Johann Melchior Dinglinger

Johann Melchior Dinglinger, um 1721 porträtiert von Antoine Pesne
Dinglingers Geburtshaus in Biberach

Johann Melchior Dinglinger (* 26. Dezember 1664 in Biberach an der Riß; † 6. März 1731 in Dresden) war Hofgoldschmied in Dresden bei Kurfürst August dem Starken von Sachsen.

Leben

(c) Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0
Dinglingers Weinberghaus in Dresden-Loschwitz

Johann Melchior Dinglinger wurde 1664 in Biberach geboren. Sein Vater war Messerschmied, sein Großvater mütterlicherseits Goldschmied.[1] Er lernte das Goldschmiedehandwerk in Ulm. Er kam 1692 als Geselle nach Dresden, wo er 1693 in die Goldschmiedeinnung aufgenommen wurde. Im Jahr 1698 wurde er zum Hofjuwelier Augusts des Starken ernannt. Er arbeitete bis zu seinem Tod 1731 in Dresden, war fünfmal verheiratet und hatte 23 Kinder. Seine Grabstätte mit Schwibbogen[2] auf dem alten Johanniskirchhof ist nicht erhalten.

Dinglinger gilt als einer der bedeutendsten Goldschmiede des Barock. Gemeinsam mit 14 Gesellen schuf Dinglinger in seiner Werkstatt prachtvolle Kunststücke, unter anderem das „Goldene Kaffeezeug“ und den „Hofstaat zu Delhi“ mit seinen 132 Figuren – ein Hauptwerk der barocken Juwelierkunst. Über eine halbe Million Taler hat der prunkliebende August seinem Hofjuwelier nachweisbar für seine Arbeit bezahlt, selbst in den Kriegszeiten setzten seine Bestellungen nicht aus.[1] Auch der russische Zar Peter der Große schätzte die prunkvollen Arbeiten und gab mehrere Aufträge an den Dresdner Hofjuwelier.

Mit dem Dinglingerbrunnen setzte der Juwelier ein Denkmal besonderer Art. Sein ursprünglicher Standort war an einer Hofwand der Frauengasse 9. Hier wohnte Dinglinger. Das Haus zählte wegen seiner Kuriositäten – einer Sternwarte, Wetteruhr und Feuerspritze – zu den Dresdner Sehenswürdigkeiten. Im Siebenjährigen Krieg wurde das Haus in Brand geschossen und später wieder aufgebaut. Im Zweiten Weltkrieg wurden alle Gebäude des Neumarktviertels weitgehend zerstört, so auch das Dinglingerhaus. Der Brunnen blieb erhalten und ist seit 1966 am Gewandhaus angebracht. Dinglinger besaß zudem ein Landhaus mit Weinberg in Loschwitz, Dinglingers Weinberg auf der heutigen Schevenstraße.

Ein Sohn Johann Melchiors, Georg Friedrich Dinglinger († 1720), sicherlich ausgebildet in der väterlichen Werkstatt, ist als Verfertiger von Emailminiaturen mit Porträts deutscher Fürsten bekannt.[3]

Werke

Blumenkorb (1697–1701) im Braith-Mali-Museum in Biberach an der Riß
(c) Stefan Christian Hoja Etielle, CC BY-SA 3.0
Gothaer Elefant (um 1720), Schloss Friedenstein

Seine Prunkwerke, zum Beispiel „Das goldene Kaffeezeug“ von 1701 oder das „Bad der Diana“, sind im Grünen Gewölbe in Dresden erhalten.

Sein berühmtestes Werk hat Dinglinger gemeinsam mit seinen Brüdern, dem Emailleur Georg Friedrich (1666–1720) und dem auf Juwelen spezialisierten Georg Christoph (1668–1728) sowie den Gehilfen seiner Werkstatt während acht Jahren zwischen 1701 und 1708 geschaffen: Den „Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aureng-Zeb“; es besteht aus 132 goldenen, emaillierten Figuren, verziert mit 5.223 Diamanten, 189 Rubinen, 175 Smaragden, 53 Perlen und einem Saphir. Dinglinger erstellte die Arbeit ohne Auftrag und verkaufte das Kabinettstück an August den Starken für 60.000 Taler. Diese horrende Summe war nach der Besetzung Sachsens durch Karl XII. von Schweden für August nur schwer bezahlbar. Bis 1713 war der größte Teil der Summe beglichen.

Neben diesen Goldschmiedearbeiten entwarf Dinglinger große Schaustücke, die August der Starke fertigen ließ, um seine Gemmen und Kameen in künstlerischer Form zusammenzufassen, Schaustücke, an denen fast alle Techniken der Kleinkunst beteiligt sind. Daran schließt sich der sogenannte Obeliscus Augustalis, den Dinglinger in Gemeinschaft mit dem Edelsteinschneider Hübner und dem Hofjuwelier Döring anfertigte: er ist fast 2 Meter hoch und umfasst nicht weniger als 240 geschnittene Steine. Den Abschluss dieser Reihe und zugleich von Dinglingers Lebenswerk bilden die drei großen Kabinettstücke: der Frühling des Lebens, des Lebens höchste Freuden und das Ende des Lebens. Der Tempel des Apis endlich wurde erst nach Melchiors Tode in seiner Werkstatt vollendet.[1]

