Johannes Prassek

Johannes Prassek

Johannes Prassek (* 13. August 1911 in Hamburg; † 10. November 1943 ebenda) war ein deutscher katholischer Priester und gehört zu den sogenannten Lübecker Märtyrern, vier christlichen Geistlichen aus Lübeck, die 1943 wegen öffentlicher Kritik an der nationalsozialistischen Herrschaft zum Tode verurteilt wurden. Er wurde 2011 seliggesprochen.

Leben

Katholische Propsteikirche Herz Jesu in der Lübecker Innenstadt mit Gedenkausstellung im nördlichen Anbau und in der Krypta.
Eine Tafel an der Katholischen Propsteikirche „Herz Jesu“ in Lübeck, Parade, erinnert an das Schicksal der Lübecker Märtyrer.
Gedenktafel in den Wallanlagen beim Untersuchungsgefängnis Hamburg

Prassek wurde 1911 im Hamburger Quartier Grindel (Hamburg) als Sohn eines Maurers geboren und entstammte sehr einfachen Verhältnissen. Seine Eltern zogen nach seiner Geburt nach Barmbek.[1] Er absolvierte seine Schulzeit in der katholischen Grundschule in Barmbek, im Gymnasium und kurz vor der Reifeprüfung in der Gelehrtenschule des Johanneums im Hamburger Stadtteil Winterhude.[2]

Priester und Kaplan

Er studierte ab 1931 Theologie und Philosophie in Frankfurt am Main (Sankt Georgen) und an der Universität in Münster und wurde am 13. März 1937 in Osnabrück zum Priester geweiht. Als Kaplan war er zunächst in Wittenburg, dann ab 25. März 1939 als Adjunkt, später Kaplan an der Herz-Jesu-Kirche in Lübeck im Religionsunterricht und in der Pfarrseelsorge tätig.[1] Zu den Jugendlichen, auf die Prassek als Jugendseelsorger und spiritueller Begleiter prägend wirkte, gehörte der spätere Philosoph Hans Blumenberg.[3]

Prassek wird als charakterstark und mutig geschildert. So erhielt er zwei Wochen vor seiner Festnahme noch das Luftschutz-Ehrenzeichen, weil er während des verheerenden Luftangriffs auf Lübeck am 28./29. März 1942 geholfen hatte, Menschen aus einem zerstörten Krankenhaus zu bergen.

Seelsorge und Widerstand

Aus seiner Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes machte er kein Hehl und ließ dies auch in seinen Predigten erkennen. Zudem widmete er sich der Seelsorge unter polnischen Zwangsarbeitern und lernte dafür Polnisch (u. a. von seinem aus Oberschlesien stammenden Vater). Nach Kriegsbeginn nutzte er dieses Wissen, um im Geheimen polnische Zwangsarbeiter, die in Lübecks Waffen- und Munitionsfabriken arbeiteten, zu betreuen, was verboten war.[4]

Verhaftung und Verurteilung

Prassek wurde nach einer Durchsuchung des katholischen Pfarrhauses am 28. Mai 1942 von der Gestapo verhaftet. Als Begründung wurden die Verbreitung von NS-kritischen Predigten des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen sowie hetzerische Behauptungen in seinem Soldatenkreis angeführt. Er wurde rund eineinhalb Jahre in Einzelhaft gehalten. Mit ihm in Haft kamen zwei weitere katholische Geistliche der Propsteikirche – Eduard Müller und Hermann Lange – sowie der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink, die sich ebenfalls offen gegen das NS-Regime gewandt hatten.[5]

Der Zweite Senat des Volksgerichtshofs kam nach Lübeck.[1] Während des Prozesses bekannte sich Prassek zu seiner Kritik am Nationalsozialismus. Ein Gnadengesuch seines Bischofs Hermann Wilhelm Berning wurde abgewiesen.

Ermordung in Hamburg

Er wurde mit seinen drei Mitangeklagten am 10. November 1943 in der Hamburger Haftanstalt Holstenglacis durch Scharfrichter Friedrich Hehr[6] mit dem Fallbeil hingerichtet. Sein Leichnam und der von Eduard Müller wurden im Krematorium des Konzentrationslagers Neuengamme verbrannt, die Asche in der Lagergärtnerei verstreut.[1][7]

Seligsprechung

Am 60. Jahrestag der Hinrichtung Prasseks gab der Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, bekannt, dass der Seligsprechungsprozess für Johannes Prassek sowie für Eduard Müller und Hermann Lange eröffnet werde.

