juvenil

Als juvenil (Adjektiv, als Substantiv: Juvenilität; von lateinisch iuvenis = ‚jugendlich‘) werden in der Biologie und der Medizin Kindheits- und Jugendstadien in der Entwicklung eines Organismus vor der Geschlechtsreife bezeichnet. Das Embryonalstadium geht dem Juvenilstadium voraus, dem das Adultstadium folgt bevor dann ggf., im hohen Lebensalter, die senile Phase erreicht wird.[1]

Kennzeichnend für den juvenilen Lebensabschnitt, der mit dem Erreichen der Geschlechtsreife endet, sind der Erwerb von Fähigkeiten sowie das spielerische Erforschen des Lebensraumes, in dem das Jungtier aufwächst (siehe auch: Spielverhalten der Tiere). Bei einigen Tierarten, wie Schildkröten, spielen Umweltbedingungen eine Rolle, da sie zunächst eine gewisse Größe bzw. Masse erreichen müssen, bevor sie sich fortpflanzen können.

Ausprägung bei unterschiedlichen Tieren

Lernen am Vorbild: Jungtiere erlernen unter anderem welche Nahrung sie gefahrlos zu sich nehmen können

Säugetiere

Bei Säugetieren ist die juvenile Phase insbesondere aus Sicht der Verhaltensbiologie interessant, da sie dazu dient nicht angeborene Verhaltensweisen zu erlernen und einzuüben. Juvenile Schimpansen wurden beispielsweise beim Spielen mit Stöcken beobachtet, die von adulten Tieren sowohl als Werkzeug bei der Futtersuche als auch in Kämpfen zum Einsatz kamen. Anders als männliche Jungtiere kümmerten sich junge Weibchen fürsorglich um ausgewählte Äste, die sie ähnlich behandelten, wie Affenmütter ihre Babys. Dieses Verhalten verschwindet, sobald die Weibchen zum ersten Mal eigenen Nachwuchs haben.[2][3]

Vögel

Bei Vögeln wird das Gefieder, das ein Vogel im juvenilen Stadium vom Ausfliegen bis zur ersten Mauser trägt, als Jugendkleid bezeichnet. Hier können bis zum Erreichen des Adultstadiums noch mehrere Zwischenschritte liegen; Vögel, die nicht mehr juvenil, aber auch noch nicht adult sind, bezeichnet man als immatur.[4] Ein Beispiel für eine mehrjährige Jugendphase ist die Silbermöwe, die als Jungtiere ein weiß-graubraun gesprenkeltes Gefieder tragen, welches sie nach und nach gegen das hellere Erwachsenengefieder austauschen.[5]

Besonders bei Zugvögeln ist das „flügge“ werden bzw. Erreichen der Flugfähigkeit ein entscheidender Schritt, der das Ende der juvenilen Phase ankündigt.

Fast ausgewachsene Jungtiere tragen oftmals eine erkennbar andere Zeichnung als die Altvögel. So haben alle adulte Buntspechte einen markant schwarzweiß gefärbten Kopf, während juvenile Weibchen und Männchen zusätzlich einen roten Scheitel tragen.[6]

Fische

Je nach Art, ist bei Fischen nicht nur anhand der Größe, sondern auch durch eine veränderte Färbung sichtbar, ob es sich um ein adultes Tier oder ein Jungtier handelt. Ein Beispiel hierfür ist der sichtbare schwarze Fleck den juvenile Neon-Zwerglippfische in der Nähe des Brustflossenansatzes tragen. Er färbt sich rot, wenn das Tier geschlechtsreif wird.[7]

