Josef Pröll

Josef Pröll (2006)

Josef Pröll (* 14. September 1968 in Stockerau) ist ein ehemaliger österreichischer Politiker (ÖVP). Er war von Dezember 2008 bis April 2011 Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen der Republik Österreich. Von 2008 bis 2011 war er Bundesparteiobmann der ÖVP.

Aktuell ist er NÖ. Landesjägermeister[1] und Präsident des Kuratoriums der Leopold-Figl-Stiftung.[2]

Karriere

Von 1978 bis 1986 besuchte Pröll das Bundesrealgymnasium Hollabrunn. Seinen Grundwehrdienst absolvierte er 1986/1987 beim Landwehrstammregiment 32 in Horn.[3] 1993 schloss er das Studium der Agrarökonomie an der Universität für Bodenkultur Wien mit dem Diplomingenieur ab.

Pröll war Referent der Niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer und Referent im Österreichischen Bauernbund. Er wirkte als Assistent der EU-Abgeordneten Agnes Schierhuber, als Direktor des Wiener Bauernbundes, als Kabinettschef des Bundesministers Wilhelm Molterer und als Direktor des Österreichischen Bauernbunds. Vom 28. Februar 2003 bis 2. Dezember 2008 (Bundesregierungen Schüssel II und Gusenbauer) war er Landwirtschafts- und Umweltminister.

Pröll war Leiter einer ÖVP-Perspektivengruppe, die 2007 Vorschläge für eine Neuausrichtung der Partei ausarbeitete. Nach Verlusten bei der Wahl am 1. Oktober 2006 versuchte die ÖVP eine gesellschaftspolitisch liberalere Linie zu finden. Dabei kam es zu Konflikten zwischen dem katholisch-konservativen und dem liberalen Flügel der Partei. Die Presse bewertete das Ergebnis der Perspektivengruppe als „eine positive Überraschung: Liberal, ohne auf konservative Wurzeln zu vergessen.“[4]

Einen Tag nach der Nationalratswahl in Österreich 2008 trat Pröll neben Wilhelm Molterer als geschäftsführender Parteiobmann auf. Interimistisch übernahm er bis zum Ende der Regierungsbildung zudem das Amt des Klubobmanns des ÖVP-Parlamentsklubs.[5] Am 28. November 2008 wurde er auf dem Parteitag der ÖVP in Wels mit 89,6 % der Delegiertenstimmen zum neuen Bundesparteiobmann gewählt.[6] Wenige Tage zuvor hatte er die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ über eine neuerliche Regierungszusammenarbeit zum Abschluss gebracht.[7]

Am 2. Dezember 2008 wurde Josef Pröll als Finanzminister und Vizekanzler in der Bundesregierung unter Bundeskanzler Werner Faymann angelobt.[8]

Sein Versprechen von 2008 „Wir wollen Steuern senken, wir wollen den Familien helfen, das wird rasch jetzt umgesetzt“[9] musste Pröll – bedingt durch die wirtschaftlichen Entwicklungen des Jahres 2009 – bald revidieren, unter seiner Ägide wurde ein Sparpaket verabschiedet.[10]

Nach einer Lungenembolie im März 2011 gab Pröll, damals 42 Jahre alt, am 13. April 2011 aus gesundheitlichen Gründen den Rückzug aus allen seinen politischen Ämtern bekannt. Als seinen Nachfolger als ÖVP-Obmann und Vizekanzler schlug er Außenminister Michael Spindelegger vor. Dieser bestimmte als Nachfolgerin für das Finanzministerium Maria Fekter. Die Ablöse in den Regierungsfunktionen erfolgte am 21. April 2011 und jene für das Parteiamt am Bundesparteitag am 20. Mai 2011.[11]