Am 1. Juli 2010 gab das vatikanische Pressebüro bekannt, dass Papst Benedikt XVI. den Präfekten der Kongregation für Heiligsprechungen autorisiert habe, ein entsprechendes Dekret „in Geltung zu setzen“, und das Seligsprechungsverfahren abgeschlossen sei.[8] Die Seligsprechung fand am 25. Juni 2011 zusammen mit der Seligsprechung für die beiden anderen katholischen Geistlichen in Lübeck statt. Auch des protestantischen Geistlichen Stellbrink wurde dabei gedacht.[9]

Gedenken und Erinnerungsstätten

Johannes-Prassek-Haus in der Bramstraße 105, Osnabrück-Haste
Stolperstein in der Bramstraße 105, Osnabrück-Haste
Johannes-Prassek-Park in Hamburg-Barmbek-Süd
Stolperstein vor Heilig-Kreuz-Kirche
  • In Osnabrück-Haste wurde 2005 ein Johannes-Prassek-Arbeitskreis gegründet und das dortige Jugend- und Gemeindehaus nach ihm benannt.[10] 2007 wurde vor der dortigen Christus-König-Kirche ein Stolperstein für Johannes Prassek verlegt. Prassek hatte hier 1937 seine Primiz gefeiert.
  • Prasseks Brevier wurde zufällig bei einer Wohnungsauflösung wiedergefunden und befindet sich heute in Lingen (Ems) in einer Vitrine der St.-Josef-Kirche.[11]
  • In Hamburg-Volksdorf ist der Gemeindesaal der katholischen Heilig-Kreuz-Gemeinde nach ihm benannt, weil er in dieser Kirche am 4. April 1937 seine Heimatprimiz feierte.[12] Seine erste Messe feierte Prassek in der Christus-König-Kirche in Haste (Osnabrück).[13]
  • Im Juni 2011 wurde im Hamburger Stadtteil Barmbek-Süd ein neu angelegter Park in Johannes-Prassek-Park benannt.[14]
  • Am 29. Juni 2014 errichtete das Erzbistum Hamburg im „Pastoralen Raum“ Hamburg Nordost die neue Pfarrei Seliger Johannes Prassek. Darin sind fünf ehemals selbständige Pfarreien eingegangen: Mariä Himmelfahrt in Rahlstedt, Hl. Geist in Farmsen, St. Wilhelm in Bramfeld, St. Bernard in Poppenbüttel und Hl. Kreuz in Volksdorf. Im Bereich der Pfarrei leben etwa 250.000 Menschen, davon sind knapp 25.000 Katholiken.[15]
  • Im Juni 2020 wurde auf dem Gehweg vor der Heilig-Kreuz-Kirche in Volksdorf ein Stolperstein für Johannes Prassek verlegt mit Einweihungs-Gottesdienst am 21. Juni 2020.[16]
  • In Herten ist das Kaplan-Prassek-Heim nach ihm benannt. Dessen Fassade zeigt, ein Stockwerk hoch und weithin sichtbar, sein Porträt.

Literatur

  • Isabella Spolovjnak-Pridat und Helmut Siepenkort (Hrsg.): Ökumene im Widerstand. Der Lübecker Christenprozess 1943, Lübeck 2006
  • Brigitte Templin: Prassek, Johannes Heinrich Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 675 (Digitalisat).
  • Peter Voswinckel: Dokumente zum Thema Lübecker Märtyrer 1941–1945, im Auftrag des Kulturbüros der Hansestadt Lübeck, gefördert von der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck, zusammengestellt von Peter Voswinckel, (ohne Verlag), Lübeck Juni 2011
  • Ann-Helena Schlüter: ''Frei wie die Vögel: Die Helden von Lübeck – Eine Erzählung gegen das Vergessen,'' SCM Hänssler (23. August 2018), ISBN 978-3-7751-5865-7.
  • Josef Schäfer (Bearb.): Wo seine Zeugen sterben ist sein Reich: Briefe der enthaupteten Lübecker Geistlichen und Berichte von Augenzeugen. Hamburg 1946.
  • Ingaburgh Klatt: „Lösch mir die Augen aus ...“: Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Eine Ausstellung im Burgkloster zu Lübeck vom 8. November 1993 bis zum 10. November 1994. In: Demokratische Geschichte: Jahrbuch zur Arbeiterbewegung und Demokratie in Schleswig-Holstein. 8 (1993), S. 205–280.
  • Peter Voswinckel: Geführte Wege. Die Lübecker Märtyrer in Wort und Bild. Kevelaer 2010
  • Martin Thoemmes, Art.: Die Märtyrer des Lübecker Christenprozesses. In: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts. hrsg. von Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Paderborn u. a. 1999, 7. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2019, ISBN 978-3-506-78012-6, Bd. 1, S. 319–327.
  • Martin Thoemmes: „Sag niemals drei, sag immer vier“. Das Gedenken an die Lübecker Märtyrer von 1943 bis heute. Ansgar, Hamburg 2012, ISBN 978-3-932379-93-2.
  • Isabella Spolovjnak-Pridat: Ökumene im Widerstand. Der Lübecker Christenprozeß 1943. Schmidt RömhildLübeck 2001, ISBN 3-7950-0773-9.
  • Martin Merz: „Die Pfaffen aufs Schafott“. Ein Lübecker Prozess vor 50 Jahren. Begleitheft zur Ausstellung „Lösch mir die Augen aus ...“ Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Überarb. Manuskript einer Rundfunksendung im Rahmen der Reihe „Religion und Gesellschaft“ am 6. August 1993 im Dritten Programm des Norddeutschen Rundfunks, Lübeck 1993.
  • Wolfgang Burr: Johannes Prassek. In: Ders. (Hrsg.): Unitas-Handbuch. Bd. 1, Bonn 1995, S. 295–302.
  • Martin Thoemmes: Johannes Prassek. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Neumünster 2000, S. 314–316.
  • Peter Voswinckel: Nach 61 Jahren komplett. Abschiedsbriefe der Vier Lübecker Märtyrer im historischen Kontext. In: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 85 (2005), S. 279–330
  • Else Pelke: Der Lübecker Christenprozess 1943., Mainz 1961/1974.

