Jens Rosteck

Jens Rosteck (* 18. Dezember 1962 in Hameln) ist ein deutscher Schriftsteller, Musikwissenschaftler, Herausgeber und Pianist. Er lebt und arbeitet in Südwestdeutschland und Frankreich.[1]

Leben

Jens Rosteck wuchs in Niedersachsen und auf Ibiza (Balearen) auf.[2] Nach dem Besuch des Hamelner Albert-Einstein-Gymnasiums (Abitur 1982) studierte er an der Freien Universität Berlin, an der Technischen Universität Berlin sowie in Paris Musikwissenschaft, Germanistik und Komparatistik (1982–1989). Früh spezialisierte er sich als Forscher auf die jüngere französische Musik- und Literaturgeschichte und die interdisziplinäre Moderne. Zwischen 1987 und 1990 trat er in Berlin auch als Kabarettist in Erscheinung. 1990 übersiedelte er nach Paris. 1993 wurde er an der FU Berlin mit einer Studie zu Darius Milhauds Claudel-Opern Christophe Colomb und L’Orestie d’Eschyle promoviert.

Als Postdoktorandenstipendiat des DAAD und der Pariser Maison des Sciences de l’Homme setzte er seine fächerübergreifenden Studien, u. a. zum experimentellen Musiktheater der Groupe des Six, fort und intensivierte seine Milhaud-Recherchen. Außerdem unterrichtete er an der Universität Osnabrück, der RWTH Aachen und an der Pariser Sorbonne. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zählte er zu den Mitbegründern des deutsch-französischen, interdisziplinären Konservatoriums Entr’Arts in Paris und nahm seine Tätigkeit als Kabarettist wieder auf, diesmal aber an der Seine.

Seit 1998 wirkt Rosteck als freier Kulturgeschichtler und Musikforscher, mit zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen in beiden Sprachen, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland. Derzeit liegen mehr als 230 Publikationen vor, u. a. für das International Journal of Musicology, Die Musikforschung, Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Newsletter of the International Feuchtwanger Society, Bulletin de la Société Paul Claudel, Mitteilungen der Paul-Sacher-Stiftung, Journal of The Royal Musical Association, Literatur um elf, Cahiers d'histoire des littératures romanes, Studien zur Musikwissenschaft, The Darius Milhaud Society Newsletter, 128 – Das Journal der Berliner Philharmoniker, Musica, Neue Zeitschrift für Musik, Kulturaustausch, Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Sinn und Form, Mare, My Gay Eye. Darunter sind Essays, Studien, Lexikonbeiträge, Aufsätze für Festschriften und Sammelbände sowie eine Vielzahl von journalistischen und wissenschaftlichen Artikeln.

Als Buchautor konzentriert er sich vornehmlich auf literarische Biographien.

Von 2002 bis 2015 verlagerte er seinen Arbeits- und Forschungsschwerpunkt nach Nizza, an die Côte d’Azur.[3] Zwischen 2004 und 2007 verfasste er dort, als Textautor des Orchestre Philharmonique de Nice und des Ensemble Apostrophe, etliche Beiträge für Programmhefte und Orchesterzeitschriften. 2007 folgte er einer Einladung als Gaststipendiat für Literatur in die Künstlerresidenz Villa Aurora Berlin mit Sitz in Pacific Palisades/Kalifornien. 2009 war er Stipendiat der Paul-Sacher-Stiftung in Basel. 2021 wurde er ins deutsche PEN-Zentrum gewählt, 2022 war er Mitgründer des PEN Berlin.[4]

Jens Rosteck ist häufiger Gast bedeutender Kongresse, Festivals, Buchmessen und Kulturveranstaltungen. Einladungen zu Lesungen und Vorträgen führten ihn u. a. an die Université de Montréal, die Universiteit van Amsterdam, die Université de Haute-Alsace Mulhouse, die Universität Zürich, die Freie Universität Berlin, die Folkwang Universität der Künste Essen, die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, die Berliner Akademie der Künste, die Preußische Akademie der Wissenschaften Berlin, die Staatsopern in Hannover und Stuttgart, die Internationale Bachakademie Stuttgart, die Paul-Sacher-Stiftung Basel, das Bohuslav Martinů Institut Prag, die Frankfurter Kunsthalle Schirn, die Kunstsammlungen Chemnitz, das Museum Wiesbaden, an das Goethe-Institut und das Heinrich-Heine-Haus in Paris, das Centre Culturel Français in Freiburg, an viele Instituts Français, mehrere Amerikahäuser und Deutsch-Amerikanische Institute, an die Villa Vigoni in Menaggio am Comer See, an die Villa Aurora in Pacific Palisades/Kalifornien, ins Château de Brangues (Isère/Frankreich), an die Friedrich-Ebert-Stiftung in Magdeburg sowie in zahlreiche Kulturinstitute, in Theater und Salons, in Galerien und Museen, in Buchhandlungen, Literaturhäuser und Bibliotheken.