Literatur

  • Walter HolzhausenDinglinger, Johann Melchior. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 730 f. (Digitalisat).
  • Martin Eberle: Johann Melchior Dinglinger in Dresden (= Stationen 5). Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2014, ISBN 978-3-95462-232-0.
  • Erna von Watzdorf: Johann Melchior Dinglinger. Der Goldschmied des deutschen Barock. 2 Bände. Gebr. Mann, Berlin 1962.
  • Paul Beck: Die Künstlerfamilie Dinglinger aus Biberach a. R. (= Schwäbische Biographien 18–20), in: Diöcesanarchiv von Schwaben, 16. Jg., 1898, Heft 7, S. 97–105 (Digitalisat)
  • Tobias Knobelsdorf: „In dem wegen seiner vielen Sehens-Würdigkeiten weitberühmten Dinglerischen Hauß in Dreßden“. Neue Erkenntnisse zur Baugestalt und zur Ausstattung des Dinglingerhauses in der Dresdner Frauenstraße. In: Die Dresdner Frauenkirche. Jahrbuch zu ihrer Geschichte und Gegenwart, Bd. 16, 2012, S. 101–114, ISBN 978-3-7954-2655-2.
  • Carl Clauß: Dinglinger, Johann Melchior. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 240 f.
  • Dirk Syndram: Der Thron des Großmoguls im Grünen Gewölbe zu Dresden. Verlag E. A. Seemann, Leipzig 2009.

Weblinks

Commons: Johann Melchior Dinglinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Paul Schumann: Dresden. 1. Auflage. E. A. Seemann, Leipzig 1909, OCLC 1043264301, S. 141 (Digitalisat [abgerufen am 28. Januar 2021]).
  2. Stadtarchiv der Landeshauptstadt Dresden, Kirchliche Wochenzettel 1685/1703–1902, hier 1730–1731, S. 506.
  3. Heinz E. R. Martin: Miniaturen des Rokoko, Empire uns Biedermeier, München 1981, S. 89–90.

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20070522041MDR Dresden-Loschwitz Dinglingers Weinberghaus.jpg
(c) Jörg Blobelt, CC BY-SA 4.0
22.05.2007 01326 Dresden-Loschwitz, Schevenstraße 59 (GMP: 51.062565,13.802378). Dinglingers Weinberghaus. Johann Melchior Dinglinger (1664-1731), Goldschmied August des Starken, war seit 1692 in Dresden. Im Haus befindet sich ein barocker Saal mit der berühmten, an der Decke befindlichen Wetteruhr, deren Zeiger Windrichtung u. -stärke anzeigen. Hofmechanikus Andreas Gärtner hat sie gefertigt. Dinglinger hatte das um 1710 zur Hochzeit mit seiner fünften Frau um den barocken Flügel erweitern lassen. Eine ähnliche Wetteruhr hat Dinglinger dem russischen Zaren Peter der Große geschenkt. In den Jahren der DDR und danach bis zu seinem Tode am 08.10.2005 wohnte hier der Nestor der sächsischen Denkmalpflege, Prof. Dr. Hans Nadler. Heute gehört das Anwesen der Familie eines Notars, die es aufwendig saniert hat. Nicht öffentlich zugänglich. [DSCN28133+28135.TIF]20070522041MDR.JPG(c)Blobelt
Dinglinger-blumenkorb.jpg
Autor/Urheber: Johann Melchior Dinglinger , Lizenz: CC-BY-SA-3.0
„Blumenkorb“ von Dinglinger (1701). Gold, Silber, Juwelen und Email

Zu den Glanzstücken gehören ein mit Email und Edelstein besetzter Rosenkranzbehälter, wohl um 1700 in Süddeutschland gefertigt, und ein silbervergoldeter, mit Edelsteinen besetzter Blumenkorb, eines der wenigen nachweisbaren frühen Großwerke der Brüder Dinglinger.

Der "von Gold mit schönen geschmelzten Blumen, Fliegen, und mit vielen Diamanten künstlich gemachte Korb", wie ihn Johann Melchior Dinglinger, seit 1701 Hofjuwelier in Dresden, beschreibt, war ein Geschenk, um den sächsischen Kurfürsten August I. für den Ankauf eines goldenen Kaffeeservices gnädig zu stimmen. Was gelang, wie Dinglinger notierte. "Nachdem Sr. Königl. Majt. obige spezifizierte Stücke alle besehen und allergnädigst beliebten zu behalten, haben höchst gedacht Sr. Königl. Majt. selbige insgesamt auf das genaueste und bedungen und behandelt vor: 50.000 Thlr. corrent". Das war sehr viel - und kann heute nicht wenig sein: 400.000 Pfund werden für dieses Stück aus dem Wettiner Familiensilber erwartet. ...E.B."

Dieses Stück ist jetzt in Biberach an der Riß zu bewundern.
Pretiosen Coffe Zeug01b.jpg
Autor/Urheber: Hajotthu 19:29, 9. Sep. 2009 (CEST), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Goldene Kaffeezeug (original: Pretiosen Coffe Zeug), von Johann Melchior Dinglinger, entstanden 1697–1701
Bad der Diana Grünes Gewölbe Dresden.jpg
Autor/Urheber: Ralf Brown, Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Bad der Diana (Bath of Diana)
Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls01.jpg
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Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aurangzeb, Johann Melchior Dinglinger (1701 bis 1708)
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Gotha, Schloss Friedenstein, Ständige Sammlung, Elefant aus Gold, Silber, Smaragd (1725)
Dinglinger Geburtshaus.JPG
(c) Thomoesch in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0
Geburtshaus von Dinglinger in Biberach