Weblinks

Commons: Johannes Prassek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Matthias Popien: Spricht der Papst vier Norddeutsche heilig? In: Hamburger Abendblatt vom 26. Januar 2017, S. 18.
  2. Brigitte Templin und Ingaburgh Klatt: „Lösch mir die Augen aus ...“ – Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sonderdruck: Herausgeber Burgkloster zu Lübeck/Amt für Kultur der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1994, S. 33–37.
  3. Vgl. Dahlke, Benjamin / Laarmann, Matthias: Hans Blumenbergs Studienjahre. Schlaglichter auf Orte, Institutionen und Personen. In: Theologie und Glaube 107 (2017), S. 338–353, dort 341 (Lit.).
  4. Brigitte Templin und Ingaburgh Klatt: „Lösch mir die Augen aus ...“ – Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sonderdruck: Herausgeber Burgkloster zu Lübeck/Amt für Kultur der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1994, S. 33–37.
  5. Brigitte Templin und Ingaburgh Klatt: „Lösch mir die Augen aus ...“ – Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sonderdruck: Herausgeber Burgkloster zu Lübeck/Amt für Kultur der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1994, S. 33–37.
  6. Ökumenischer Widerstand endete unter dem Fallbeil auf www.evangelisch.de
  7. Lübecker Märtyrer – Kurzchronik
  8. Presseamt des Heiligen Stuhls, Bulletin Nr. 436/2010 vom 1. Juli 2010 (italienisch)
  9. Tausende bei Seligsprechung von Nazi-Widerständlern in Lübeck (Memento vom 17. Juli 2011 im Internet Archive). In: Lübecker Nachrichten online vom 25. Juni 2011
  10. Johannes-Prassek-Arbeitskreis (Memento vom 1. Februar 2014 im Internet Archive)
  11. Brevier von Johannes Prassek durch glücklichen Umstand gerettet
  12. Seligsprechung der „Lübecker Märtyrer“. Katholische Kirche erinnert an Johannes Prassek. In: Der Markt, Hamburg, vom 28. Mai 2011, S. 20
  13. Aus dieser Gemeinde stammte sein Studienfreund Adolph Grothaus. (Peter Voswinckel: Geführte Wege, S. 66)
  14. Johannes-Prassek-Park bei Hamburg.de, abgerufen am 25. Juni 2016
  15. Katholische Pfarrei Seliger Johannes Prassek Hamburg, abgerufen am 15. Februar 2015.
  16. Wochenzeitung MARKT, Aus der Region (Volksdorf), Seite 20, „Stolperstein für Johannes Prassek“

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Johannes Prassek (* 13. August 1911 in Hamburg; † 10. November 1943 in Hamburg [ermordet]) war ein deutscher katholischer Priester und einer der "4 Lübecker Märtyrer"
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Johannes-Prassek-Park, Barmbek-Süd, Hamburg. Schild bei der Heinz-Gärtner-Brücke.
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Eine Tafel an der Katholischen Propsteikirche "Herz Jesu" in Lübeck, Parade, erinnert an das Schicksal der Lübecker Märtyrer.
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Stolperstein für Johannes Prassek auf dem Gehweg vor der Treppe zur Heilig-Kreuz-Kirche, Farmsener Landstr. 181.
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Stolperstein für de:Johannes Prassek († 10.11.1943 / hingerichtet im Gefängnis Holstenglacis, Hamburg), verlegt am 15. November 2007 vor der Christus-König-Kirche in der Bramstraße 105 in Osnabrück-Haste
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Lübeck, Katholische Propsteikirche Herz Jesu. Gedenkstätte an die Lübecker Märtyrer in der Kirche.