Gemeinsam mit seiner Duo-Partnerin Diana Bickley konzertiert Jens Rosteck, der auch als Herausgeber mehrerer Urtext-Ausgaben von Klavierwerken Erik Saties fungiert, sich ausführlich mit der Theorie der Polytonalität auseinandergesetzt hat und als Kenner des Gesamtwerkes von Federico Mompou gilt, seit 1991 in verschiedenen Ländern mit einem Programm für Klavier zu vier Händen (und einem französisch-deutschen Repertoire). Seine eigenen Solokompositionen und -improvisationen für Klavier hat er unter dem Titel Fifteen Quiet Poems auf CD eingespielt (2010/11).

Seine Bücher präsentiert er öffentlich in szenisch-musikalischen Lesungen,[5] die – durch Einbezug visueller Medien, collagierter Textblöcke, Musikeinspielungen sowie Live-Klaviereinlagen – multimedialen Performances gleichen. Bislang hat er an die 220 solcher Performances absolviert.

Privates

Jens Rosteck ist verheiratet. Seine Schwester ist die Berliner Fotokünstlerin Corinna Rosteck. Seine Eltern waren Liane und Hermann Rosteck, Initiatoren der Kunstsammlung in Hochheim am Main.

Werke (Auswahl)

Bücher

  • Darius Milhauds Claudel-Opern „Christophe Colomb“ und „L’Orestie d’Eschyle“. Studien zu Entstehung, Ästhetik, Struktur und Rezeption. Thurnauer Schriften zum Musiktheater, Band 15. Laaber, Laaber 1995. ISBN 978-3-89007-312-5.
  • Un groupe d’amis – „Parade“ au Tertre. Rasch, Osnabrück 1998. ISBN 978-3-932147-73-9.
  • Zwei auf einer Insel – Lotte Lenya und Kurt Weill. Propyläen, Berlin 1999. ISBN 978-3-549-05385-0. Als Taschenbuch bei Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005. ISBN 978-3-518-45631-6.[6][7]
  • Die Sphinx verstummt – Oscar Wilde in Paris. Propyläen, Berlin 2000. ISBN 978-3-549-07129-8.[8]
  • Leben ohne anzuhalten – Jane und Paul Bowles. Eine Doppelbiographie. Goldmann, München 2005. ISBN 978-3-442-31079-1.[9][10][11][12]
  • Bob Dylan – Leben, Werk, Wirkung. Suhrkamp BasisBiographie 18. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006. Neuauflage 2016. ISBN 978-3-518-18218-5. Als Hörbuch (Audiobook) bei Hoffmann und Campe, Hamburg 2007. ISBN 978-3-455-30503-6.[13]
  • Gebrauchsanweisung für Nizza und die Côte d’Azur. Piper, München 2007. Neuauflagen 2010 & 2013. ISBN 978-3-492-27554-5.[14][15]
  • Hans Werner Henze – Rosen und Revolutionen. Die Biographie. Propyläen, Berlin 2009. ISBN 978-3-549-07350-6.[16][17][18]
  • Schauplatz Musik – Paris. Die Stadt und ihre Musik. Bückle & Böhm, Regensburg 2012. ISBN 978-3-941530-00-3.[19]
  • Édith Piaf – Hymne an das Leben. Propyläen, Berlin 2013. Neuauflage 2013. ISBN 978-3-549-07419-0. Als Taschenbuch bei List, Berlin 2015. ISBN 978-3-548-61207-2.[20][21][22][23][24]
  • Mein Ibiza – Eine Lebensreise. Mare, Hamburg 2013. ISBN 978-3-86648-175-6.
  • Brel – Der Mann, der eine Insel war. Mare, Hamburg 2016. Neuauflage 2016. ISBN 978-3-86648-239-5.[25][26][27][28][29]
  • Joan Baez – Porträt einer Unbeugsamen. Osburg, Hamburg 2017. Neuauflagen 2017, 2019 & 2021. ISBN 978-3-95510-142-8.[30][31]
  • Marguerite Duras – Die Schwester der Meere. Mare, Hamburg 2018. ISBN 978-3-86648-285-2.[32][33][34]
  • Die Verwegene. Jeanne Moreau – Die Biographie. Aufbau, Berlin 2019. ISBN 978-3-351-03789-5.[35][36][37]
  • Big Sur – Geschichten einer unbezähmbaren Küste. Mare, Hamburg 2020. ISBN 978-3-86648-625-6.[38][39][40][41]
  • Den Kopf hinhalten. Roman. CW Niemeyer, Hameln 2021. ISBN 978-3-8271-9387-2.[42][43][44]