Mit 1. Juli 2011 wurde Josef Pröll Vorstandssprecher des zur Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien gehörenden Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger.[12] Am 14. April 2012 hat er das Amt des Landesjägermeisters von Christian Konrad übernommen.[13] Ab dem 5. September 2012 war er Präsident der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG),[14] 2020 wurde Freyja-Maria Smolle-Jüttner als Nachfolgerin von Josef Pröll zur Präsidentin der LBG gewählt.[15]

Privates

Pröll lebt in Wien. Er ist seit 1990 verheiratet und hat drei Kinder (einen Sohn, zwei Töchter). Er ist ein Neffe des niederösterreichischen Altlandeshauptmannes Erwin Pröll.[16] Sein Sohn Alexander Pröll ist Bundesgeschäftsführer der ÖVP.[17]

Josef Pröll ist Ehrenmitglied der K.Ö.H.V. Amelungia Wien (2005)[18] im ÖCV und der K.ö.St.V. Arminia Hollabrunn (2010) im MKV. Pröll ist Mitglied im Aufsichtsrat diverser Firmen und Vereine wie des Fußballvereins Austria Wien, Agrana, Siemens Österreich und Casinos Austria.[19]

Einzelnachweise

  1. NÖLJV | Präsidium. Abgerufen am 3. Oktober 2019.
  2. Leopold Figl-Stipendien für 200 Schüler und Studenten - Land Niederösterreich. Abgerufen am 8. März 2018.
  3. Die Wehrdienst-Karrieren unserer Politiker. In: DiePresse.com. 9. Oktober 2010, abgerufen am 9. August 2019.
  4. „Prölls Visitenkarte als aufgeklärter Bürgerlicher“ (Memento vom 1. Dezember 2008 im Internet Archive) Kommentar von Martina Salomon zur Perspektivengruppe in Die Presse vom 1. Oktober 2007
  5. https://www.derstandard.at/story/1227287063066/oevp-postenkarussell-dreht-sich-weiter
  6. Josef Pröll mit 89,6 % zum ÖVP-Chef gewählt, ORF NÖ, 28. November 2008
  7. Österreich hat eine neue Regierung finanznachrichten.de vom 25. November 2008
  8. Angelobung der Bundesregierung 2008 orf.at, 5. Dezember 2008
  9. Dezember 2008 Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Pröll im Interview mit der „Zeit im Bild 2“ -bka.gv.at (Memento vom 19. Dezember 2008 im Internet Archive)
  10. "Wer Steuern zahlt, darf nicht der Dumme sein", Wiener Zeitung, 30. November 2010
  11. Pröll wird zurücktreten orf.at vom 13. April 2011
  12. Josef Pröll goes Raiffeisen - als Chef von Leipnik-Lundenburger (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive); Wirtschaftsblatt, 1. Juni 2011
  13. Wenn Josef Pröll der Marsch geblasen wird. Der Standard, 15. April 2012, abgerufen am 16. April 2012.
  14. Josef Pröll ist Chef der Boltzmann-Gesellschaft. orf.at, 6. September 2012, abgerufen am 6. September 2012.
  15. Ludwig Boltzmann-Gesellschaft mit neuer Präsidentin. In: Wiener Zeitung/APA. 1. Oktober 2020, abgerufen am 2. Oktober 2020.
  16. Wiener Zeitung: Biografie Josef Prölls (Memento vom 6. März 2010 im Internet Archive), 10. Jänner 2007/25. November 2008
  17. Laura Sachslehner tritt mit lauter Kritik an ÖVP-Spitze als Generalsekretärin zurück. Abgerufen am 10. September 2022 (österreichisches Deutsch).
  18. Gesamtverzeichnis des Österreichischen Cartellverbandes (ÖCV)
  19. Firmenbeteiligungen und Funktionen gemäß Firmenbuch. Abgerufen am 27. Juni 2017.

Weblinks

Commons: Josef Pröll – Sammlung von Bildern

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Austria Bundesadler.svg
Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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Josef Pröll, an Austrian politician (minister), people's party. at the ph-d ceremony for one of his colaborators