigen Langstreckenransport großer Mengen von Massengütern (Eisenbahn, Schifffahrt wo möglich) sind diese Armerze des Mondes also nur dann bauwürdig, wenn sie – unter Berücksichtigung des Transportaufwandes – lokale Bedürfnisse besser bedienen können als der Transport von Reicherzen oder deren Produkten, in diesem Fall von der Erde oder eines Tages womöglich von Asteroiden, dorthin.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Y. Lin, W. Shen, Y. Liu, L. Xu, B. A. Hofmann, Q. Mao, G. Q. Tang, F. Wu, X. H. Li: Very high-K KREEP-rich clasts in the impact melt breccia of the lunar meteorite SaU 169: New constraints on the last residue of the Lunar Magma Ocean. In: Geochimica et Cosmochimica Acta. Band 85, 2012, S. 19–40, doi:10.1016/j.gca.2012.02.011.
  2. G. Jeffrey Taylor: A New Moon for the Twenty First Century. Planetary Science Research Discoveries, 31. August 2000, abgerufen am 11. August 2009.
  3. Charles K. Shearer, Paul C. Hess, Mark A. Wieczorek, Matt E. Pritchard, E. Mark Parmentier, Lars E. Borg, John Longhi, Linda T. Elkins-Tanton, Clive R. Neal, Irene Antonenko, Robin M. Canup, Alex N. Halliday, Tim L. Grove, Bradford H. Hager, D-C. Lee, Uwe Wiechert: Thermal and magmatic evolution of the Moon. In: Reviews in Mineralogy and Geochemistry. Band 60, Nr. 1, 2006, S. 365–518, doi:10.2138/rmg.2006.60.4.
  4. Wilhelms: Geologic history of the Moon, 1987 (siehe Literatur), S. 140
  5. S. B. Simon, J. Papike, D. C. Gosselin: Petrology of Apollo 12 Regolith Breccias. In: Lunar and Planetary Science Conference Abstracts. Band 16, 1985, S. 783–784, bibcode:1985LPI....16..783S.
  6. Norman J. Hubbard, Charles Meyer Jr., Paul W. Gast: The composition and derivation of Apollo 12 soils. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 10, Nr. 3, 1971, S. 341–350, doi:10.1016/0012-821X(71)90040-9.
  7. Die Angabe der Konzentration der Elemente in Form von Oxiden ist in der Petrologie allgemein üblich. Faktisch liegen die Elemente aber als Silikate vor. Auch der Anteil der nachfolgend genannten SE-Elemente wird in Form ihrer Oxide, z. B. Lanthanoxid (La2O3) bestimmt.
  8. Clive R. Neal, Lawrence A. Taylor: “K-Frac + REEP-Frac”: A New Understanding of KREEP in Terms of Granite and Phosphate Petrogenesis. In: Lunar and Planetary Science Conference Abstracts. Band 19, 1988, S. 831–832, bibcode:1988LPI....19..831N.
  9. Clive R. Neal, G. Kramer: The Composition of KREEP: A Detailed Study of KREEP Basalt 15386. In: 34th Annual Lunar and Planetary Science Conference. 2003, bibcode:2003LPI....34.2023N (Abstract Nr. 2032).
  10. Graham Ryder: Quenching and disruption of lunar KREEP lava flows by impacts. In: Nature. Band 336, 1988, S. 751–754, doi:10.1038/336751a0.
  11. E. Belbruno, J. Richard Gott III: Where Did The Moon Come From? In: The Astronomical Journal. Band 129, Nr. 3, 2005, S. 1724–1745, doi:10.1086/427539, arxiv:astro-ph/0405372, bibcode:2005AJ....129.1724B.
  12. G. Jeffrey Taylor: Gamma Rays, Meteorites, Lunar Samples, and the Composition of the Moon. Planetary Science Research Discoveries, 22. November 2005, abgerufen am 11. August 2009.
  13. Mark A. Wieczorek, Bradley L. Jolliff, Amir Khan, Matthew E. Pritchard, Benjamin P. Weiss, James G. Williams, Lon L. Hood, Kevin Righter, Clive R. Neal, Charles K. Shearer, I. Stewart McCallum, Stephanie Tompkins, B. Ray Hawke, Chris Peterson, Jeffrey J. Gillis, Ben Bussey: The constitution and structure of the lunar interior. In: Reviews in Mineralogy and Geochemistry. Band 60, Nr. 1, 2006, S. 221–364, doi:10.2138/rmg.2006.60.3.
  14. a b H. Hiesinger, J. W. Head III, U. Wolf, R. Jaumann, G. Neukum: Ages and stratigraphy of mare basalts in Oceanus Procellarum, Mare Nubium, Mare Cognitum, and Mare Insularum. In: Journal of Geophysical Research: Planets. Band 108, E7, 5065, 2003, doi:10.1029/2002JE001985.
  15. Wilhelms: Geologic history of the Moon, 1987 (siehe Literatur), u. a. S. 276 f.
  16. T. H. Prettyman, J. J. Hagerty, R. C. Elphic, W. C. Feldman, G. W. Lawrence, G. W., D. T. Vaniman: Elemental composition of the lunar surface: Analysis of gamma ray spectroscopy data from Lunar Prospector. In: Journal of Geophysical Research. 111, E12007, 2006, doi:10.1029/2005JE002656.
  17. a b Bradley Jolliff, Jeffrey Gillis, Larry Haskin, Randy Korotev, Mark Wieczorek: Major lunar crustal terranes: Surface expressions and crust-mantle origins. In: Journal of Geophysical Research. Band 105, E2, 2000, S. 4197–4216, doi:10.1029/1999JE001103.
  18. Rare Earth Elements and The Moon: KREEP Basalts. Mining the Moon for Rare Earth Elements - Is It Really Possible? (Memento vom 23. Januar 2017 im Internet Archive) Private Website von Robert Beaufort (PhD in Geologie und Planetologie, Kurator der Meteoritensammlung der University of Arkansas).

