Julius Baum
Julius Baum (* 9. April 1882 in Wiesbaden; † 27. Oktober 1959 in Stuttgart) war ein deutscher Kunsthistoriker, Hochschullehrer und Museumsleiter.
Leben
Julius Baum war der Sohn von Hermann Baum (1850–1914), Teilhaber der Nassauischen Leinenindustrie Joseph Maier Baum, und der Pianistin Julia Anna, geb. Bloch (1859–1911). Er besuchte das Königliche Gymnasium zu Wiesbaden und legte im März 1900 die Reifeprüfung ab.[1] Nach Studium der Kunstgeschichte an den Universitäten München, Berlin und Tübingen war er von 1908 bis 1922 Assistent und Konservator am Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart, welches sich damals „Staatssammlung für vaterländische Kunst- und Altertumsdenkmale“ nannte. Die Promotion erfolgte 1905 an der Tübinger Universität bei Konrad von Lange. Die Dissertation trug den Titel „Die Kirchen des Baumeisters Heinrich Schickhardt“. Die Habilitation erfolgte 1912 in Stuttgart bei Heinrich Weizsäcker.[2]
Ab 1911 war er Dozent an der Kunstakademie Stuttgart. Er nahm als Kriegsfreiwilliger von 1914 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil. Von 1918 bis 1933 lehrte er als a.o. Professor für mittelalterliche Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule Stuttgart. Nachdem er schon 1911 ein Werk zur Ulmer Kunst publiziert hatte[3], wurde er 1923 nach Ulm berufen. Bis zu seiner politisch erzwungenen Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand 1933 war er dort Direktor des Ulmer Museums.[4]
Am 18. März 1933 wurde Baum mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Die endgültige Kündigung erhielt er Ende Mai 1933.[5] Nach der Reichspogromnacht 1938 war Baum vorübergehend im Schutzhaftlager Welzheim interniert und emigrierte 1939 nach Bern in die Schweiz.
Theodor Heuss, der damalige Kultusminister (damals Kultminister) in Württemberg-Baden, berief ihn bald nach Kriegsende zurück nach Stuttgart, so dass Baum bereits im Oktober 1946 wieder nach Deutschland heimkehrte.[6] Julius Baum stand von 1947 bis 1952 als Direktor dem Württembergischen Landesmuseum vor.
Er starb am 27. Oktober 1959. Seine letzte Ruhestätte fand er im Familiengrab seiner Gattin in Esslingen am Neckar.[7]
Die Bibliothek (2.000 Bücher) und Fotothek (80.000 Abbildungen)[8] verkaufte 1960 seine Witwe Emma Baum an die Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Hierzu gehörte auch ein Briefnachlass, der im Universitätsarchiv aufbewahrt wird.[9]
Ehrung
- 1952 Verdienstkreuz (Steckkreuz) der Bundesrepublik Deutschland
Veröffentlichungen (Auswahl)
- Die Kirchen des Baumeisters Heinrich Schickhardt. Kohlhammer, Stuttgart 1905.
- Die Bauwerke des Elias Holl (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte. Band 93). Heitz, Straßburg 1908.
- Die Ulmer Plastik um 1500. Hoffmann, Stuttgart 1911.
- mit Max Diez (Bearb.): Die Stuttgarter Kunst der Gegenwart. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1913.
- Der Mindelheimer Altar des Bernhard Strigel. In: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen. Band 35, 1914, S. 9–21.
- Deutsche Bildwerke des 10. bis 18. Jahrhunderts. Stuttgart / Berlin 1917.
- Gotische Bildwerke Schwabens. Filser, Augsburg 1921.
- Altschwäbische Kunst. Filser, Augsburg 1923.
- Deutsche Bildwerke des Mittelalters (= Bücher der Kunstsammlungen des Württembergischen Staates. Band 2). Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart u. a. 1923.
- Niederschwäbische Plastik des ausgehenden Mittelalters. Fischer, Tübingen 1925.
- Baukunst und dekorative Plastik der Frührenaissance in Italien. 2. Auflage. Hoffmann, Stuttgart 1926.
- Romanische Baukunst in Frankreich. 2. Auflage. Hoffmann, Stuttgart 1928.
- Die Malerei und Plastik des Mittelalters. Deutschland, Frankreich und Britannien (= Handbuch der Kunstwissenschaft. Band 4.2). Akademische Verlagsgesellschaft, Wildpark-Potsdam 1930.
