Josiah Willard Gibbs

Josiah Willard Gibbs

Josiah Willard Gibbs (* 11. Februar 1839 in New Haven, Connecticut; † 28. April 1903 ebenda) war ein amerikanischer Wissenschaftler, der bedeutende theoretische Beiträge zur Physik, Chemie und Mathematik leistete.

Leben und Wirken

Gibbs war der Sohn des Theologen und Sprachwissenschaftlers Josiah Willard Gibbs Sr. (1790–1861) an der Universität Yale in New Haven. Dort studierte er Mathematik und Naturwissenschaften. Von 1863 bis 1866 war er Tutor am Yale-College. Anschließend ging er nach Europa und setzte seine Studien in Paris, Berlin und Heidelberg fort. 1871 wurde Gibbs zum Professor an der Yale-Universität ernannt.

Zwischen 1876 und 1878 schrieb er eine Artikelserie mit dem Gesamttitel On the Equilibrium of Heterogeneous Substances, die als eine der größten Errungenschaften in der Physik des 19. Jahrhunderts angesehen wird und als Grundlage der physikalischen Chemie gilt. In diesen Artikeln wandte Gibbs die Thermodynamik an, um physikochemische Erscheinungen zu interpretieren. Zu den erörterten Lehrsätzen gehört auch die Gibbssche Phasenregel. Gibbs’ Artikel über Thermodynamik erschienen in den Transactions of the Connecticut Academy. On the Equilibrium of Heterogeneous Substances wurde 1891 ins Deutsche und 1899 ins Französische übersetzt; die enthaltenen Lehrsätze wurden in Europa bekannt und angewandt. Besondere Verbreitung erfuhren sie dabei durch die experimentellen Arbeiten von H.W. Bakhuis Roozeboom. 1879 wurde er zum Mitglied der National Academy of Sciences in Washington, 1880 der American Academy of Arts and Sciences in Cambridge, Massachusetts und 1895 der American Philosophical Society[1] gewählt. Ab 1897 war er auswärtiges Mitglied der Royal Society[2] und ab 1900 korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences.[3] 1892 wurde er Ehrenmitglied der London Mathematical Society.

Gibbs erbrachte auch hervorragende Leistungen für die statistische Mechanik, die Vektoranalysis und die elektromagnetische Theorie des Lichtes. Seine Scientific Papers (1906) und Collected Works (1928) wurden gesammelt und nach seinem Tod veröffentlicht. Gibbs kam zur Vektoranalysis, als er versuchte, die Verwendung von Quaternionen in Maxwells Treatise on Electricity and Magnetism zu verstehen. Er entwickelte das Vektorkonzept unabhängig von Hermann Grassmann, erkannte aber dessen Priorität.[4] Seine Bücher über Vektoranalysis erschienen 1881 bzw. 1884. Mit Oliver Heaviside war er einer der wesentlichen Kräfte, die zur Durchsetzung des Vektorkalküls gegenüber dem Quaternion-Kalkül Ende des 19. Jahrhunderts führten.

Für die Vektoranalysis schuf Gibbs eine Methode, die mathematische Entwicklungen wesentlich vereinfachte, die seinerzeit die theoretische Behandlung der Maxwellschen Elektrodynamik stark voranbrachte.

Er definierte ebenso die Gibbs-Energie G = U + p V − T S bei konstanter Temperatur und konstantem Druck, die auch als Freie Enthalpie bekannt ist.

Auch das Gibbssche Phänomen, das Gibbssche Paradoxon, die Gibbs-Duhem-Gleichung, und die Gibbs-Helmholtz-Gleichung sind nach ihm benannt. Er führte den Ensemble-Begriff in die Statistische Mechanik ein, wo heute das Kanonische Ensemble auch Gibbs-Ensemble heißt.

Die Willard Gibbs Medal der American Chemical Society trägt seinen Namen und die Gibbs Lecture der American Mathematical Society. Außerdem sind der Mondkrater Gibbs und der Asteroid (2937) Gibbs nach ihm benannt.[5]

Literatur

  • Martin J. Klein The scientific style of Josiah Willard Gibbs. In: A century of mathematics in America, Band 2, American Mathematical Society, 1989, S. 99–119.
  • D.G. Caldi, G.D. Mostow (Herausgeber) Proceedings of the Gibbs Symposium, Yale University, 15.–17. Mai 1989, American Mathematical Society 1990
    • Darin: Martin J. Klein The physics of J Willard Gibbs in his time. S. 1–21.
  • Frederick George Donnan, Arthur Haas (Herausgeber) A commentary on the scientific writings of J. Willard Gibbs, 2 Bände, New Haven 1936, New York: Arno Press 1980
  • Raymond J. Seeger J. Willard Gibbs. American mathematical physicist par excellence, Oxford, New York: Pergamon Press 1974
  • Lynde Phelps Wheeler Josiah Willard Gibbs. The history of a great mind, Yale University Press 1951
  • Martin J. Klein: Gibbs, Josiah Willard. In: Charles Coulston Gillispie (Hrsg.): Dictionary of Scientific Biography. Band 5: Emil Fischer – Gottlieb Haberlandt. Charles Scribner’s Sons, New York 1972, S. 386–393.
  • Muriel Rukeyser Willard Gibbs, Doubleday 1942, 1967

Schriften

  • Elementary principles of statistical mechanics, Dover 1960
    • Deutsche Ausgabe: Elementare Grundlagen der statistischen Mechanik, Teubner 1905 (bearbeitet von Ernst Zermelo)
  • Edward Bidwell Wilson Vector Analysis. A text-book fo the use of students. Founded upon the lectures of J. W. Gibbs, Yale University Press 1901
  • W. R. Longley, R. G. Van Name (Herausgeber) The collected works of J. Willard Gibbs, New York: Longmans, Green and Company, 2 Bände, 1928, Yale University Press 1948, 1957
  • H. A. Bunstead, R. G. Van Name (Herausgeber) The scientific papers of J. Willard Gibbs, 2 Bände, New York: Dover 1961

Weblinks

Commons: Josiah Willard Gibbs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Member History: Josiah Willard Gibbs. American Philosophical Society, abgerufen am 18. August 2018.
  2. Eintrag zu Gibbs, Josiah Willard (1839–1903) im Archiv der Royal Society, London
  3. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe G. Académie des sciences, abgerufen am 18. November 2019 (französisch).
  4. Michael Crowe, A history of vector analysis, University of Notre Dame Press 1967, Dover Reprint 1985.
  5. MPC / Minor Planet Circ. 8544

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