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Seltenerdelement-(SEE)-Profile der KREEP-reichen Mondgesteinsproben 12013 und 15386. Erstellt aus Daten von Neal & Kramer (2003),[1] Quick et al. (1977),[2] Schnetzler et al. (1970),[2] und Warren (1988).[2] Die SEE-Werte sind gegen aus Chondriten ermittelte SEE-Werte (Anders & Grevesse 1989)[3] aufgerechnet (normalisiert). Schnetzler et al. (1970) geben keine Werte für Lanthan und Hafnium an, Quick et al. (1977) geben keine Werte für Erbium an. Profile mit generell niedrigen Werten jedoch erhöhtem Erbium- und Ytterbium-Gehalt (einige Daten von Schnetzler et al., 1970, und Quick et al., 1977) repräsentieren KREEP mit besonders hohem Kalium-Gehalt (sogenanntes „high-K KREEP“).
KREEP basalt Apollo 15 Sample No 15386.png
Probe eines „reinen“ (d.h. nicht durch Meteoriten mit eisenliebenden Elementen kontaminiert) KREEP-Basaltes (Proben-Nr. 15386), aufgesammelt während der Apollo-15-Mission in der Hadley-Apennine-Region nahe den Montes Apenninus. Die Größe der Probe beläuft sich auf etwa 2 cm und ihr Gewicht auf 7,5 g. Das Alter des Gesteins beträgt um die 3,9 Milliarden Jahre.
Lunar Thorium concentrations.jpg

Map of the Moon (left: nearside; right: farside), generated from gamma-spectrometric data collected by the Lunar Prospector vessel. The map shows the global distribution of the element Thorium in surface rocks, with high Thorium concentrations indicating the occurence of the so-called KREEP rocks, which have high contents in Potassium, Rare Earth Elements and Phosphorus. The heterogeneous distribution of KREEP rocks at the moon’s surface implies fundamentally different geological histories of the individual lunar regions (terranes). For further information see Jolliff et al. (2000).[1]

  1. Bradley Jolliff, Jeffrey Gillis, Larry Haskin, Randy Korotev, and Mark Wieczorek (2000): Major lunar crustal terranes: Surface expressions and crust-mantle origins. Journal of Geophysical Research. 105(E2): 4197–4216, doi:10.1029/1999JE001103.
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Bei der Abkühlung des Mondes kristallisierte ein Teil des Magmaozeans zu relativ leichten Alumosilikaten (vor allem Feldspaten) und bildete die Mondkruste. Schwere Silikatminerale wie Olivin und Pyroxene sanken ab, um den Mondmantel zu bilden. Inkompatible Elemente, zusammengefaßt unter der Bezeichnung KREEP (Kalium, Rare Earth Elements [Seltene Erden], Phosphor u.a.), reicherten sich im Übergangsbereich zwischen Kruste und Mantel an.