Gliederfüßer

Bei der Entwicklung von Insekten werden Larven und Nymphen als Juvenilstadien unterschieden. Aus Insekteneiern schlüpfen zunächst Larven (Juvenilstadien mit eigenen Larvalmerkmalen), die sich zu Nymphen (Juvenilstadien ohne eigene Merkmale) weiterentwickeln. Dazwischen liegen ebenfalls Häutungen. Die Entwicklung endet mit einer letzten Häutung zum adulten, geschlechtsreifen Imago. Periodische Zikaden haben einen der längsten Lebenszyklen in der Tierwelt. Bis die Tiere ausgewachsen sind, benötigen einige Singzikaden 17 Jahre, was sie zu den Insekten mit der längsten juvenilen Phase macht.[8]

Urmünder

Fadenwürmer (Nematoda), die artenreichste Klasse der Schlauchwürmer (Nemathelminthes), durchlaufen beispielsweise vier Juvenilstadien vor der Geschlechtsreife. Dazwischen findet jeweils eine Häutung statt.[9]

Arten mit besonders langer, juveniler Phase

Als Ende der Jugendzeit ist durch das Erreichen der Fortpflanzungsfähigkeit gekennzeichnet. Es gibt jedoch auch andere Parameter, wie z. B. der Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Geburten. So pflanzen sich beispielsweise Orang-Utan-Weibchen nur alle 7 bis 9 Jahre fort, um ihrem einzigen Jungtier alles beizubringen, was es für ein selbstständiges Leben in der Wildnis wissen muss.[10]

Bei der folgenden Liste handelt es sich um eine Auswahl:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Lexikon der Biologie: juvenil Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 20. Oktober 2023
  2. Was Affenmädchen mögen vom 21. Dezember 2010 wissenschaft.de, abgerufen am 20. Oktober 2023
  3. S. M. Kahlenberg & R. W. Wrangham: Sex differences in chimpanzees' use of sticks as play objects resemble those of children. In: Current Biology. Band 20, Nr. 24, 2010, S. R1067–R1068, doi:10.1016/j.cub.2010.11.024, Volltext
  4. Lars Svensson, Peter J. Grant, Killian Mullarney, Dan Zetterström: Der neue Kosmos Vogelführer. Kosmos, Stuttgart 1999, ISBN 3-440-07720-9.
  5. Silbermöwe. Larus argentatus NABU, abgerufen am 23. Oktober 2023
  6. Der Buntspecht. Vogel des Jahres 1997 NABU, abgerufen am 23. Oktober 2023
  7. Bodianus bennetti Gomon & Walsh, 2016. Lemon-striped pygmy hogfish FishBase, abgerufen am 23. Oktober 2023
  8. a b Sophia Wagner: Wissenschaft. Alle Jahre wieder: Zikaden überfallen die USA Deutsche Welle, abgerufen am 20. Oktober 2023
  9. Fadenwürmer. In: Lexikon der Biologie. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, abgerufen am 17. Dezember 2022.
  10. Top 10 facts about orangutans (engl.), WWF, abgerufen am 24. Oktober 2023
  11. Afrikanischer Savannenelefant im Artenlexikon (lat. Loxodonta africana africana) WWF, abgerufen am 24. Oktober 2023
  12. Nilkrokodil. Crocodylus niloticus, abgerufen am 24. Oktober 2023
  13. Gopherus polyphemus (Florida) Gopher Tortoise, Animal Diversity Web, abgerufen am 24. Oktober 2023

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Adult female and infant wild chimpanzees feeding on Ficus sur.jpeg
Autor/Urheber: Alain Houle (Harvard University), Lizenz: CC BY 4.0
“Adult female-infant wild chimpanzees feeding on Ficus sur fruits in Kibale National Park, Uganda. The infant was one-year old, and he was still breast feeding. However, he has been seen to taste the flesh of red (very ripe) fruits. The picture was taken during my postdoctoral fellowship at Harvard University, during which I studied the relationship between contest competition and the nutritional quality of wild fruits. I made the very first detailed study on chimpanzees’ nutritional ecology with descriptions of behaviors never seen before. Most of my observations were collected directly in the canopy with wild chimpanzees all around. Needless to say that this was the project of my life. Picture taken at 25 m above the ground.”