Editionen

  • Erik Satie: Ogives. Gymnopédies. Urtext-Ausgabe. Bärenreiter, Kassel 2012. Neuauflagen 2016 & 2017. ISMN 979-0-006-54117-1
  • Erik Satie: Gnossiennes. Urtext-Ausgabe. Bärenreiter, Kassel 2013. Neuauflage 2017. ISMN 979-0-006-52933-9
  • Erik Satie: 3 Morceaux en forme de Poire. Urtext-Ausgabe. Bärenreiter, Kassel 2014. ISMN 979-0-006-54118-8
  • Erik Satie: Embryons desséchés. Urtext-Ausgabe. Bärenreiter, Kassel 2015. ISMN 979-0-006-52106-7
  • Erik Satie: Avant-dernières pensées. Urtext-Ausgabe. Bärenreiter, Kassel 2015. ISMN 979-0-006-55798-1

Übersetzung

  • Marcel Ophüls: Meines Vaters Sohn. Erinnerungen. (Mémoires d'un fils à papa.) Aus dem Französischen von Jens Rosteck. Propyläen, Berlin 2015. ISBN 978-3-549-07458-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tilmann Krieg: Den Deutschen Frankreich nahebringen – Rheinpassagen: Jens Rosteck aus Offenburg. In: Offenburger Tageblatt, 5. Oktober 2020.
  2. Susanne Kerkovius: Prägende Jahre als Teilzeitinsulaner – Die Ferien meiner Kindheit: Jens Rosteck auf Ibiza. In: Badische Zeitung, 24. August 2021.
  3. Biografie auf der Website Jens Rostecks
  4. Mitgründer:innen. Abgerufen am 17. Juli 2022.
  5. Christina Großheim: Einer, der das Leben der anderen erzählt – Sonntagsporträt: Jens Rosteck ist Buchautor, Musikwissenschaftler und Pianist. In: Stadtanzeiger Ortenau/Der Guller, 21. März 2021.
  6. Linnerl auf der Flucht – Jens Rostecks gelungene Doppelbiografie von Lenya und Weill. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. November 1999.
  7. Christine Lemke-Matwey: Ihre Stimme, seine Heimat. In: Die Zeit, 30. Mai 2000.
  8. Markus Hänsel-Hohenhausen: Rezeptionsgeschichte ist eine spannende Sache. In: Literaturmarkt, 5. Januar 2002.
  9. Marko Martin: Prominente Außenseiter-Leben. In: Deutschlandradio Kultur, 5. Dezember 2005.
  10. Florian Vetsch: Wir waren wie zwei Verschworene. In: Neue Zürcher Zeitung, 15. April 2006.
  11. Eberhard Hübner: Szenen einer Ehe. In: Der Spiegel, 4. Oktober 2005.
  12. Ulrich Baron: Zu einer Legende wurden sie nur gemeinsam. In: Literaturen, Jan./Febr. 2006.
  13. Michael Stapper: Jens Rosteck: Bob Dylan. Leben Werk Wirkung. In: Forum Musikbibliothek 27 (2006).
  14. Eine Stadt wie ein Mensch. In: Wiesbadener Tagblatt, November 2007.
  15. Ernst August Wolf: Jens Rosteck und sein feines Gespür für Geschichten. In: Dewezet, 21. September 2009.
  16. Hans-Ulrich Treichel: „Produktiv, eindrucksvoll, monumental“. In: Die Welt, 17. Oktober 2009.
  17. Christine Lemke-Matwey: Günstling des Glücks. In: Tagesspiegel, 30. Oktober 2009.
  18. Westfale, etwas südlich geraten. In: Frankfurter Rundschau, 30. Dezember 2009.
  19. Gertraud Voss-Krueger: Jens Rosteck: Paris. Die Stadt und ihre Musik. In: Info-Netz-Musik, 23. Juli 2012.
  20. Die 147 Zentimeter kleine Riesin. In: Kurier, 18. März 2013.
