Julien Schaller

Julien Schaller (* 15. Oktober 1807 in Freiburg im Üechtland; † 20. Juni 1871 ebenda) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.

Leben

Schaller war römisch-katholisch und stammte aus einer Familie der privilegierten Bürgerschaft. Juliens Eltern waren Charles-Joseph Schaller (1773–1842), liberaler Staatsrat und Schultheiss (1833, 1834, 1835, 1847, 1838 und 1839), und Marie-Elisabeth, geb. Daguet. Er heiratete Marie-Jeanne-Ursule Banderet, aus einer wohlhabenden bürgerlichen Familie Freiburgs.

Er besuchte von 1813 bis 1820 die Klosterschule Rheinau, die von einem seiner Onkel, Pater Januar Schaller, dem späteren Abt, geleitet wurde. Da er dort misshandelt wurde und sein ältester Bruder in Rheinau starb, entwickelte sich bei Schaller eine starke antiklerikale Haltung. Nach dem Schulabschluss im Kollegium St. Michael studierte er Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg im Breisgau und Heidelberg. Er interessierte sich vermehrt für Forstwissenschaften, die er in München, Interlaken, Villingen (Schwarzwald) und Aarau studierte, wo er bei der Familie Zschokke wohnte. Im Jahr 1830 legte er in Freiburg die Prüfung als Forstingenieur ab und wurde Oberforstinspektor des Kantons. Aufgrund seiner forstwissenschaftlichen Kenntnisse verfasste er im Jahr 1850 in einem anderen Kontext die freiburgische Forstordnung. Von schwacher Gesundheit und an einer Entzündung leidend, die ihn beim Gehen behinderte, machte er häufig Badekuren.

Politische Karriere

Schaller war von 1843 bis 1847 Gemeinderat der Stadt Freiburg und von 1848 bis 1866 Großrat. Als heftiger Gegner des Sonderbunds nahm er im Januar 1847 am radikalen Aufstandsversuch teil und wurde festgenommen. Es gelang ihm, in den Kanton Waadt zu fliehen, wo ihn sein Freund, Staatsrat Henri Druey, aufnahm und beschützte. Im November 1847 kehrte er mit den Bundestruppen nach Freiburg zurück und wurde Mitglied der siebenköpfigen provisorischen Regierung, die von November 1847 bis März 1848 die Macht ausübte und von ihm präsidiert wurde. Im Jahr 1848 mit 54 von 62 Stimmen in den Staatsrat gewählt, wurde er im Jahr 1855 mit 45 von 72 Stimmen bestätigt, trat jedoch zurück, als die Konservativen im Jahr 1857 wieder an die Macht gelangten. In den Jahren 1848 und 1855 präsidierte er die Regierung; mehrere weitere Wahlen an die Spitze der Exekutive lehnte er ab.

Im Staatsrat leitete Schaller zunächst von 1848 bis 1850 die Erziehungs- und Kultusdirektion, anschließend von 1850 bis 1855 die Erziehungsdirektion. Er verfasste mehrere Gesetze und Reglemente über das gesamte Schulwesen, das er in einem radikalen und zentralisierenden Sinn reorganisierte (Erziehungsgesetz 1848, organisches Reglement über die Mädchenschulen 1849, Reglement für die Primarschulen 1850, Reglement für die Kindergärten und Gesetz über den landwirtschaftlichen Unterricht 1850, Reglement über den Schulhausbau 1854, Beschluss über Handarbeiten in den Schulen 1855). Er war der Urheber des Gesetzes vom 1. Juni 1850 über die zivile Verwaltung der Kirchengüter. In der Folge leitete Schaller von 1856 bis 1857 die Finanzdirektion zu dem Zeitpunkt, da der Kanton Finanzmittel finden musste, um eine Eisenbahngesellschaft zum Bau der Strecke Bern–Freiburg–Lausanne zu gründen. Schaller und Bielmann handelten mit den französischen Finanzier Rothschild das Abkommen aus, das am 8. April 1856 den Beginn der Bauarbeiten ermöglichte. Schaller war von 1851 bis 1852 Nationalrat und – vom Großen Rat gewählter – Ständerat in den Jahren 1850/1851 und 1855 bis 1858. Er verteidigte erfolgreich die freiburgischen Eisenbahninteressen, indem er sich insbesondere auf General Dufour stützte. Aufgrund seiner Verdienste bestätigte ihn der liberalkonservativ gewordene Grosse Rat 1857/1858 in seinem Amt als Ständerat.

Schaller war Wortführer der unversöhnlichen und antiklerikalen Radikalen, die den Staatsrat in den Jahren von 1848 bis 1851 beherrschten. Sein Einfluss schwand nach 1851 vor der Gruppe der gemäßigteren Radikalen, an deren Spitze Léon Pittet stand. Schaller war gleichsam die Seele des Regimes, wurde jedoch von Liberalen und Konservativen verabscheut, die in ihm einen Jakobiner sahen. Solange sein Werk nicht allzu sehr von ideologischem Fanatismus bestimmt wurde, trug es dazu bei, den Kanton, seine Schulen und seine Wirtschaft zu modernisieren. Mit Hubert Charles und Louis de Weck-Reynold war Schaller eine der bedeutenden Freiburger Persönlichkeiten der Jahre 1848 bis 1880.

Er beschloss seine Karriere als Direktor der Eisenbahngesellschaft Lausanne–Fribourg–Berne im Jahr 1857 und – im Dienst des Kantons Bern – als Direktor der Bernischen Staatsbahn in den Jahren vo 1857 bis 1871. Im Jahr 1871 starb er im Alter von 64 Jahren.

Literatur

  • Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.

Weblinks