- Deutsche Bildwerke und Werkkunst des 12.–18. Jahrhunderts. Sammlung Hubert Wilm. Kunstverein, München 1931.
- (Hrsg.): Romantische Malerei Oberschwabens (= Ulmer Schriften zur Kunstgeschichte. Band 8). Ulm 1932.
- La sculpture figurale en Europe à l’époque mérovingienne. Paris 1937.
- Inventar der kirchlichen Bildwerke des Bernischen Historischen Museums in Bern. Bern 1941.
- Frühmittelalterliche Denkmäler der Schweiz und ihrer Nachbarländer. Wyss, Bern 1943.
- Martin Schongauer. Schroll, Wien 1948.
- Meister und Werke spätmittelalterlicher Kunst in Oberdeutschland und der Schweiz (= Thorbecke-Kunstbücherei. Band 3). Thorbecke, Lindau u. a. 1957.
- mit Helga Schmidt-Glassner: Zwölf deutsche Dome des Mittelalters. 3. Auflage. Atlantis, Zürich u. a. 1962.
- Die Luzerner Skulpturen bis zum Jahre 1600 (= Luzern. Geschichte und Kultur). Schilling, Luzern 1965.
Literatur
- Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Erster Band, Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4.
- Gesellschaft zur Förderung des Württembergischen Landesmuseums (Hrsg.): Neue Beiträge zur Achräologie und Kunstgeschichte Schwabens. Julius Baum zum 70. Geburtstag am 9. April 1952 gewidmet. Kohlhammer, Stuttgart 1952.
- Herbert Hoffmann: In memoriam Prof. Dr. Julius Baum. In: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Band 2, 1959, S. 88.
- Werner R. Deusch: Julius Baum [Nekrolog]. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte. Band 19, 1960, S. 184 f.
- Werner Fleischhauer: Zum Tode von Prof. Dr. Julius Baum. In: Schwäbische Heimat. Band 11, 1960, S. 25–27.
- Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Saur, München 1980–1983, ISBN 3-598-11284-X.
- Ulrike Wendland: Biographisches Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil. Leben und Werk der unter dem Nationalsozialismus verfolgten und vertriebenen Wissenschaftler. Teil 1: A–K. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11339-0, S. 27–31.
- Myrah Adams: Julius Baum. Museumsdirektor zwischen Tradition und Moderne. Ulmer Museum, Ulm 2005, ISBN 3-928738-44-5.
- Baum, Julius. In: Archiv Bibliographia Judaica (Hrsg.): Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 1: A–Benc. Saur, München 1992, ISBN 3-598-22681-0, S. 390–398.
- Katja Nagel: Julius Baum. In: Norbert Becker, Katja Nagel: Verfolgung und Entrechtung an der Technischen Hochschule Stuttgart während der NS-Zeit. Belser, Stuttgart 2017, S. 169–178.
Einzelnachweise
- ↑ Homepage Stadtlexikon Wiesbaden, abgerufen am 1. Juni 2025
- ↑ Homepage des Stadtarchivs Wiesbaden, abgerufen am 11. Juni 2015
- ↑ Julius Baum: Ulmer Kunst. Stuttgart / Leipzig 1911.
- ↑ Erwin Treu: Geschichte des Ulmer Museums. In: Bildhauerei und Malerei vom 13. Jahrhundert bis 1600 (= Kataloge des Ulmer Museum. Band 1). Ulm 1981, S. 12.
- ↑ Südwest-Presse Ulm am 19. Juli 2008 ( vom 4. September 2010 im Internet Archive)
- ↑ Homepage des Stadtarchivs Wiesbaden, abgerufen am 11. Juni 2015
- ↑ Homepage des Stadtarchivs Wiesbaden, abgerufen am 11. Juni 2015
- ↑ Bestand magaziniert in der Abteilung Kunstgeschichte der Mainzer Universität
- ↑ Findbuch NL 44, Universitätsarchiv Mainz, abgerufen am 20. Oktober 2020.
Personendaten | |
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NAME | Baum, Julius |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kunsthistoriker |
GEBURTSDATUM | 9. April 1882 |
GEBURTSORT | Wiesbaden |
STERBEDATUM | 27. Oktober 1959 |
STERBEORT | Stuttgart |
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Das Ulmer Museum in der Altstadt von Ulm.