  21. Jörg von Uthmann: Sie sang sich aus dem Puff in Frankreichs Herz. In: Die Welt, 3. April 2013.
  22. Matthias Wegner: Legenden einer einzigartigen Künstlerin. In: Deutschlandradio Kultur, Juni 2013.
  23. Peter Sühring: Jens Rosteck: Édith Piaf. Hymne an das Leben. In: Info-Netz-Musik, 3. September 2013, abgerufen am 14. September 2014.
  24. Eva Schäfers: Audienz im Morgenmantel. In: Süddeutsche Zeitung. 2. Januar 2014. Zitat: „Jens Rostecks gut recherchierte, kluge und angenehm zurückhaltende Biografie über Édith Piaf …“
  25. Thomas Steiner: Hommage an einen Sänger. In: Badische Zeitung, 8. März 2016.
  26. Detlef Jens: Brel. Der Mann, der eine Insel war. In: Literaturboot.de, 24. April 2016.
  27. Dietmar Kanthak: Ausbruch und Aufbruch. In: Generalanzeiger Bonn, 2. Juni 2016.
  28. Ralf Burgmaier: Ein Abend mit der Naturgewalt. In: Badische Zeitung, 23. Juni 2016.
  29. Claudia Niebel: Jens Rosteck: Brel – der Mann, der eine Insel war. In: Info-Netz-Musik, 24. Oktober 2016.
  30. Ralf Burgmaier: Eine Stimme gegen den Wahnsinn der Welt. In: Badische Zeitung, 28. September 2017.
  31. Rezension auf musicheadquarter [1], 1. November 2017.
  32. Detlef Jens: Marguerite Duras. Die Schwester der Meere. In: Literaturboot.de, März 2018.
  33. Walter Pobaschnig: Eine Biographie, die dem Leben einer großen Künstlerin eine Galerie von besonderen Momenten schenkt, die staunen lassen und beeindrucken. In: Literaturoutdoors.files.wordpress.com, April 2018.
  34. Miriam Strieder: Jens Rosteck entfaltet mit "Schwester der Meere" ein prachtvolles Panorama. In: Literaturkritik.de, Juni 2018.
  35. Luisa Reisinger: Die große Undurchsichtige. In: Die Zeit, 21. November 2019.
  36. Schwerelos durch das nächtliche Paris. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. November 2019.
  37. Ralf Burgmaier: Die sinnliche Tragödin. In: Badische Zeitung, 20. Dezember 2019.
  38. Jochen Temsch: Jens Rosteck erkundet Big Sur durch die Biografien seiner Besucher – Die Küste und ihre Künstler. In: Süddeutsche Zeitung, 13. Oktober 2020.
  39. Günther Wessel: Big Sur – Wo der Mensch noch Teil der Natur ist. In: Deutschlandradio Kultur, 11. November 2020.
  40. Martin Hoffmeister: Rauheit und magische Farben (Memento des Originals vom 21. Oktober 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rotary.de In: Rotary Magazin, 1. Oktober 2020.
  41. Juliana Eiland-Jung: Wellen- und legendenumtoste Küste. In: Badische Zeitung, 6. Oktober 2020.
  42. Ernst August Wolf: Wenn einer 'den Kopf hinhalten' muss: Jens Rostecks Roman-Debüt – Das Psychogramm eines Henkers. In: Dewezet, 21. März 2021.
  43. Jutta Hagedorn: Die Frage nach der Verantwortung. In: Offenburger Tageblatt, 11. Juni 2021.
  44. Juliana Eiland-Jung: Vom Lieben und Töten. In: Badische Zeitung, 19. Juni 2021.