Julius Burggraf

Carl Julius Burggraf (* 31. August 1853 in Berlin; † 15. Oktober 1912 in Bremen) war ein deutscher evangelischer Pfarrer und Literaturwissenschaftler.

Leben und Werk

Burggraf, ein Sohn des Malers Carl Burggraf (1801–1857), studierte zuerst Geschichte und Philologie, dann Evangelische Theologie in Berlin. Anschließend wurde er 1877 Vikar in Heidelsheim. 1879 übernahm er ein Pfarramt in Langenhain im Herzogtum Sachsen-Gotha. 1883 wurde er Pfarrer an der Ansgarii-Kirche in Bremen, seit 1907 als Pastor Primarius. Dort war er aktives Mitglied des Deutschen Protestantenvereins, trat aber 1906 aus.[1]

Während sich andere Vertreter des Bremer kirchlichen Liberalismus wie Albert Kalthoff und Friedrich Steudel radikalisierten und vom Christentum zum Monismus übergingen, war Burggraf in Anknüpfung an Paul de Lagarde und Arthur Bonus darum bemüht, deutschnationale Christen, die sich zunehmend vom Kirchenbesuch abwendeten, zurückzugewinnen durch den geschickten pastoralen Einsatz von christlichen Themen aus der klassischen deutschen Literatur. Er erinnerte an die christlichen Wurzeln ebendieser Kultur. Die „Klassiker“ wie Goethe und Schiller, auch wenn diese sich zu Lebzeiten nicht dezidiert religiös engagiert hatten, sollten „im Kontext kirchlicher Feiern und Rituale zum Sprechen“ kommen.[2] Burggraf brachte seinen Ansatz auf den Punkt mit der Aussage: „Luther und Schiller – zwei so verschiedene Naturen, sind im Plane der Vorsehung ein einziger Gedanke.“[3]

Burggraf war Vater des Georg Burggraf (1887–1915), der als Theologiestudent im Ersten Weltkrieg als Kriegsfreiwilliger gefallen ist, und von Waldfried Burggraf, der unter dem Pseudonym Friedrich Forster als prominenter Theatermann des Dritten Reiches bekannt wurde. Durch die geistlich-literarische Tätigkeit des Pfarrers sei dem jüngeren Sohn „der Theaterteufel ins Blut gekommen“, wie der Verfasser vom häufig gespielten Hitler-Stück Alle gegen Einen, Einer für Alle 1938 schrieb.[4]

Publikationen (Auswahl)

  • Die grossen Tage der Reformation (Barmen 1um 1885, 21887, 32018).
  • Schillers Frauengestalten (Stuttgart 11897, 21900).
  • Schillerpredigten (ohne Jahr) Nachdruck ISBN 978-1-140-35686-8.
  • Die Christustendenz in Schillers Natur (Gießen [1909]) Nachdruck ISBN 978-3-111-17719-9.
  • Goethepredigten (ohne Jahr) Nachdruck ISBN 978-0-282-18699-9.
  • Pamphlet gegen den Bremer Radikalismus: „Was nun?“ (Gießen 1906).

Herausgeberschaft

  • Herausgeber der Bremer Beiträge zum Ausbau und Umbau der Kirche, ab 1909 Jahrbuch für Deutsches Christentum.

Literatur

  • Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. de Gruyter, Berlin 2011, Sp. 633 f.
  • Justus H. Ulbricht: Deutsche Dichterpredigten. Sinnsuche um 1900 oder: Vom Erfinden der Mitte, in: Im Herzen Europas (Köln 2008), S. 183–218. ISBN 978-3-412-20094-7
  • Burggraf, Julius. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Band 2: Brann–Einslin. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-094656-4, S. 228 (books.google.de – eingeschränkte Vorschau).
  • Franz Brümmer: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, Bd. 1. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 388 f (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Gangolf Hübinger: Kulturprotestantismus und Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus und Protestantismus im wilhelminischen Deutschland. Mohr, Tübingen 1994, ISBN 3-16-146139-8, S. 127
  2. Justus Ulbricht: Deutsche Dichterpredigten, S. 205.
  3. Aus: Schillerpredigten, zitiert in Ulbricht, Deutsche Dichterpredigten, S. 206.
  4. Friedrich Forster, Kleine Biographie, in: Stadttheater Salzburg, (Spielzeit 1938/1939), Heft 1, S. 6.